30. Juni 2013: 13. Sonntag im Jahreskreis

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Liebe Schwestern und Brüder!
Der Menschensohn hat keinen Ort, zum Ausruhen!
Lass die Toten die Toten begraben!
Keiner, der zurückblickt, taugt für das Reich Gottes!

Wie reagieren wir auf diese Denksprüche Jesu?

Vielleicht haben wir uns ja daran gewohnt:  Wenn in der Kirche, wenn in der Bibel solche Sätze gesagt werden, muss man sie nicht so ernst nehmen.

Aber werden wir mit dieser Einstellung Jesus gerecht?
Tun wir ihm nicht Unrecht, wenn wir ihn einfach nicht für ganz ernst nehmen?

Doch bevor ich diese Sätze für mich auslegen kann – es sind ja sogenannte „Denksprüche“ – muss ich unbedingt nachschauen, in welchem Zusammenhang sie stehen:

Jesus ist auf dem Weg nach Jerusalem. Er geht auf Konfrontation und er weiß, dass es für ihn keinen Ausweg mehr geben wird.
Er weiß, dass die Lehrer der Religion und ihre Richter ihn und sein Handeln und Reden nur verurteilen können.
Zugleich aber ist er entschlossen, seine Botschaft bis zum Ende zu verkünden: Das Reich Gottes ist nahe! Gott verurteilt nicht. Gott schließt niemanden von seiner Liebe aus.

Doch gerade diese frohe Botschaft, die er kompromisslos lebt und verkündet, bringt ihn so in Gefahr und in die Zwickmühle.

Gerade in dem Ausschnitt, den wir gerade gehört haben, werden beide Seiten deutlich:
Die jünger weist er Zurecht: sie sollen nicht über das Dorf richten, das ihn nicht aufnehmen wollte – niemand wird ausgeschlossen.
Gott liebt auch die, die ihn ablehnen. Das aber bedeutet ein so grundlegendes Umdenken, dass es nur ein entweder oder gibt:

Wer mit Jesus geht, wer wie er rückhaltlos Gott und seiner Liebe traut, der ist anders als alle Welt, der beginnt etwas neues, der kann nicht mehr zurück ins alte Leben! In das Leben, das aus beurteilen und verurteilen aus abgrenzen und ausgrenzen besteht.

Liebe Schwestern! Liebe Brüder!
Ich will das mit drei Beispielen unserer gegenwärtigen Situation in Verbindung bringen:

1. Heute (GESTERN) empfingen 12 Männer die Priesterweihe.
Jeder folgt auf seine Weise dieser Berufung, im Auftrag Jesu das Reich Gottes zu verkünden. Ich wünsche ihnen, dass sie das Vertrauen in Gottes Liebe für sich selbst durchhalten und sich bis in die Wurzeln ihrer Persönlichkeit davon prägen lassen.

2. Am kommenden Freitag werden in unserer Pfarrkirche 104 junge Menschen gefirmt: ich wünsche ihnen, dass der Geist Jesu sie stärkt für ihr Leben: dass alles, was sie anfangen, seinen Ausgangspunkt hat, beim Vertrauen in Gott, der niemanden ausschließt von seiner Liebe.

3. Über eine Denkschrift der ev. Kirche in Deutschland wird in diesen Tagen heftig diskutiert: „Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken!“
Gibt diese Schrift die christlichen Standpunkte zu Ehe und Familie auf? – das werfen ihr die Kritiker jedenfalls vor!
Auch in den Fragen von Familie, Partnerschaft und Ehe geht es um das Vertrauen in Gottes Liebe, die niemanden ausschließt und die jedem gibt, was er zu seinem Heil braucht.

Leben entsteht durch die Liebe zwischen Mann und Frau. Und wer liebt, wünscht sich, dass diese Liebe unzertrennlich ist.
Dies anzuerkennen und dies zu unterstützen ist die eine Sache.

Die andere Sache ist, dass es auch andere Lebensformen gibt und schon immer gab.
Darf ich glauben, dass Gottes Liebe auch Frauen und Männer umfasst, die nicht in einer Ehe leben oder deren Liebe doch zerbrochen ist?

Muss ich deswegen aufhören, die Liebe zwischen Frau und Mann in der Ehe besonders zu schätzen: als Sakrament, in dem Gottes Leben schaffende und treue Liebe sichtbar wird?

23. Juni 2013: 12. Sonntag im Jahreskreis

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Liebe Schwestern und Brüder, es ist nicht besonders geschickt, jemanden zu fragen: Was hältst du von mir?
Man bringt den anderen und sich selbst damit in eine schwierige Situation.

Was soll man darauf antworten? Was, wenn der Fragende enttäuscht ist?

