30. September 2012: 26. Sonntag im Jahreskreis

Hier geht es zu den liturgischen Texten:

Zu Recht kreidet man es der Kirche an, wenn es ihr nur um sich selbst geht – um ihren Einfluss, ihre Finanzen und um ihr Ansehen!

Zu Recht geraten Politiker in Misskredit, wenn sie ihr eigenes Süppchen kochen, unliebsame Konkurrenten ausschalten, Vorteile im Amt annehmen!

Zu Recht werden Unternehmen boykottiert, die ihren Angestellten keinen angemessenen Lohn zahlen, sie mit Kameras überwachen und unwürdige Arbeitsbedingungen herstellen.

Zu Recht beklagen wir, wenn der Egoismus die Gesellschaft dominiert –
ich meine damit: eine Mentalität, die persönlichen Gewinn über Fairness und Gerechtigkeit stellt.

Der Jakobusbrief sagt dazu unverblümt und schonungslos: „Euer Reichtum verfault, eure Kleider werden von Motten zerfressen; euer Gold und Silber verrostet“

Der Egoismus, der Arbeitern ihren Lohn vorenthält, der nicht zurück-schreckt vor Lüge und Unwahrheit, der Blind macht für den Mitmenschen, dieser Egoismus trennt den Menschen von Gott. Er ist unmittelbar gegen Gott gerichtet und er bringt Spaltung, Unglück, Tod und Verderben zuerst über die Armen und Benachteiligten und dann über die, die Unrecht tun.

Davor warnt der Jakobusbrief und auch das Markusevange­lium mit seinen drastischen Sätzen, es sei besser mit einem Auge, Hand, Fuß in das Himmelreich zu kommen als mit beiden Augen, Händen, Füßen in das nie verlöschende Feuer.

Schwestern und Brüder, es geht darum, ob wir unser Leben auf Gott ausrichten, ob wir Gott anerkennen in unserem konkreten Tun und Lassen. Das Evangelium beschwört seine Leser geradezu, sich für Gott zu entscheiden. Es ist die Entscheidung zwischen Leben und Tod.

Denn Gold und Silber verrosten, und die Motten zerfressen die Kleider.
Niemand kann etwas mitnehmen, wenn er stirbt, doch das Gute, das Menschen tun, die Liebe, die sie empfangen und schenken, bleibt in Ewigkeit.

23. September 2012: 25. Sonntag im Jahreskreis

Hier geht es zu den liturgischen Texten:

Bei einer Wanderung mit Freunden kürzlich, lief ich um die Wette mit einem Kind, das gerade in die Schule gekommen ist. – Es versteht sich von selbst, dass das Mädchen gewonnen hat. Es sollte ja nur sein Ehrgeiz angestachelt werden.
Habe ich damit gegen Jesu Wort vom Dienen verstoßen, weil ich das Kind animierte, gewinnen zu wollen?

Beim Spiel, im Sport, in der Wirtschaft – überall geht es um Konkurrenz: Wer ist schneller, wer kann es besser, wer kann mehr verkaufen, wer macht größeren Gewinn ….

Es ist ein Naturgesetz, das der ganzen Schöpfung eingeschrieben ist. Die vielfältigen Lebensformen, die wir heute beobachten entstanden, weil jedes Lebewesen und jede Art versuchen, sich immer besser der Umwelt anzupassen und in Konkurrenz mit anderen Arten zu bestehen.

Aber heute hören wir: Wer der Erste sein will, soll der Letze von allen und der Diener aller sein.

Für die gesunde Entwicklung eines Menschen ist es aber wichtig, dass er lernt, seine Kräfte einzusetzen, dass er sich vergleicht und mit anderen misst. Es ist notwendig, um seine Kräfte zu entwickeln und einschätzen zu lernen. Es wäre ein schwerer Fehler, den Kindern das Wetteifern zu verbieten.

Aber heute hören wir: Wer der Erste sein will, soll der Letze von allen und der Diener aller sein.

Ich kenne aber auch eine andere Erfahrung:
Ich ärgere mich über Leute, die dauernd das Sagen haben wollen;
wenn jemand immer und überall nur seine Interessen sieht und durchsetzen will;

Ein Gruppe ist anstrengend und belastend, wenn man das Gefühl hat, man muss dauernd kämpfen, um akzeptiert und gesehen zu werden.

