28. Juli 2013: 17. Sonntag im Jahreskreis

Barmherzige Dreieinigkeit Sr. Caritas Müller OP

Hier geht es zu den liturgischen Texten: Schott

Ich weiß nicht genau, was den Menschen vom Tier unterscheidet –
aber ich kann darüber nachdenken, was den Menschen zum Menschen macht: Der Mensch denkt nach und weiß es.

Der Mensch denkt darüber nach, warum diese Welt ist und woher sie kommt – und kann diese Frage nicht beantworten.

Der Mensch spürt den Lebensdrang in sich und muss beobachten und wahrnehmen, dass sein Leben vergeht. Er erlebt Krankheit und Not und Mangel.

Der Mensch erlebt als erstes den Frieden, den jedes Kind im Nest erfährt und möchte diesen Frieden erhalten – doch er erfährt den Unfrieden:
er spürt Konkurrenz und Neid – quälend in seinem Inneren und durch und bei seinen Mitmenschen.

Das ist die dreifache Not des Menschen:
er kann sich selbst sein Leben nicht erklären;
er kann sich selbst sein Leben nicht bewahren;
er kann sich selbst sein Leben nicht im Frieden gestalten.

Diese dreifache Not wird im Herrengebet, im Vater Unser angesprochen und wir bitten, dass diese Not geheilt wird:

Gott nennen wir die verborgene Quelle des Lebens. Als seine geliebten Kinder wenden wir uns an ihn.  Darin finden wir Geborgenheit.

Sein Reich erwarten wir – das Reich des Lebens und der Fülle,  wo jeder Mangel behoben sein wird, wo wir in seiner Vollkommenheit leben ‑ frei von Schmerz und Krankheit und Not. Diese Hoffnung gibt uns Kraft und Zuversicht.

Er nimmt uns an und kennt keinen Neid und keinen Zorn uns gegenüber, denn er ist der Friede und in ihm finden wir Frieden. Diese unbedingte Liebe macht uns frei von Zorn und Neid.  Wir werden bereit und fähig, einander anzunehmen – so wie wir angenommen sind!

Schwestern und Brüder,  im Vater Unser bringen wir die dreifache Not vor Gott, die uns Menschen quält und die der Herr mit uns getragen hat.
Als er rief: Vater, warum hast du mich verlassen? Als er schrie: Mich dürstet! Und als er betete: Vater vergib ihnen!

Wenn wir so auf das Leben Jesu, des Herrn schauen, dann dürfen wir gewiss sein:

Gott, der Vater Jesu, unser himmlischer Vater, wird uns erhören,  wenn wir in unserer Not zu ihm rufen –
dass ist noch zuverlässiger, als dass ein Freund seinem Freund aus der Not hilft und als ein Vater seinem Kind gibt, was gut ist.

Der, den wir Vater im Himmel ansprechen dürfen, heilt unsere dreifache Not:

Er ist die Antwort auf die Frage nach dem Warum und Woher.
Er ist die Rettung aus der Bedrohung des Lebens durch den Tod.
Er ist die Liebe, die nicht aufhört uns zu lieben und die uns Frieden bringt.

Wenn wir ihn bitten, wird er uns, seinen Geist geben, dass wir als seine Kinder bei ihm sind und von ihm Leben und Frieden empfangen.

Gottesdienst mit den Ehejubilaren

Es ist nun eine schöne Zeit her, seit sie geheiratet haben: Woran erinnern sie sich noch?

An die Kirche? Ein besonderes Vorkommnis? Gab es Tränen der Freude, der inneren Bewegung?

Sind die Hoffnungen, die Sie damals hatten in Erfüllung gegangen?

Jeder neue Anfang hat eine Verheißung, eine Hoffnung, und wenn zwei Menschen heiraten, einander als Frau und Mann annehmen, sich die treue Liebe versprechen,
dann sind die Verheißungen dieses Anfangs, dann sind die Hoffnungen besonders groß!

Je größer aber die Verheißungen sind, desto größer ist auch die Möglichkeit, dass die Erfüllung hinter der Verheißung zurück bleibt.

In dieser Situation befanden sich Abraham und seine Frau Sara!

Von Abraham wird erzählt, dass er sich mit seiner Frau Sara auf den Weg machte – weg von seinem Elternhaus.
Beide hofften, viele Nachkommen zu haben. Sie glaubten daran, dass ihre Nachkommen ein großes Volk werden würden: Viele Kinder und Enkel, die alle wieder viele Kinder und Enkel haben würden.
Ein Volk, das sich durch das Vertrauen auszeichnet, dass Gott ihm Zukunft gibt und Land und Nahrung – dass es also im Frieden leben kann.

