29. April 2012: 4. Sonntag in der Osterzeit

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„Ich bin der gute Hirt“ sagt Jesus – obwohl er nie Schafe gehütet hat. Jesus vergleicht sich mit einem guten Hirten.
„Wie ein guter Hirt zu den Schafen ist, so bin ich zu euch!“ – so könnte man seinen Satz interpretieren.

Was macht einen guten Hirten aus?
Er kennt seine Schafe! Er sorgt für seine Schafe! Er setzt sein Leben für seine Schafe ein!

Den guten Hirten zeichnet aus, dass er seine Schafe wirklich kennt und dass er sie voneinander unterscheiden kann. Er gibt ihnen Namen und kann sie beim Namen rufen. Die Schafe wiederum kennen seine Stimme und seine Gestalt und folgen ihm. Können wir diese Vorstellung auf Jesus übertragen?

Jesus kennt unser Leben genau. Er kennt es noch besser als ein Hirt das Leben der Schafe kennt: der Hirt lebt zwar mit den Schafen – ab er sieht die Welt mit den Augen des Hirten.
Jesus hat nicht einfach als Gott mit uns gelebt, sondern er hat unser Leben mit uns geteilt. Er kennt Schmerzen, er weiß was Hunger ist, Enttäuschung und Jubel und alles andere, was zum Menschen gehört, hat er selbst er‑lebt.

Gott kennt jeden einzelnen von uns ‑ genauer als wir selbst uns kennen, weil er in uns lebt. Er ist das Leben in uns. Sagen wir ruhig, dass Gott in unserer Seele lebt und dass er unsere Gedanken von innen kennt – sogar die Gedanken und Wünsche kennt, die uns nicht einmal bewusst werden.
Wir wiederum kennen Jesus und unseren himmlischen Vater. Wir kennen es genau, wenn er in unserer Seele zu uns spricht – in unserem Gewissen. Und wir spüren genau, dass er uns das sagt, was gut ist und zum Leben führt. Wir bleiben auf dem Weg des Lebens, wenn wir auf Gottes Stimme hören.

Der gute Hirt sorgt für seine Schafe: er führt sie an gute Weide­plätze, zum frischen Wasser und zu sicheren Ruheplätzen.
Was sind die guten Weideplätze, zu denen Jesus uns führt? Die frischen Quellen und die sicheren Ruheplätze?
Nahrung für unser Leben schenkt uns Jesus durch seine frohe Botschaft: er weist uns den Weg. Er gibt uns Mut und Hoffnung.
Doch das stärkste Lebensmittel, das Jesus uns gibt ist die Liebe seines himmlischen Vaters, der er selbst unerschütterlich vertraut. So macht er uns fähig, genau der Liebe Gottes zu vertrauen. Wir dürfen wissen: ich bin von Gott geliebt – das ist Jesu Lebenselexier für uns. Besonders in der Messfeier empfangen wir es immer neu. Davon können wir leben. In diese Liebe können wir uns fallen lassen und finden in ihr Frieden und Ruhe.

Das dritte Merkmal des guten Hirten ist, dass er sein Leben für die Schafe hingibt.
In der Zeit Jesu waren wilde Tiere für Schafe eine echte und reelle Bedrohung. Und dem Hirten blieb nicht viel anderes übrig, als unmittelbar gegen diese wilden Tiere zu kämpfen und so die Schafe vor ihnen zu schützen. In diesem Kampf musste der Hirt sein eigenes Leben einsetzen.
Ebenso mutig hat Jesus sein Leben für uns eingesetzt und hat uns vor unserem größten Feind verteidigt: Unser größter Feind ist das Misstrauen. Dass wir Gott nicht mehr vertrauen, weil uns etwas schlimmes zustößt oder weil uns jemand etwas böses antut oder weil wir meinen, es würde uns besser gehen, wenn wir die Liebe zu uns selbst über die Liebe zum Mitmenschen stellen.

Jesus hat das Misstrauen überwunden: weder Feindschaft, noch Schmerzen noch die Versuchung der Macht haben ihn von seinem weg abgebracht. Unerschütterlich hat er der Liebe seines Vaters vertraut – bis zur Hingabe seines Lebens am Kreuz.
So ist er unser Erlöser und Heiland geworden. Unser Retter und Befreier. Er ist wahrhaftig unser guter Hirt. Auf seine Stimme wollen wir hören. Sein Vertrauen, sein Friede ist in uns lebendig und strahlt aus in die Welt.

