22. Februar 2015: 1. Fastensonntag

Hier geht es zu den liturgischen Texten: Schott

Liebe Schwestern und Brüder,
Wann haben Sie den letzten Regenbogen gesehen?
Es ist faszinierend wenn sich dieses vielfarbige Band über das ganze Himmelsgewölbe spannt. Das passiert wenn – meistens im Sommer – es regnet und zugleich die Sonne scheint..

Ich kann verstehen, dass die Menschen vor ein paar tausend Jahren in dieses Naturschauspiel als göttliches Zeichen deuteten: als Zeichen dafür, dass Gott diese Erde nicht verwirft und das Leben und den Menschen nicht dem Untergang anheim gibt.

Die Geschichte wie Noah die große Flut in der Arche überstand, ist eine großartige Bildergeschichte, die im alten Orient in verschiedenen Kulturen so ähnlich verbreitet war – vielleicht als Erinnerung an zerstörerische Fluten wie wir sie 2002 an der Elbe oder 2013 in Niederbayern erlebt haben.

Der erste Petrusbrief sieht in der Rettung des Noah aus dieser Flut ein Sinnbild für die Taufe:
Die Taufe ist Zeichen dafür, dass wir durch Christus und seine Aufersteh­ung gerettet sind wie Noah durch die Arche gerettet wurde:
Obwohl wir einander und Gott so viel Liebe schuldig bleiben, nimmt er uns an und schenkt uns ewiges Leben – in seinem Licht und seiner Herrlichkeit.

Liebe Schwestern und Brüder,
gehen wir aber nochmal einen Schritt zurück: Die Geschichte von der großen Flut nennt einen Grund für diese Katastrophe: Man überlegte: Gott wollte das Menschengeschlecht vernichten, weil er die Schlechtigkeit der Menschen sah!

Es heißt: „Es reute den Herrn, auf der Erde den Menschen gemacht zu haben, und es tat seinem Herzen weh.“

Manchmal klagen wir, dass es so viel Elend gäbe in der Welt. Wir werfen es Gott vor, dass er es nicht besser gemacht hat und zweifeln an seiner Allmacht und Liebe!

Wer so denkt, ist ganz nahe an den Vorstellungen dieser alten biblischen Bildergeschichte: Es wäre besser, wenn es diese Welt gar nicht gäbe!

In der Bibel heißt es aber: „Nur Noah fand Gnade in den Augen des Herrn.“

Die Zerstörungsgeschichte wird zugleich zu einer Geschichte des neuen Anfangs. Obwohl die Menschheit nach der Flut nicht besser war als zuvor und obwohl Not und Tod weiterhin das Leben und die Schönheit der Erde in Frage stellen, setzt sich die Erkenntnis durch:
Der Regenbogen ist das Zeichen dafür, dass das Leben auf der Erde weitergeht.

Es ist besser auf dieser von Not und Tod geprägten Erde zu leben, als dass sie gar nicht existieren würde!

Liebe Schwestern und Brüder!
können wir uns dieser Sicht anschließen?
Können wir ja sagen zu der Erde und zu uns selbst – ja zu ihrer Schönheit, ja zu unserer lebendigen und begrenzten Freiheit –
Können wir ja sagen – trotz der Schrecken der Natur und der Bosheit der Menschen?

Es ist eine Versuchung, diese Erde und das Universum und das Leben gering zu schätzen – weil es zugleich Schrecken und Tod und Bosheit gibt.

Es ist eine Versuchung nur auf das Negative zu starren.

Es ist eine Versuchung, die Erde mit Gewalt verbessern zu wollen.

Es ist eine Versuchung, die Erde als Besitz anzusehen, von dem man möglichst viel für sich gewinnen will.

Jesus war ganz und gar Mensch: auch er kannte diese Versuchungen.
Doch er sagte in seiner tiefsten Seele Ja zur Schöpfung Gottes und ihrer Gestalt – er sagte Ja zum Menschen und seiner Freiheit.

