1. Februar 2015: 4. Sonntag im Jahreskreis

Hier geht es zu den liturgischen Texten: Schott

Liebe Schwestern und Brüder,
das Evangelium des Markus finde ich ziemlich gewagt:
Das eindeutige Bekenntnis, wer Jesus ist, kommt von einem „unreinen Geist“. Es kommt aus der Angst: „Du willst uns Verderben stürzen?“

Ein Dämon ruft es Jesus zu – nicht die Menschen, die betroffen war von seiner Lehre. – Was war das für eine Betroffenheit?
Bewunderung oder Erschrecken?

Hat der Dämon vielleicht nur laut ausgerufen, was alle dachten?
Verleiht er der allgemeinen Betroffenheit vielleicht nur sprachlichen Ausdruck?

An diesem Tag bringt Jesus den Dämon zum Schweigen und der Mann ist geheilt.
Und so bleibt Jesus an diesem Tag Sieger. Doch der Widerstand dieser Widergeister ist nicht gebrochen. Ihre Stunde kommt – die Stunde, in der sie die Oberhand haben. – Auch wenn gerade dieser Stunde zur Stunde Jesu werden wird, in der Gott ihn verherrlicht!

Liebe Schwestern und Brüder,
Die Reaktion auf Jesu Botschaft ist von Anfang an zwiespältig:
Man spürt in seiner Predigt die „göttliche Vollmacht“!
Aber zugleich spüren die Menschen, wie sehr Jesus ihr bisheriges Leben in Frage stellt. Sie sind betroffen: Sie fühlen sich betroffen und sie merken:
Jesus stellt mich in Frage.

Das ist der Punkt, an dem auch wir heutigen Hörer der Botschaft ins Spiel kommen:

Jesus stellt uns selbst in Frage: Er verkündet uns, dass das Reich Gottes gekommen ist und ruft uns zur Umkehr.

Wenn wahr ist,
dass Gott wichtiger ist als alles andere,
wenn das Leben des anderen genauso wichtig ist, wie meines,
wenn die Liebe immer den Vorrang haben soll,

Wenn das wahr ist, dann fragt man sich, ob diese Botschaft unser gewohnte Leben nicht völlig über den Haufen wirft.

Wer Jesus ernst nimmt,
der merkt, dass nicht nur die anderen gemeint, sind, die als Sünder gelten,
der merkt, dass nicht nur die Reichen, nicht nur die Mächtigen gemeint sind.

Wenn ich Jesus ernst nehme, merke ich, dass ich gemeint bin:
Weil ich mich jeden Tag anpasse an das Denken, das Gott an den Rand drängt,
dass ich mich abfinde mit Kompromissen: dies und das tue ich ja nicht;
dass ich eben doch zuerst an mich denke und erst dann an die anderen.

Aber wenn ich wirklich ernst machen würde mit dem Reich Gottes, kommt dann nicht vieles ins Wanken?

Schwestern und Brüder, wir neigen dazu, Jesu Botschaft für unsere Zwecke zu vereinnahmen:
Er soll uns Hoffnung geben.
Er soll uns Frieden schenken.
Er soll uns beruhigen durch den Glauben an Vergebung und Nachsicht.

Doch Gottes Barmherzigkeit gilt zuallererst den Schwachen; denen, die wir abgeschrieben haben.

Jesu Botschaft birgt ein beunruhigendes Potential:
Bist du gekommen, um uns ins Verderben zu stürzen?
Bist du gekommen, um hier alles durcheinander zu bringen,
die gut eingespielten Wege der Macht und der Herrschaft,
die ausgetretenen Pfade des Eigennutzes und der scheinbar ausgewogenen Interessen,
die Sicherheit, die wir uns vorstellen – nur weil wir uns an so vieles gewohnt haben?

Jesu Botschaft heißt nicht: „Macht weiter so!“
Jesu Botschaft heißt und meint mich: „Ändert euch!
Werdet Menschen nach Gottes Willen!“

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