22. April 2012: 3. Sonntag der Osterzeit LJ B

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Ich versuche mich zu erinnern, wann ich gesagt habe: „Das gibt’s doch nicht!“ – ich glaube, es war, weil mir jemand etwas völlig unglaubliches erzählte. – Obwohl ich keinen Grund zum Misstrauen hatte, konnte ich nicht ohne weiteres nicken und die Nachricht zur Kenntnis nehmen: „Das gibt es doch nicht!“

Das ein Toter aufersteht und Menschen erscheint – nicht im Traum, nicht in einer Vision, nicht als un-toter Geist, sondern real und wirklich und lebendig – das gibt es doch nicht! So etwas hat man ja noch nie gehört!

Das Lukasevangelium will den Leser und Hörer der Auferstehungs-botschaft keineswegs in die Irre zu führen, indem es übertrieben drastisch die Körperlichkeit Jesu darstellt – so als ob Jesus in unser irdisches Leben zurückgekehrt sei – mit all seinen Bedingtheiten und seiner Erlösungsbedürftigkeit.
Das merke ich daran, dass auch in dieser Ostergeschichte Jesus plötzlich da ist – keiner weiß woher. Danach übrigens führt er seine Jünger nach Bethanien und wird wie Lukas sagt „vor ihren Augen zum Himmel erhoben!“

Lukas beschreibt keine historischen Ereignisse, die man fotografisch dokumentieren könnte. Lukas verkündet den Auferstehungsglauben der Christen – und der ist jedenfalls ganz anders als sonst in der Antike:
Wer von Gott auferweckt wird wie Jesus,  ist keineswegs der Geist eines Toten, der Menschen erschreckt;
er ist auch nicht eingesperrt in ein Totenreich, in dem eben alles tot ist und aus dem es kein Entrinnen gibt;
er ist aber auch nicht mehr irdisch – sondern gehört der göttlichen Welt an!
Das Leben in der göttlichen Welt aber ist die Zukunft des ganzen Menschen – nicht nur einer leiblosen Seele: der ganze Mensch mit seiner ganzen Geschichte, mit all seinen Erfahrungen wird zum Himmel erhoben – der Mensch, der sich von Fleisch und Brot ernährte!

Auf Anhieb mag dieser Glaube erschreckend sein, dass wir – so gut und böse, so wirkmächtig und bedürftig wir nun mal sind ‑ Eingang finden ins göttliche Leben!
Doch immer deutlicher zeigt sich auch, wie froh dieser Glaube macht.

Die Apostel konnten es vor lauter Freude nicht glauben, dass Jesus auferstanden ist – der Jesus, der gelitten hat und der mit ihnen gegessen hat. Der Auferstandene ist der Gekreuzigte und der Gekreuzigte ist der Auferstandene. Wir sind wirklich ganz und gar aufgehoben von Gott. Er ist unsere Zukunft – und alles, was uns zu unverwechselbaren und eindeutigen Menschen macht – das alles nimmt Gott in sich auf. Er ist uns nah und er hat Platz für uns – nicht im räumlichen Sinn, sondern im existentiellen Sinn: er bejaht uns und unser Leben! – ohne etwas weg zu lassen!

15. April 2012: 2. Ostersonntag

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die größte Sehnsucht der Menschheit ist …..? Was würden Sie darauf antworten?

Hat ein Straßenmädchen in einem Slum andere Vorstellungen von der Sehnsucht der Menschheit als ein Rentner in Deutschland?

Jeder wünscht sich, was für sein Leben am besten wäre.
Wenn ich aber nicht nur auf meine Lebenssituation sehe, sondern auf die ganze Welt, was ist die Sehnsucht der Menschheit?

Dass niemand hungern muss! Das kein Mensch einem anderen Böses tut? Dass es keine Katastrophen mehr gibt, die Menschenleben auslöschen? Dass die Krankheiten besiegt werden?

Können wir davon träumen, dass diese Geißeln der Menschheit besiegt werden?