Aus diesem Ja heraus verkündete er die frohe Botschaft:
Diese Welt ist Gottes Welt. Gott ist euch nahe.
Er verurteilt nicht. Er ist da und er kommt! Kehrt um und glaubt!

15. Februar 2015: 6. Sonntag im Jahreskreis

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Liebe Schwestern und Brüder!
Gott in der Höh sei Ehr und Preis! Singen wir – außer in Advent und Fastenzeit – in jeder Sonntagsmesse!
Lobe den Herren! Großer Gott wir loben dich!

In unseren Liedern ehren wir Gott, wir „verherrlichen“ ihn!
Jedenfalls versuchen wir in unseren Liedern auszudrücken, wie groß wir von Gott denken, wie sehr wir ihn verehren, den Schöpfer aller Dinge, der das Universum am Dasein erhält.

Da aber Gott so groß ist, wollen wir mehr tun als Loblieder singen:
Wir wollen Gott durch unsre Taten ehren und loben!

Der heilige Ignatius von Loyola hatte den Leitspruch:  „Alles zur größeren Ehre Gottes!“
Das ist ganz nahe an dem, was der Heilige Paulus den Christen in der reichen Hafenstadt Korinth ans Herz legt: „Ob ihr esst oder trinkt oder etwas anderes tut: tut alles zur Verherrlichung Gottes!“

Und weil wir manchmal besser vom Gegenteil her verstehen fügt er hinzu:
„Gebt weder Juden noch Griechen, noch der Kirche Gottes Anlass zu einem Vorwurf!“

Schwestern und Brüder!
Ich muss jetzt nicht erzählen, was der zeitgeschichtliche Hintergrund dieser Bemerkungen bei Paulus war – wir können das einfach auf heute übertragen:

Da würde es heißen: Ihr Christen, gebt niemanden einen Grund, euch etwas vorzuwerfen! Weder Christen noch Nicht Christen!
Das wäre das schlimmste, was wir anrichten könnten, wenn man auf uns mit dem Finger zeigen könnte und sagen:
Seht die Christen: sie sind scheinheilig. Sie preisen Gott und seine Werke!
Sie selbst aber tun anderen Unrecht. Sie nehmen keine Rücksicht auf andere! Sie suchen nur ihren Vorteil!

Damit würden wir nicht nur selbst unglaubwürdig!
Viel schlimmer daran ist, dass wie die Botschaft Jesu unglaubwürdig machen würden. Wir würden den Menschen den Zugang zu Christus, zum himmlischen Vater erschweren, statt dafür zu werben.

Wir leben in einer Gesellschaft, die mit Argusaugen auf uns Christen schaut: Es ist der Eindruck entstanden, die Kirche sei eine Organisation die vor allem ihren Vorteil sucht, die die eigenen Mitglieder in geistiger Abhängigkeit hält und die Privilegien beansprucht und auf ihnen beharrt.

Ob berechtigt oder unberechtigt: Ins Feld geführt werden Kirchensteuer, die staatlichen Zuschüsse und Leistungen für die Kirche, die großen Vermögen in kirchlicher Hand, das vermeintliche und das tatsächliche Fehlverhalten von kirchlichen Amtsträgern, die Lebensweise der einfachen Christen, die nicht anders ist als die von Nichtchristen.

Paulus gibt uns einen dringenden Impuls zur Gewissenserforschung:
Tut alles zur Verherrlichung Gottes, zur größeren Ehre Gottes.

Was würde sich in unserem Leben ändern, wenn wir jeden Tag beginnen mit dem Entschluss:
Alles zur größeren Ehre Gottes.

Wenn wir das nicht nur als Morgenimpuls sagen und denken,
sondern wenn wir tatsächlich alle Verrichtungen und alle Handlungen unter diese Überschrift stellen würden: „Alles zur größeren Ehre Gottes!“

Die Politiker wollen alle Entscheidungen auf ihre Umweltverträglichkeit und auf ihre Kosten prüfen.

Wir Christen wollen jede Entscheidung, jede Handlung prüfen und so gestalten, dass sie der größeren Ehre Gottes dient.

