26. Mai 2016: Fronleichnam

Hier geht es zu den liturgischen Texten: Schott

Liebe Schwestern, liebe Brüder,
Melchisedek – heißt auf Deutsch: mein König ist Gerechtigkeit.
Er wird als Priester des höchsten Gottes bezeichnet.
Leider wird in der Leseordnung weggelassen, wie Abraham zu Melchisedek sagte: Ich erhebe meine Hand zum Herrn, dem Höchsten Gott, dem Schöpfer des Himmels und der Erde.

Bis dahin war nur die Rede vom „Herrn“, der Abraham von seinem Vaterhaus weggerufen hatte und im neues Land und zahlreiche Nachkommenschaft verheißen hat.

Fast ist es, als ob Abraham durch Melchisedek besser verstehen lernt, wer dieser Herr ist, der ihn gerufen hat: der höchste Gott, der Schöpfer des Himmels und der Erde.

Liebe Schwestern und Brüder,
der Grund, warum die Kirche diese Episode aus dem Leben Abrahams für Fronleichnam auswählt,, liegt auf der Hand: Dass Melchisedek Brot und Wein zu Abraham herausbringt, wird als Hinweis gedeutet auf das, was Jesus Christus tat, der Brot und Wein mit den Frauen und Männern teilte, die zu seinen Jüngern, zu seinen Schülern gehörten.

Diese Worte: Das ist mein Leib für euch! Das ist der Kelch des neuen Bundes in meinem Blut
und diese Geste: das Verzehren eines Stückchens Brot und das trinken eines Schlucks Wein
Diese Handlung war und ist bis heute das Lebenselexier: Quelle und Mittelpunkt des christlichen Lebens.

Die Kraft unserer Liebe, die bereit ist, sich für den anderen aufzuopfern, wird dadurch erneuert;
die Freude über die Freiheit der Kinder Gottes, die befreit sind zur Freundschaft mit Gott und von jeder Unterwerfung unter Gesetze, wird durch diesen Wein belebt.

Alles andere, die Taufe und die Firmung, die Versöhnung mit Gott in der Lossprechung, die Ehe, die Weihe, die Krankensalbung sind bezogen auf dieses Sakrament.

Hier werden wir gestärkt und genährt.

So wertvoll eine Predigt manchmal sein kann,
so sehr einem Musik unter die Haut gehen kann,
so feierlich die Ausstrahlung eines Kirchenraumes sein mag.

Der Grund, warum wir die Messe brauchen ist,
dass wir im Evangelium die Botschaft von Jesus hören
und dass wir von dem Brot essen und von dem Kelch trinken.
Das ist das Eigentliche, das Besondere, das Bedeutende.

Die sympathische Wirkung der Leute in den Bänken, die Schönheit der Musik oder des Raumes oder die Ausstrahlung des Priesters können eine Hilfe oder auch ein Hindernis sein.

In Wahrheit aber geht es darum, dass wir Gäste sind und Gott selbst uns an seinen Tisch lädt, um uns zu stärken für ein Leben aus der Liebe.
Ein Leben, das auch schwierige Zeiten und Phasen durchsteht und bewältigt.

Liebe Schwestern und Brüder, angesichts der Beobachtung, dass über 90 % der Christen nicht die Messe feiern, könnte man sagen, sie sei offenbar doch nicht so wichtig. Diese Menschen sind ja nach wie vor Christen.

Sind sie es? Orientieren sie sich in ihrem Verhalten an Jesus Christus?
Stellen sie das eigene Wohl zugunsten anderer Menschen zurück?
Ist ihr Leben darauf ausgerichtet, dem Reich Gottes zu dienen?
Sind sie frei von den Zwängen, von den Erwartungen, von den Gesetzen, die das Leben einengen und die so viel Stress und Hektik erzeugen?

Ertränken sie nicht die tiefere Sehnsucht nach Sinn im Rausch der vielen Events, Feste, Luxusartikel und was die Wirtschaft sonst noch als glücksstiftend anpreist?

Wenn wir zur Messe kommen und Gäste sind am Tisch des Herrn, von ihm Brot und Wein empfangen, dann bleiben wir Menschen, die ihre Hände zum Höchsten Gott erheben, zum Schöpfer des Himmels und der Erde.

