9. Oktober 2011: 28. Sonntag im Jahreskreis

„Mit welchem Recht tust du das?“ So hatten die Schriftgelehrten und die Hohenpriester Jesus zur Rede gestellt, nach seinem triumphalen Einzug in Jerusalem und der Reinigung des Tempels.

Ihr hättet merken müssen, dass Johannes im Auftrag Gottes gekommen ist – so wie es die Zöllner und Huren gemerkt haben und ihr Leben änderten
Gott hat euch als sein Volk auserwählt. Aber euer Glaube ist fruchtlos. Statt um Gerechtigkeit und Barmherzigkeit sorgt ihr euch um euch selbst.

Das war die Botschaft der ersten beiden Gleichnisse, die dann erzählt werden.

Das Matthäusevangelium überliefert diese dritte Geschichte, in der den Hohenpriestern nochmals der Spiegel vorgehalten wird:

Ihr seid Menschen, die sich zwar wie Fromme geben – aber nur zum Schein steht ihr für Gottes Sache!

Das stellen die ursprünglich eingeladenen Gäste in dieser Geschichte dar:  Sie lehnen die Einladung ab. Sie haben kein Interesse. Einige gehen sogar mit Gewalt gegen die Boten der Einladung vor.

Der König lässt die Stadt der Mörder in Schutt und Asche legen. Das Matthäusevangelium spielt damit auf die Zerstörung des Tempels in Jerusalem an: Das hört sich brutal an.

Ich folge nicht der Interpretation des Matthäus, der die Zerstörung Jerusalems als Strafe Gottes interpretiert: Doch: was bleibt, wenn von dieser Welt nichts bleibt? Was bleibt von uns, wenn es keinen Gott gibt, der uns das Leben schenkt?
Es gibt keine Hoffnung. Die außer Handeln und Arbeit, außer Selbstbe­stimmung und Lustgewinn keinen Lebensinhalt haben, haben auch keine Hoffnung darüber hinaus. In ihren Augen ist es mit dem Tod schlussendlich aus.
Der Zahn der Zeit wird alles in Schutt und Asche verwandeln.
Schon an dieser Stelle muss ich mich als Hörer und Leser fragen: Wie steht es mit mir? Trifft mich diese Kritik Jesu an den Hohenpriestern?
Lebe ich so, als ob ich Gott nicht bräuchte? Oder sehe ich mein Leben als Geschenk Gottes an?
Lebe ich in der Gegenwart Gottes – oder wende ich ihm den Rücken zu?

Schwestern und Brüder! Matthäus hat als er diese Gleichnisgeschichte in sein Evangelium aufnahm auch an die christlichen Leser und Hörer gedacht.
Und damit sie sich auch angesprochen fühlten, kam es noch zu der Szene mit dem, der kein hochzeitliches Gewand an hat:
Es geht nicht um Textilien. Es geht darum, was das Taufkleid ausdrückt. Ihr habt Christus als Gewand angelegt.

Wer der Einladung Gottes folgt, wer zum himmlischen Festmahl geht, der muss das Festkleid tragen: Das Kleid der Barmherzigkeit, der Freude, der Hoffnung, der Sorge für den anderen – mit dem Kleid der Selbstsucht und Selbstbezogenheit kann er nicht in Gottes Gegenwart sein.

Heulen und Zähneknirschen – das kann uns bevorstehen, wenn wir – trotz christlichen Glaubens, trotz aller Gebete und Lieder nicht leben, wie es Christus entspricht.

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