Doch die Hoffnungen von Sara und Abraham schienen nicht in Erfüllung zu gehen: Beide waren schon alt geworden und Sara hatte noch kein Kind geboren!
Was bedeuteten da Wohlstand und Reichtum? Was waren da die Hochachtung und der Friede wert, die beide bei ihren Nachbarn genossen?

Und dann erzählt das Buch Genesis diese Geschichte von den drei Männern, die plötzlich da standen.
Es ist beeindruckend, wie detailliert die Gastfreundschaft des Abraham beschrieben wird: Abraham ist nicht vergrämt.

Er bietet alles auf, was ein großzügiger Gastgeber aufbieten kann.
Darin drückt sich aus, dass er nicht aufgegeben hat, der Verheißung zu trauen. Er vertraut darauf, dass Gott ihm Zukunft geben wird.

Und er wird belohnt: Denn das Versprechen des Herrn, den Abraham bei sich beherbergte, ging in Erfüllung. Sara gebar Isaak, ihren einzigen Sohn.

Liebe Ehepaare, liebe Schwestern und Brüder,
haben sie noch Hoffnungen, die auf Erfüllung warten?
glauben sie noch, dass sie ihr Glück finden können – mit ihrem Partner?
auf dem Weg, den sie einmal eingeschlagen haben?

Diese Geschichte macht Mut, an den Verheißungen und Hoffnungen des Anfangs festzuhalten und ihnen treu zu bleiben – denn darin ist der Weg beschrieben, sein Glück zu finden.

Das wünsche ich ihnen von ganzem Herzen –
Ihnen allen, Schwestern und Brüder, und besonders Ihnen, liebe Ehepaare,
Dass sie auf dem Weg, den sie begonnen haben, ihr Glück finden –  immer wieder neu, indem sie treu an dem festhalten, was am Anfang stand:
Das Versprechen, einander zu lieben, zu achten und zu ehren!

Das ist ohne Zweifel ein großes Glück, einen Menschen an seiner Seite zu wissen,
auf dessen Liebe und Achtung und Anerkennung man zählen kann und dem man gerne und nicht zu sparsam seine Liebe und Achtung und Ehrerbietung zeigt.

Dafür möchte ich nun für sie, liebe Ehejubilare um den Segen Gottes beten.

21. Juli 2013: 16. Sonntag im Jahreskreis

Hier geht es zu den liturgischen Texten: Schott

Da nahm Marta voll Freude die Schürze ab und setze sich wie Maria zu Jesu Füßen hin und hörte ihm zu.

Liebe Schwestern und Brüder, man könnte sich noch einige Möglichkeiten ausdenken, wie die Geschichte weitergeht, oder auch anders ginge.

Je mehr man sich ausdenkt, desto mehr merkt man: Genauso wie sie da steht, ist die Geschichte richtig.

Herausragend ist die Antwort Jesu: „Martha, Martha, du sorgst und beunruhigst dich um vieles. Eines aber ist nötig.“
Vieles beunruhigt – eines ist nötig!

Ich will versuchen, diesen Denkspruch zu verstehen und für mich zu deuten. Doch, bevor ich mich daran mache, wird mir schon klar:
Dieser Spruch kann nicht eindeutig gedeutet werden. Je nachdem, wer darüber nachdenkt, wird das für sich heraus hören, was für ihn nötig und passend ist.

Und – das möchte ich benennen – mit einer Vorentscheidung gehe ich daran:
Ich setze voraus, dass auch dieser Spruch mir helfen soll, zufrieden zu werden, eins zu werden mit mir und meinem Leben, mit den Mitmenschen, mit Gott.

Deshalb kann ich Jesus nicht so verstehen, dass er Faulenzerei empfiehlt. Er ruft so intensiv zur tatkräftigen und wirksamen Nächstenliebe auf;  er sendet die Apostel zur Verkündigung.
Ich kann nicht denken, dass er jemand tadelt, weil er für andere sorgt. Schon deshalb nicht, weil er in der Geschichte über die Nächstenliebe den barmherzigen Samariter als Vorbild entwirft.

Jesus sagt: „Maria hat das Gute gewählt, das soll ihr nicht genommen werden.“ Was würde ihr genommen, wenn Jesus sie wegschicken würde? Sie hört Jesu Worten zu. Sie hört auf seine Botschaft vom Reich Gottes, von der Versöhnung, vom Frieden. Das ist das Eine, das nötig ist.

