31. Dezember 2013: Messfeier zum Jahresschluss

Lesungen:
1. Lesung: Weish 7, 7-11 (28. So. LJ B)
2. Lesung: Röm 12,3-13 (ML VIII S. 315)
Ev: vom 28. Sonntag LJ B oder Lk 18,15-30

Der Jahreswechsel ist Anlass, auf das vergangene zurückzuschauen: auf Gutes und Schlechtes. Manches ist schief gelaufen, manches ist gut geworden.

Nicht vergessen sollten wir die vielen ganz normalen Tage. Die vielen – scheinbar selbstverständlichen – Dinge: das tägliche Brot, die Wärme, die Kleidung, die Gesundheit, Glück hat, wer sich darum nicht kümmern muss.

Vielleicht gab es wichtige Entscheidungen, in denen Weichen gestellt wurden für die kommende Zeit: Für die Pfarrei Herz Jesu war von Bedeutung die Weihe des neuen Bischofs – die Erkrankung des Pastoralreferenten, des Mesners, die Wahl Franzikus‘ zum neuen Bischof von Rom. (Pfarrhaus).

Das alles ‑ was war – soll das Leben nicht beschweren:
Die Freude über das Gute soll mich nicht verführen stehen zu bleiben und die Erfolge wie Trophäen vor mir hertragen.

Die Trauer, der Schmerz über das Schlechte sollte mich nicht unendlich belasten: Es soll mich nicht verführen, in Pessimismus zu verfallen oder in Selbstmitleid. Es soll nicht die Gedanken blockieren und das Herz nicht verfinstern.

Gutes und das Schlechtes sind ein Teil meines Weges, der nun hinter mir liegt und der weiter führt:

Wenn wir wandern tragen wir einen Rucksack mit dem, was wir brauchen. Auch auf der Lebensreise haben wir sozusagen einen Rucksack dabei.

Kennen sie die Erfahrung, dass der Rucksack immer schwerer wird?
Es sammeln sich viele Dinge an: Was ich geleistet und erreicht habe;
wie sehr ich mich anstrengen musste, was ich erdulden musste ‑
das alles ist mir wertvoll und teuer. Es ist mein Leben, ich will es nicht lassen. Es ist mein.

Je schwerer der Rucksack ist, weil immer mehr dazu kommt, desto öfter muss ich Pause machen und alles hervorholen, es auspacken, damit ich meine Geschichte erzählen kann – damit ich mir bewusst werde, dass ich viel bewirkt habe und mir Lob und Aufmerksamkeit verdient habe.
Es besteht sogar die Gefahr, dass der Proviant keinen Platz mehr hat.

Die Jahreswende kann ein guter Anlass sein, um den Rucksack zu entlee­ren, um das Gewicht zu vermindern, damit die Lebensreise leichter wird.
Die Jahreswende kann ein Anlass sein, den Proviant wieder aufzufüllen:

Die Erfahrungen sind dabei wertvoll, weil sie wichtige Hinweise geben, was ich wirklich brauche; was wirklich in meinen Rucksack gehört, damit ich den Weg des Lebens gehen kann?

Ich brauche Nahrung, die mir Kraft gibt:
Stark macht mich die Hoffnung, die Gott mir gibt;
stark macht mich das Vertrauen in die Gemeinschaft, die mir hilft dass ich das Ziel erreiche.

Den Weg finde ich, wenn ich das Ziel kenne und nicht aus dem Blick verliere:
Das Wort Gottes, die Seligpreisungen, und die vielen guten Erfahrungen vermitteln mir eine Ahnung, wie das Ziel aussehen wird.

Ich brauche eine Karte und Wegmarkierungen, die mir helfen, die Orientierung nicht zu verlieren und auf dem Weg zu bleiben:
Die zehn Gebote, das Gebot der Liebe, die Wegbeschreibungen der Erfahrenen weisen mir den Weg und bewahren mich vor manchen Irrwegen

Einer dieser Vorgänger, dessen Wegbeschreibung helfen kann, auf dem Weg zu bleiben, ist Nikolaus von der Flüe. Er hat so gebetet:

Mein Herr und mein Gott, nimm alles von mir, was mich hindert zu dir.
Mein Herr und mein Gott, gib alles mir, was mich fördert zu dir.
Mein Herr und mein Gott, nimm mich mir und gib mich ganz zu eigen dir.

