Liebe Schwestern und Brüder,
Im Buch Ezechiel hören wir prophetische Worte:
Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.
Ich nehme das Herz von Stein aus eurer Brust
und gebe euch ein Herz aus Fleisch.
Ich lege meinen Geist in euch und bewirke,
dass ihr meinen Gesetzen folgt
und auf meine Gebote achtet und sie erfüllt.
Dann werdet ihr in dem Land wohnen, das ich euren Vätern gab.
Ihr werdet mein Volk sein und ich werde euer Gott sein.
Liebe Schwestern und Brüder,
das sind Verheißungsworte, Worte voller Hoffnung auf Veränderung,
Dass Friede sein wird und Gerechtigkeit und dass die Völker der Erde erkennen werden, dass Jahwe, der Gott Israels, der Herr ist.
Die Völker werden, so deute ich das, erkennen, dass alle Geschöpfe dieser Erde zusammengehören, weil sie alle durch Gottes Wort ins Leben gerufen wurden, wie es der Schöpfungslobpreis im Buch Genesis so anschaulich besingt.
Wenn die Völker das erkennen, dann hören sie auf, gegeneinander Krieg zu führen. Vielmehr werden sie einander beistehen und miteinander teilen, damit niemand Not leiden muss. Dann haben sie ein Herz nicht mehr aus Stein, sondern aus Fleisch.
Dann verwirklicht der Mensch, was er ist: Der ist Mensch ist Gottes Abbild, in dem Gott sich selbst wieder erkennt. Und Gottes Wesen ist es, sein Leben mit-zu-teilen.
Genau das ist die Glaubenserkenntnis des Schöpfungsliedes: das ganze Universum existiert, weil Gott darin sein Leben mitteilt.
Auch wenn sich in der Bibel viele Sätze und Gedanken finden, die Israel, das Volk Gottes, in Konkurrenz sehen mit anderen Völkern.
Manchmal erscheint ihre Vernichtung in den Schriften der Bibel sogar als Gottes Gebot oder als Gottes rettende Tat.
Doch von Anfang an gibt es auch diesen anderen roten Faden:
Durch Abraham und seine Nachkommen sollen alle Geschlechter der Erde Segen erlangen.
Die Propheten künden an: Alle Völker der Erde kommen nach Zion, um vom einzigen Gott Weisung zu empfangen.
Dieser rote Faden, dass der einzige Gott allen Menschen aus allen Völkern Heil schenkt führt hin zu Jesus von Nazaret. Er verkündete: Das Reich Gottes ist euch nahe! – nicht nur den Juden, sondern jedem Menschen.
Er sprach von der Großzügigkeit Gottes und von seiner Barmherzigkeit in all den Gleichnissen und in der Zuwendung zu den Kranken und Armen und Niedrigen.
Jesus lehrte die Menschen, Gott als Vater anzusprechen;
Denn wie ein Vater und eine Mutter das Leben ihren Kindern mitteilen. so teilt Gott sein Leben mit uns. Gott teilt sein Leben mit – also unvergängliches, ewiges Leben.
Deshalb verkündete Jesus die Auferstehung und das ewige Leben in Gottes Herrlichkeit. Deshalb feiern wir die Auferstehung Jesu.
Es konnte gar nicht anders sein: die Frauen, die Jünger, sie mussten erkennen: Jesus ist nicht im Grab. Denn das, was wir als Tod erfahren, als Verlöschen des Lebens, ist in Wahrheit der Übergang in das neue Leben in Gottes Herrlichkeit – jedenfalls, wenn wir ernst nehmen und glauben, was Jesus verkündet hat und was sich in der Bibel von Anfang an andeutet und immer deutlicher wird, bis hin zu Jesus und seiner Botschaft von Versöhnung und Frieden.
Gott teilt sein Leben mit – an alles, was es gibt und gab – in allem ist deshalb sein unvergänglicher Geist.
Darum ist Ostern ein Fest der ganzen Menschheit, ein Fest der ganzen Schöpfung. Ostern ist das Fest des Lebens.