Als Realist sage ich: Jedenfalls nicht solange die Welt sich kontinuierlich weiter entwickelt:
Solange es die Schwerkraft gibt, solange Luft und Wasser zum Leben nötig sind, solange das Leben die Wärme der Sonne braucht – solange wird es Hunger und Durst, Krankheit und Tod geben.
Solange der Mensch nach Besitz strebt und wir unterschiedliche Talente und Kräfte haben – solange wird es Neid geben und Streit, und ein Mensch wird sich gegen den anderen erheben.

Dennoch gibt es diesen Traum vom Paradies: den Traum von einem Leben, in dem die Geißeln der Menschheit besiegt sind.
Kann ich daran glauben? Kann man vernünftig daran glauben? Oder auch anders herum: Kann man vernünftig sein und nicht daran glauben?

Unsere Erfahrung zeigt, dass alles in dieser Welt ein Woher hat und auch ein Wohin. Es gibt nichts, für das es keine Ursache gäbe. Wie könnte dann die Welt insgesamt ohne Grund und Ursache sein?

Ebenso wissen wir, dass alles, was geschieht etwas bewirkt und zu etwas führt. Kann man sich denken, dass die Geschichte des Alls ins Nichts führt?

Schon die Sehnsucht nach Gerechtigkeit und Frieden, nach Freiheit und Liebe ist ein Hinweis darauf, dass der Mensch und die Geschichte zu diesem Ziel hinstreben, auch wenn es nicht erreicht werden kann.

Dennoch: Ich möchte jetzt – in dieser Zeit – Gerechtigkeit und Frieden, Freiheit und Liebe erleben. Ich möchte die Geißeln des Lebens besiegen!
Davon redet der Johannesbrief: „Das ist der Sieg über die Welt (über die Geißeln der Menschheit): Dass wir glauben, dass Jesus der Sohn Gottes ist!

Dabei müssen wir uns über etwas im Klaren sein: Wir reden von göttlichen Dingen – und das in menschlichen Worten, die niemals das göttliche wirklich fassen können.
Der Johannesbrief bezeichnet Jesus als „Sohn Gottes“, weil er Jesus ganz nahe und untrennbar mit Gott verbunden sieht. Wie eng, das zeigt dieser Gedanke: „Wer den Vater liebt, liebt auch Christus, der von ihm kommt – und wer Christus liebt, liebt auch den Vater, der ihn in diese Welt gesandt hat!“ Wir zeigen, dass wir den Vater lieben und Jesus, der vom Vater gekommen ist, indem wir seine Gebote halten!

Im Johannesevangelium gibt es nur ein Gebot: Liebe! Die Liebe zum Vater zeigt sich in der Liebe zu den Menschen.

Wer an Jesus glaubt, so dürfen wir sagen, der nimmt seine Berufung an, die Liebe zu leben;
der hat die Geißeln der Menschheit besiegt, weil er der Unwahrheit, dem Neid, dem Egoismus, der Gewalt keinen Raum gibt und weil er auch im Unglück an die Liebe des Vaters glaubt – so wie Jesus selbst.

Thomas, von dessen Glauben wir im Evangelium hörten, ist also der Urtyp von uns Christen, weil er vor Jesus – der ausgezeichnet ist durch seinen Kreuzestod ‑ niederfällt und bekennt: „Mein Herr und Mein Gott!“

Könnte jemand dies bekennen und nicht zugleich den Vater Jesu lieben und sein Gebot halten?

8. April 2012: Ostersonntag

Die Osterkerze ist das ganz besondere Symbol des Osterfestes. Entzündet wurde sie am lodernden Feuer, abends vor der Kirche
Das Licht erleuchtet die Dunkelheit und selbst am Tag verbreitet es einen warmen, hellen und glänzenden Schein.
Die Osterkerze verkündet:
Christus ist das Licht der Welt, weil er der Liebe den Vorzug gege­ben hat: der Liebe zu seinem himmlischen Vater und der Liebe zu den Menschen.
Dabei blieb er ‑ selbst als man ihn anklagte und zum Verbrechertod am Kreuz verurteilte.

Deshalb ist die Osterkerze mit einem Kreuz geziert – das macht sie eindeutig: Es ist das Licht Jesu, des Gekreuzigten, das sie darstellt und verbreitet.

Zugleich verkündet dieses Licht, was wir von ihm glauben:  dass Gott ihn auferweckt hat vom Tod.