Ich möchte mir dieses Gebet zu eigen machen und mache mir dazu meine Gedanken:

Vater, nimm mir meine Angst, meine enge Sicht; befreie mich von Habgier und Geiz, von Feindschaft und Neid; und von allem, was mich hindert auf dem Weg weiter zu gehen, den du mir zeigst:

Vater, gib mir, was mir hilft, auf diesem Weg zu bleiben:
Lass mich dein Wort verstehen; lass mich finden, was ich zum Leben brauche; halte mich in der Gemeinschaft der Glaubenden; erhalte mein Vertrauen in dich und in die Versprechen, die du mir im Glauben machst.

Vater, nimm mich mir und bewahre mich davor, mich allzu wichtig zu nehmen; befreie mich von meinem Stolz und meiner Eitelkeit,

und gib mich ganz zu eigen Dir, damit ich den Frieden suche und die Versöhnung, damit ich Barmherzigkeit finde und in deinem Licht leben kann. Amen.

Ich lade sie dazu ein, mit diesem Gebet das vergangene Jahr zu beschließen und in das neue hinüberzugehen.
Beten wir es gemeinsam als das allgemeine Gebet der Gläubigen um Gottes Barmherzigkeit am Jahreswechsel. Amen.

GL 5,1

25. Dezember 2013: Weihnachten

Geburt JesuHier geht es zu den liturgischen Texten: Schott

Schwestern und Brüder,
Das haben sie sicher schon erlebt: Man sitzt abends zusammen, man plaudert, es ist gemütlich, allmählich wird es dunkel – irgendwann schaltet jemand das Licht ein – es ist wie eine kalte Dusche! Die Gemütlichkeit ist dahin.

Wir haben gerade gehört: „Das Licht kam in die Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst.“
Das Licht ist Christus, der das Leben in sich hat, das Leben, das durch Gottes Wort wurde und wird.
Finsternis, das ist die Welt für sich allein. Angefüllt mit Gewalt, Feindseligkeit und Tod. Finsternis, das ist der Kampf der Lebensformen um Lebensraum. Wer ist geschickter, wer ist schneller, wer ist stärker in der Fortpflanzung, in der Fähigkeit, sich auf die Lebensbedingungen einzustellen.

Christus, das Licht, der das Leben in sich hat, kam in die Welt. Er fand nicht viele Freunde in der Welt. Man hatte für ihn keinen Platz – nur das Kreuz!

Christus kam nicht vergebens in die Welt. Sein Licht hat andere erleuchtet, die durch ihn selbst zu leuchten begangen – und davon will ich heute am Weihnachtstag sprechen:

Schwestern und Brüder; die ihn aufnehmen, werden durch ihn Kinder Gottes, sie sind – ebenso wie Christus – aus Gott geboren, weil Gottes Leben und Licht in ihnen ist.
In uns ist das Licht, in uns ist sein Friede, in uns ist seine Herrlichkeit und Vollkommenheit!

Zählen wir einmal die Gnaden auf, die wir als Kinder Gottes empfangen und die durch uns in die Welt kommen:

Die erste große Gabe ist das Teilen: Gott teilt sein Leben mit uns.
Das Teilen ist unsere Wesensart: wir teilen das Brot mit denen, die keines haben, wir teilen die Freundlichkeit mit denen, die am Rande stehen, wir teilen die Geborgenheit mit denen, die in Unsicherheit leben. Wir teilen das Leben!

Die zweite große Gnade und Gabe, die wir empfangen haben ist die Hoffnung: Gott lässt seine Schöpfung, der er das Leben einhaucht, nicht zugrunde gehen. Die Welt, die Menschen habe Zukunft. Zuletzt ist Gott selbst die Zukunft für jeden einzelnen, denn Gott vergisst keinen und für Gott ist keiner gestorben.