Der Osterglaube, der Glaube an Auferstehung und ewiges Leben weckt eine neue Gewissheit und Zuversicht.
Solange die Menschen auch in der Dunkelheit verharren mögen, solange sie auch meinen, sie müssten mit Gewalt und Krieg einander etwas wegnehmen. Es mag sein, dass die Menschen nicht aufhören einander auszunützen und zu übervorteilen.
In all dem drückt sich aus, dass sie noch nicht erkannt haben, wer Gott wirklich ist: Der, der sein Leben mitteilt für die Ewigkeit.
Doch weil Gott sein Leben mitteilt und weil dies sein Wesen ist, ist die Zukunft des Alls nicht sein Untergang und die Zukunft jedes einzelnen von uns Menschen ist nicht der Tod, sondern das Leben in Gottes Licht und Herrlichkeit.
Deshalb dürfen wir heute Nacht jubeln und singen:
Halleluja, Jesus lebt und mit ihm auch du und ich. Halleluja.
Lasst uns Jesu Werk weiterführen, lasst uns Versöhnung bringen und Frieden. Amen.
Liebe Schwestern und Brüder!
Wir feiern Gedenktage von Ereignissen, die für uns bedeutsam und wichtig bleiben – durch die Jahre hindurch: Geburtstag, Hochzeitstag, Weihetag.
Durch die Erinnerung wird das gegenwärtig, was vor Zeiten geschah und entfaltet seine Kraft und Wirksamkeit.
So feiern wir jetzt Die Heiligen Drei Tage: Wir erinnern uns an unsere Erlösung durch Jesus Christus, durch den Gott mit uns den neuen und ewigen Bund geschlossen hat: den Bund des Lebens und der unwiderruflichen Liebe Gottes zu uns Menschen.
Hinführung zu den Lesungen
Die Lesungen sprechen vom Bund Gottes mit seinem Volk: dem Volk Israel, das der Knechtschaft in Ägypten entkommt – mit denen, die an Christus glauben und auf ihn hören.
Doch die Erkenntnis Gottes und die Selbstoffenbarung Gottes entwickeln sich weiter: Israel meinte Gott danken zu müssen, für das Verderben, das den Ägyptern widerfuhr, damit sie in die Freiheit ziehen konnten.
Wir danken Gott für Jesus, der sich selbst dem Urteil der Menschen unterwarf, um uns zu gewinnen für den Neuen Bund, der Versöhnung.
Lesung: Ex 12
Lesung: 1 Kor
Ansprache: Liebe Schwestern, liebe Brüder!
Abschied nehmen ist eine schwierige Aufgabe:
Manchmal können sich Sterbende von ihren Angehörigen verabschieden.Junge Erwachsene gehen für Monate ins Ausland.
Man wechselt nach vielen Jahren die Arbeitsstelle und geht ganz woanders hin.
Abschied nehmen ist schwer. Wie soll man den Abschied gestalten?
Jesus nahm Abschied von seinen Jüngern in einem Mahl und er hat diesen Abschied gestaltet. Er wusch den Jüngern die Füße und er gab ihnen Brot und sagte:
Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird.
Man könnte weinen, wenn man sich in die Situation hineinversetzt.
Bischöfe und viele Pfarrer vollziehen in dieser Messe am Gründonnerstag die Fußwaschung als besonderes Zeichen, das diesen Tag und diese Feier prägt.
Sollten wir es in Herz Jesu auch einführen?
Ich könnte es tun: Weil es mir nichts ausmachen würde, sondern ganz im Gegenteil habe ich Freude an solchen ausdrucksstarken Gesten.
Es wäre auch sinnenfällig:
In diesem Tun würde anschaulich, wie Jesus sich zu seinen Jüngern verhalten hat. Er ist nicht gekommen, um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen.
Ich sollte es vielleicht tun: weil es ein alter Brauch ist und weil es zur Liturgie des Gründonnerstags gehört.
Doch fürchte ich, dass dieser Ritus nicht genügend Kraft entfalten würde, weil es eben nicht das gleiche ist wie damals, als Jesus den Jüngern die schmutzigen Füße gewaschen hat.
