08. Mai 2011: 3. Ostersonntag

Auch in diesem Abschnitt des Johannesevangeliums begegnet uns eine Dynamik, eine Entwicklung, die ganz bezeichnend ist für dieses Evangelium:
Nach einer erfolglosen Nacht auf See begegnen die Jünger Jesus. Aber: „Sie wussten nicht, dass es Jesus war!“
Als aber Jesus nach dem erfolgreichen Fischfang zu ihnen sagt: „Kommt und esst!“ da wussten sie, dass es der Herr war.
Im Johannesevangelium ist das sehr wichtig: dass die Jünger, das Menschen zum Glauben kommen, dass sie Jesus erkennen.

Es ist eine sehr rätselhafte Geschichte: dass die Jünger plötzlich einen so reichen Fang machen; dass Jesus plötzlich ein Kohlenfeuer entfacht hat und dass Brot und Fisch darauf liegt.
Dass von den Fischen im Netz der Jünger keinen keiner gebraucht wird, dass Petrus das Netz alleine an Land zieht.
Es springt einem fast in die Augen: Hier geht es nicht um ein Ereignis, das unbedingt erzählt werden muss;
Hier geht es um eine Glaubensbotschaft, die mittels dieser Geschichte verkündet werden soll.

Die Hauptpersonen sind in dieser Geschichte – noch vor dem Auferstandenen zwei Jünger: Einer ist natürlich Petrus, der so wie immer dargestellt wird: Spontan, tatkräftig, entschlussfreudig, emotional. Er teilt die Hauptrolle mit einem anderen : mit dem Jünger, der ihn – wieder einmal – erst die Augen öffnet. Dieser Jünger erkennt Jesus früher als Petrus und er wird nur genannt: „Der Jünger, den Jesus liebte!

Dieser Jünger wird später als Verfasser des Johannesevangeliums dargestellt. Petrus wird als der gezeigt, der das Netz an Land zieht.

Die ersten Christen lebten in verschiedenen Gemeinschaften, die sich auf verschiedene Apostel stützen. Die einen eher auf Petrus, die anderen mehr auf den Jünger, den Jesus liebte, und der oft als Johannes benannt wird.

Diese Geschichte erkennt an, dass Petrus es ist, der die Kirche zusammenhält – aber sie geht auch davon aus, dass Petrus die Rolle des Lieblingsjüngers anerkennt und dass er ihn braucht.

Die johanneischen Gruppen nehmen in Anspruch, Jesus besser zu kennen, ihn tiefer zu verstehen. Sie sind es, die die stärkste Gruppe zu einem tieferen Verständnis Jesu führen können.
Für uns Christen kann diese Ostergeschichte deshalb heute besonders wichtig werden:

Die Kirche, die sich so sehr auf das universale Petrusamt stützt, unsere römisch-katholische Kirche – tut gut daran, johanneischen Glauben zuzulassen – mehr noch: auf seine Erkenntnis zu hören.

Ich möchte versuchen, aus dieser Sicht die heutige Situation der Christenheit zu betrachten: Die Taufe wird gespendet in vielerlei Kirchen, die sich teilweise stark voneinander unterscheiden.
Aber durch die Taufe, durch den Glauben an Christus, gibt es ein tiefes Band der Gemeinschaft, so dass alle Getauften zusammen sagen können: Wir sind das eine Volk Gottes.

Die Unterschiedlichkeit zwischen evangelisch, orthodox, anglika­nisch sollten wir nicht übertreiben: es ist der Glaube an Christus, der uns zusammenhält. Zusammen sind wir auf dem Meer der Zeit unterwegs. Zusammen werfen wir die Netze aus, damit wir Menschen zu Jesus führen.

Er aber ist es, der zu uns allen sagt: Kommt und esst!
Durch ihn leben wir. Er hat uns allen die Tür zum Leben geöffnet.
Er ist für uns alle, die Speise für das ewige Leben.

Wenn er es ist, der uns einlädt, warum sollten wir dann andere von unserem Tisch fernhalten? Wenn er es ist, der uns einlädt, warum sollten wir dann nicht Gäste sein am Tisch der anderen?

Wir sollten einander darauf hinweisen: Es ist der Herr, der uns zu essen gibt: das Brot der Versöhnung, das Brot des Himmels.