Die dritte große Gabe und Gnade, die Gott uns schenkt, ist die Freude:
die Freude der Kinder Gottes über all das Schöne und Gute, das wir in dieser Welt finden und erleben dürfen: über jedes neu geborene Kind, über die Vielfalt der Tiere und Pflanzen in all ihrer Schönheit, über die Wärme der Sonne und das Leuchten der Sterne – Wir Kinder Gottes freuen uns an der Schöpfung und über die Schöpfung.

Die Gaben und Gnaden sind so vielfältig, dass sie nicht aufgezählt werden können, umso weniger je mehr wir einzelne Beispiele erwähnen:

Doch eine vierte Gabe und Gnade will ich noch nennen:
die Barmherzigkeit! Gott sagt JA zu jedem Menschen. Er sagt JA zu dieser Schöpfung und er zieht sein Ja niemals zurück.
Alles darf sein! Gott schließt niemanden aus. Was immer auch ein Mensch tut, wie sehr er sich auch verfehlen mag, wie schwach und gebrechlich er auch ist – Gott sagt JA zu dir!

Die Barmherzigkeit dürfen wir in der Welt vor den Menschen leben und sichtbar machen, indem wir uns für das Leben einsetzen und uns besonders denen zuwenden, die im Wettstreit um die besten Plätze das Nachsehen haben.

Die Barmherzigkeit bewahrt uns davor, andere zu verurteilen und den Stab über sie zu brechen: So hat Christus es uns vorgelebt:
Er hat niemanden gekreuzigt, sondern ließ sich ans Kreuz schlagen, um denen zu vergeben, die ihn verurteilten und die das Urteil vollstreckten.

Schwestern und Brüder, „aus seiner Fülle haben wir alle empfangen“ ruft das Johannesevangelium begeistert in die Welt hinein.

Nehmen sie sich doch Zeit – wenn Sie mögen – und denken sie nach:
Was haben sie alle empfangen, weil sie Christus aufgenommen haben und ihm nachfolgen.

22. Dezember 2013: 4. Adventsonntag

Hier geht es zu den liturgischen Texten: Schott

Werden wir Menschen es schaffen, dass es gut mit der Welt weitergeht?

Werden wir die Umweltprobleme begrenzen können und unsere Lebensweise verändern – oder werden wir weiter selbst unsere Lebensgrundlage vergiften, so dass das Leben von Milliarden Menschen bedroht ist, weil ihr Lebensraum zugrunde geht?

Werden wir die Konflikte zwischen China, Russland, Europa und Amerika friedlich lösen – oder führen die wirtschaftlichen Egoismen zu einer existenzgefährdenden Auseinandersetzung – militärisch oder wirtschaftlich?

Werden wir die Armut in Afrika und ihre regionalen und weltpolitischen Ursachen überwinden können – oder versinkt ein ganzer Kontinent über lange Zeit in Bürgerkriegen, Unselbstständigkeit und Grausamkeit?

Man könnte manchmal meinen – wir haben die Probleme im Griff – es gelingt uns, Frieden und Gerechtigkeit zu errreichen.
Doch genauso kann man befürchten: der Egoismus, die Rücksichtslosig­keit, die Maßlosigkeit, die vielen jetzt Wohlstand und sogar Reichtum bescheren, sie werden sich ins Gegenteil verkehren – und dann?

Wer kann der Menschheit helfen, durch alle Krisen und Verirrungen hindurch den Weg zu finden, der für möglichst viele Geborgenheit, Sicherheit, Frieden und Gerechtigkeit bedeutet?

Wir brauchen keinen, der zuerst alle anderen entmachtet – mit welchen Mitteln auch immer.
Wir brauchen keinen, der sagt: Ich werde den Frieden bringen – deshalb müssen die anderen beseitigt werden.