Es würde etwas wesentliches Fehlen: die zwischenmenschliche Bedeutung, das wirkliche. Denn es wären – wahrscheinlich frisch gepflegte Füße in frischen Socken und sauber geputzten Schuhen.
Schwestern und Brüder,
diese Befürchtung beschleicht mich, wegen der Erfahrung mit all unseren Messfeiern: Oft sind wir durch die Messfeier nicht so erfüllt;
viele sagen deshalb: die Messe bringt mir nichts.
Manchmal mag es uns gehen wie dem jungen Mann, der am Ende der Messe nicht sagt: Dank sei Gott – für das, was er mir jetzt geschenkt hat, sondern vor sich hinmurmelt: Gott sei Dank, dass es wieder aus ist.
Was ist der Grund für dieses Gefühl, dass die Messe eine Pflicht ist, die bestenfalls leichter abzuleisten ist, wenn die Lieder gefallen und die Predigt nicht allzu verschroben oder sogar ein wenig interessant ist?
Die Messe ist – sie muss es sein – aber sie ist es viel zu sehr:
Sie ist ein Ritus, ein Ablauf, der von einem Hauptakteur, dem Priester vollzogen wird – ein paar dürfen ihn unterstützen: sie sind bereit Texte aus der Bibel zu lesen, zu singen, Brot und Wein zu bringen.
Die meisten aber, die zur Messe kommen, schauen zu, sollen Antworten geben, mitsingen, gemeinsam beten und zuhören – das war’s.
Ein Konzert, ein Sportereignis, eine Theateraufführung weckt mehr Emotionen und bringt den Besuchern ein stärkeres Erleben.
Was in unseren Messfeiern verstärkt werden müsste, ist das Vertrauliche, das Intime, das Besondere, das die ersten Jünger erlebten, wenn sie in ihren Häusern das Brot brachen, wie sie sagten. Wir sollten miteinander überlegen, wie wir das verbessern können.
Schwestern und Brüder, das Konzil wünschte, dass die Gläubigen aktiv an der Eucharistiefeier teilnehmen können. Dabei sollte es um mehr gehen als um liturgische Dienste. Es geht um die innere Anteilnahme, die aber durch die Gestalt der Feier gefördert und ermöglicht werden müsste.
Wir sollten stärker Gemeinschaft erleben können: Gemeinschaft von Menschen, die innerlich von Jesus und seiner Botschaft berührt sind.
Der Glaube an Jesus verbindet uns stärker als Musik und Sport.
Wir sind die, die miteinander auf dem Weg sind, um einander und anderen Menschen, die Füße zu waschen – ihnen zu dienen. Wir sind hier als Menschen, die sich von Jesus die Füße waschen lassen – die von ihm Versöhnung und Hoffnung – den Frieden – erhalten.
Denn seine Liebe, die wir in der Gemeinschaft spüren möchten, verändert uns: sie umfängt uns auch mit unserem Versagen gegenüber anderen;
sie befreit uns von feindseligen und boshaften Gedanken, sie spornt uns an, dass wir hilfreiche Menschen sind und aufmerksam dafür, was andere Gutes tun, wie andere sich einsetzen und bemühen.
Schwestern und Brüder, wir alle – egal welche Aufgabe wir im Gottesdienst haben – wir alle sind zutiefst verbunden, weil wir uns von Jesus die Füße waschen lassen und weil er uns verwandelt:
damit auch wir so handeln, wie er an uns gehandelt hat.
Nach der Übertragung des Allerheiligsten:
Aus dem hl. Evangelium nach Lukas (22,39-46)
Dann verließ Jesus die Stadt und ging, wie er es gewohnt war, zum Ölberg; seine Jünger folgten ihm. Als er dort war, sagte er zu ihnen:Betet darum, dass ihr nicht in Versuchung geratet!
Dann entfernte er sich von ihnen ungefähr einen Steinwurf weit, kniete nieder und betete:
Vater, wenn du willst, nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht mein, sondern dein Wille soll geschehen.