Doch Lukas schildert eine Szene, in der Jesus gleich zweimal die Frage stellt: „Für wen halten mich die Leute?“ und dann noch mal:
Und ihr: für wen haltet ihr mich?

Wenn ich könnte, würde ich Jesus gerne fragen:
„Wie hast du dich selbst gesehen?
Wolltest du deine Religion erneuern?
Wolltest du nur das Verhältnis zu Gott von Angst befreien?
Für wen hast du, Jesus, dich selbst gehalten?“

Die Antwort werde ich in diesem Leben nicht erhalten können, denn die Evangelien verkünden Jesus als den Auferstandenen!

Auch das Leben Jesu wird immer in diesem Licht dargestellt und erzählt. So hören wir auch heute das österliche Bekenntnis des Petrus – stellvertretend für alle Jünger Jesu.
„Du bist der Messias Gottes“

Damit keine Missverständnisse aufkommen, fügt das Evangelium gleich noch eine Vorausschau an: Jesu steht das Leiden bevor und die Verurteilung durch die Schriftgelehrten – doch er wird auferstehen!

Messias – das heißt also nicht: Der Friedenskönig, der sich alles unterwirft.
Mit ihm kommt nicht das Ende der Weltzeit: Werden und Vergehen, Friede und Streit, Wohlstand und Not ‑
das alles räumt Jesus nicht aus der Welt.

Für die Glaubenden ist Jesus ist der Messias, weil er ihnen offenbart, dass sie Gottes geliebte Kinder sind – und dass Gottes Liebe größer ist,
als jede Lieblosigkeit z der Menschen fähig sind.

Schwestern und Brüder! Für wen haltet ihr mich?

Die Firmlinge dieses Jahres haben sich dieser Frage gestellt und diese Antworten gegeben:

  • Ich möchte dein Freund sein und in deiner Liebe sein.
    Durch dich kann ich an Gott, den himmlischen Vater, glauben.
  • Du bist für mich wie eine Hand, die mich hält
  • Du beschützt mich davor, dass ich etwas Böses tue
  • Du bist mir ein gutes Vorbild, weil du den Kranken und Armen geholfen hast.
  • Du bewahrst mich davor, Böses zu tun.
    Du hilfst mir, in guten und in bösen Zeiten an das Gute zu glauben.
    Du gibst mir Kraft und Mut
  • Du verurteilst mich nicht, sondern bist mein Freund, auch wenn ich etwas Falsches mache.
  • Ich kann immer zu dir kommen und dich um Mut bitten
  • Du bist mutig. Du opferst dein Leben für andere.
  • Du bist der Messias für alle Menschen.

Das sind ganz echte und persönliche Antworten. Und ich war sehr beeindruckt, dass sich die 12 jährigen darauf eingelassen haben.

Vielleicht reizt es Sie auch: Nehmen Sie sich einen Zettel und schreiben Sie – zuhause oder nach dem Gottesdienst – darauf, was sie Jesus antworten würden auf seine Frage:
Wer bin ich für Dich? Was bedeute ich Dir?

16. Juni 2013: 11. Sonntag im Jahreskreis

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Liebe Schwestern und Brüder!

Wer ist das, dass er sogar Sünden vergibt? fragen sich die Gäste des Pharisäers Simon.

„Wer ist das?“ diese Frage und ihre Antwort ist entscheidend, damit wir diese Geschichte des Lukasevangeliums verstehen.

Noch etwas ist wichtig und darf nicht übergangen werden:

Das Gleichnis von den beiden Schuldnern steht in der Mitte dieses Evangeliums. Simon zieht die Schlussfolgerung:
Der, dem die größere Schuld vergeben wurde, wird den Geldverleiher mehr lieben!
Dann vergleicht Jesus das Verhalten des Simon mit dem der Frau und zieht den Schluss: Ihr sind ihre vielen Sünden vergeben, weil sie mir so viel Liebe gezeigt hat:

Wie nun: Zeigt der Sünder Liebe, weil ihm vergeben wurde?
Oder wird dem Sünder vergeben, weil er viel Liebe zeigt?

Vor allem aber kommt es als drittes darauf an:
Was hat diese Geschichte mit uns zu tun? Hier und Heute?
Mit uns, die wir schon lange an die Versöhnung und Vergebung durch Christus glauben?

Diese Geschichte stellt uns also vor drei Fragen – fangen wir an!

Zuerst fällt mir auf, wie sehr sich das Verhalten des Simon und der Sünderin zu Jesus unterscheiden:

Simon ist kühl und reserviert – er lässt es an den üblichen Höflichkeiten fehlen.
Auch die namenlose Sünderin hält sich nicht an die Gepflogenheiten:
Doch sie schießt über das übliche Maß hinaus und sprengt als Sünderin jeden Rahmen – so wie Jesus, der sich das gefallen lässt!