Statt Selbstsucht und Egozentrik wird Teamgeist gefördert, man soll Zuhören können, und lernen, die Bedürfnisse des anderen zu respektieren:
Wie sehr schätzen wir Menschen, die zuvorkommend und rücksichtsvoll sind.

Ist das gemeint mit den Worten  Wer der Erste sein will, soll der Letze von allen und der Diener aller sein.

Ich glaube, es geht in diesem Jesuswort um mehr als um Formen der Höflichkeit und des Anstands:
Erinnern wir uns, dass vorher davon die Rede ist, dass Jesus getötet werden wird und achten wir darauf, dass danach die Aufnahme eines Kindes als Beispiel für das Dienen genommen wird.

Kinder galten damals nichts. Sie sollten möglichst bald etwas arbeiten und leisten. Ihre Bedürfnisse galten damals nichts und viele Kinder liefen als Waisen auf der Straße herum.
Wer für ein solches Kind sorgt, weil er sich Jesus zum Vorbild nimmt,  der hat das Wort vom Dienen verstanden.
Er tut dies einfach um des Kindes willen, um es zu behüten und um ihm zu helfen. Das Evangelium geht so weit zu sagen: Wer so etwas tut, der nimmt Gott auf, der diesem Kind das Leben geschenkt hat.

Das Wort vom Dienen und vom Letzter sein ist so wie das Wort von der Selbstverleugnung eine Herausforderung und Jesus mutet uns einiges zu.
Es richtet sich an uns, als Jünger Jesu und macht uns deutlich:
Wer zu Jesus gehört und ihn zum Vorbild nimmt,  geht in der Entwicklung der Menschlichkeit einen Schritt weiter:
Was ich am besten kann, soll nicht dazu dienen, dass ich über anderen stehe, sondern dass ich damit anderen und der Gemeinschaft nützen kann.

Schön, wenn es dafür auch noch ein Lob gibt.

16. September 2012: 24. Sonntag im Jahreskreis

Das Christentum wird von vielen Menschen geschätzt – wegen seiner Werte: Ob da der Wert der Selbstverleugnung auch im Bewusst sein ist?

Sich selbst verleugnen – das klingt – schrecklich.
Soll ich meine ureigenen Bedürfnisse verleugnen:  Soll ich darauf verzichten, etwas gelten zu wollen?
Soll ich darauf verzichten, meine Rechte zu gebrauchen und auch gegenüber anderen einzufordern?
Soll ich aufhören, Bedürfnisse und Wünsche zu haben? Soll ich mich aufgeben und sozusagen auflösen?

Es ist nicht verwunderlich, wenn sich einem da die Nackenhaare aufstellen und sich alles in einem dagegen sträubt.

Ich will weder sie noch mich zu dieser Art der Selbstverleugnung drängen – denn ich bin mir sicher, dass dies nicht im Sinne des Evangeliums und im Sinne Jesu wäre. ‑ Es gibt genügend Sätze im Evangelium, die eine andere Sprache sprechen.

Dennoch steht hier: Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst. Er nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach!
Das erinnert an Jesu Kreuzestod, den er mit so vielen anderen Menschen im römischen Reich teilte.

Es ist auch heute ‑ wie zu Zeiten des Evangelisten – nicht leicht zu glauben, dass dieser Gekreuzigte Jesus aus Nazareth der Messias sein soll.
Und es ist heute wie damals schwer, sich für diesen Glauben einzusetzen und dafür gerade zu stehen.

Denn heute wie damals stehen Jesus und seine Botschaft quer zu den alltäglichen Vorstellungen von Lebensqualität:
Jesus predigt die Bereitschaft, persönliche Nachteile in Kauf zu nehmen, er fordert dazu auf, eigene Interessen zurückzustellen, er widerspricht dem Leistungsprinzip, er verweigert sich dem Machtstreben, er ist alles andere als angepasst und bequem.

Das einzige, was er gegen dies alles setzt, ist das, was er Auferstehung und ewiges Leben nennt, das sogenannte Reich Gottes, das er ausruft und gekommen sieht.
Das ist aber im Jenseits unseres Lebens und des Todes! Dieses Jenseits stellt Jesus uns vor als Glückseligkeit für den einzelnen Menschen und für Alle: Im Jenseits hat der Mensch Anteil am Leben Gottes, an seiner Fülle, an seiner Herrlichkeit.
Jesus lädt dazu ein, dass wir bereits jetzt so leben, wie es dem Jenseits entspricht. Mit dem Wort vom Leben retten und verlieren, mit dem Wort von der Selbstverleugnung macht er auf einen Zusammenhang aufmerksam, der bei genauerem Hinsehen gar nicht so widersprüchlich ist, wie es den Anschein hat:

Die Liebe zu anderen ist eine unbändige Triebfeder: Aus Liebe geben Menschen ihr letztes Hemd,  verzichten, reiben sich auf, riskieren ihr Leben, verschenken ihr Leben.