Denn dass die Toten auferstehen zum ewigen Leben – das hat Jesus immer geglaubt und gelehrt.
Wenn ich an Jesus glaube, glaube ich auch an seine Auferstehung und an die Auferstehung aller, denen Gott seine Barmherzigkeit schenkt.

Diese Kerze verkündet also Christus, der das Licht des Lebens in sich hat. Er war in einer Welt der Angst vor Gott und seinem Gericht ein helles Licht. Er hat Vertrauen geschenkt und geweckt, dass Gott den Menschen leibt, wie eine Mutter und ein Vater ihr Kind.

Heute bei der Taufe wird eine Kerze an der Osterkerze entzündet. Diese Kerze wird als Taufkerze Lucia durch ihr Leben begleiten.
Lucia empfängt in der Taufe das Licht Christi. Sie hat Anteil an Christus, sie ist Gottes geliebtes Kind!
Sie gehört für immer zu Gott, sie hat das Leben von Gott empfangen und wird in Gott leben – auch wenn sie einmal sterben wird.

Mit ihrer Taufe beginnt der Weg im Licht des Glaubens an Jesus Christus. Das ist ein Weg der Hoffnung und der Zuversicht, ein Weg der Freude über das Leben und ein Weg der begleitet ist von der Liebe Gottes, die wir in so vielen Dingen und Ereignissen erkennen können.
Im Licht dieser frohen Zuversicht darf Lucia leben und – das ist das zweite, was nicht übersehen werden darf, wenn wir nachdenken über die Taufkerze und ihren Sinn:

Lucia soll und darf selbst anderen Menschen Licht bringen:
Als Baby tut sie das von selbst: wenn sie ihre Eltern anstrahlt,
wenn sie jeden Tag etwas neues lernt
und alle sich an ihr und über sie freuen.

Besonders wir erwachsene Christen aber sind befähigt und berufen, anderen Menschen Licht zu sein: durch die Hoffnung, die wir ausstrahlen; durch die Solidarität und Hilfe, die wir anderen erweisen; durch das Vertrauen, das uns trägt; durch die Kraft, die in uns ist.
Wir dürfen und können Licht für andere sein, weil und je mehr das das Licht Christi in uns leuchtet.

Liebe Eltern und Paten, ganz besonders ihnen, die sie heute Lucia taufen lassen, lege ich das ans Herz: Geben sie Christus einen festen Platz in ihrem Leben. Leben sie in seinem Licht – es ist ein Licht das Hoffnung und Freude bringt. Lucia soll von ihnen lernen können, in diesem Licht zu leben und sie soll das Leben anderer hell machen durch ihren Glauben und ihre Liebe.

Samstag, 07. April: Feier der Osternacht

Der helle Lichtschein lässt fast vergessen, dass nur ein kleiner Rest von einem Licht übriggeblieben war.
Die Jünger waren aus Angst Jesus alleine gelassen, ohne Freunde ging er seinen Weg nach Golgota.

Die einen machten sich aus dem Staub und verließen Jerusalem.
Die anderen sperrten sich ein.

Frauen – die vielleicht nicht so sehr Ziel von Verfolgung waren – hielten aus unter dem Kreuz und wussten, wo sein Grab zu finden war.
Doch auch sie waren überzeugt, dass Jesus gescheitert war – sie wollten den Leichnam salben, wie es sich gehört.

Nein, da war keine Hoffnung mehr! Da war nichts übrig geblieben von der galiläischen Begeisterung.

Diese Depression und Enttäuschung der Jünger Jesu und aller, die bei ihm waren, steigert das Markusevangelium in seiner ursprünglichen Fassung bis an die Schmerzgrenze: Es endete mit dem Satz:
„Da verließen sie das Grab und flohen; denn Schrecken und Entsetzen hatte sie gepackt. Und sie sagten niemand etwas davon; denn sie fürchteten sich.“
Da fragt sich der Leser: wie kam es aber dann, dass dennoch die Auferstehung Jesu verkündet wurde und ich jetzt zu einer großen Gemeinschaft von Glaubenden gehöre?

Dass Menschen anfangen, die Ideen, die Gedanken, die Lehre, die Taten eines Gekreuzigten zu verbreiten – das war nach dem Karfreitag gewiss nicht anzunehmen.

