1. Januar 2011: Neujahr

Ich wünsche ihnen ein gesegnetes neues Jahr!
Wie wird man Gottes Segen erkennen?
Woran merken wir, dass Gott und segnet und woran würden wir merken, wenn Gott uns seinen Segen verweigert?

Segnet Gott nur die gesund sind und bleiben?
Segnet Gott nur die, die ein sicheres Einkommen haben?
Segnet Gott nur die, die in Frieden und Harmonie leben können?

Es ist wunderbar, wenn einem das gegeben ist – aber:
in jedem Augenblick können wir erkranken, auch vor Armut und Streit ist niemand sicher.

Unser Messias, der den Namen „Jesus = Gott rettet“ trägt, war weder reich – Feindschaft Verfolgung und Streit gehörten zu seinem Leben bis er schließlich als Verräter und Staatsfeind zum Tod verurteilt wurde.
Und doch ist er zum Segen der Menschheit geworden – gerade durch sein leidvolles Sterben und durch seine Auferstehung!

Wer ist also von Gott gesegnet und wodurch?

Was wünsche ich Ihnen, wenn ich Ihnen Gottes Segen wünsche?

Bei allem Realismus bleibe ich dabei:
Ich wünsche Ihnen, dass es ihnen gut gehen möge: an Körper und Seele, das sie sich um Essen und Trinken, um Kleidung und Wohnung keine Sorgen machen müssen.

Wir beten ja, nach Jesu Vorbild und Ermutigung, jeden Tag:
„Unser tägliches Brot gib uns heute! Und auch: „Erlöse uns von dem Bösen!“

Doch möchte ich Gottes Segen nicht darauf begrenzen.
Nein, Krankheit kann ich nicht als Gottes Segen begreifen, aber auch in der Krankheit kann ich Gottes Segen erkennen:
In den Menschen, die mir zur Seite stehen ‑ aber vor allem: in einem inneren Trost und Frieden, der auch in der Krankheit erhalten bleiben und manchmal sogar neu gefunden werden kann.

Dieser innere Frieden wird getragen vom Vertrauen auf Gott, der mich und mein Leben in Händen trägt.
Dieses Vertrauen drückt der schlichte Satz aus:
„Du kannst nicht tiefer fallen als in die Hände Gottes!“

Gesegnet sind die Menschen, die so auf Gott vertrauen können. Denn dieses Vertrauen gibt ihnen Kraft, sich und ihr Leben in die Hand Gottes zu legen und Gottes willen zu tun:

Auch darum beten wir im Gebet des Herrn:
„Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden!“

Dein Wille geschehe durch mich! In schlechten Tagen, ist es Gottes Wille, dass ich ihm auch dann vertraue. Dass ich an Morgen glaube und dass es gut werden wird; dass ich das meine tue, damit es gut weitergehen kann. Es ist Gottes Wille, dass ich die Hilfe, die mir angeboten wird annehme. Gerade in schweren Zeiten kann zwischen den Menschen, die durch Hilfe verbunden sind ein tiefes Band der Liebe wachsen.

Theresa von Avila hat einige hilfreiche Sätze geprägt, die lauten:

Nichts soll dich ängstigen, nichts dich erschrecken.
Alles geht vorüber. Gott allein bleibt derselbe.
Wer Gott hat, der hat alles. Gott allein genügt.

Ich wünsche ihnen also Gottes Segen: alles Gute in dieser Welt.
Dass sie in guten Tagen Gott danken und auf ihn hören,
der uns immer ermutigt, das Gute zu teilen.

Ich wünsche ihnen Gottes Segen,
dass sie auch in schweren Zeiten ihm Vertrauen,
der alles zum Guten führt.
Alles geht vorüber: Schmerz und Glück.
Gott aber bleibt derselbe: das Leben in allen Geschöpfen.

Der größte Segen ist also er selbst: sein Leben, seine Kraft ist in uns. Durch ihn und in ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir: Gott ist in uns und wir werden wieder in ihm sein – und Gott allein genügt! Dass Gott mit ihnen sei und sie mit Gott! Das wünsche ich Ihnen.

31. Dezember 2010: Messe zum Jahresschluss

der Silvesterabend hat auf jeden Fall einen besonderen Reiz:

Die Repräsentanten halten feierliche Reden: sie stellen die Bürger auf die Herausforderungen ein, sprechen ihnen Mut zu. Sie rühmen das Erreichte und bedauern die schlimmsten Ereignisse des vergangenen Jahres.

Freunde und Verwandte essen und trinken zusammen und versuchen einen heiteren, netten Abend zu gestalten.

Gegen Mitternacht werden Sektflaschen geöffnet und man wünscht sich ein gutes neues Jahr.

Viele gehen um Mitternacht auf die Straße und lassen es krachen. Der Nachthimmel wird von bunten Ornamenten erleuchtet.

Was ist mir an Silvester wichtig? Ich möchte das alte Jahr im Frieden beschließen und das Neue gut beginnen:

Das alte Jahr im Frieden beschließen?
Da denke ich an so manches, was noch im Unfrieden ist:

Industrie und Wirtschaft haben das Jahr als Krisenjahr begonnen – es ist ein starkes Jahr geworden: Selbst das Loch in den Staatskassen wuchs nicht gar so sehr, wie befürchtet.

