16. November 2014: 33. Sonntag im Jahreskreis

Hier geht es zu den liturgischen Texten: Schott

Liebe Schwestern und Brüder,
Muss ich Angst haben? Vor Gott? Vor seinem Urteil? – Ist das die Botschaft dieser Gleichnisgeschichte?

Im Mt- Evangelium folgt auf diese Geschichte die Rede vom Weltgericht.
Danach fasst der Hohe Rat den Beschluss, Jesus zu töten – nicht zuletzt aufgrund einer Mahnrede gegen die Schirftgelehrten und Pharisäer, durch die Jesus die Führenden Juden erzürnt hatte.

Aber: Was kann und will dieses Gleichnis uns hier und jetzt sagen?

Der Anfang ist einfach: Ein offenbar sehr vermögender Mann vertraut sein Vermögen an, während er selbst auf Reisen geht.
Damit ist offensichtlich der Auftrag und die Vollmacht verbunden, das Vermögen zu verwalten.
Der Diener mit dem einen Talent – um ihn geht es in der Geschichte – hat Angst, er könnte es verlieren und legt es deshalb in den Tresor. Er verweigert sich dem Auftrag seines Herrn.
Dass der Herr ihn dafür tadelt, kann ich verstehen.

Er bestraft ihn aber sehr hart: Äußerste Finsternis, heulen und mit den Zähnen knirschen. –
Ist das nicht zu streng? Bewahrheitet sich so die angstvolle Einschätzung des Dieners?

Möchte Jesus uns Angst machen?

Doch genau die Angst lähmt ja den Menschen! Aus Angst vergrub der Diener das Talent – statt damit zu wirtschaften.
Das Gleichnis sagt eigentlich das Gegenteil: Nimm das Vertrauen an! Baue darauf und wirtschafte mit dem, was Dir anvertraut ist.

Dennoch bleibt dieser erschreckende Schluss: Heulen und Zähneknirschen in der äußersten Finsternis. Ein zu hartes Urteil?

Gut, nehmen wir uns die Freiheit und denken wir uns einen anderen Schluss für die Geschichte aus:
Wie würden wir die Geschichte enden lassen?

Vielleicht so?
„Zu dem dritten Knecht sagte der Mann:
Habe ich Dir so viel Angst gemacht? Das tut mir leid. Du musst keine Angst haben. Ich gebe Dir nochmal dein Talent – wirtschafte damit.
Selbst wenn Du es verlierst, musst Du keine Angst haben. Ich kann es verschmerzen.“

Oder so?
„Nun, ich sehe,“ sagte der Herr, „dass ich von Dir zu viel erwartet habe. Es tut mir leid, dass Du dadurch Angst bekommen hast. Gut, dass Du das Talent vergraben hast. So ist es wenigstens nicht verloren gegangen. Ich werde Dir eine andere Aufgabe zuweisen, die dir nicht Angst macht.“

Schwestern und Brüder, ohne Zweifel wäre der Herr dann freundlicher. Der Schluss wäre nicht so erschreckend. Doch zugleich wird spürbar, dass die eigentliche Pointe der Geschichte verschwindet. Es geht gar nicht um den Herrn und seine Reaktion auf den dritten Knecht.

Es geht um uns. Es geht um die Einsicht, dass wir die frohe Botschaft nicht begraben dürfen. Die Hoffnung Jesu soll in uns wirksam sein!
Seine Liebe soll uns anstiften zu Taten der Liebe! Sein Vertrauen zu uns soll uns Vertrauen geben in ihn und in seine Botschaft.

Wenn wir die frohe Botschaft vergraben,
wenn wir schweigen von der Hoffnung und von der Freude,
wenn wir anzweifeln, ob das Reich Gottes wirklich schon mit Jesus gekommen ist?
wenn wir aus Angst vor dem Belächelt werden unseren Glauben verstecken

– dann ist uns nicht zu helfen!
Dann haben wir die Freude der Botschaft Jesus, die Gnade der Erlösung, den Sieg der Liebe versteckt und verborgen.
Dann leben wir nicht in seinem Licht, sondern in der Finsternis.

Schwestern und Brüder!
Das ist der Zusammenhang, auf den das Evangelium hinweist.
Es geht nicht darum, ob der Mann in den Himmel oder in die Hölle kommt.
Es geht darum, dass wir Jünger Jesu die Welt beschenken mit der Liebe, der Hoffnung und der Freude, die Jesus uns geschenkt hat.