Wir brauchen einen, der uns hilft daran zu glauben, dass die Verirrungen der Vergangenheit und Gegenwart uns nicht fesseln müssen.
Wir brauchen einen, der uns Hoffnung gibt, dass es nicht vergebens ist, wenn man sich für Frieden und Versöhnung einsetzt – statt seine eigenen Ansprüche durchzusetzen.
Wir brauchen einen, der uns Vertrauen gibt, dass es nicht zu spät ist, sondern dass es immer auf den gegenwärtigen Augenblick ankommt.

Wir brauchen einen, der uns sehen hilft, dass die Liebe das Größte ist –
die Liebe, mit der jeder Mensch geliebt ist, der das Licht der Welt erblickt,
die Liebe, zu der jeder Mensch befähigt ist, weil sie ihn glücklich macht und frei.

Schwestern und Brüder, der unsere Hoffnung stärkt, und uns Vertrauen gibt und Liebe weckt,
der kann uns helfen, dass wir den Weg finden:
dass wir unsere Menschlichkeit entwickeln und das Unmenschliche immer mehr überwinden.
Er verdient, dass wir ihn Retter nennen, weil er uns davor bewahrt, Unheil anzurichten und der Verzweiflung anheim zu fallen.

Ich weiß keinen anderen außer Jesus, der unsere Herzen mehr dazu bewegen kann.
Er kann auch heute die Herzen, unsere Herzen bewegen, weil er wahrhaftig der Immanuel ist, der „Gott ist mit uns!“.
So, wie Jesus beim Abschied zu seinen Jüngern sagt: „Ich bin bei euch – alle Tage, bis zum Ende der Welt!“

Bußgottesdienst Advent 2013: „Im Gleichgewicht“

Dreifaltigkeit – Ikone von Andreij Rubljowes

dreifaltikeit andreij rubljow

„Im Gleichgewicht“

ERÖFFNUNG

Gesang zur Eröffnung       GL 116/1-2

Einführung:  Schwestern und Brüder!
Advent – Ankunft – Ein Wort, das andeutet, das wir in diesem Leben unterwegs sind.
Wohin? Was ist unser Ziel in dieser Welt?
Was wollen wir erreichen, solange wir leben?

 GEBET
Hilf uns, Gott, dass wir in diesen Tagen die Ankunft deines Sohnes voll Freude erwarten.
Nimm alle Trägheit von uns und mache uns bereit, zu wachen und zu beten,
damit uns Christus nicht schlafend findet, wenn er kommt und anklopft.
Er, der in der Einheit des Heiligen Geistes mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit.

Verkündigung und Gewissenserforschung

Lesung aus dem Buch Leviticus: Lev 19,9-18

Wenn ihr erntet, sollt ihr euer Feld nicht bis an den Rand abernten und keine Nachlese halten.
Auch eure Weinberge sollt ihr nicht ganz ablesen und die heruntergefallenen Trauben nicht aufheben.
Lasst etwas übrig für die Armen und für die Fremden bei euch. Ich bin der HERR, euer Gott!

Vergreift euch nicht an fremdem Eigentum. Belügt und betrügt einander nicht.
Missbraucht nicht meinen Namen, um etwas Unwahres zu beschwören; denn damit entweiht ihr ihn. Ich bin der HERR!
Erpresst und beraubt nicht eure Mitmenschen. Wenn jemand um Tageslohn für euch arbeitet, dann zahlt ihm seinen Lohn noch am selben Tag aus.
Sagt nichts Böses über einen Tauben, der es nicht hören und sich nicht wehren kann, und legt einem Blinden keinen Knüppel in den Weg.

Nehmt meine Weisungen ernst: Ich bin der HERR!

Wenn ihr einen Rechtsfall zu entscheiden habt, dann haltet euch streng an das Recht.
Bevorzugt weder den Armen und Schutzlosen noch den Reichen und Mächtigen.
Wenn ihr als Richter über einen Mitmenschen das Urteil sprecht, darf allein die Gerechtigkeit den Maßstab abgeben.

Verbreitet keine Verleumdungen über eure Mitmenschen.
Sucht niemand dadurch aus dem Weg zu schaffen, dass ihr vor Gericht falsche Anschuldigungen gegen ihn vorbringt.