15. Mai 2016: Pfingsten

Hier geht es zu den liturgischen Texten: Schott

Liebe Schwestern und Brüder!
Was treibt Menschen dazu, einen Kutter zu kaufen und umzubauen und es als Rettungsschiff für Flüchtlinge in Seenot einzusetzen?

Was treibt Ärzte dazu, aus einer gesicherten Praxis in Europa wegzugehen und sich Monate in Afrika um Kranke zu kümmern und auf Einkommen zu verzichten?

Was treibt Menschen dazu, sich im Roten Kreuz zu engagieren?

Was bringt Ehepaare dazu, Kindern das Leben zu schenken?

Was bringt Forscher dazu, die Welt immer mehr zu erkunden?

Immer, wenn eine Frau, ein Mann, ein Kind sich für den anderen öffnet und seine Not teilt,
immer wenn Menschen Nähe herstellen,
immer wenn neues Leben entsteht,
wenn Trost und Geborgenheit und Barmherzigkeit das Miteinander bestimmt,

ist es der Heilige Geist, der Geist Gottes, der in den Menschen wirkt.

Wir Christen nennen die Kraft Gottes, die den Menschen zum Guten antreibt, den Heiligen Geist.

Deshalb müsste ich noch viel mehr Beispiele aufzählen. Ich tue es nicht, um sie nicht zu sehr zu ermüden.

Ich hoffe aber, dass sie durch diese einfache Überlegung alle Schwierigkeiten hinter sich lassen, sich den Heiligen Geist vorzustellen und an seine Gegenwart und Wirksamkeit zu glauben.

Leider hat der Heilige Geist in mir jede Menge Gegenspieler, die mich oft daran hindern, auf ihn zu hören und ihm zu folgen:

Bequemlichkeit, Enttäuschung, Ärger und Zorn,
Selbstsucht, Stolz und Überheblichkeit, übertriebenen Ehrgeiz und Gleichgültigkeit.

Manchmal ist es wie verhext: Enttäuschung gebiert Ärger, Ärger führt zu Gleichgültigkeit oder gar zu dem Gelüst, es dem anderen zurückzuzahlen.

So entstehen unsere Zerwürfnisse, so macht sich Traurigkeit und Ängstlichkeit breit.
Die Zuversicht, die Hoffnung, die Gemeinsamkeit werden weniger und drohen zu verschwinden.

Genauso war es bei den Freunden Jesu, die sich nach seiner Hinrichtung eingeschlossen hatten und verzweifelt waren – ohne einen Hoffnungsschimmer.

So geht es uns selbst, wenn wir meinen, dass wir alleine dastehen und daran noch dazu selber schuld sind.

Sehr oft, sogar meistens oder fast immer passiert aber etwas anderes.
So verfahren es auch aussah – es gibt wieder eine gute Erfahrung, es wächst wieder weiter oder es wächst etwas Neues.
Oft können wir selbst gar nichts dafür. Es ist unerwartet. Ein Geschenk.

Das, Schwestern und Brüder, das ist Pfingsten, wie sie alle es schon erlebt haben und immer wieder erleben.

Hören wir nicht auf, um den Heiligen Geist zu beten,

Vor allem aber:
Wir dürfen das Vertrauen auf die Kraft des Heiligen Geistes bewahren:
Er wird immer wieder dem Leben, dem Miteinander, der Versöhnung, Wege öffnen.
Gottes Geist und Kraft, der Heilige Geist hat die Kraft und die Macht.

29. Mai 2016: 9. Sonntag im Jahreskreis

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Liebe Schwestern und Brüder,
Salomo, der zweite Sohn Davids, wurde sein Nachfolger auf dem Königsthron. Er verwirklichte den Plan seines Vaters und erbaute für die Bundeslade in der die Tafeln mit den Geboten waren einen Tempel in Jerusalem.
Am Tag der Tempelweihe betete Salomo. Von diesem Gebet haben wir in der Lesung einen Ausschnitt gehört:
Herr, Gott Israels, auch Fremde, werden aus fernen Ländern kommen, weil sie von dir gehört haben und sie werden hier zu dir beten.
Höre sie und tu alles,, um was der Fremde bittet.
So werden sie an dich glauben, so wie dein Volk Israel!

