Ich bin mir nicht ganz sicher, ob die römische Glaubensbehörde heutzutage Paulus vielleicht kritisieren würde, weil er schreibt:
Jesus ist der Abstammung nach Nachkomme Davids. Seit der Auferstehung ist er eingesetzt als Sohn Gottes in Macht.
Drücken diese Sätze ausreichend aus, dass Jesus schon bei seiner Geburt, ja bei seiner Entstehung im Mutterleib Sohn Gottes war?
Das Evangelium nach Matthäus und nach Lukas sagen doch in aller Deutlichkeit: Maria erwartete ein Kind durch das Wirken
des Hl. Geistes.
Immerhin: Paulus wie das Evangelium wollen Jesus als Sohn Gottes verkünden. „Sohn Gottes“ – das ist aber auch ein schwieriger Begriff. Jahrhunderte lang wurde in der Christenheit hart darum gerungen, wie dies richtig zu verstehen sei und mit welchen Worten es angemessen ausgedrückt werden kann.
Hat Gott, der jenseitige, einen Sohn?
Wie kann der unsichtbare, der größer ist als alles, der eine, der alles im Dasein hält, wie kann der, den wir mit Gott meinen, einen Sohn haben, der von einer menschlichen Frau geboren wird?
Wie kann dieser Gott sein und Mensch?
Der Glaube an Jesus ist unzertrennlich mit diesem Bekenntnis verbunden. Matthäus legt es bei der Kreuzigung einem römischen Hauptmann in den Mund, der sagt:
„Wahrhaftig, das war Gottes Sohn!“
Vielleicht geht es aber weniger darum, zu erklären, wie Gott ein Mensch werden und sein kann, den wir dann Sohn Gottes nennen.
Vielleicht geht es mehr darum, dass Jesus so lebt uns stirbt, dass sein ganzes Leben offenbart, wie Gott eigentlich zum Menschen steht.
Jedenfalls stellten sich das Lukas- und das Matthäusevangelium die Aufgabe, etwas über die Geburt Jesu zu schreiben – auch wenn ihnen nur wenige biografischen Angaben darüber zur Verfügung standen.
Beiden war klar: das wenige muss so erzählt werden, dass deutlich wird: nicht irgendein Kind, wird da geboren, sondern der, den man Sohn Gottes nennen wird.
Nazareth und Bethlehem, Maria und Josef, das war das wenige, was an Daten verfügbar war. Darum herum wurde nun die Geschichte vom Werden Jesu Christi erzählt. Nehmen wir das Evangelium als das was es ist: Verkündigung des Glaubens an Jesus als Sohn Gottes, als Nachkomme Abrahams und Davids.
Die Evangelien erzählen nicht ein Geschehen, das beweist, wer Jesus ist. Sie verkündigen Jesus in dem Geschehen, das sie erzählen. Hören wir auf die Botschaft des Evangeliums:
1. Das Kind, das Maria empfing, ist vom hl. Geist.
Man darf ergänzen: Das Kind ist erfüllt vom hl. Geist, von Gottes Geist. Wichtig ist nicht die Aussage über die Zeugung des Kindes; wichtig ist: Jesus, der Sohn Marias, handelt in seinem ganzen Leben aus der Kraft Gottes und ist ganz und gar durchdrungen von Gottes Geist. Sein Leben, seine Botschaft, sind etwas neues, das nur als Gottes Wirken in Jesus zu erklären ist.
2. Dieses Kind hat den Namen Jesus. Das ist ein sprechender Name, der bedeutet: Gott rettet. Gott rettet sein Volk. Er gibt allen, die an Jesus glauben, Anteil an seinem Leben.
3. verkündet das Evangelium: Jesus erfüllt, was der Prophet Jesaja versprochen hat: die junge Frau wird einen Sohn gebären, den man Immanuel – Gott ist mit uns – nennen wird. Jesus wird nicht so genannt. Aber am Ende des Matthäusevangeliums sagt der Auferstandene zu seinen Jüngern: Ich bin bei euch, alle Tage bis zum Ende der Welt. So verwirklicht er, was der Name Immanuel sagt, auch wenn er diesen Namen nicht trägt.
4. geht es dem Evangelium auch darum, Josef, den Vater Jesu, als Vorbild darzustellen. Josef gehorcht dem Engel, dem Wort Gottes.
Das ganze Evangelium fordert dazu auf und Jesus gib am Ende seinen Jüngern diesen Auftrag: Lehrt die Menschen alles zu befolgen, was ich euch geboten habe! Gehorchen wir Gott – damit sein Friede sich ausbreitet unter den Menschen.