Die Alternative dazu ist Angst einflößend: Es regieren Selbstsucht und Lüge, Angst und Misstrauen, Krieg und Gewalt.

Liebe Mitchristen, das darf nicht geschehen.
Lasst uns die Liebe Gottes in die Welt tragen in Wort und Tat, damit der Friede zunimmt und die Freude.

2. November 2014: Allerseelen

1. Lesung: Ijob 19, 1.23-27
2. Lesung: Röm 8, 14-23
Evangelium: Joh 14,1-6

Das Leid, das dem Ijob widerfährt ist sprichwörtlich geworden: Ijob wird seines Eigentums beraubt, die Kinder werden ermordet. sein Haus wird verbrannt und ihn befällt eine Krankheit, in der man schon so gut wie gestorben ist. Ijob steht für alles Leid, das Menschen in ihrem Leben erfahren können und tatsächlich: jeder Mensch kann von Trauer, Krankheit und auch von Feindseligkeit erzählen.

Doch: gerade die Menschen, die am weitesten unten sind, haben oft die größten Hoffnungen. Ijob sagt: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt! Ich werde Gott schauen “

Viele hundert Jahre nach Ijob ergeht es dem Apostel Paulus ganz ähnlich: Er hat Verfolgungen, Verhaftungen, Folter und Gefängnis erträgt, Schiffbruch erlitten und fast ertrinkt, schrieb: „Ich bin überzeugt: die Leiden dieser Zeit sind nichts im Vergleich zu der Herrlichkeit, die uns geschenkt werden wird!“

Liebe Schwestern und Brüder, die Menschen im Wohlstand teilen diese Hoffnungen weniger. Sie sagen: „Ich kann mir das nicht vorstellen. Warum nicht jetzt diese Herrlichkeit? Warum nicht schon auf dieser Erde?“
Viele können und wollen nicht auf das künftige Leben hoffen, in dem wir Gott schauen und befreit sind vom Elend dieser Zeit.

Hängt es damit zusammen, dass wir durch unseren Wohlstand das Elend überdecken; dass wir die Augen verschließen und den Tod aus dem Bewusstsein verdrängen.
Ich frage mich: Wollen die Menschen eigentlich den Tod negieren, wenn sie sagen: wenn ich sterbe, dann ist alles aus?

Wenn es so wäre, wenn der Tod des Körpers das Ende der eigenen Existenz wäre, dann könnte man leben, als ob es den Tod nicht gäbe.
Man könnte den Tod verdrängen und jeden Tag auskosten und sagen: das ist das Leben. Mach das Beste daraus – für Dich.

Doch wer die Augen öffnet, der fragt sich: wozu leben, wenn es dann doch zu Ende ist? Die Freude, das Schöne das kann man ja gerne hinnehmen. Doch wozu Schmerzen ertragen? Wozu leben, wenn ich nicht mehr tun kann, was ich will?

Der Glaube an die Auferstehung gibt dem Tod eine andere Bedeutung:
Der Tod wird zum Übergang in die Welt Gottes.
Wer darauf hofft, für den hat das ganze Leben einen Sinn.
Der mag sich fragen, warum es so viel unverschuldetes Leid gibt?
Der wird mit Gott vielleicht streiten und ihm das Elend klagen.

Doch er hofft, die Herrlichkeit Gottes zu empfangen.
Deshalb geht es im Leben darum, als Gottes Ebenbild zu leben.
Es geht darum, Leben zu empfangen und Leben zu geben!

Wer das ewige Leben erhofft, wird auch das Gute dankbar annehmen und genießen – vielleicht als Vorgeschmack des Himmels.

Wer auf das ewige Leben hofft, wer Hoffnung hat, wird aber auch die Kraft haben, dem Elend, dem Leid, der Schwäche Stand zu halten. Wer hofft, hält allem stand – so hat es Paulus ausgedrückt.

Liebe Schwestern und Brüder,
heute an Allerseelen denken wir an die Verstorbenen: an alle! Weil keiner verloren ist, weil Gott keinen vergisst!
Besonders denken wir natürlich an die Verstorbenen, die wir gekannt haben und die uns nahe stehen: Die Liebe, die uns mit ihnen verbindet, reicht über den Tod hinaus.

Wir denken an die Verstorbenen mit Zuversicht:

Das Gute findet seine Vollendung!
Das Schlimme wird geheilt!
Das Böse wird vergeben und getilgt.
Die Liebe aber feiert ein Fest: denn die Liebe ist ewig –
wie Gott selbst, in dessen geliebte Kinder wir sind und bleiben
in alle Ewigkeit.