Marta ist im gleichen Raum wie Jesus und Maria. Sie !  hat Jesus freundlich aufgenommen. Ganz sicher hört sie Jesu Worte genauso wie Maria.
Doch zu ihr sagt Jesus:  „Martha, du sorgst dich und beunruhigst dich um vieles.“

Sie sich sorgt sich und beunruhigt sich! Es geht also nicht um die Arbeit.  Es geht um das „sich sorgen und sich beunruhigen!“

Sich beunruhigen, sich unruhig machen mit Gedanken, was noch sein könnte, und ob alle zufrieden sind und ob es gut genug ist, ob es das richtige ist, ob nichts vergessen wird, …

Ich möchte diese Szene und die Nachfolgeworten zusammen sehen,  die wir vor zwei oder drei Wochen bedacht haben:

Maria ist es, in diesem Fall, die Jesus folgt, die alles liegen und stehen lässt, die sich ihm und dem neuen öffnet. Sie schaut nicht zurück, während sie die Hand an den Pflug legt. Das darf ihr nicht genommen werden.

Eines nun wäre gar nicht im Sinne des Evangeliums:

Ich darf nicht sagen:
wenn ich mich um etwas oder jemand kümmere,
wenn ich ganz aktiv bin und mich engagiere,
dann wäre ich wie Martha und müsste werden wir Maria.

Damit würde ich alles ins Gegenteil verkehren.
Vielmehr sehe ich die Geschichte von der Nächstenliebe und die Antwort an Martha zusammen und deute sie so:

Wenn Du Gott dienen willst und seinem Reich,
dann lass dich durch nichts abhalten, dem zu helfen, der in Not ist – in ihm dienst du Gott.

Wenn du aber Gott dienen willst und seinem Reich,
dann beunruhige dich nicht selbst mit vielen Sorgen, glaube nicht, du könntest alles regeln und besorgen.
sondern höre auf Jesu Wort und nimm seine Botschaft vom Frieden in dich auf.

Das ist das eine, das wirklich nötig ist – damit du Frieden hast in dir und deine Arbeit tun kannst für Gottes Reich.

14. Juli 2013: 15. Sonntag im Jahreskreis

Barmherziger Samariter (Gisela Harupa)Hier geht es zu den liturgischen Texten: Schott

 

Die Gleichnisgeschichte vom barmherzigen Samariter überliefert nur das Lukasevangelium!

Eigentlich ist das verwunderlich – denn diese Geschichte ist doch so anschaulich, dass man sie sich immer merken wird, wenn man sie einmal gehört hat.

Zugleich aber: wir wissen ja, dass Lukas es versteht einzigartig anschaulich Geschichten zu erzählen, die sich jedem einprägen, der sie hört.

Ich muss sie aber heute ein wenig enttäuschen:
Dieses Gleichnis vom barmherzigen Samariter ist nur ein Beispiel und es geht weniger darum, die jüdischen Tempelpriester und ihre Helfer, die Leviten in einem schlechten Licht darzustellen.

Etwas anderes möchte ich betonen:

Ist ihnen aufgefallen, dass sowohl das Gebot der Liebe zu Gott als auch das Gebot der Liebe zum Nächsten der Thora entnommen sind,
also der Heiligen Schrift der Juden?
Das Gebot der Gottesliebe findet sich im Buch Deuteronomium und das Gebot der Nächstenliebe im Buch Leviticus!

Das Doppelgebot der Liebe sehen wir für uns Christen als besonders und ursprünglich und wesentlich an – und doch stammen diese beiden aus dem Schatz unserer älteren Schwestern und Brüder, aus dem Schatz des Volkes Israel und der Juden, wie wir sie heute nennen.

Wir sollten also große Hochachtung haben vor den Juden – denn ihnen verdanken wir die Offenbarung Gottes in Jesus Christus: und Jesus Christus schöpfte ganz und gar aus dem Schatz der Offenbarung Gottes in seinem Volk Israel.

Wenn aber sogar das Liebesgebot der jüdischen Überlieferung entstammt? Was unterscheidet uns eigentlich voneinander?
Was ist das besondere, einzige an unserem christlichen Glauben im Vergleich zur jüdischen Religion?

Dieses Bild, ist zugegeben eine sehr schlichte Darstellung der Samaritergeschichte.
Die Räuber, der Priester und der Levit, der überfallene auf dem Reittier, die Herberge – alles ist leicht erkennbar und sehr einfach für Kinder gezeichnet.