Ich bin der HERR!

Wenn du etwas gegen deinen Bruder oder deine Schwester hast, dann trage deinen Groll nicht mit dir herum.
Rede offen mit ihnen darüber, sonst machst du dich schuldig.
Räche dich nicht an deinem Mitmenschen und trage niemand etwas nach.

Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst. Ich bin der HERR!‘

Wort der Heiligen Schrift

Lied:               Wohl denen, die da wandeln                    GL 614/1+3

Evangelium Mt 22,34-40 Das wichtigste Gebot

35    Einer von ihnen, ein Gesetzeslehrer, stellte Jesus eine Falle. Er fragte ihn:
36   „Lehrer, welches ist das wichtigste Gebot des Gesetzes?“

37    Jesus antwortete: „’Liebe den Herrn, deinen Gott, von ganzem Herzen, mit ganzem Willen und mit deinem ganzen Verstand!‘
38    Dies ist das größte und wichtigste Gebot.
39    Aber gleich wichtig ist ein zweites: ‚Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst!‘
40    In diesen beiden Geboten ist alles zusammengefasst, was das Gesetz und die Propheten fordern.“

Ansprache:
Im Gleichgewicht – vielleicht denken Sie zunächst eher an eine Waage, die man mit Gewichten ins Gleichgewicht bringt – so wie früher auf dem Markt oder beim Gemüsehändler.

Diese Art von Gleichgewicht ist auf Ausgleich bedacht: zwei Gegenüber sollen sich möglichst ausgleichen. Dieses Gleichgewicht kann notfalls sogar ein Gleichgewicht des Schreckens sein – wie wir es aus der Politik der 60er bis hin zu den 80er Jahren kennen.

Man könnte auch an eine Akrobatin denken, die auf einem Hochseil das Gleichgewicht hält, um nicht abzustürzen.

Ich denke jetzt aber an eine andere Art des Gleichgewichts – an ein Gleichgewicht, um das wir uns andauernd selber bemühen – und das wichtig ist, damit wir uns glücklich nennen können.

Ich möchte im Gleichgewicht sein, ich möchte die Balance behalten, in mir selbst, so dass sich ein Gefühl der Geborgenheit einstellt und ich mich ausgeglichen fühlen kann.

Diese Ikone des russischen Mönches und Ikonenmalers Rubljow (etwa 1411) stellt an und für sich die Dreifaltigkeit dar. Es ist eine Drei-Einheit, die geradezu ein Idealbild darstellt, für das Gleichgewicht der drei Angesichter Gottes.

Nicht zwei stehen sich gegenüber, sondern durch den dritten entsteht eine Harmonie, eine Ausgeglichenheit, die zwischen zwei so nicht möglich wäre.
Jede der drei Gestalten wendet sich segnend mit seiner rechten der anderen zu. Jeder hält den Stab in der Hand. Zwei schauen auf den einen und der sieht zu beiden.
Zu dieser Art des Gleichgewichts sind wir Menschen berufen, wenn wir Abbild Gottes genannt werden.

Eine Dreiheit entsteht, wenn wir uns öffnen:
Die eine Seite öffnet sich hin zu den Menschen, mit denen wir leben, mit denen wir zu tun haben, die uns irgendwie begegnen.
Die andere Seite öffnet sich hin zu Gott, zu unserem Ursprung und Ziel, zu dem, der uns Anteil gibt an seinem Leben und ebenso all den anderen, die mit uns diese Erde bewohnen.

Wir öffnen uns nach zwei Seiten hin – doch zugleich bleiben wir bei uns selbst und brauchen uns in den Beziehung nicht verlieren.
Unser Leben ist im Gleichgewicht gehalten von den drei Polen: Ich – Du – Gott!

Wenn ich mich nur um mich kümmern würde, würde ich mich in mir selbst einschließen und verkümmern und verdorren.
Wenn nur mehr bei anderen wäre, bin ich in Gefahr, mich zu verlieren.
Wenn ich die Mitmenschen vergesse – oder auch Gott ausklammere – dann wird das Leben zweidimensional.
Viel leichter kann die Ordnung durcheinander kommen und ich komme aus dem Gleichgewicht.

