Warum dieser bittere Ton – selbst nach den schönsten Sätzen?
Es wäre wunderbar: Jesus, der Auferstandene sendet die Jünger, sie sollen wie er den Menschen die Sünden nachlassen. Aber dann: „Denen ihr die Sünden festhaltet, ihnen sind sie festgehalten.“
Geht es darum? dass die Jünger Jesu entscheiden, wem nicht vergeben wird?
Sollen die Jünger an Gottes Stelle urteilen?
Mich stört dieser Satz. Und ich gebe zu: Es fällt mir schwer ihn auszublenden. Es fällt mir auch deshalb schwer, weil dieser Satz so sehr mit dem Vollzug des Bußsakramentes verbunden wurde und wird: Die Aufgabe des Priesters, der die Beichte hört, wird auch als richterliche Aufgabe verstanden und dargelegt. Er urteilt darüber, ob er die Lossprechung erteilt – oder auch nicht.
So wurde dieses Sakrament von einem Sakrament der Versöhnung zum Ort der Angst und Unsicherheit entstellt.
Doch es zeigt sich: diesen schwer verständlichen Abschluss kann man nur verstehen, wenn man den Zusammenhang betrachtet.
Es ist der Ostertag! Der Tag der Auferstehung. In der Frühe entdeckten die Frauen das geöffnete Grab; Petrus und der andere Jünger hatten sich davon überzeugt. Die Jünger versammeln sich – und sperren sich ein – aus Angst. Was werden sie nun tun ?
Dann entwirft das Evangelium die Szene: Jesus kommt und sagt: Friede sei mit euch!
Das Friedenswort war schon befreiend für die Jünger, die doch Jesus zwei Tage vorher im Stich gelassen und verraten hatten. Der Friede, den Jesus zusagt, ist mehr als die Versöhnung nach einem Streit E s geht um den Frieden, der in Jesus war, den die Welt nicht geben kann, um den Friede als völliges Ruhen in sich selbst; mit sich im Einklang sein.
Kennen sie einen Menschen, der so ganz zufrieden ist – in dem ungestörter Frieden ist? Für mich ist dieser Friede ein höchst erstrebenswertes Gut. Mehr oder weniger aktiv sucht doch jeder nach diesem Frieden:
Man versucht sich und anderen Wünsche zu erfüllen; Man strebt nach Zielen; Man kämpft gegen die Übel; Man versucht ein guter Mensch zu sein; Man meditiert, wallfahrtet, treibt Sport ….
Jesus sagte: Einen Frieden, den die Welt nicht geben kann, gebe ich euch. Was ist das für ein Friede?
Er muss Jesus im tiefsten Inneren erfüllt haben.
Jesus beschrieb ihn mit den Worten: „Ich und der Vater sind eins!“
Theresia von Avila sagte: „Wer Gott hat, hat alles. Gott allein genügt!“
Paulus sagte: „Nichts kann uns trennen von der Liebe Gottes!“
Thomas Morus zeigte ihn durch seinem Humor bei seiner Hinrichtung am Schafott, als er den Bart zur Seite und sagte: „Der wenigsten hat keinen Verrat begangen!“
Dietrich Bonhoeffer dichtete in der Todeszelle: „Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag!“
Dieser Friede ist das eins sein mit dem, den Jesus Vater nennt! Jede Unehrlichkeit, jede Lieblosigkeit, jeder Schmerz kann mich aus dieser Einheit mit dem Lebendigen in mir herauskatapultieren.
Die Rückkehr in diesen Frieden ist immer wieder möglich, das hat Jesus gezeigt: denn Gott ist bereit zur Versöhnung, er schließt die Tür nicht zu, sondern hält sie offen.
Die Jünger sind gesandt, diese Versöhnung immer wieder anzunehmen und den Frieden zu empfangen. Und wann immer ein Mensch die Botschaft von der Versöhnung annimmt, empfängt er den Frieden. Der Geist Jesu, das Lebensgeheimnis Jesu ist dieser Friede. Durch den Glauben an Jesus, den der Vater gesandt hat, kehrt dieser Geist in den Glaubenden ein. Diese Botschaft jemandem nicht anzubieten, wäre ein Versagen, denn man würde ihm die Versöhnung, den Frieden mit Gott verwehren.
Wer diesen Glauben nicht, oder noch nicht oder nicht mehr teilen kann, den Glauben an die Einheit mit Gott, der bleibt in seiner Zerrissenheit festgehalten, bis er zum Glauben kommt. Das meint dieser letzte Satz.
Jesus sendet uns aber, dass wir die Sünden vergeben, dass wir den Frieden bringen, der in der Einheit mit dem göttlichen Leben in uns besteht.