Das wird auch vom Evangelisten herausgestellt:
Jesus vergleicht in drei Punkten das Verhalten des Simon und der Sünderin.

Simon gab Jeus kein Wasser zum Waschen der Füße –  die Frau hat ihre Tränen über seinen Füßen vergossen.
Simon hat Jesus den üblichen Begrüßungskuss vorenthalten ‑ die Sünderin hat ihm die Füße geküsst.
Simon hat Jesus das Haar nicht mit Öl gesalbt – sie hat Jesus mit wohlriechenden Öl die Füße gesalbt.

Eines ist offensichtlich: Die Frau ist Jesus näher als der Pharisäer!
Die Sünderin ist voll Liebe zu Jesus,
Der Gesetzestreue hingegen prüft Jesus und schätzt ihn ab – er ist ihm fern.

An dieser Stelle ist entscheidend, dass ich mir vor Augen halte, wer Jesus ist: Ich glaube, dass er von Gott kommt, um Versöhnung zu bringen,
um das Reich Gottes zu begründen, das jedem offen steht.

Wenn ich – wie die Sünderin – Jesus nahe komme, bin ich dem nahe, der mich mit Gott versöhnt, der Frieden bringt.

So wird mir nun klar, was diese Geschichte mit mir zu tun hat – hier und heute:

Ich möchte – wie die Sünderin – Jesus meine Liebe zeigen, meine Zuneigung, meine Dankbarkeit,
weil er mich nicht verurteilt, weil er mir den Frieden Gottes bringt!

Nehmen Sie das doch mit aus dieser Sonntagsmesse:

Wie kann ich Jesus meine Liebe zeigen und ihm nahe sein  – nach dem Vorbild der Sünderin? In dem Maße wird auch Friede in mir sein.

9. Juni 2013: 10 Sonntag im Jahreskreis

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Liebe Schwestern und Brüder!
Der Verfasser des Lukasevangeliums ist ein wunderbarer und kenntnisreicher Erzähler!
Er kennt die Geschichten den Propheten Israels:
Bis ins Detail ist ihm die Geschichte bekannt, wie der Prophet Elija den Sohn der Witwe von Sarepta zum Leben erweckte.

Geschickt wählt er die Wörter aus – denn er weiß, was sie für seine Hörer bedeuten: Wenn er Jesus den Herrn nennt, weiß jeder in seiner griechisch römischen Umgebung, dass Jesus als von Gott kommend gezeigt wird.

Gekonnt legt er den Ort und die Bewegung in der Geschichte fest:
Zwei Züge begegnen sich: der Zug des verkündigenden Jesus und der Leichenzug.
Der Zug mit dem Toten bewegt sich aus der Stadt heraus –
Der Zug des Herrn bewegt sich auf die Stadt zu.

Der Tote ist der einzige Sohne einer Witwe! Sein Tod stürzte die Witwe in völlige Unsicherheit. Jetzt gab es niemanden mehr, der für sie Sorgen würde. Ihre Existenz war bedroht!

Jesus hatte die Weinenden seliggepriesen und die hungernden, weil sie lachen werden und satt würden. (Lk 6 – die Feldrede).

Nun begegnet er, einer weinenden Frau, die durch den Tod ihres Sohnes zur Armut, verurteilt ist.

Nun muss sich Jesus bewähren – bringt er wirklich das Heil?

Auffallend ist, dass das Evangelium sagt: Der HERR sah die Frau!
Als Jesus von den Toten auferstanden war, wurde er eingesetzt zum Herrn über Lebende und Tote.

Das Lk-Evangelium holt damit den österlichen Herrn in die Zeit des Lebens des Jesus von Nazareth. Hier handelt der österliche Herr, Christus.

Nachdem Jesus den jungen Mann seiner Mutter zurückgegeben hat,
staunen die Leute. Der Evangelist hat genau überlegt, was sie sagen:
Sie preisen Gott, sie nennen Jesus eine großen Propheten, durch den sich Gott seines Volkes angenommen hat.

Die Geschichte von der Erweckung den Jünglings von Naim verkündet also folgende Botschaft:

Jesus ist der Kyrios, der Herr, er herrscht auch über den Tod.
In ihm hat Gott sich seines Volkes angenommen.
Das Weinen der Witwe verwandelt sich in Jubel!

Lukas hat keine Episode im Leben Jesu geschildert,
er ist kein Chronist, sondern er verkündet Jesus Christus,
den Herrn, der den Armen und Kranken und den Trauernden Heil bringt.

Für das Evangelium möchte aber unbedingt zeigen:

Erst wenn Menschen, wie die Witwe in dieser Geschichte Hilfe erfahren,
erst dann kann man erkennen und verkünden:
Gott hat sich seines Volkes angenommen.