 

 

26. Oktober 2014: 30. Sonntag im Jahreskreis Weltmission

Hier geht es zu den liturgischen Texten: Schott

 

 

Geht hinaus in alle Welt! Lehrt die Menschen, die Gebote zu halten, die ich euch geboten habe und tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes! (Mt 28, 19)

Wie stehen wir heute zu diesem Auftrag? Dürfen wir diese Sendung Jesu noch ernst nehmen?–
Oder stülpen wir dadurch anderen Menschen etwas über, das sie von ihrer religiösen und kulturellen Tradition und von sich selbst entfremdet?

Doch bevor wir zurückfallen in die Diskussion über Missionsmethoden vergangener Jahrhunderte – verbunden mit europäischer Überlegenheit und Überheblichkeit (Erinnerung an das Unrecht gewaltsamer Missionstätigkeit) – machen wir uns erst einmal bewusst:
Welche Gebote sind es denn, die Jesus lehrt?  und: Wie hat Jesus selbst missioniert?

Die beiden Gebote haben wir gerade gehört: Du sollst den Herrn deinen Gott lieben! Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst!

Das ist eine wahrhafte Befreiung:
Die Liebe ist das einzige Gebot, das jemand einhalten muss, damit er zu Jesus gehören kann.
Wer sich auf ihn taufen lässt, im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes – muss nur diesem Doppelgebot zustimmen, das Jesus als wichtigstes und zentrales Gebot erinnert hat.

Schwestern und Brüder – zugegeben ist das ziemlich reduziert (wenn man an die vielen Regeln und Gebote im Katechismus denkt) – aber eben auf das Wesentliche reduziert.
Damit kann man zu den Menschen gehen ‑ Dies kann man verkünden und sie lehren, dass es allein auf die Liebe ankommt – auf die Liebe zu Gott und damit verbunden zum Mitmenschen und dass zwischen beiden niemals ein Widerspruch bestehen kann. Niemand muss dafür seine Kultur aufgeben! Muss jemand dafür seinen Gott bzw. seine Religion aufgeben, durch die er die Verbindung mit Gott sucht?

 

Die zweite Frage war: Wie hat Jesus missioniert?

Er ging in die Gotteshäuser und verkündete: Kehrt um, das Reich Gottes ist euch nahe! Er heilte die Kranken und er vergab den Sündern.

Er hat niemanden bedrängt oder gar gezwungen, mit ihm zu kommen.
Nichts lag ihm ferner, als die Freiheit eines Menschen zu missachten.
Wenn ein Dorf ihn nicht aufnahm, dann ging er in ein anderes Dorf.

Kenner der Evangelien werden jetzt vielleicht einwenden:
Jesus hat doch das Gericht angedroht, für manche, die ihm nicht folgen wollten. Er hat doch zum Beispiel gesagt, Betsaida werde es schlimmer ergehen als Sodom und Gomorra.

Ja! Er sprach vom Gericht Gottes für die, die sich nicht bekehren wollten:
Das ist nun mal die Art prophetischer Rede, die Jesus angewandt hat:
Wer von seinem Unrecht nicht ablässt, wer sich Gott verweigert, wer sich der Liebe versagt, der wird so vor Gott hintreten und erkennen dass er den falschen Weg ging.
Wie Gott dann diesem Menschen begegnet, wie er diesem Menschen Heil schenken kann, das steht auf einer anderen Seite, die nur Gott beschreibt.
Menschen können das nicht beurteilen und in ihrem Urteil vorwegnehmen.

Schwestern und Brüder,
wir können Ja sagen zur Mission, zur Sendung der Kirche:
Es ist eine Sendung die befreit und die jedem die Freiheit lässt.
Sie betont das wesentliche des Mensch-Seins: Die Liebe zu Gott und die Liebe zum Mitmenschen, die niemals ein Widerspruch sein können.

Dieses Ja können wir ausdrücken, indem wir Anteil nehmen an den Christen, die in schwierigen Situationen leben: die aus ihren Städten vertrieben werden, wie kürzlich in Mossul, oder die immer wieder Ziel von gewalttätigen Angriffen werden.
Dieses Ja können wir ausdrücken durch das Gebet für die Missionare in aller Welt und dafür, dass immer mehr Menschen Christen werden.
Dieses Ja können wir ausdrücken durch unsere Spende, die wie heute geben, damit die ärmsten der 3000 katholischen Bistümer überhaupt wirtschaftlich existieren können.