Entscheidend ist die Gestalt in der Mitte, der barmherzige Samariter:
Er ist doppelt so groß dargestellt wie alle anderen Personen. Er blickt gleichzeitig auf uns und auf den überfallenen Mann!
Überaus auffallen ist das weiße Tuch, das nach Beduinen Art seinen Kopf schützt und lange auf den Rückenherunterfällt.

Dieses weiße Tuch erinnert an das Leinentuch, mit dem Jesus am Kreuz noch bedeckt bleibt. Es erinnert an das Untergewand Jesu, um das die Soldaten würfeln, weil sie es nicht zerstückeln wollen.

Das Bild identifiziert den barmherzigen Samariter in der Geschichte mit Jesus selbst, der in einer Tat völlig selbstloser Liebe und Hingabe sein Leben gab, um so Gottes Liebe sichtbar zu machen.

Der also, der sein Leben aus Liebe hingibt,
der ist es, der die Geschichte vom barmherzigen Samariter erzählt,
und es ist seine eigene Geschichte,
und er ist es, der seine Schüler ermuntert:
Geh und handle genauso!

7. Juli 2013: 14. Sonntag im Jahreskreis

Hier geht es zu den liturgischen Texten: Schott

 

Liebe Schwestern und Brüder!
Im großen Glaubensbekenntnis heißt es:  „Ich glaube die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche“

Apostolisch heißt die Kirche, weil die Verkündigung der Apostel ihr Ausgangspunkt ist. Apostel – das sind die Gesandten, die Boten.

Die Kirche ist apostolisch, das heißt: die Kirche ist gesandt zu den Menschen. Papst Franziskus weist immer wieder darauf hin, dass die Kirche zu den Menschen gesandt ist, besonders zu denen, die am Rand leben.
Wer gesandt wird, hat auch eine Aufgabe, eine Botschaft. Seine Sendung hat einen Inhalt und ein Ziel!

Die Jünger Jesu sollen als erstes sagen: „Friede diesem Haus!“
Sie sollen die Kranken heilen und verkünden:
Das Reich Gottes ist euch nahe!“

Wie kann ich als Pfarrer einer Pfarrei in Regensburg diese Sendung erfüllen? Und sie, Christen die 80, 70, 60, 50, Jahre alt sind?

Die Situation ist die:
Es gibt die Boten und es gibt die, zu denen die Boten gesandt sind.
Wenn jemand die Boten aufnimmt – was bedeutet das für ihn?

Muss er selbst zum Boten werden? Manche sicher – aber gewiss nicht alle.

Wer die Jünger Jesu aufnimmt, nimmt den Frieden an, den sie bringen;
bei dem werden die Kranken geheilt und er wird hineingenommen in eine besondere Gottesbeziehung: Das Reich Gottes ist ihm nahe!
Gott ist ihm nahe!

Es gibt allerdings folgende Erscheinung:
Es gibt viele, die die Jünger Jesu aufgenommen haben und die ihre Botschaft angenommen haben. Aber das bleibt nicht automatisch und für immer so:
Man stellt fest, dass es mit dem Nachbarn immer noch Zwistigkeiten gibt, dass Tote aus dem Haus getragen werden, dass nach wie vor das Brot im Schweiße des Angesichts verdient werden muss – dann können schon Zweifel kommen.

Dann bleibt für das Neue nicht mehr so viel Zeit und Begeisterung.
Man muss ja schließlich im Leben bestehen. – Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott – heißt es. Das Leben ist, wie es immer schon war.

Ist es das? Muss es so sein? – Ist das alles?

Ich erinnere an die Botschaft: „Friede diesem Haus. Sorgt für die Kranken. Vertraut Gott, der bei euch ist.

Das befreit niemanden davon, für sich und sein Leben Verantwortung zu übernehmen.
Doch ich kann, wenn ich glaube, alles unter eine neue Überschrift stellen.

Nicht mehr: „Hilf dir selbst. Nicht: Hast du was, dann bist du was! Der Stärkere hat Recht. Jeder ist sich selbst der Nächste!“

Sondern:
Wem kann ich helfen? Wer braucht meinen Beistand!
Wie kann ich gegen Unrecht eintreten? Wem kann ich zum Nächsten werden?

Schwestern und Brüder, das ist die Lebensweise der Menschen, die darauf vertrauen, dass Gott sein Leben mit ihnen teilt.
Menschen, die daran glauben, dass Frieden dem Menschen aufgetragen ist und dass der Mensch für das Heil bestimmt ist, für den großen Frieden, den wir in Gott erfahren dürfen.

Schwestern und Brüder,  wir dürfen leben in dem Vertrauen, dass Gott sich durch uns der Welt mitteilen will: als Frieden und als Zukunft.