Die Geschichte vom Zachäus ist einfach schön: ich finde sie anrührend.
Der reiche Mann, der so klein ist, den keiner leiden kann, weil er ein Zöllner ist. Ein Kollaborateur, ein Verräter, der mit der römischen Besatzungsmacht gemeinsam Sache macht und seine Stellung ausnützt, um sich zu bereichern.
Er klettert auf einen Baum – auf die Gefahr hin, sich lächerlich zu machen, wenn er entdeckt würde.
Jesus sieht ihn! Jesus sieht ihn an – statt ihn höflich zu übersehen.
Er spricht ihn an und gibt ihm seine Würde, indem er sich bei ihm einlädt. So jedenfalls hat niemand Gelegenheit, über Zachäus auf dem Baum zu spotten.
Zachäus nahm Jesus freudig bei sich auf!
Das macht Kirche aus: Kirche, das sind die Menschen, die Jesus freudig bei sich aufnehmen.
Mich beschäftigt, warum es mit der Kirche bei uns so steht, wie es steht: so dass man von der Kirchenkrise spricht.
Ist ein Grund dafür vielleicht, dass Jesus nur noch eine untergeordnete Rolle spielt, wenn die Menschen an Kirche denken und in der Kirche sind?
Jesus, den die Kirche, den die Christenheit verkündet, wird abgelehnt und zurückgewiesen:
Man zweifelt an dem, was die Evangelien überliefern:
- War das wirklich so? Die Wunder sind doch unglaublich. Wurde das alles nicht viel später aufgeschrieben?
Dabei kann jeder heute wissen, dass es den Evangelien oft nicht darum ging, Vorgänge zu beschreiben, sondern den Glauben an Jesus zu verkünden. Die Geburtsgeschichte des Lukasevangeliums will eben nicht erklären, was bei der Zeugung Jesu geschah und wie Maria das Kind empfangen hat. Gerade die Christenheit – aller Konfessionen hat sich darum verdient gemacht zu verstehen, wie diese Texte richtig zu verstehen und auszulegen sind. - Viele glauben nicht an die Auferstehung Jesu. Es wird spekuliert und phantasiert, ob er tatsächlich ehelos lebte oder verheiratet war. Das klingt so einleuchtend, dass viele es für bare Münze nehmen – selbst wenn diese Spekulationen in einem Roman geboren werden, der phantasiert, wie es vielleicht auch hätte sein können. Die Aussagen der Evangelien, die 1950 Jahre alt sind, werden dafür einfach als unglaubwürdig abgetan.
- Ganz unmöglich scheint für viele zu sein, Jesus als Sohn Gottes zu bekennen und zu glauben – das klingt ja so ähnlich wie die Göttersagen des griechischen Olymps.
Ohne den Glauben an Jesus Christus hat die Kirche der Welt und uns nichts zu sagen und verliert ihre Daseinsberechtigung. Ohne Christus brauchen wir keine Kirche.
Unsere Herz Jesu Kirche stellt das als Bauwerk dar: Ohne den Altar, ohne die Zuspitzung auf den Gekreuzigten an der Ostwand der Apsis hätte dieses Bauwerk keinen Sinn mehr.
Man bräuchte sich nicht mehr darin zu versammeln.
Der Glaube an Jesus Christus, der verkündete, dass Gott und Mensch sich ganz nahe stehen, dass der Mensch Gott unendlich wertvoll und kostbar ist, der dafür sein Leben gab – dieser Glaube lässt uns Kirche sein und Kirche werden.
Wir, die wir in die Kirche gehen, dürfen es nicht versäumen, Jesus Christus in die Mitte zu stellen.
- Was ist mir wichtig an ihm?
- Kann ich erzählen, wer er war, was ihm wichtig war, was er getan hat, für wen er da war, was er verkündete?
- Weiß ich mehr von ihm als seine Geburt und seinen Tod?
- Was heißt für mich, Christus nachzufolgen und sein Jünger zu sein?
Zachäus nahm Jesus freudig bei sich auf und hat verstanden, was es bedeutet, Jesus bei sich zu haben: Er teilte sein Vermögen, er hat Unrecht wieder gut gemacht.
Unsere Kirchenfenster mit den Werken der Barmherzigkeit zeigen es, was es bedeutet, Christus zu beherbergen und sein Jünger zu sein.
Es bedeutet gut zu sein und Gutes zu tun.
Nehmen wir uns Zachäus zum Vorbild, von dem Jesus sagte: Heute ist ihm das Heil geschenkt worden. Das dürfen wir auch auf uns beziehen. Amen.