15. April 2012: 2. Ostersonntag

Hier geht es zu den liturgischen Texten:

die größte Sehnsucht der Menschheit ist …..? Was würden Sie darauf antworten?

Hat ein Straßenmädchen in einem Slum andere Vorstellungen von der Sehnsucht der Menschheit als ein Rentner in Deutschland?

Jeder wünscht sich, was für sein Leben am besten wäre.
Wenn ich aber nicht nur auf meine Lebenssituation sehe, sondern auf die ganze Welt, was ist die Sehnsucht der Menschheit?

Dass niemand hungern muss! Das kein Mensch einem anderen Böses tut? Dass es keine Katastrophen mehr gibt, die Menschenleben auslöschen? Dass die Krankheiten besiegt werden?

Können wir davon träumen, dass diese Geißeln der Menschheit besiegt werden?

Als Realist sage ich: Jedenfalls nicht solange die Welt sich kontinuierlich weiter entwickelt:
Solange es die Schwerkraft gibt, solange Luft und Wasser zum Leben nötig sind, solange das Leben die Wärme der Sonne braucht – solange wird es Hunger und Durst, Krankheit und Tod geben.
Solange der Mensch nach Besitz strebt und wir unterschiedliche Talente und Kräfte haben – solange wird es Neid geben und Streit, und ein Mensch wird sich gegen den anderen erheben.

Dennoch gibt es diesen Traum vom Paradies: den Traum von einem Leben, in dem die Geißeln der Menschheit besiegt sind.
Kann ich daran glauben? Kann man vernünftig daran glauben? Oder auch anders herum: Kann man vernünftig sein und nicht daran glauben?

Unsere Erfahrung zeigt, dass alles in dieser Welt ein Woher hat und auch ein Wohin. Es gibt nichts, für das es keine Ursache gäbe. Wie könnte dann die Welt insgesamt ohne Grund und Ursache sein?

Ebenso wissen wir, dass alles, was geschieht etwas bewirkt und zu etwas führt. Kann man sich denken, dass die Geschichte des Alls ins Nichts führt?

Schon die Sehnsucht nach Gerechtigkeit und Frieden, nach Freiheit und Liebe ist ein Hinweis darauf, dass der Mensch und die Geschichte zu diesem Ziel hinstreben, auch wenn es nicht erreicht werden kann.

Dennoch: Ich möchte jetzt – in dieser Zeit – Gerechtigkeit und Frieden, Freiheit und Liebe erleben. Ich möchte die Geißeln des Lebens besiegen!
Davon redet der Johannesbrief: „Das ist der Sieg über die Welt (über die Geißeln der Menschheit): Dass wir glauben, dass Jesus der Sohn Gottes ist!

Dabei müssen wir uns über etwas im Klaren sein: Wir reden von göttlichen Dingen – und das in menschlichen Worten, die niemals das göttliche wirklich fassen können.
Der Johannesbrief bezeichnet Jesus als „Sohn Gottes“, weil er Jesus ganz nahe und untrennbar mit Gott verbunden sieht. Wie eng, das zeigt dieser Gedanke: „Wer den Vater liebt, liebt auch Christus, der von ihm kommt – und wer Christus liebt, liebt auch den Vater, der ihn in diese Welt gesandt hat!“ Wir zeigen, dass wir den Vater lieben und Jesus, der vom Vater gekommen ist, indem wir seine Gebote halten!

Im Johannesevangelium gibt es nur ein Gebot: Liebe! Die Liebe zum Vater zeigt sich in der Liebe zu den Menschen.

Wer an Jesus glaubt, so dürfen wir sagen, der nimmt seine Berufung an, die Liebe zu leben;
der hat die Geißeln der Menschheit besiegt, weil er der Unwahrheit, dem Neid, dem Egoismus, der Gewalt keinen Raum gibt und weil er auch im Unglück an die Liebe des Vaters glaubt – so wie Jesus selbst.

Thomas, von dessen Glauben wir im Evangelium hörten, ist also der Urtyp von uns Christen, weil er vor Jesus – der ausgezeichnet ist durch seinen Kreuzestod ‑ niederfällt und bekennt: „Mein Herr und Mein Gott!“

Könnte jemand dies bekennen und nicht zugleich den Vater Jesu lieben und sein Gebot halten?

Hinterlasse einen Kommentar