10. Februar 2016: Aschermittwoch

Hier geht es zu den liturgischen Texten: Schott

Liebe Schwestern und Brüder,
eindringliche Worte richtet Paulus an die Christen in der Weltstadt Korinth:
Lass euch mit Gott versöhnen!
Er hat Jesus, der keine Sünde kannte, für uns zur Sünde gemacht.

Wie können wir dies verstehen: Paulus – Apostel Jesu Christi – bezeichnet Jesus als fleischgewordene Sünde?
Jedenfalls wurde Jesus wegen Gotteslästerung verurteilt, weil er sich herausnahm den Sündern zu sagen: Deine Sünden sind dir von Gott vergeben!
Jedenfalls starb Jesus den Tod eines Sünders: Denn der Foltertod am Kreuz galt als Zeichen dafür, dass der Bestrafte von Gott verflucht sei.

Das meint Paulus wohl, wenn er sagt: Gott hat Jesus zur Sünde gemacht.
Dass Paulus Jesus nicht für einen Sünder hält, bekennt er im Voraus und sagt, dass Jesus keine Sünde kannte.

Paulus wirbt inständig um unseren Glauben und sagt:
Nehmt das Versöhnungsangebot Gottes an.  Weist es nicht zurück.
Christus, der von Gott gesandt ist, hat dafür sein Leben gegeben.

Aber: Ist uns der Gedanke nicht fern, dass wir vor Gott in der Schuld stehen?
Kennen wir ein schlechtes Gewissen gegenüber unserem Gott?

Seit langem wird Gottes vergebende Liebe, seine Barmherzigkeit, in den Vordergrund gestellt. Können sie sich an eine Predigt erinnern, die vor der Strafe Gottes für unsere Sünden warnt?

Wenn man aber keine Strafe Gottes befürchten muss – warum soll man dann Versöhnung mit Gott nötig haben? Wenn man den Zorn Gottes nicht fürchten muss, warum soll man dann fasten und sich Asche auf den Kopf streuen lassen, um Buße zu tun und Gott zu besänftigen?

Wenn man aber weder den Zorn, noch die Strafe, noch das Urteil Gottes fürchten muss – was hat Gott einem dann zu sagen?
Gibt es Gebote Gottes überhaupt? Muss man auf sie hören?
Muss man Buße tun, also umkehren, um Versöhnung mit Gott zu erlangen?

Wenn wir so fragen, hängen wir an einem vorchristlichen Gottesbild.
Wir stellen uns Gott vor als Autorität, als Macht, als Herr, der urteilt und bestraft wie wir das von der staatlichen Gewalt kennen und verlangen.
Wir denken ihn dann in unseren innerweltlichen Vorstellungen und Kategorien und weigern uns, ihn anders und neu zu denken, ihn so zu denken, wie Jesus ihn gedacht und geglaubt und verkündet hat.

Wir Menschen haben den Drang in uns, dass wir uns anstrengen, um unsere Ziele zu erreichen. Wir wollen uns verdienen, dass wir Gott gefallen: wir wollen gute Werke  vorweisen können,
wir wollen, dass in der Lebenswaage mehr gut als böse Taten sind, so dass wir mit Gottes Gnade rechnen können,
wenn wir gegen die Regeln verstoßen haben, wollen wir das durch selbst auferlegte Buße wieder bereinigen können.

Wir wollen uns Gottes Gunst verdienen und uns selbst erlösen.

Jesus aber verkündet etwas anderes: Gottes Gnade ist all dem Voraus.
Wir können und brauchen vor Gott nichts zu verdienen.
Vielmehr ist Gottes Zuneigung zu uns, seine Sympathie für uns vor allem, was wir tun können.

Buße tun – gewinnt dadurch für uns einen ganz neuen Sinn:
Es geht nicht darum, Gott gnädig zu stimmen, indem wir uns selbst bestrafen für das Böse, das wir tun und für das Gute, das wir nicht tun –
Es geht vielmehr darum, umzudenken:
So wie Gott uns das Leben schenkt, wollen wir Leben schenken,
so wie Gott zu uns steht, wollen wir zum anderen stehen;
so wie Gott sein Leben uns mitteilt, wollen wir unser Leben mit anderen teilen – unsere Kräfte und auch unseren Besitz.

Lassen wir uns durch Jesus mit Gott versöhnen, indem wir an ihn glauben, der uns Gottes Güte zugewandt hat. So kommt Frieden in unsere Seele und in unseren Geist – und so werden wir Frieden bringen –
Genau das ist unser Auftrag. Und vor Gottes Angesicht wird uns klar werden, wie groß der Friede ist, der von Gott ausgeht.