Da erschien ihm ein Engel vom Himmel und gab ihm (neue) Kraft.
Und er betete in seiner Angst noch inständiger, und sein Schweiß war wie Blut, das auf die Erde tropfte.
Nach dem Gebet stand er auf, ging zu den Jüngern zurück und fand sie schlafend; denn sie waren vor Kummer erschöpft.
Da sagte er zu ihnen: Wie könnt ihr schlafen? Steht auf und betet, damit ihr nicht in Versuchung geratet.
Einführung
Man könnte die Botschaft Jesu auch als Botschaft der Versöhnung bezeichnen. Denn Jesu Leben und Jesu Gleichnisse, sein ganzes Handeln ist auf Versöhnung ausgerichtet:
Dass Gott sich mit uns versöhnt. Dass er sich uns zuwendet.
Dass er nicht herrschen und richten und verurteilen will,
sondern dass er befreit – von Schuld und schlechtem Gewissen,
von Krankheit und Schmerz – von Angst und Verzweiflung.
Gebet Unser Vater im Himmel, durch deine Gnade dürfen wir leben.
Du hast uns in der Taufe als Deine Kinder angenommen.
Doch unser Vertrauen ist gering und unsere Liebe oft schwach.
Unser Gewissen klagt uns an.
Rede uns nun zu Herzen, tröste, ermahne und ermutige uns.
Darum bitten wir durch Jesus Christus
Verkündigung
Jesaja 49,14-16
Doch Zion sagt: Der Herr hat mich verlassen, Gott hat mich vergessen.
Kann denn eine Frau ihr Kindlein vergessen,
eine Mutter ihren leiblichen Sohn?
Und selbst wenn sie ihn vergessen würde: ich vergesse dich nicht.
Sieh her: Ich habe dich eingezeichnet in meine Hände.
Hosea 11,3-4.8-9
Ich war es, der Efraim gehen lehrte, ich nahm ihn auf meine Arme.
Sie aber haben nicht erkannt, dass ich sie heilen wollte.
Mit menschlichen Fesseln zog ich sie an mich, mit den Ketten der Liebe.
Ich war da für sie wie die Eltern, die den Säugling an ihre Wangen heben.
Ich neigte mich ihm zu und gab ihm zu essen.
Wie könnte ich dich preisgeben, Efraim, wie dich aufgeben, Israel?
Wie könnte ich dich preisgeben …
Mein Herz wendet sich gegen mich, mein Mitleid lodert auf.
Ich will meinen glühenden Zorn nicht vollstrecken
und Efraim nicht noch einmal vernichten.
Denn ich bin Gott, nicht ein Mensch,
der Heilige in deiner Mitte.
Darum komme ich nicht in der Hitze des Zorns.
Antwortpsalm 103,1-13 GL 57
Der Herr ist barmherzig, langmütig und reich an Güte
Ansprache: Liebe Schwestern und Brüder,
Der Herr ist barmherzig, langmütig und reich an Güte –
erspüren wir, die Tragweite, die heilsame Milde in diesem Bekenntnis!
Es ist uns vielleicht so selbstverständlich, dass unsere Seele darauf gar nicht mehr reagiert. Als ob unser Gehirn antworten würde: „Das weiß ich schon, das ist ja klar – was sonst sollte man von Gott sagen!“
Auch das ist ein großer Schatz, wenn es uns so bewusst ist, dass Barmherzigkeit, Geduld und Güte die vorwiegenden Eigenschaften Gottes sind.
Hoffentlich vergessen wir darüber nicht, dass wir die Barmherzigkeit, die Langmut und die Güte Gottes nötig haben!
Denn Gott ist der Herr des Himmels und der Erde.
Er ist der Gott unseres Lebens. Wie dem Abraham gilt auch uns die Weisung: „Geh deinen Weg vor mir und sei rechtschaffen!“
Mit meinen Worten ausgedrückt:
Sei gerecht, achte deinen Mitmenschen, sei gut, nimm den anderen und sein Wohlergehen genauso wichtig, wie dein eigenes; sei ein guter Mensch, lebe als Abbild Gottes.
