Hier geht es zu den liturgischen Texten:
„Überall und auch in religiösen Dingen machte es mir zu schaffen, daß ich nicht heuchelte und den Mut hatte, auszusprechen wie ich empfand. Ich glaubte an Gott und die Natur und an den Sieg des Edlen über das Schlechte; aber das war den frommen Seelen nicht genug, ich sollte auch glauben, daß Drei Eins sei und Eins Drei; das aber widerstrebte dem Wahrheitsgefühl meiner Seele; auch sah ich nicht ein, daß mir damit auch nur im mindesten wäre geholfen gewesen.“
Johann Peter Eckermann, ein Vertrauter Goethes überliefert diesen Rückblick Goethes auf seine Jugendjahre in den „Gesprächen mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens“ 1836.
„Ich sah nicht ein, dass mir im Mindesten damit geholfen wäre!“ – Ist der Glaube an die Drei-Einigkeit eher ein Hindernis oder vielleicht doch eine Hilfe zum christlichen Glauben?
Die Aufgabe, die ich mir stelle, ist nicht weniger, als nachzudenken, ob der Glaube an Gott als Vater, Sohn und Heiliger Geist für das Glauben-Können eher hinderlich oder doch wichtig oder unverzichtbar ist.
Jedenfalls unterscheidet uns dieser Glaube von den anderen monotheistischen Religionen – er ist das Besondere des Christentums – aber dadurch ist dieser Glaube noch lange nicht wahr: man kann sich nicht etwas ausdenken und behaupten, bloß damit man anders ist als andere.
Wir kommen nicht daran vorbei, von Vater, Sohn und Geist zu sprechen, weil die Heilige Schrift, auf der unser Glaube beruht, vom Vater, Sohn und Geist und von ihrem Wirken und Tun erzählt.
Vater, Sohn, Geist – gehören zum christlichen Vokabular, seit Petrus und die anderen Jünger begannen, die Auferstehung Jesu zu verkünden.
Und von Anfang an, jedenfalls schon vor dem Jahr 100 unserer Zeitrechnung gab es die Taufformel: Ich taufe Dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Sowohl den Sohn, als auch den Geist sehen wir Christen in engster Verbindung mit Gott: sie kommen von Gott; sie sind Gottes Sohn und Gottes Geist.
Wie aber verhalten sich diese drei zueinander?: Steht der Vater über dem Sohn und dem Geist? Hat der Vater Jesus als Sohn angenommen oder hat der Sohn in Jesus Fleisch angenommen? Steht der Heilige Geist zwischen dem Vater und dem Sohn oder unter dem Sohn?
Ich frage mich: Kann ich das wissen? Muss ich das wissen? Für mich ist es entscheidender, wie der Glaube an den Vater und den Sohn und den Heiligen Geist mir Leben hilft und mich Heil finden lässt?
Gott ist der Ursprung, die Quelle des ganzen Weltalls! Im Weltall, durch das vergängliche Leben im Universum verwirklicht sich Gott, der Lebendige und Leben schaffende.
Im Menschen Jesus erkenne ich, dass Gott sich uns zuwendet und dieses vergängliche, begrenzte und geschaffene Leben annimmt und teilt.
Gott ist nicht nur der Ursprung des Lebens, er ist auch Bruder der Menschen – und teilt sogar die geschlechtliche Begrenzung mit uns.
Gott lässt sich also ganz und gar auf uns seine Geschöpfe ein. Er ver – wirklicht sich im Menschen: Denn erst der Mensch, dessen Gedanken frei sind und der seiner bewusst ist, kann Gott erkennen und ihm vertrauen und eine Beziehung zu ihm haben. Gott ist wirklich, weil wir Menschen ihn erkennen können.
Der Geist Gottes und seine Kraft wirkt in den Menschen. Es ist der schöpferische Geist, der den Menschen fähig macht, Neues zu erschaffen und auszudenken.
Wie der Vater, der alles ins Leben rief, kann auch der Mensch in der Welt Neues erfinden und schaffen, kann auch der Mensch Leben zeugen und weitergeben, kann auch der Mensch sich für den anderen öffnen und ICH sagen. Der Mensch ist Gott ähnlich, weil Gottes Geist im Menschen ist.
Gott offenbart sich uns in dieser Drei-Gestalt!
Gott erschafft das Universum und das Leben,
Gott wendet sich dem Leben, dem Menschen zu,
Gott gibt dem Menschen seinen schöpferischen Geist.
In dieser Offenbarung ist die Kluft überwunden, die Gott und Menschen trennt. Da aber Gott und Mensch versöhnt sind, ist der Weg geebnet, dass auch die Menschen die Spaltungen überwinden können, dass auch wir versöhnt sein können – verschieden voneinander und doch verbunden als Menschen die Leben durch Gottes Geist, die Gott befreit durch Jesus Christus, die Gott liebt unser aller himmlischer Vater.
