Theologen – Memorandum

Teilweise bin ich über das Echo auf das Memorandum erstaunt.
Jedermann merkt, dass es nichts neues ist. Es sind genau die Themen, die von der einen Seite als „Reformstau“ bezeichnet werden. In der Konsequenz wird dieser Stau als Ursache für den rasanten Auszug aus der Kirche ausgemacht.
Auf der anderen Seite werden diese altbekannten Themen dadurch abqualifiziert, dass sie eben altbekannt sind.
Sie werden es auch bleiben, solange sie nicht konstruktiv bearbeitet, sondern mit dem Hinweis auf die lange Tradition tabuisiert werden.
Ich fürchte: Für die mittel- und westeuropäischen Gesellschaften gilt: dies wird als reine Blockade verstanden. Als Dialogverweigerung. Als Machtdemonstration, dass man sich von niemanden zu etwas nötigen lässt.

Die Folge davon ist: Es gibt immer weniger Identifikation mit dieser Instititution, die sich dem Willen ihrer Mitglieder verweigert. Die Teilnahme wird noch weiter zurückgehen. So sehr, dass mancherorts das Gemeindeleben nicht mehr aufrecht zu erhalten ist.

Will man, dass ein kleines Häufchen bleibt, das aber die Tradition ungebrochen hochhält? Dieses Häufchen kann sich dann in den Meinungen wiederfinden, die auf Kreuz.net zu lesen sind. „Die Retter der Kirche. Die letzten Getreuen“.

Jesus hat so manche Tradition in seiner Religion vom Tisch gewischt: Gottes Wille und menschliche Gebote – da gibt es einen Unterschied – in der heutigen katholischen Kirche genauso wie im damaligen Judentum.

Pater Bieger SJ auf kath.de spricht sich gegen die Forderung nach Strukturreformen aus und mahnt mehr Theologie an. Die Theologie(!) wird doch seit 1978 reglementiert und diszipliniert, wenn sie anfängt, neue Sprache, neue Welten, neue Denkformen zu betreten und versucht in ihnen den Glauben auszudrücken. Das Übermaß an vorgegebenen Strukturen, die allzu engen Grenzen der Freiheit im Denken, die allzu große Strenge was die Disziplin angeht – das führt zu Doppelbödigkeit, zu Versteckspielen, zu Austrocknung und Erstarrung, die die Menschen – auch die katholischen abstoßen.

Auch das (katholische) Volk Gottes lässt sich auf Dauer nicht von den Bestimmern blockieren. Es läuft weg –
aus der Kirche über die Mauern der Tradition und des Denkens. Aber wohin?

Dabei ist doch die Botschaft Jesu voller Kraft und Freiheit, voller Hoffnung und Vertrauen, voller Orientierung und Perspektive.

Wer wird sie noch hören wollen von denen, die Mauern der Tradition bewachen mit automatisch ausgelösten Disziplinierungsverfahren.

Die Grenzen der Überlebensfähigkeit sind (fast) schon erreicht.
Erstens gehören die Mauern weg.
Zweitens muss Jesus, der Auferstandene verkündet werden und seine Hoffnung, nicht die Tradition.

Tradition, die sich nicht entwickelt, bröselt und zerbirst. Nichts menschliches wärt ewig.