Der Osterglaube scheint angefangen zu haben wie ein Holzfeuer, das an der Glut des vergangenen Abends entfacht wird:
Ein kleines Flämmchen zuckt auf – als die Frauen zum Grab gehen: Jesus hat gesagt, er werde zum Vater gehen. – Aber sie wagen es nicht zu denken, geschweige denn zu sagen.
Zwei laufen weg und während sie miteinander klagen und jammern – unverhofft die Gedanken: das musste ja so kommen, der Karfreitag ist doch eher ein Beweis als die Wiederlegung Jesus und seiner frohen Botschaft.
Die anderen hatten sich ratlos und trostlos eingesperrt – und waren von sich selber überrascht, als sie plötzlich anfingen den Kreuzestod Jesu nicht als Ende, sondern als Anfang zu verstehen.

Flämmchen um Flämmchen zuckte, bis daraus ein großes Feuer wurde.  Ein Feuer, das die Jünger aber nicht selbst angefacht hatten.

Auf einmal brannte es so stark, dass man sich daran wärmen konnte.
Die Glut, an der sich das Feuer entzündete, war Jesus selbst und sein „für euch“. Die Liebe, die in ihm war – die Liebe zu seinem himmlischen Vater und zu seinen Jüngern – das ist die Glut, die niemand zum verlöschen bringen kann.

Wir haben unsere Kerzen am Feuer entzündet und singen und beten in ihrem hellen Schein. Das Feuer das in Jesus war, seine Liebe und Hingabe, seine Freude und Lebendigkeit, sein Feuer hat uns ergriffen und wir sind ausgesandt, das Licht in der Welt zu verbreiten. Nämlich seine Botschaft, die Jesus in Wort und Tat verkündete und lebte:
Ihr seid Gottes geliebte Kinder! Ihr gehört zu Gott und lebt in ihm und werdet in ihm leben.
Dieses kleine letzte Glut, das „Für euch“ Jesu bringt mich zum Glauben:

Jesus ist auferstanden, wie er gesagt hat! Halleluja!
Er lebt beim Vater und auch wir werden leben! Halleluja!
Der Tod ist überwunden. Die Liebe hat den Sieg errungen. Halleluja!

6. April 2012: Karfreitag

In meinem Kopf hat sich ein Bild des Grauens eingegraben:
Vor mehr als 25 Jahren gab es irgendwo in Afrika schreckliche Überschwemmungen. Schlammfluten schoben sich durch das Land. Ein Junge steckte im Schlamm, der in unbarmherzig nach unten zog. Tagelang kämpfte er um sein Leben. Tagelang zeigte das Fernsehen die Bilder von dem Kind im Schlamm. Es war Grauenhaft!
Vor allem auch, dass dieser Überlebenskampf großformatig in die Welt übertragen wurde.

Bilder des Grauens –bringen mich manchmal zum Stocken und ich frage mich: Wo ist Gott, wenn Menschen so grauenhaft leiden und sterben?

Das Leiden Jesu am Kreuz ist eines dieser Bilder! Die vielen Gekreuzigten Menschen – die von Landminen zerfetzten und verstümmelten Kinder – Die Kinder, die nicht zur Welt kommen durften ‑ die Verkehrstoten – die vom Krebs ausgemergelten – Grauen ringsum! Betet der Psalmist.

Was passiert in der Seele eines Menschen, der solches Grauen erlebt oder sich davon betreffen lässt, den es nicht kalt lässt?

Er kann sich aufbäumen und protestieren: das darf nicht sein. Da kann kein Gott sein, der so etwas zulässt – und wenn doch, dann ist es ein Teufel und nicht Gott.
Das Leben ist nicht einmal wert gelebt zu werden – bis dahin reicht die Verzweiflung des Propheten Jeremia, der zu seinem Gott schreit: Verflucht der Tag, an dem ich geboren bin!

Andere Menschen erstarren vor Grauen und Schreck. Sie empfin­den nichts mehr und sind innerlich wie tot. Es ist alles aus. Es gibt nur Tod und Verderben. Wir alle sind dem Untergang geweiht.

Manche Menschen stürzen sich in den Kampf gegen das Grauen:
Die Krankheit muss überwunden werden.
Die Menschen sollen lernen, den Frieden zu lieben.
Die Ungerechtigkeit in der Welt muss ein Ende haben.