Im Gleichgewicht sein, ausgeglichen sein, dieser glückliche Zustand wird beschrieben in dem Doppelgebot, dass alle anderen Gebote zusammenfasst:
Die Gebote können und sollen dem Menschen helfen, dass er im Gleichgewicht bleibt: Ordnung und Anpassungsfähigkeit, Ich und Du, Ruhe und Aktivität, Haben und Teilen sind nicht sich ausschließende Gegensätze, sondern einander bereichernde Pole.

Das Doppelgebot Jesu – oder ist es ein Drei-Gebot? – hilft uns und beschriebt, wie wir ausgeglichen und im Gleichgewicht sein und bleiben können: Ich – DU – Gott – das sind die drei Pole, zwischen denen wir uns bewegen können. In diesem Dreieck finden wir, was wir suchen:
Kraft und Geborgenheit und Offenheit.

Diese drei Pole bilden für uns den Raum unseres Lebens.
Jetzt dürfen wir nacheinander und unter verschiedenen Aspekten unser Leben zwischen diesen drei Polen in den Blick nehmen:

Meine Sorgen
Jedes menschliche Leben kennt Höhen und Tiefen. Jesus hat gesagt: „Euer himmlischer Vater weiß, was ihr braucht. Sorgt euch nicht um Morgen, denn jeder Tag hat seine eigene Sorge.“ Gelassenheit hat ihre Wurzel im Grundvertrauen auf das Leben, auf andere Menschen, auf Gott. Im Vertrauen, dass es gut werden wird

  • Was mache ich, wenn manche Dinge nicht nach meinen Plänen laufen? Wie reagiere ich?
    Wie möchte ich gerne reagieren? – Pause
  • Wie sehr nehmen mich die Sorgen um mich, um meine Gesundheit, meinen Beruf oder meine finanziellen Mittel in Beschlag?

2 Minuten Stille oder meditative Musik

V: Mein Umgang mit den Mitmenschen
Wir leben in verschiedensten Beziehungen: in der Familie, in der Nachbarschaft, im Kollegen- und Freundeskreis. Diese Menschen nehmen uns und manchmal auch unsere Hilfe in Anspruch.

  • Merke ich, wenn jemand mich braucht? Nehme ich manche Mitmenschen und ihre Anliegen nicht ernst? – Pause
  • Sehe ich in erster Linie nur mich selber und meine eigenen Wünsche?

2 Minuten Stille oder meditative Musik

V: Verzeihen können
Menschen machen Fehler. Manchmal erhalten wir von anderen nicht die richtige Aufmerksamkeit oder Anerkennung. Manchmal werden wir verletzt durch Worte oder Gesten. Manchmal fügt uns jemand absichtlich oder unabsichtlich Schaden zu. Im Vaterunser beten wir: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.“

  • War ich nachtragend gegenüber jemandem?
    Bin ich mit jemand zerstritten? – Pause
  • Habe ich Geduld mit anderen Menschen und ihren Unzulänglichkeiten, ihren Eigenheiten? – Pause
  • Wann habe ich zuletzt jemand um Verzeihung gebeten?
    – Pause
  • Verleugne ich meine Schuld? Bin ich rechthaberisch?

2 Minuten Stille oder meditative Musik

V: Mein Konsumverhalten und meine Bereitschaft loszulassen
Wir brauchen vielerlei Dinge zum Leben: Nahrung, Wohnung, Wärme, Kleidung, um nur einige Grundbedürfnisse zu nennen. Es kann allerdings geschehen, dass wir diese Dinge, die unser Leben erleichtern sollen, zum Lebensinhalt machen.

  • Wie sehr bin ich darauf fixiert, bestimmte Dinge zu besitzen? – Pause
  • Unterstütze ich die Hilfswerke, die Menschen in Not helfen, so dass sie ihre Situation verbessern können? – Pause
  • Fällt es mir schwer auch einmal auf etwas zu verzichten? Bin ich geizig oder kann ich gut Dinge abgeben?

