15. November 2015: 33. Sonntag im Jahreskreis

Hier geht es zu den liturgischen Texten: Schott

Liebe Schwestern und Brüder,
manchmal hebt jemand warnend die Stimme und sagt:
Das wird kein gutes Ende nehmen!
Oft sagen wir aber auch: Ende gut. Alles gut.

Das Ende ist also meistens gar nicht das Ende, so wie das Ende einer Schnur. Meistens ist das Ende der Anfang dessen, was danach kommt.

Gerade habe ich vorgelesen: Wenn die großen Zeichen am Himmel erscheinen, dann sollen wir erkennen, dass das Ende vor der Tür steht.

Das Ende von Himmel und Erde – das wäre ein kosmisches Ereignis, das eintreten wird, wenn unsere Erde und unsere Sonne längst nicht mehr bestehen. Und auch das wird in einer Zukunft sein, die für uns Menschen eine Ewigkeit entfernt ist.

Entscheidend ist aber, dass das Ende der Anfang ist von etwas neuem:
Der Menschensohn wird kommen und die Auserwählten werden von überall her zusammengeholt werden!

Gott überlässt die Schöpfung und keinen einzelnen dem Untergang sondern er ist für sie selbst Zukunft. Alles Geschaffene hat in ihm Anteil an seiner ewigen Herrlichkeit.

Das bedeutet für uns, dass jeder Tag auf dieser Erde wichtig ist,
das alles was wir tun und lassen, dass jeder Gedanke, den wir denken und jedes Wort das wir sprechen, Bedeutung hat für die Ewigkeit.

Uns ist die Gegenwart anvertraut, damit wir Frieden schaffen, dass wir das Schöpfungswerk Gottes fortführen, dass wir Zuneigung schenken und Versöhnung bringen.

Wie immer es einmal sein wird –
was immer auch geschehen wird, wenn die Erde vergeht –
was immer auch nach dem Tod genau kommt –
Es wird das Leben sein, das Gott schenkt, weil Gott selbst das Leben ist und weil alles in ihm seinen Ursprung hat.

Das bedeutet, dass wir den Mut behalten, dass wir am Vertrauen in das Leben festhalten, das wir an den Sieg des Lebens über den Tod glauben und dass wir festhalten an der Einsicht, dass die Liebe stärker ist als der Hass.

Was immer auch geschieht,
ob Krieg, Terror und Gewalt,
ob Katastrophen, Krankheiten und Epidemien,
dies alles ist für uns nicht ein Zeichen dafür, dass das Leben untergeht,
sondern ein Zeichen dafür, dass niemand die Welt an sich reißen kann,
weil alles in dieser Welt vergänglich ist.

Wir lernen aus diesem klaren Blick auf die Realität der Welt,
dass wir mit Achtung und Respekt der Schöpfung begegnen,
wie Verwalter, denen das kostbare Gut anvertraut ist für eine bestimmte Zeit.

Wenn für uns die Zeit kommt, in der wir hinübergehen und ankommen in der Ewigkeit Gottes, dann möchten wir so sein, dass uns nicht Schrecken und Schauder überfällt, weil wir die Erde ausgebeutet und die Menschen missachtet haben.

Vielmehr soll uns Freude erfüllen, dass unsere besten Träume und Visionen, dass das Gute, das wir immer vor Augen hatten
und für das wir uns eingesetzt haben,
dann Wirklichkeit ist.

So erwarten wir nicht das Ende, sondern wir erwarten das Leben im Licht Gottes, in dem wir sein dürfen für immer und ewig.

02. November 2015: Allerseelen

Liebe Schwestern und Brüder,
die Verstorbenen sind in unserem Bewusstsein und in unserer Erinnerung:
Es gibt so viele gemeinsame Erlebnisse, so viele Erinnerungen:

da sind die alten Zeiten: nahe am Anfang – als man noch viel jünger war.
wir erinnern uns an manches gemeinsame Erlebnis, an überwundene Schwierigkeiten.

Da ist die Erinnerung an die Wochen und Monate am Ende des Lebens.
Im Lauf der Zeit hat sich vieles geändert. Aber die Verbindung blieb, der Zusammenhalt, die Gemeinschaft.

Das alles gehört für immer zum Schatz unserer Erfahrung.
Das alles hat dazu beigetragen, dass die geworden sind, die wir jetzt sind.
Dafür sind wir dankbar – und gleichzeitig bedauern wir vielleicht manches:
Das hätte besser sein und werden können.

So ist es doch auch für die Verstorbenen:
alles, was sie mit uns und vielen anderen Menschen erlebt haben, lies sie zu den Menschen werden, die wir geliebt haben und mit denen wir so verbunden sind. Das ist Teil ihrer Persönlichkeit.

Ist dies alles verschwunden, als sei verstorben sind?
Bleibt davon nichts als unsere immer blasser werdende Erinnerung?

Wollen wir, wünschen wir uns, dass es nach dem Tod weitergeht?
Wünschen wir uns, dass unsere Verstorbenen leben?
Wünschen wir uns ein Weiterleben nach dem Tod?

Vielleicht denkt mancher: dann geht die Mühsal ja immer weiter.
Darf es nicht mal zu Ende sein?
Viele können es sich einfach nicht vorstellen, wie es mit uns weitergehen könnte, wenn wir einmal gestorben sein werden.