Die Jünger Jesu dachten, Jesus würde dem Grauen in dieser Welt ein Ende machen. Nun befiel sie selbst das Grauen – denn ihr Meister gerät in die Mühlen der menschlichen Grausamkeit
und endet wie ein elender Verbrecher am Kreuz.
Da bleibt nichts übrig von ihrer Begeisterung!  Da ist keine Hoffnung mehr!
Da sind Enttäuschung und Wut und die Suche nach den Schuldigen!
Da sind Angst und Furcht: Sich verstecken und einschließen; fliehen und Abstand gewinnen.

Was ist meine Reaktion? Halte ich das Grauen aus?

Und immernoch bleibt die Frage: Sieht Gott weg? Lässt er es zu? Wo ist er, wenn Menschen solche Grausamkeit verüben und ertragen.

Liebe Schwestern und Brüder! Als Jugendlicher beeindruckte mich diese Szene, die ich irgendwo zu lesen fand:
In einem Lager von Kriegsgefangenen wurde ein Exempel statuiert Einige Männer wurden gehängt. Einer fragte seinen Kameraden: Wo ist nun dein Gott, an den du dich so klammerst?
Der antwortete ihm: Er hängt dort am Galgen.

Kann Gott am Galgen hängen? Kann Gott am Kreuz hängen?
Kann Gott als Mensch dieser Welt unter uns gelebt haben?

Selbst wenn wir die Antwort darauf offen lassen, frage ich mich:
Was bedeutet Jesu Tod für Gott?  Reicht Gottes Macht bis in den Tod?
Was bedeutet Jesu Tod für mich? Kann ich noch an ihn und seine Botschaft glauben?
Was bedeutet Jesu Tod für ihn selbst?  Ist er vernichtet für immer? Oder?

In dem Grauen und Entsetzen bleibt nur ein kleiner Rest von einem Licht. Dieses „für euch“ das Jesus zu den Jüngern sprach. Dieses „für euch“ dessen, der an seinem letzten Abend seinen Jüngern die Füße wusch.
Lasst uns in ehren, der diesen Weg für uns ging – um der Liebe willen. Denn die Liebe hört niemals auf.

5. April 2012: Gründonnerstag

4 mal finden wir im Neuen Testament die Überlieferung wie Jesus seinen Jüngern den Auftrag gibt: Tut dies zu meinem Gedächtnis.

Ob es nun das Paschamahl war, das Jesus mit den Jüngern feierte oder ein anderes Mahl –jedenfalls steht das Pachamahl der Israeliten Pate für das, was Jesus tat und seinen Jüngern aufgetragen hat

Das Brot brechen und den Kelch des Segens trinken – beides gehört zur jüdischen Mahlordnung.

Dieser Ritus dringt an und für sich schon in die Gefühlswelt ein.
Man versammelt sich im Namen des lebendigen Gottes!
Man hält sich vor Augen, was Gott für sein Volk getan hat.
Man vergewissert sich der Verheißungen, der Zusagen, die Gott gegeben hat.
Und zur Besiegelung – als Zeichen des Glaubens und der Gemeinschaft im Glauben – teilt man Brot und trinkt Wein.

Dabei wird eine verschworene Gemeinschaft gefestigt. Wer dabei ist, bindet sich an diese Hoffnung und an die anderen, die mit ihm diese Hoffnung teilen.

Wer dieses Mahl feiert, hat Anteil an dem, was da gefeiert wird.
Es ist ein Bündnis, ein Zusammenhalten, eine Geschichte, eine Hoffnung.

Das alles bedeutet die Eucharistie auch für uns: sie fügt uns zu einer Gemeinschaft zusammen und verbindet uns.
Wir feiern unsere gemeinsame Geschichte und unsere gemeinsame Hoffnung.

Welche Geschichte – welche Hoffnung?

Es ist die Geschichte des Jesus von Nazareth, der denen, die am wenigsten dafür geeignet erschienen, verkündete: Das Reich Gottes ist euch nahe! Es ist mitten unter euch! Ihr gehört zu Gott! Ihr seid seine geliebten Kinder!  Glaubt es und seht es: Kranke werden heil: Menschen, die besessen sind, werden befreit; die sich selbst für ihr Tun verurteilen und verurteilt werden, finden aus der Versöhnung Kraft für einen neuen Anfang.