2 Minuten Stille oder meditative Musik

V: Umgang mit sich selbst: Das Gebot heißt: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Das heißt: Ich darf und soll auch mich und meine Bedürfnisse achten und ernst nehmen.

  • Wie gehe ich mit mir selbst um?  Höre ich auf meine innere Stimme?
    Traue ich mir, einen eigenen Standpunkt zu haben?
    Achte ich auf meine Bedürfnisse nach Ruhe, Aktivität, Entspannung, Stille und Unterhaltung? – Pause
  • Fordere ich mehr von mir, als ich leisten kann?
    Oder gebe ich mich zu schnell zufrieden?
    Kenne ich die Grenzen meiner Leistungsfähigkeit?
  • Bewerte ich mein Leben nach meiner Leistungsfähigkeit? Gibt es Genussmittel, nach denen ich süchtig bin?

2 Minuten Stille oder meditative Musik

V: Gebet, Pflege der Beziehung zu Gott
Der Prophet Jod fordert zum Gebet auf. Denn er vertraut darauf, dass vom Herrn die Rettung kommt.

  • Wie steht es um mein Gebetsleben? Bete ich regelmäßig? Vertraue ich mich im Gebet Gott an oder stellt mein Gebet eher eine Pflichtübung dar? – Pause
  • Wann suche ich die Begegnung mit Gott und die Gemeinschaft der Glaubenden im Gottesdienst?

2 Minuten Stille oder meditative Musik

LIED             Herr, deine Güt ist unbegrenzt                   GL 289/1+2

 Buße und Versöhung

Schuldbekenntnis – Vergebungsbitte

Gott will unser Heil. Er will, dass wir im Einklang stehen, mit ihm, mit uns selbst und mit unseren Mitmenschen. Manchmal verlieren wir die Balance, achten zu wenig auf uns selbst, verlieren Gott aus dem Blickwinkel oder sind gleichgültig gegenüber anderen und ihren Bedürfnissen. Deshalb bekennen wir vor Gott und voreinander unsere Schuld und bitten miteinander und füreinander um Vergebung.

Wir sprechen das Schuldbekenntnis:

Der allmächtige Gott erbarme sich unser. Er lasse uns die Sünden nach und führe uns zum ewigen Leben. – A: Amen.

Der Glaube dass Gott uns treu ist in seiner Liebe und Zuwendung hilft uns, dass wir immer wieder die Balance suchen und finden.  Halten wir nochmal einige Augenblicke Stille und überlegen, wie wir unsere Balance in den nächsten Wochen besser halten können: durch mehr Augenmerk auf uns selbst, auf Gott oder auf Mitmenschen.

2 Min. Orgelmusik: Variation zu GL 289

Vater Unser – Friedensgruß

Durch Jesus haben wir jene Freiheit erlangt, in der auch wir Gott unseren Vater nennen dürfen. So wollen wir nun beten:

A: Vater unser im Himmel …

Der Friede des Herrn sei allezeit mit euch. – A: Und mit deinem Geiste.

Gebt einander ein Zeichen des Friedens und der Versöhnung.

ABSCHLUSS

Gebet
Himmlischer Vater, wir danken dir, dass du ja zu uns sagst.
Du bist eins mit deinem Sohn und mit dem Heiligen Geist.
Eins im Wollen, eins in der Liebe, eins im Vollbringen.
Hilf uns, dir immer ähnlicher zu werden, und in Einheit zu leben.
Darum bitten wir Dich durch Jesus Christus im Heiligen Geist. Amen

Lied                Den Herren will ich loben                                   GL 261

SEGEN

Der barmherzige Gott hat uns den Glauben an das Kommen seines Sohnes geschenkt;
Er segne und heilige euch durch das Licht seiner Gnade.
Das gewähre euch der dreieinige Gott,
der Vater und der Sohn und der Heilige Geist. – A: Amen.