Andere wiederum träumen von der Seligkeit im Himmel, die sie sozusagen entschädigt für all die Widerwärtigkeiten, die sie auf der Erde ertragen mussten.

Wünschen wir uns ein Weiterleben nach dem Tod? Ist es ein Trost für die, die auf der Erde zurückbleiben? Ist es eine Hoffnung für die Lebenden!

Liebe Schwestern und Brüder, ich stelle mir gerne vor, dass es meinen lieben Verstorbenen gut geht, dass sie Frieden haben, dass sie nichts mehr belastet, dass sie keine Sorgen haben, dass sie glücklich sind – für immer und ewig. Ich wünsche ihnen das vollkommene Glück – also wünsche ich Ihnen, dass sie leben im Himmel Gottes.

Und ich darf hoffen, dass dieser Wunsch nicht nur eine schöne Idee ist, ein Gedanke, sondern, dass sie wirklich leben:
Weil: der, der diese Erde und das Weltall mit all seinen Galaxien im Dasein hält, er ist es, von dem wir das Leben haben – sein Geist ist in uns, sonst würden wir nicht leben können. Und Gottes Geist ist unsterblich, ewig.

Das ist für mich ein Grund, um auf das vollkommene Glück für die Verstorbenen zu hoffen: Weil ihr Ursprung in Gott ist, ist er auch das Ziel, zu dem wir zurückkehren. Weil wir von Gott ausgehen, kehren wir auch zu ihm zurück.

Es geht deshalb – so glaube ich – im Himmel nicht um Belohnung und Strafe, um Entschädigung und Ausgleich.
Es geht um Heimkehr, um Heilung und Erfüllung, um Anerkennung und Vollendung.

Beim Begräbnis beten wir deshalb am Grab:
Gott vollende an dir, was er in der Taufe begonnen hat.
Wir dürften auch sagen: Was er begonnen hat, also du zu leben begonnen hast im Mutterleib.

Liebe Schwestern und Brüder,
ich glaube, dass Gott unsere Verstorbenen und alle, die sich nach dem Leben sehnen, vollenden wird und dass wir in Gott alle Anteil haben an seiner Fülle und an seiner Herrlichkeit.

01. November 2015: Allerheiligen

Hier geht es zu den liturgischen Texten: Schott

Liebe Schwestern und Brüder!
Ihnen gehört das Himmelreich! – verspricht Jesus
Sie erben das Land!
Sie werden satt!
Sie finden Erbarmen!
Sie werden Gott schauen!
Sie werden Söhne und Töchter Gottes genannt!
Euer Lohn im Himmel wird groß sein!

Das alles verheißt Jesus denen, die ihm zuhören.

In zweifacher Hinsicht könnte man die Seligpreisungen missverstehen und den Sinner der Worte verdrehen.

Die erste Irreführung wäre es, wenn man Jesus so deuten würde:
Das alles bekommst du aber nur, wenn du nachweisen kannst, dass du arm warst, dass du Frieden gestiftet hast, dass du keine Gewalt gebraucht hast, dass du hungern musstest, nach der Gerechtigkeit!

Dann wären es keine Versprechungen, keine Verheißungen,
sondern Bedingungen: Leistung gegen Belohnung!

Die zweite falsche Deutung wäre, Jesu Worte so zu deuten:
Wer arm ist, wer hungert und dürstet, wer unterdrückt wird und misshandelt wird, der soll das ertragen und annehmen ohne zu klagen und ohne es ändern zu wollen ‑ dafür wird er im Himmel entschädigt werden.

Jesus will nie und nimmer dass irgendein Mensch erniedrigt und klein gehalten wird. Die Verheißung der himmlischen Seligkeit soll die Menschen nicht zu Passivität und Schicksalsergebenheit verführen – nur damit die reichen und Mächtigen und Gewalttätigen, die Egoisten, die Raffer und Geizhälse unbesorgt ihre Macht und ihren Reichtum und ihre Privilegien erweitern können.

Sehr wohl aber macht Jesus den Menschen Mut: jede mitmenschliche Regung, kein Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit ist umsonst und vergeblich – sondern jede Mit-Menschlichkeit wird von Gott gesehen und anerkannt und führt den Menschen in die Seligkeit des Himmels.

Selig werden wir nicht erst im Jenseits:
Menschen, die diese Werte des Himmels leben und nach ihnen handeln, haben jetzt schon Anteil am Himmel, an der Seligkeit des Himmels –
hier in diesem Erdenleben.

Dieses Glück, diese Seligkeit kann einem niemand rauben und zerstören:
Die Seligkeit, die darin liegt, das Gute zu sehen und zu tun.

Heute an Allerheiligen ehren wir alle die Menschen und Christen, die in ihrem Leben der Gerechtigkeit aufgeholfen haben, die ausgeglichen haben zwischen Streitenden, die lieber Gewalt ertrugen, als Gewalt zu üben.

Wir danken Gott für all diese Menschen, die auf Gottes Stimme in ihrem Herzen gehört haben.

Alle diese Heiligen, die niemals zur Ehre der Altäre erhoben worden sind, machen uns Mut, dass wir der Verheißung glauben:
Selig seid ihr! (Präsens.)
dass keine Liebe vergeblich gewesen sein wird, die wir anderen schenkten.

Dies alles wird bei uns bleiben, wenn wir als Gottes Kinder offenbar werden, die auf der Erde schon nach himmlischen Maßstäben handelten.