Wir Christen dürfen nicht den Fehler machen,
allein auf das jenseitige Heil hinzudeuten und die armen und leidenden auf das Jenseits zu vertrösten.
Wenn wir daran glauben, dass Gott im Jenseits Heil schenkt,
dann ist es an uns, im Diesseits, den Weinenden, den Hungernden,
den Menschen in jeglicher Not beizustehen und ihre Not zu wenden,
wo immer wir es können.

Weil wir an das Heil glauben, das Gott im Himmel schenkt
wirken wir das Heil jetzt auf der Erde!

So verkündet diese Geschichte Jesus den österlichen Herrn,
der den Tod überwindet
und ruft die Glaubenden auf, die Armen aus ihrem Elend zu befreien in dieser Welt.

2. Juni 2013: 9. Sonntag im Jahreskreis

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Liebe Schwestern und Brüder!
Erst kürzlich habe ich wieder gelesen, es sei nicht richtig, dass wir uns in der Messfeier so oft und so intensiv als Sünder bezeichnen –
zum Beispiel auch in dem Gebet vor dem Empfang der Kommunion:

Herr, ich bin nicht würdig, dass Du eingehst unter mein Dach.
Aber sprich nur ein Wort, dann wird meine Seele gesund.

Ich gebe zu, dass ich das nachempfinden kann.
Muss sich der Mensch vor Gott wirklich so klein machen?
Demut, Ehrfurcht, Gehorsam – wird das nicht in übertriebener Weise betont?

Ich meine, dass ich da eine gewisse Ungleichzeitigkeit beobachten kann:

Während die Texte der Messfeier und die Gebete dies nach wie vor ausdrücken und nahelegen – sind uns diese Haltungen seit langem mehr oder weniger fremd geworden.
Sollen wir das bedauern oder uns darüber freuen?

Lassen wir uns von der Geschichte des römischen Hauptmann und seiner Sätze gegenüber Jesus anregen und denken wir über die rechte Gottesbeziehung nach.

Warum lässt der Hauptmann Jesus ausrichten: „Ich bin es nicht wert, dass du mein Haus betrittst. Ich habe mich nicht für würdig gehalten, selbst zu dir zu kommen.“

Der Hauptmann – ein Heide – möchte dem Juden Jesus auf keinen Fall etwas zumuten, das ihn in Verlegenheit bringen könnte. Ein Jude hätte sich verunreinigt, sobald er das Haus eines Römers betritt.
Mir erscheint der Hauptmann in dieser Geschichte äußerst respektvoll und rücksichtsvoll gegenüber Jesus.

Zugleich vertraut er darauf, dass Jesus bereit ist ihm und seinem Sklaven zu helfen.

Was ich mir nicht vorstellen kann ist, dass irgendein Mensch Angst haben muss, er könnte Gottes Größe mindern.
Wir können Gott nicht kränken, ihn nicht verletzen oder auf irgendeine Weise seine Vollkommenheit antasten. Davor müssen wir keine Angst haben.

Für uns jedoch ist es wichtig, dass wir zum Ausdruck bringen, wie groß wir von Gott denken! Dadurch wächst in uns das Vertrauen in ihn, den Anfang und das Ziel aller Dinge.
Von ihm her haben wir die Würde empfangen, die wir als unveräußerlich und unantastbar einschätzen.
Zu Recht könnten wir die Worte des Hauptmanns auch verändern und sagen: Herr, du gibst mir Würde, du gibst mir Leben, dein Wort schenkt mir Frieden und Einheit und Leben.

Darf ich unser Verhalten gegenüber Gott vergleichen, mit einer Verhaltensweise, die uns Menschen angeboren ist:
Dass wir ein kleines Kind so behutsam wie möglich anfassen und behüten, damit wir ihm nicht im Geringsten wehtun sondern ihm Zärtlichkeit und Bewunderung schenken?

Dabei fühlen wir uns nicht klein und demütig, sondern wir freuen uns, wir sind voll guter Gedanken und nehmen Teil an der Sorge für dieses Menschenkind und sein Leben.

Schwestern und Brüder, diese Ehrfurcht, die wir ganz von selbst einem Menschenkind entgegen bringen, ist auch Gott gegenüber angemessen.

Sie macht uns nicht klein, sondern sie drückt aus, dass wir uns ihm anvertrauen, dass wir ihm vertrauen und dass wir ihm dankbar sind für das Geschenk des Lebens.
Wenn wir Gott verehren, wird darin unsere Ehrfurcht vor dem menschlichen und vor allem irdischen Leben gestärkt,
dass in ihm seinen Ursprung hat. Und das ist gut so.