25. Dezember 2011: Weihnachten

Kann sich etwas mehr unterscheiden als Himmel und Erde, als Gott und Mensch?

Der Himmel bedeutet Ewigkeit, bedeutet Vollkommenheit, bedeutet lebendiges Sein. Der Himmel ist ungetrübte Freude und nicht mehr zu überbietendes Glück – nicht nur für einen oder manche – sondern für jeden, der da ist. Nur Gott kann diesen Himmel schenken.
Gott ist selber dieser Himmel. Weil er ewig ist. Weil er sich selbst genügt und in sich vollkommen ist.

Ganz im Gegensatz zum Menschen, der bei jedem beliebigen Schnupfen spüren muss, wie unvollkommen er ist. Bei jedem Streit erfährt er leidvoll, seine Begrenzungen. Der Mensch erlebt sich als bedürftig, anfällig, unvollkommen, bedroht, begrenzt in seinen Möglichkeiten und in seiner Freiheit. Sein Glück ist sprichwörtlich zerbrechlich wie das Glas.

Gott ist Mensch geworden. – Was ist das für ein Satz! Eine unvorstellbare Behauptung!

Die Idee, dass sich Götter mit den Menschen verbinden könnten, gehört zur Mythologie der alten Völker. Sie sprechen davon, dass Götter mit Menschen Kinder zeugen.

Wir stellen uns nicht vor, Gott habe auf menschliche Weise mit Maria ein Kind gezeugt. Jesus beten wir an, als Gottes Sohn und Menschen Sohn, nicht als ein Zwischenwesen, teils Gott, teils Mensch.

Gott ist Mensch geworden: Der unsterbliche Gott wurde ein sterblicher Mensch; der Vollkommene Schöpfer ein bedürftiger Mensch.
Wer glaubt, dass in Jesus der Sohn Gottes Mensch geworden ist, rückt Gott und Mensch ganz nahe zusammen. Es scheint fast so, als ob Gott im Menschen aufginge, so wie die Sonnenkollektoren das Sonnenlicht aufnehmen und in Wärme oder elektrische Energie umwandeln.

Wenn ich glaube, dass Gott in Jesus Mensch geworden ist, was ist dann mit Gott geschehen? Gibt es Gott noch als Gott – oder hat er sein Gott sein aufgegeben und eingebüßt?
Wer könnte dann noch den Menschen aus seiner Bedürftigkeit befreien? Wer könnte ihm dann noch die Sünden vergeben? Wo bliebe dann der Himmel, wenn Gott nicht mehr Gott wäre?

Nein, ich glaube, dass Gott immer als Gott uns Leben schenkt und uns im Dasein hält. Er ist es eben, der uns annimmt, der sich uns zuwendet, der uns erlöst und rettet und befreit.
Gott bleibt Gott – auch wenn er in Jesus Mensch geworden ist.

Ist Jesus dann nicht wirklich Mensch? Ist Jesus nur so etwas wie eine von Gott gesteuerte Maschine, die dem Menschen täuschend ähnlich ist, bis hin zur Fähigkeit zu weinen und zu sterben?
Dann wäre Jesus nicht echt, sondern sein Geschick wäre nur ein guter, ein göttlich guter Trick – aber eben nicht echt. Dann wäre Jesus nicht Gottes Sohn und es wäre nichts Besonderes geschehen, als Jesus geboren wurde und etwa 30 Jahre später starb. Es wäre nicht wert, seinen Geburtstag so festlich zu begehen.

Wie kann ich also glauben, dass Gott Mensch geworden ist? Was glaube ich da eigentlich?

Dies glaube ich, weil Jesus so gelebt hat, wie es überliefert ist;
dies glaube ich, weil er so von Gott gesprochen hat, wie es uns überliefert ist;
dies glaube ich, weil er so gestorben ist, wie es uns überliefert ist,
dies glaube ich, weil er auferstanden ist, wie es uns überliefert ist.

Im österlichen Licht also , aus der Perspektive von Ostern, kann ich glauben und bekennen: Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn.
Wir haben gesehen und gehört, mit welcher Überzeugung und Wahrhaftigkeit er Gottes Liebe verkündete und sie denen schenkte, die ihm glaubten.

Das göttliche Wort der Vergebung;
Das göttliche Wort der Befreiung;
Das göttliche Wort, das Leben schenkt,
in ihm ist es Mensch geworden.

Es ist Weihnachten.

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