Das ist der neue Bund, den er begründet hat: der neue Bund zwischen dem lebendigen Gott und allen, die an Christus und seine Botschaft glauben.

Für die Juden, die an Christus glauben, ist er deshalb der neue Moses, er ist größer als Abraham und er ist der verheißene Messias, durch den Gottes Reich kommt, der Menschensohn.

Für die Heiden, die an Christus glauben, ist er das Licht der Welt,  die Wahrheit und die Erkenntnis, der Sohn Gottes.

Für uns Christen nach der Aufklärung und all den Umbrüchen und Revolutionen in Gesellschaft und Wissenschaft ist er es, dessen Leben und Lehre uns Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden bringt – der neue Mensch.

Aber egal wer sich an Jesus erinnert und an ihn glaubt:
Er versammelt sich mit seinen Schwestern und Brüdern, die mit ihm glauben; wir teilen das Brot und trinken den Wein und dabei werden wir Partner des neuen Bundes, den Gott mit uns durch ihn geschlossen hat.

Diesen Bund drückt Jesus mit den Worten aus:
Das ist mein Leib, mein Leben, das ich gebe – für euch, damit ihr diesem Bund glauben könnt.
Das ist mein Blut, das für euch vergossen wird, damit ihr glaubt, dass ihr Gottes geliebte Kinder seid und dass ihr zu Gott gehört und in ihm lebt und leben werdet.

01. April 2012: Palmsonntag

HIer geht es zu den liturgischen Texten:

Heute ist ein fröhlicher Tag. Jesus kommt nach Jerusalem  – er hat so vielen Menschen geholfen.
Er  erzählt vom Vater im Himmel, der uns lieb hat und dem wir vertrauen können. Er sagt, dass das Reich Gottes kommt.

Jetzt kommt er nach Jerusalem –  Vielleicht bringt er endlich den Frieden und befreit die Menschen. Wir wollen ihn froh empfangen.

Deshalb haben wir Palmbuschen mitgebracht:
Wie die Leute in Jerusalem begrüßen wir Jesus und rufen: Hosanna.
Mit den Palmzweige schmücken wir das Kreuz:
Wenn wir während des Jahres die Palmbuschen sehen, denken wir vielleicht:
Jesus hilf doch. Er kann uns helfen, dass wir in unserem Leben Frieden finden.

Hosanna – Hilf doch! – beten wir in jeder hl. Messe. Wir beten
Hilf doch, dass endlich Frieden werde!
Hilf doch und befreie uns von Krankheit und Leid!
Hilf doch, du Messias des Herrn.

Wie die vielen anderen Pilger kommt Jesus nach Jerusalem. Und wie die Pilger überhaupt begrüßt wurden etwa wie heute in Altötting – so auch Jesus.
Doch Jesus reitet auf einem Esel.  Er wird nicht begleitet von berittenen Soldaten.

Das ist entscheidend: Unser Herr, Jesus, den wir als Messias Gottes bekennen, ihn, den Menschensohn, reitet nicht auf einem Schlachtross, nicht auf einem königlichen Schimmel – sondern auf einem Esel.

Gewalt ist keine der Optionen Gottes zur Durchsetzung seiner Herrschaft auf Erden!
Jesus ist der Messias des Friedens.
Es gibt keinen Gottesstaat, den man mit Gewalt durchsetzen könnte oder müsste.

Dieser Frieden, für den Jesus steht – er durchzieht auch die gesamte Leidensgeschichte – auch wenn es eine Geschichte der Gewalt, der Lüge, des Verrats und der Untreue ist.
Er, der da zu Tode gebracht wird – er bleibt in seinem Frieden. Er wird nicht zum Feind seiner Feinde.

Sein Handeln ist das Handeln eines Menschen, der erfüllt ist von einem Frieden. Es scheint fast, als käme er von einer anderen Welt.
Es ist als wolle er sagen: selbst wenn ihr mich ans Kreuz nagelt – werde ich nicht aufhören, euch die Botschaft des Friedens zu verkünden.
In jeder Messfeier rufen wir: Hosanna – Hilf doch Jesus – schenke uns Frieden, erfülle uns mit Gedanken des Friedens und gib uns Mut zu Taten des Friedens.