Gott ist es also, vor dessen Angesicht wir leben und vor ihm entscheidet sich, ob wir rechtschaffen vor Gott gelebt haben.
Überlegen wir tatsächlich bei dem, was wir tun und reden, ob es rechtschaffen ist in den Augen Gottes?
Dazu kommt ein zweites:
Sind wir uns bewusst, dass wir den Mitmenschen manchmal so behandeln, als ob wir nicht an Gott glauben würden:
Sind wir uns bewusst, dass wir Gutes unterlassen und Böses tun?
Das sind zwei Grundlinien unseres Lebens:
1. Gott ist es, vor dem sich entscheidet, was in unserem Leben rechtschaffen war und was nicht.
2. Wir handeln ohne an Gott zu denken und sind immer wieder böse mit unseren Mitmenschen und auch mit uns selbst.
Wenn wir uns diese beiden Grundlinien vergegenwärtigen, gewinnt das Bekenntnis im Psalm 103 die richtige Strahlkraft: Der Herr ist barmherzig, langmütig und reich an Güte.
Dann sagt unser Gehirn nicht mehr: Das weiß ich schon, das ist ja klar.
Sondern unser Herz sagt: So ein Glück. Danke. Danke. Gott sei Dank!
Und zugleich wächst in uns der Wille, dass wir Gottes Barmherzigkeit möglichst wenig in Anspruch nehmen. In uns wächst der Wille, wirklich rechtschaffen zu leben vor Gott.
Deshalb nehmen wir uns Zeit, über uns nachzudenken:
Wir bedenken, ob wir vom Weg abgewichen sind, ob wir statt rechtschaffen ungerecht handelten;
wir betrachten unser Leben und machen uns bewusst, vor welchen Herausforderungen wir stehen.
Wir wollen vor Gottes Angesicht erkennen, wie wir rechtschaffen handeln können.
In gewisser Weise versuchen wir gegenüber Gott in eine kindliche Haltung zu kommen – nicht kindisch, sondern kindlich.
Die Lesungen aus Jesaja und Hosea sprächen von der mütterlichen und zärtlichen Zuneigung Gottes zu uns.
Wie bei Kindern soll es unser ureigenster Antrieb sein, dass wir Gott gefallen wollen, indem wir das tun, was er uns befiehlt.
Zur Selbstbesinnung und Gewissenserforschung leitet uns heute die Geschichte vom barmherzigen Vater an.
Sie ist in vier Abschnitte unterteilt. Jeder Abschnitt bietet Impulse zur Besinnung und Gewissenerforschung.
Bitten wir zuerst um die Gabe des Geistes, dass wir uns selbst erkennen;
dass er unser Herz ergreift, so dass wir uns verändern können.
VersSende aus deinen Geist (Pfarrer und Gemeinde a capella)
Gewissenserforschung nach Lk 15,11
Mein Vermögen:
Weiter sagte Jesus: Ein Mann hatte zwei Söhne. Der jüngere von ihnen sagte zu seinem Vater: Vater, gib mir das Erbteil, das mir zusteht. Da teilte der Vater das Vermögen auf.
Nach wenigen Tagen packte der jüngere Sohn alles zusammen und zog in ein fernes Land. Dort führte er ein zügelloses Leben und verschleuderte sein Vermögen.
Was hat den Sohn angetrieben?
Überdruss an dem konventionellen Leben und überkommenen Regeln;
Wollte er Freiheit erleben;
Was engt mich ein? Was möchte ich am liebsten hinter mir lassen?
Verschleudere ich meine Talente, indem ich sie vergrabe oder verschleudere? Meine Fähigkeiten, mein Geld.
Verweigere ich mich der Verantwortung für mich selbst
und für andere?
Lebe ich vorwiegend für mich selbst oder verstehe ich mein Leben als Leben für andere?