Aber: die Einkommen der Arbeitnehmer sind eher kleiner gewor­den; die hälftige Aufteilung der Kosten für das Gesundheits­system zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern wurde aufgegeben. ‑ Die Zeche für die Unersättlichkeit der Spekulanten und für ihre Selbstüberschätzung und Ignoranz tragen die kleinen Leute.

Der Abstand zwischen Reichen und Armen wird größer und größer. Die Personen mit geringem Einkommen werden immer mehr und die Bezieher von durchschnittlichen Einkommen werden weniger.

Den Menschen, die immer mehr ins Abseits geraten, weil ihr Einkommen zu gering ist, weil ihre Krankheit sie an die Grenzen bringt, ihnen gilt das Wort:

ich bin bei den Zerschlagenen und Bedrückten,
um ihren Geist wieder aufleben zu lassen /
und das Herz der Zerschlagenen neu zu beleben.

Das alte Jahr im Frieden beschließen: da fällt mir als Pfarrer unweigerlich ein, welch unglaubliche Verbrechen in diesem Jahr aufgedeckt wurden: in kirchlichen Häusern haben jahrzehntelang nicht wenige Priester und Ordensleute und kirchliche Beschäftigte junge Menschen sexuell missbraucht und geschlagen.

Es genügt nicht, hinzuweisen, dass diese Verbrechen auch in anderen Kreisen – vielleicht noch häufiger ‑ begangen werden;
es genügt auch nicht, die Täter zu verurteilen und sie aus dem kirchlichen Dienst zu entfernen und straffällige Priester aus dem Klerikerstand zu entlassen.
Dadurch wird die Unschuld der Kirche nicht wieder hergestellt.

Es gab und gibt in der Kirche Strukturen, die solche Verbrechen begünstigten:
Das ist zum einen die Selbstdarstellung der Priester und Ordens­leute als unanfechtbare Gottesmänner und -frauen, die über jeden Verdacht erhaben scheinen: Um den guten Ruf zu schützen, wurden die Täter geschont und die Opfer im Stich gelassen.

Zum anderen wird die Autorität in der Kirche zu stark betont: Der Einzelne – an welcher Stelle auch immer – soll seinen Vorgesetzten gehorchen: Kritik am Verhalten und an den Inhalten wird im Keim erstickt. Fragen und in Frage stellen gilt als lästig und störend.
Manche an unterer Stelle wollen aber auch ihre Macht spüren – wenigstens gegenüber den Kindern, deren Vorgesetzte sie sind: Schläge und sexueller Missbrauch sind dann die übelsten Spitzen in den Auswirkungen einer allzu autoritären Führungsstruktur.

So erinnere ich mich an das vergangene Jahr 2010. Ich will meinen Frieden machen, denn immerhin: die Zerschlagenen haben in diesem Jahr eine Stimme bekommen. Das Treiben der Mächtigen wurde bekannt und die Defizite können nicht mehr unter den Teppich gekehrt werden.

Doch was die Menschen in Kirche und Gesellschaft 2010 plagt, darf nicht einfach im Jahr 2011 weitergehen:

Wohl mahnt Paulus zu Güte, Demut, Milde, Geduld und zur Vergebung. Dann aber redet er uns zu Herzen und schreibt:

„Vor allem aber liebt einander, denn die Liebe ist das Band, das alles zusammenhält und vollkommen macht.
In eurem Herzen herrsche der Friede Christi!

Diese Liebe kann nicht heißen, dass alles so bleibt wie es ist.
Im Gegenteil: Lieben heißt: Gerechtigkeit herstellen um des Mitmenschen willen. Denn ohne Gerechtigkeit kann kein Friede sein. Wenn Gott, der Größte und Vollkommene, seine Herrlichkeit mit uns teilt, uns gerecht macht und uns Vergebung gewährt,
dann haben auf der Erde besonders die Reichen die Pflicht, allen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und das von allen erwirtschaftete gerecht zu verteilen. Johannes Paul II forderte deshalb: „Die Arbeit muss Vorrang haben vor dem Kapital!“

Noch einmal: Den Armen, den Bedrückten, den Opfern von Macht und Gewalt ist Gott nahe. Er steht auf ihrer Seite, wie Christus mehr als deutlich machte!

Die Mächtigen, die Vorgesetzten in der Kirche und im Staat, die im Reichtum schwimmen, für den andere ihren Schweiß vergossen haben, sie sollen sich zu Herzen nehmen, was Jesus sagt:

Macht euch keine Sorgen um Essen, Trinken und Kleidung!
Wer sich um Reichtum und Besitz sorgt, zeigt, dass er nicht an den himmlischen Vater denkt.
Wer ihm vertraut, der sammelt nicht Schätze für sich, sondern sorgt für eine gerechte Verteilung der Werte unter den Menschen. Die Früchte werden dann sein: Friede und Vertrauen, Versöhnung und Freude.

Schwestern und Brüder! Ich bin der Meinung: Mit wem wir auch reden, wir dürfen nicht schweigen! Wer Fragen stellt und wer in Frage stellt, trägt mehr zum Frieden und zur Entwicklung bei, als wer Augen und Ohren und Mund verschließt.