Wir Christen wollen jede Entscheidung, jede Handlung prüfen und so gestalten, dass sie der größeren Ehre Gottes dient.

1. Februar 2015: 4. Sonntag im Jahreskreis

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Liebe Schwestern und Brüder,
das Evangelium des Markus finde ich ziemlich gewagt:
Das eindeutige Bekenntnis, wer Jesus ist, kommt von einem „unreinen Geist“. Es kommt aus der Angst: „Du willst uns Verderben stürzen?“

Ein Dämon ruft es Jesus zu – nicht die Menschen, die betroffen war von seiner Lehre. – Was war das für eine Betroffenheit?
Bewunderung oder Erschrecken?

Hat der Dämon vielleicht nur laut ausgerufen, was alle dachten?
Verleiht er der allgemeinen Betroffenheit vielleicht nur sprachlichen Ausdruck?

An diesem Tag bringt Jesus den Dämon zum Schweigen und der Mann ist geheilt.
Und so bleibt Jesus an diesem Tag Sieger. Doch der Widerstand dieser Widergeister ist nicht gebrochen. Ihre Stunde kommt – die Stunde, in der sie die Oberhand haben. – Auch wenn gerade dieser Stunde zur Stunde Jesu werden wird, in der Gott ihn verherrlicht!

Liebe Schwestern und Brüder,
Die Reaktion auf Jesu Botschaft ist von Anfang an zwiespältig:
Man spürt in seiner Predigt die „göttliche Vollmacht“!
Aber zugleich spüren die Menschen, wie sehr Jesus ihr bisheriges Leben in Frage stellt. Sie sind betroffen: Sie fühlen sich betroffen und sie merken:
Jesus stellt mich in Frage.

Das ist der Punkt, an dem auch wir heutigen Hörer der Botschaft ins Spiel kommen:

Jesus stellt uns selbst in Frage: Er verkündet uns, dass das Reich Gottes gekommen ist und ruft uns zur Umkehr.

Wenn wahr ist,
dass Gott wichtiger ist als alles andere,
wenn das Leben des anderen genauso wichtig ist, wie meines,
wenn die Liebe immer den Vorrang haben soll,

Wenn das wahr ist, dann fragt man sich, ob diese Botschaft unser gewohnte Leben nicht völlig über den Haufen wirft.

Wer Jesus ernst nimmt,
der merkt, dass nicht nur die anderen gemeint, sind, die als Sünder gelten,
der merkt, dass nicht nur die Reichen, nicht nur die Mächtigen gemeint sind.

Wenn ich Jesus ernst nehme, merke ich, dass ich gemeint bin:
Weil ich mich jeden Tag anpasse an das Denken, das Gott an den Rand drängt,
dass ich mich abfinde mit Kompromissen: dies und das tue ich ja nicht;
dass ich eben doch zuerst an mich denke und erst dann an die anderen.

Aber wenn ich wirklich ernst machen würde mit dem Reich Gottes, kommt dann nicht vieles ins Wanken?

Schwestern und Brüder, wir neigen dazu, Jesu Botschaft für unsere Zwecke zu vereinnahmen:
Er soll uns Hoffnung geben.
Er soll uns Frieden schenken.
Er soll uns beruhigen durch den Glauben an Vergebung und Nachsicht.

Doch Gottes Barmherzigkeit gilt zuallererst den Schwachen; denen, die wir abgeschrieben haben.

Jesu Botschaft birgt ein beunruhigendes Potential:
Bist du gekommen, um uns ins Verderben zu stürzen?
Bist du gekommen, um hier alles durcheinander zu bringen,
die gut eingespielten Wege der Macht und der Herrschaft,
die ausgetretenen Pfade des Eigennutzes und der scheinbar ausgewogenen Interessen,
die Sicherheit, die wir uns vorstellen – nur weil wir uns an so vieles gewohnt haben?

Jesu Botschaft heißt nicht: „Macht weiter so!“
Jesu Botschaft heißt und meint mich: „Ändert euch!
Werdet Menschen nach Gottes Willen!“