2 Minuten Orgelspiel
Kyrie Ruf GL 157
Sich besinnen:
Als er alles durchgebracht hatte, kam eine große Hungersnot über das Land und es ging ihm sehr schlecht. Da ging er zu einem Bürger des Landes und drängte sich ihm auf; der schickte ihn aufs Feld zum Schweinehüten. Er hätte gern seinen Hunger mit den Futterschoten gestillt, die die Schweine fraßen; aber niemand gab ihm davon.
Da ging er in sich und sagte: Wie viele Tagelöhner meines Vaters haben mehr als genug zu essen und ich komme hier vor Hunger um. Ich will aufbrechen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt.
Ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein; mach mich zu einem deiner Tagelöhner.
Der jüngere Sohn gerät in Not. Er kommt zur Besinnung. Er findet Mut zu einem schweren Schritt.
Was sind meine Nöte? Was habe ich verloren?
Das Vertrauen zu den Mitmenschen?
Das Vertrauen in meine eigenen Kräfte?
Welche Fehler erkenne ich bei mir selbst?
Gegen wen habe ich mich versündigt?
Wen habe ich enttäuscht?
Habe ich mich gegen Gott versündigt?
Was müsste ich tun, um etwas zu ändern?
Kann ich für meine Fehler um Verzeihung bitten?
2 Minuten Orgelspiel
O Herr aus tiefer Klage GL 271,1+2
Die Heimkehr
Dann brach er auf und ging zu seinem Vater. Der Vater sah ihn schon von weitem kommen und er hatte Mitleid mit ihm. Er lief dem Sohn entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn.
Da sagte der Sohn: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt; ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein.
Der Vater aber sagte zu seinen Knechten: Holt schnell das beste Gewand und zieht es ihm an, steckt ihm einen Ring an die Hand und zieht ihm Schuhe an. Bringt das Mastkalb her und schlachtet es; wir wollen essen und fröhlich sein. Denn mein Sohn war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden. Und sie begannen, ein fröhliches Fest zu feiern.
Der Vater bleibt immer Vater. Und sein Sohn bleibt immer sein Sohn, den er liebt. Er ist barmherzig. Er wirft ihm nichts vor.
Er will ihn nicht strafen. Er freut sich über seine Rückkehr,
die nicht nur körperlich ist,
sondern eine Rückkehr zu dem Leben, das der Vater ihm lehrte.
Gegen wen habe ich Groll in meinem Herzen?
Wer hat mich enttäuscht?
Wer hat mich um Verzeihung gebeten?
Kann ich verzeihen?
Kenne ich die Freude des barmherzigen Vaters?
2 Minuten Orgelspiel
O Herr aus tiefer Klage GL 271,3+4
Die Einladung an den älteren Sohn
Sein älterer Sohn war unterdessen auf dem Feld. Als er heimging und in die Nähe des Hauses kam, hörte er Musik und Tanz. Da rief er einen der Knechte und fragte, was das bedeuten solle. Der Knecht antwortete: Dein Bruder ist gekommen und dein Vater hat das Mastkalb schlachten lassen, weil er ihn heil und gesund wiederbekommen hat. Da wurde er zornig und wollte nicht hineingehen.
Sein Vater aber kam heraus und redete ihm gut zu.
Doch er erwiderte dem Vater: So viele Jahre schon diene ich dir. Nie habe ich gegen deinen Willen gehandelt; mir aber hast du nie auch nur einen Ziegenbock geschenkt, damit ich mit meinen Freunden ein Fest feiern konnte. Kaum aber ist der hier gekommen, dein Sohn, der dein Vermögen mit Dirnen durchgebracht hat, da hast du für ihn das Mastkalb geschlachtet.
Der Vater antwortete ihm: Mein Kind, du bist immer bei mir, und alles, was mein ist, ist auch dein. Aber jetzt müssen wir uns doch freuen und ein Fest feiern; denn dein Bruder war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden.
Es ist schwer für den älteren Sohn: Er hat immer gehorcht. Er ist ein guter Sohn. Er will seinem Vater folgen und nachfolgen. Die Freude des Vaters über die Rückkehr des Bruders schmerzt ihn. Über ihn hat sich der Vater –scheint ihm – noch nie so gefreut.
Worauf bin ich stolz? Was erachte ich als meinen persönlichen und moralischen Verdienst?
