6. April 2012: Karfreitag

In meinem Kopf hat sich ein Bild des Grauens eingegraben:
Vor mehr als 25 Jahren gab es irgendwo in Afrika schreckliche Überschwemmungen. Schlammfluten schoben sich durch das Land. Ein Junge steckte im Schlamm, der in unbarmherzig nach unten zog. Tagelang kämpfte er um sein Leben. Tagelang zeigte das Fernsehen die Bilder von dem Kind im Schlamm. Es war Grauenhaft!
Vor allem auch, dass dieser Überlebenskampf großformatig in die Welt übertragen wurde.

Bilder des Grauens –bringen mich manchmal zum Stocken und ich frage mich: Wo ist Gott, wenn Menschen so grauenhaft leiden und sterben?

Das Leiden Jesu am Kreuz ist eines dieser Bilder! Die vielen Gekreuzigten Menschen – die von Landminen zerfetzten und verstümmelten Kinder – Die Kinder, die nicht zur Welt kommen durften ‑ die Verkehrstoten – die vom Krebs ausgemergelten – Grauen ringsum! Betet der Psalmist.

Was passiert in der Seele eines Menschen, der solches Grauen erlebt oder sich davon betreffen lässt, den es nicht kalt lässt?

Er kann sich aufbäumen und protestieren: das darf nicht sein. Da kann kein Gott sein, der so etwas zulässt – und wenn doch, dann ist es ein Teufel und nicht Gott.
Das Leben ist nicht einmal wert gelebt zu werden – bis dahin reicht die Verzweiflung des Propheten Jeremia, der zu seinem Gott schreit: Verflucht der Tag, an dem ich geboren bin!

Andere Menschen erstarren vor Grauen und Schreck. Sie empfin­den nichts mehr und sind innerlich wie tot. Es ist alles aus. Es gibt nur Tod und Verderben. Wir alle sind dem Untergang geweiht.

Manche Menschen stürzen sich in den Kampf gegen das Grauen:
Die Krankheit muss überwunden werden.
Die Menschen sollen lernen, den Frieden zu lieben.
Die Ungerechtigkeit in der Welt muss ein Ende haben.

Die Jünger Jesu dachten, Jesus würde dem Grauen in dieser Welt ein Ende machen. Nun befiel sie selbst das Grauen – denn ihr Meister gerät in die Mühlen der menschlichen Grausamkeit
und endet wie ein elender Verbrecher am Kreuz.
Da bleibt nichts übrig von ihrer Begeisterung!  Da ist keine Hoffnung mehr!
Da sind Enttäuschung und Wut und die Suche nach den Schuldigen!
Da sind Angst und Furcht: Sich verstecken und einschließen; fliehen und Abstand gewinnen.

Was ist meine Reaktion? Halte ich das Grauen aus?

Und immernoch bleibt die Frage: Sieht Gott weg? Lässt er es zu? Wo ist er, wenn Menschen solche Grausamkeit verüben und ertragen.

Liebe Schwestern und Brüder! Als Jugendlicher beeindruckte mich diese Szene, die ich irgendwo zu lesen fand:
In einem Lager von Kriegsgefangenen wurde ein Exempel statuiert Einige Männer wurden gehängt. Einer fragte seinen Kameraden: Wo ist nun dein Gott, an den du dich so klammerst?
Der antwortete ihm: Er hängt dort am Galgen.

Kann Gott am Galgen hängen? Kann Gott am Kreuz hängen?
Kann Gott als Mensch dieser Welt unter uns gelebt haben?

Selbst wenn wir die Antwort darauf offen lassen, frage ich mich:
Was bedeutet Jesu Tod für Gott?  Reicht Gottes Macht bis in den Tod?
Was bedeutet Jesu Tod für mich? Kann ich noch an ihn und seine Botschaft glauben?
Was bedeutet Jesu Tod für ihn selbst?  Ist er vernichtet für immer? Oder?

In dem Grauen und Entsetzen bleibt nur ein kleiner Rest von einem Licht. Dieses „für euch“ das Jesus zu den Jüngern sprach. Dieses „für euch“ dessen, der an seinem letzten Abend seinen Jüngern die Füße wusch.
Lasst uns in ehren, der diesen Weg für uns ging – um der Liebe willen. Denn die Liebe hört niemals auf.

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