Schon vier Jahrhunderte vor Christus also entwickelt sich in Israel das Bewusstsein, dass der Gott Israels der Gott aller Völker sein kann.
Dass er nicht nur dem Volk Israel, sondern Menschen aus allen Völkern Heil schenken kann und will.

Wir Christen haben uns schon lange daran gewöhnt zu denken, dass Jesus Christus gekommen ist, um alle Menschen mit Gott zu versöhnen – auch wenn in neutestamentlicher Zeit darum gerungen werden musste:

Die Szene zwischen dem römischen Hauptmann und Jesus spiegelt dies wieder: Er ist so ein Fremder, der zu Jesus kommt und ihn bittet – und Jesus erhört die Bitte. Der Frieden, den Jesus bringt, soll alle Menschen ergreifen.

Liebe Schwestern und Brüder, wie halten wir das heute?
Missionieren ist heute verpönt: Man soll nicht andere von seinem Glauben überzeugen wollen. Das gilt als anmaßend, peinlich, respektlos dem anderen gegenüber. Jeder soll unbehelligt leben können, wie er will.

Diese Reserviertheit gegenüber Missionsversuchen hat einen selbstkritischen Hintergrund: Wir wissen, wie oft mit Gewalt missioniert wurde, mit welchem Druck gesagt wurde: Nur wer an Christus glaubt, kann das Heil erlangen.

Insofern ist Zurückhaltung bei der Mission angebracht.

Nun gibt es aber auch die andere Seite: Wir Christen sind befreit von der Angst vor Gott, vom Tod, von der Sünde. Durch Jesus Christus haben wir Versöhnung empfangen. Er hat uns Frieden gebracht und die Versöhnung und das ewige Leben bei Gott oder in Gott geschenkt.

Sollen wir davon schweigen? Sollen wir daran festhalten, wie an einem Raub? Sollen wir diesen Schatz nur für uns behalten?

Ist es nicht vielmehr höchst angebracht, wie die Jünger an Pfingsten laut die Botschaft zu verkünden:
Gott schenkt Versöhnung und Frieden!
Jeder Mensch hat das Leben von ihm empfangen.
Gott schließt niemanden von seiner Liebe aus.
Das Reich Gottes ist mitten unter euch.
Die Liebe zu Gott und zum Mitmenschen zum Nächsten ist das einzige Gebot?

Liebe Schwestern und Brüder,
viele Tausend Menschen in Deutschland – d sehr viele davon motiviert aus christlichem Glauben, kümmern sich um die Flüchtlinge, die zu uns gekommen sind und noch kommen.
Damit geben sie –ohne jede Missionsabsicht – Zeugnis von der Liebe, die das Einzige und wichtigste ist. Die jeden Menschen annimmt und anerkennt. Und es ist gewiss richtig, die Fremden, die zu uns kommen, nicht zu Christen machen zu wollen.

Zugleich aber denke ich:
Sollten nicht auch sie die Botschaft hören können:
Jeder Mensch ist Gottes geliebtes Kind!
Gott hat durch Jesus Frieden gebracht zu allen Menschen.

Sollten nicht alle Menschen die Botschaft hören können, dass Gott jeder Mensch willkommen ist, und dass deshalb die Menschen miteinander in Frieden leben?

Lassen wir aber zuerst und weiterhin die Taten sprechen. Der Einsatz für die Fremden, die zu uns kommen, soll eine Predigt ohne Worte sein – eine Predigt von der bedingungslosen Liebe Gottes zu jedem Menschen.

24. April 2016: 5. Ostersonntag

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Liebe Schwestern und Brüder,
die Apostelgeschichte erzählt ausführlich, wie sich die Gemeinschaft der Jünger nach der Himmelfahrt Jesu entwickelte:
Verängstigte Leute ohne Plan und ohne Mut veränderten sich durch „den Heiligen Geist“ wie sie das nannten:

Plötzlich verkündeten sie freimütig die Auferstehung Jesu:
„Kehrt um und glaubt an Jesus und lasst euch taufen! Dann werdet ihr gerettet!“ Das verkündeten sie im Tempel und in den Synagogen.