Fühle ich mich genügend beachtet oder bin ich benachteiligt und werden meine Leistungen zu wenig gewürdigt?
Bin ich eifersüchtig? Auf wen? Wofür?
Geht es mir bei meinem Handeln um das Gute, das ich tun möchte oder um die Anerkennung, die ich erhoffe?
Kann ich Menschen Vertrauen schenken, die mich schon einmal enttäuscht haben? Wodurch wird das möglich?
2 Minuten Orgelspiel
Kyrie Ruf GL 157
VERSÖHNUNG
Bitte um Vergebung
Wir haben über uns und unser Leben nachgedacht.
Manches, was wir getan oder nicht getan haben, bedauern wir oder bereuen wir sogar.
Manches wollen wir besser machen, in Ordnung bringen.
Manches können wir nicht anders machen, obwohl es nicht gut ist:
vielleicht haben wir nicht genügend Mut oder Kraft oder es gibt zu große Hindernisse.
So beten wir:
Herr, wir bekennen vor dir unsere Schuld:
Wir haben manchmal so gelebt, als ob wir dich nicht lieben würden.
Wir haben den Mitmenschen, unseren Nächsten, nicht geliebt,
sondern waren ihm gegenüber hart, unaufmerksam, unbarmherzig,
verschlossen und gleichgültig, deshalb sprechen wir:
Das Schuldbekenntnis: „Ich bekenne ….“
Vergebunsbitte Gott, unser Vater, sei uns gnädig.
Er verzeihe uns unsere Sünden.
Er stärke uns im Guten.
Er mehre unser Vertrauen.
Er erwecke in uns immer wieder die Liebe zueinander
und zu ihm, unserem Schöpfer und Retter. Amen
So singen und danken wir unserem Gott
Lied: Nun saget Dank und lobt den Herren GL 269/1
Abschluss Gott vergibt uns und nimmt uns an als seine geliebten Kinder,
sein Volk, das er sich erworben hat durch die Hingabe seines Sohnes Jesus Christus.
Er schenkt uns seinen Frieden, der uns untereinander verbindet.
Lasst uns nun beten, wie der Herr es gelehrt hat.
Vater unser
Segensgebet
Der HERR, erfülle euch mit seiner Kraft,
auf dass Ihr in Gelassenheit ertragt,
was er euch zumutet und auferlegt;
ER erfülle euch mit seiner Liebe,
auf dass ihr sie an die weitergebt,
die sich danach sehnen;
ER erfülle euch mit seiner Güte,
auf dass ihr denen Hilfe bringt, die Not leiden;
ER erfülle euch mit seiner Barmherzigkeit,
auf dass ihr sie an denen übt,
die verfolgt und rechtlos sind;
ER erfülle euch mit seinem Segen,
auf dass ihr selbst zum Segen werdet.
ER schenke euch seine Gnade,
auf dass ihr mit seiner Hilfe
ihm und den Menschen dient
und den Weg zu ihm findet.
Mit seinem Segen begleite euch
Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen.
(nach Heinz Pangels)
Orgelspiel
Unter Verwendung einer Vorlage des Deutschen Liturgischen Instituts)
Liebe Schwestern und Brüder,
eine wunderbare Geschichte – wenn es sie nicht geben würde!
Sie gehört zu unserem christlichen Glauben wie das Kreuz über dem Altar.
Diese Personen gestalten das Geschehen:
Vater – jüngerer Sohn – älterer Sohn – vergessen wir nicht die Knechte.
Da die Geschichte ein offenes Ende hat – wir wissen ja nicht, ob der ältere Sohn sich von seinem Vater umstimmen lässt – können wir zu jeder der Personen etwas sagen:
Was sagen wir zu dem jüngeren, dem Verschwender:
Das hast du davon? Jetzt musst Du sehen, wie du wieder Boden unter den Füßen bekommst – siehst du jetzt den Unrecht ein, deine Verantwortungslosigkeit?
Was sagen wir zu dem Älteren?