Bußgottesdienst im Advent „Im Gleichgewicht“, angeregt von und unter Verwendung der Vorlage „Richtet euch auf“, Deutsches Liturgisches Institut

8. Dezember 2013: 2. Adventsonntag, LJ A

Darstellung in der Kathedrale von Amiens

Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe! –
Im Mt.Ev. verkündet Johannes die absolut gleiche Botschaft wie Jesus selbst. Freilich zeigt auch Mt den Unterschied zwischen Johannes und Jesus auf:

Johannes tauft mit Wasser als Zeichen der Umkehr – Jesus aber wird mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen!

Wer sich von Johannes im Jordan taufen ließ, wollte von seinen Sünden gereinigt werden, weil er bereit zur Umkehr war: das bedeutet:
Ich will jetzt wirklich nach Gottes Geboten leben.
Ich erwarte den einzigen, der über mich urteilt ‑ und will ich in seinem Urteil bestehen können.

Liebe Schwestern und Brüder, wir sind Jünger Jesu und wir versuchen jeden Tag nach Gottes Willen zu leben und seine Gebote zu beachten:
Wir beten, wir versuchen gerecht zu sein und niemandem Unrecht zu tun, wir spenden für arme und für alle möglichen guten Zwecke –
DENNOCH: Das Streben nach Umkehr gehört zu unserem täglichen Leben.
Denn es gibt sie, diese Momente, in denen wir nicht unserem Gewissen folgen, sondern jener anderen Stimme:
Das ist doch nicht so schlimm.
Das tun doch andere auch!
Das musst du nicht tun. Der ist selber schuld.

Dagegen kämpfen wir an – immer wieder, jeden Tag – zum Glück, denn sonst wäre es schlecht um die Welt bestellt und um unser Miteinander.

Nun aber spricht das Mt.Ev. von der Taufe, dessen, der nach Johannes kommt:
Erst wird das Bild von der Baumfällaktion genommen: Die Bäume, die keine gute Frucht bringen werden umgehauen und verbrannt.
Danach heißt es: Der Größere, der nach Johannes kommt, wird mit Feuer und mit Heiligem Geist taufen. Er trennt die Spreu vom Weizen – den Weizen bringt er in seine Scheune, die Spreu verbrennt er im nie erlöschenden Feuer.

Johannes ruft zur Umkehr, zur Lebensänderung auf, weil der kommt, der das Urteil sprechen und vollziehen wird. Was hat in diesem Gericht bestand?
Das aufmerksame Zuhören, wenn die Partnerin etwas erzählen will.
Die helfende Hand, wo sie benötigt wird.
Die Geldspende, um Not zu lindern.
Die Ehrlichkeit – die Nachsicht – die Geduld – die Treue, mit der man zu dem steht, was man versprochen hat – …

Was hat keinen Bestand?
Die Gleichgültigkeit – die Hartherzigkeit – die Untreue – der Unglaube – der Neid – die Missgunst – die Gewalt gegen Menschen ‑ …

Das Feuer ist ein starkes Bild: denn das Feuer verbrennt und verzehrt, so dass nichts übrig bleibt. Sie ist verbunden mit der Taufe durch den Heiligen Geist:

Diese Taufe ist nicht äußerlich wie das Wasser, das herabtropft und trocknet. Die Taufe mit dem Heiligen Geist ist innerlich. Sie betrifft unser Denken und Wollen:

Der, den Johannes ankündigt, verwandelt unser Inneres, uns selbst: Er teilt sich uns mit, so dass er in uns ist.
Sein Vertrauen zum Vater, seine Liebe zu den Menschen, seine Hoffnung auf das Leben sind in uns lebendig und verwandeln uns.

In diesem Feuer aus Glaube, Hoffnung und Liebe haben Misstrauen, Verzweiflung und Missgunst keine Chance – sie verbrennen wie die Spreu im Ofen.

Schwestern und Brüder, wir alle haben im Sakrament der Taufe diesen Heiligen Geist empfangen –
dass uns dieser Heilige Geist umwandelt und unser Tun und Wollen bestimmt – das muss jeden Tag neu geschehen. Denn der Brennstoff Egoismus ist einfach nicht unterzukriegen.