Die Konsequenzen waren dem sehr ähnlich, was Jesus zu ertragen hatte:
Festnahme, Folter, Tötung und: Ausschluss aus der Synagoge –
aus dem Volk der Juden, dem Volk Gottes.

Das musste so kommen – das war die Voraussetzung dafür, dass etwas Neues entstehen konnte. Die versprengten Jünger Jesu bildeten überall kleine Gemeinschaften. Und bald nannte man die Leute, die an Jesus glaubten nach ihrem Herrn: Man nannte sie „die Gesalbten“.

Christen nennen wir uns bis heute, weil wir gesalbt sind mit dem Heiligen Geist – mit dem Geist Jesu selbst. Er schenkt uns Einsicht und Weisheit,
Rat und Erkenntnis, Stärke, Frömmigkeit und Gottesfurcht.

Liebe Schwestern und Brüder,
ideal wäre es, wenn jeder von uns sich zutrauen würde, auf seine Weise diese Gaben zu erklären. Wir können uns dabei bereichern durch unsere verschiedenen Gedanken und Sichtweisen.

Da ist noch eine Bemerkung, die in dem kurzen Abschnitt aus der Apostelgeschichte nicht ganz unwichtig ist:
Paulus und Barnabas „bestellten in jeder Gemeinde durch Handauflegung und Gebet Älteste.“

So werden die ersten Anfänge des Amtes in der Kirche geschildert:
Bis heute bestellen die Bischöfe durch Handauflegung und Gebet Männer mit dem Auftrag in der Gemeinde das Wort zu verkünden und dafür zu sorgen, dass den Armen geholfen wird. Sie sollen so wie Jesus die Menschen ermutigen, sie heilen, trösten, mahnen und mit ihnen das Brot brechen – gemäß dem Auftrag des Herrn.

Paulus erklärt im Titusbrief, welche Leute als Älteste geeignet sind:
rechtschaffene Männer, nur einmal verheiratet, mit wohl erzogenen Kindern …  –  seither hat sich einiges verändert.

Deshalb darf man ruhig fragen:
Wenn es nicht mehr wichtig ist, dass die Männer verheiratet sind,
sondern sogar inzwischen verlangt wird, dass sie ehelos sind,
warum ist es dann für alle Zeiten wichtig, dass es Männer sind?

Trotz solcher Fragen steht fest: das Bischofsamt und von ihm ausgehend das Priester- und Diakonenamt haben in allen christlichen Kirchen großen Anteil daran, dass das Evangelium bis heute den Christen Hoffnung gibt und Richtschnur ist für ihr Handeln. Das Amt garantiert, dass die Botschaft verkündet wird und überliefert wird.

Dennoch gibt und gab es immer viele Christen, die die Bischöfe und Priester und Diakone bei weitem übertroffen haben: in der Sorge für die Armen, in der festen Glaubensüberzeugung, im Einsatz für die Kirche.
Es ist sogar so, dass wir Amtsträger in der Kirche die anderen Christen brauchen, damit wir unsere Aufgabe im Volk Gottes erfüllen können.

Liebe Schwestern und Brüder, was wäre ich als Pfarrer, ohne Euch?
Wie sollte ich Zuversicht geben, wenn ich nicht sehen könnte: Da sind Christen, die aus dem Glauben leben möchten; wie sollte ich die Gemeinde leiten können, wenn niemand Lust hat zusammen zu kommen?

Wie sollte ich glauben können, wenn niemand mit mir den Glauben teilt?

Zu allererst sind wir Priester und Bischöfe ja Christen und haben den Glauben von unseren Schwestern und Brüdern empfangen und gelernt.

Liebe Schwestern und Brüder, die Kirche darf kein von oben nach unten sein. Wir sind das Volk Gottes. Eine Gemeinschaft von Schwestern und Brüdern, in der jeder den anderen braucht. Wer der erste sein will, soll der Diener aller sein!  Unsere erste Sendung ist, dass wir das neue Gebot Jesu leben: dass wir einander lieben, wie Christus uns geliebt hat – dass wir also füreinander da sind und uns gegenseitig unterstützen. Das tun wir miteinander und wir brauchen einander, damit wir in dieser Zeit Christen bleiben können. Amen.