Sei bloß vorsichtig, dass sich der nicht auch noch dein Erbteil holt?
Lass ihn hier leben – aber zu sagen hat er nichts mehr. Er soll arbeiten wie die anderen und bekommt das gleiche wie die anderen?
Siehst du, es hat sich gelohnt, beim Vater zu bleiben:
Du bist etwas und wirst einmal alles übernehmen und dafür sorgen, dass du es deinen Sohn übergeben kannst: und noch besser, als es jetzt ist.
Was sagen wir den anderen Knechten:
Seht, so geht es einem, der immer rechtschaffen lebt. Gefeiert wird der Tunichtgut? Nehmt euch trotzdem den älteren Sohn zum Vorbild?
Was sagen wir dem Vater:
Sieh die beiden an. Du siehst, was aus dem jüngeren geworden ist.
Du solltest deinen älteren Sohn einmal richtig Anerkennung geben für seine Treue und seinen Fleiß.
Wenn du deinen jüngeren wieder aufnimmst – achte darauf, dass er in Zukunft weiß, dass er hier keine besondere Rolle mehr spielt.
So hätten wir die Absicht Jesus ins Gegenteil verkehrt.
Erinnern wir uns aber an den Anlass für diese Geschichte! Jesus und die Zöllner und die Sünder auf der einen Seite –
die Pharisäer und die Schriftgelehrten auf der anderen Seite.
Es herrscht Empörung, weil Jesus sich mit solchen Leuten umgibt.
Jesus wendet sich den Pharisäern und Schriftgelehrten zu.
Mit der Geschichte will er sie für sein Verhalten gewinnen.
Jesus gestaltet die Rollen gegen unser Empfinden von Gerechtigkeit und Nachsicht.
Er beschreibt die Freude des Vaters – diese Freude ist das Entscheidende und hat größeres Gewicht.
Diese Freude schließt niemanden aus und nimmt niemandem etwas weg: Du bist immer bei mir. Was mein ist, ist auch dein. Die ganze Liebe des Vaters zu seinem älteren Sohn ist in diesen Worten.
Vielleicht sagt uns diese Geschichte am allerbesten und deutlichsten, wie Gott ist: Voll Freude über jeden, der zu ihm findet und voll unerschöpflicher Großzügigkeit.
Dieses Gleichnis ist eine Botschaft an uns:
Schadenfreude ist keine christliche Tugend.
Rachsucht und das Bedürfnis nach Strafe ebenfalls nicht.
Diese Art der Gerechtigkeit ist nicht die Gerechtigkeit Gottes.
Gleichgültigkeit, die keinen Anteil nimmt, ist mit dem Glauben an Gott, den barmherzigen Vater nicht vereinbar.
MISEREOR die Fastenaktion der deutschen Katholiken hat sich deshalb immer mehr ein anspruchsvolles Programm gegeben:
MISEREOR will nicht nur Mehl und Wasser verteilen. MISEREOR wagt – als kirchliche Institution – den Schritt in eine politische Sicht der Dinge und das aus der Perspektive des Evangeliums:
Das Beispiel in diesem Jahr: Das Pimental in Brasilien. Gehört zum Amazonas Gebiet. Urwald. Artenvielfalt. Menschen, die bescheiden aber auskömmlich leben: Dieses Tal soll ein Staussee werden für die wachsende Industrie im Süden Brasiliens. Gefahr für die Menschen, die einfach enteignet werden. Gefahr für viele Tierarten und für das ökologische Gleichgewicht in diesem Urwald mit fast noch ungestörter Natur.
MISEREOR stellt sich an die Seite der Menschen, denen ihr Lebensraum – ohne Entschädigung genommen werden soll. Sie sollen einfach verschwinden. MISEREOR problematisiert auch die ökologischen Folgen.
Mit unserem Fastenopfer, unserer Geldspende für MISEREOR unterstützen wir eine prophetische Arbeit: Wie Jesus stellen wir uns auf die Seite derer, die an den Rand gedrängt werden, denen kein Platz zum Leben gelassen wird und die unter den ökologischen Folgen am meisten zu leiden haben werden.