Die Liebe zu Gott beginnt damit, dass er uns ins Dasein ruft, das Leben in uns hat göttlichen Ursprung,
Die Liebe zu Gott sollte nicht aufhören, wenn es darum geht, sich und seine Möglichkeiten einzusetzen, damit das Leben, Gottes Gabe, sich entfalten und entwickeln kann.

Im Ernstfall müssen wir uns immer wieder entscheiden ob wir in diesem Leben und in dieser Welt die Werte des Himmelreiches gelten lassen: Frieden, Gemeinschaft, Geborgenheit.

Ob die Menschen, die die christlichen Wert schätzen: Aufrichtigkeit, Hilfsbereitschaft, Rücksicht und ähnliches  dabei daran denken, dass diese Werte mit Verzicht und dem Aufbieten eigener Kraft und Möglichkeiten zu tun haben??

02. September 2012: 22. Sonntag im Jahreskreis

Ein Klick zu den litugischen Texten:

Ich möchte gut dastehen – vor der Gemeinde, vor ihnen. Das möchte doch jeder.
Deshalb versuche ich durch mein Verhalten einen guten Eindruck zu machen.
Dazu gehört das äußere Aussehen, gewisse allgemein übliche Verhaltensweisen …

So entsteht hoffentlich der Eindruck, dass ich in Ordnung bin.
Dieses Bedürfnis so zu gelten, teile ich – das nehme ich an ‑ mit vielen Menschen.
Ebenso teile ich vermutlich mit den meisten Menschen, die Erfahrung und das Wissen, dass es „hinter den Kulissen“ nicht immer so ist, wie der Anschein, der äußerlich aufrechterhalten wird.
Tatsächlich aber will ich, wie fast alle Menschen, nicht nur den Eindruck erwecken, sondern wirklich in Ordnung sein – auch wenn nicht jeder Fehltritt an die große Glocke gehängt werden braucht.

Es ist ein ziemlich großes Kompliment, wenn man von jemanden sagt:  Die ist schwer in Ordnung!

Wie kann ich ein Mensch werden, der „in Ordnung“ ist? Einer, auf den man sich verlassen kann, der andere versteht, der weiß, was anderen und ihm selbst gut tut, der sich nicht gehen und treiben lässt?

Das Markusevangelium nennt solche Menschen rein, es sind Menschen die mit sich, die den Mitmenschen und mit Gott im Reinen sind.
Das kann nicht von außen in den Menschen hinein kommen, sondern das muss im Inneren des Menschen in seinem Herzen heranreifen und groß werden.
Da seinen Jüngern Unreinheit vorgeworfen wird und die Missachtung der Überlieferung vorgehalten wird, beschreibt Jesus den Zusammenhang vom schlechten her: aus dem Inneren des Menschen kommen die bösen Gedanken, die den anderen und seine Bedürfnisse und Ehre missachten.

Wenn ich in Ordnung sein möchte, muss ich also auf mein Inneres achten, muss ich darauf achten, dass ich gute Gedanken habe:
Ich muss mein Herz, meine Seele trainieren und üben, dass ich voll Respekt vor dem Anderen und seinen Bedürfnissen und seiner Ehre bin.

Wie kann ich das üben?
Voraussetzung ist natürlich der Glaube, das Vertrauen in Gott, den Ursprung und die Quelle des Lebens, der seine Geschöpfe liebt und will, dass sie heil werden.

Weil ich üben will, nehme ich mit etwas ganz bestimmtes vor:  ich suche mir einen Menschen aus, gegenüber dem ich mich ganz besonders bemühen will, ihn, seine Bedürfnisse und seine Ehre zu achten. Und nun geht es los, dass ich mein Verhalten, meine Gesten und meine Sätze so gestalte.
Je schwerer die Aufgabe, desto länger werde ich üben müssen.
Desto öfter wird es nötig sein, dass ich inne halte,  dass ich Gottes guter Kraft in meinem Inneren Raum schaffe und wieder anfange.

Denn aus dem Inneren des Menschen kommen die guten Gedanken!