31. Juli 2016: 18. Sonntag im Jahreskreis

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Liebe Schwestern und Brüder,
Windhauch ist das Lieblingswort von Kohelet einem Weisheitslehrer im 3. Jahrhundert vor Christus.

Windhauch: Ein Windhauch bewirkt nicht viel und er hinterlässt keine Spuren. Etwas Unbedeutenderes als ein Windhauch gibt es fast nicht.

Unbedeutend ist für Kohelet, wenn einer seinen Besitz einem anderen hinterlassen muss.
Unbedeutend, Windhauch ist für Kohelet, die Sorge und der Ärger und die Unruhe eines Menschen, der sich mit aller Kraft des Geistes und des Körpers bemüht, sein Wissen und seinen Besitz zu mehren.

Am Ende ist es Windhauch – als ob es nicht gewesen wäre. Egal. Gleichgültig. Unbedeutend.

Weit entfernt von dieser Geisteshaltung war der Mann, der Jesus zu Jesus kam und ihn bat: „Sag meinem Bruder, er soll das Erbe mit mir teilen.“

Liebe Schwestern und Brüder,
wieviel Sorgen und Mühen wenden wir selbst auf für das „Irdische?“
Wie stark beschäftigen uns die Gedanken an Geld und Besitz, an Komfort, an unsere materiellen Wünsche?

Wenn Besitz und Eigentum und die Lebenserfahrung am Ende Windhauch sind – was ist es dann wert, sich dafür einzusetzen und seine Kraft und seinen Geist dafür zu verwenden? ‑ Was lohnt die Sorge und die Mühe?

Der Brief an die Kolosser setzt sich damit auseinander und auch Jesus in seiner Geschichte von dem reichen Mann und seiner tollen Ernte.

Der Kolosserbrief markiert einen schroffen Gegensatz: Tötet die irdischen Begierden, die euch die Freiheit des Willens rauben und bereit machen, anderen Schaden zuzufügen.
Richtet euren Sinn auf das Himmlische!

Damit ist der Kolosserbrief ganz nahe der Aussage im Lukasevangelium:
Es kommt darauf an, vor Gott reich zu sein.

Liebe Schwestern und Brüder, wir unterscheiden das Irdische und das Himmlische und machen uns dadurch bewusst:
unsere Zukunft ist nicht auf der Erde, sondern im Himmel – unsere Zukunft ist das Leben in und bei Gott.

Wann aber, sind wir vor Gott reich?

Es ist ganz im Sinne Jesu und des Lukasevangeliums, wenn wir sagen:
reich sind wir vor Gott, wenn wir mit anderen teilen, wenn wir dem helfen, der in Not ist, wenn wir Frieden schließen und uns versöhnen statt gegeneinander zu kämpfen. So sammeln wir Schätze im Himmelreich.

Dieser Zusammenhang ist für uns, die wir an Jesus glauben, grundlegend.
Doch wir würden dies verfälschen, wenn wir meinen würden, wir könnten uns durch Spenden und freiwillige Hilfe im Himmel einkaufen, wie bei einer Aktiengesellschaft.

Damit wir diesem Irrtum nicht verfallen, erinnere ich an die Gedanken vom letzten Sonntag: Gott schenkt uns das, was uns reich macht. Er schenkt sich uns selbst: Er schenkt uns den Heiligen Geist, durch den er in uns wirkt.

Gott macht uns reich durch seinen Geist – wenn wir teilen, Versöhnung bringen, Verfolgten Zuflucht gewähren, Hungernden zu essen geben und Kranke und Gefangene besuchen – wenn wir als barmherzig sind –

dann wirkt in uns der Heilige Geist, der Geist Gottes.

Es kommt darauf an, dass wir den Geist Gottes fließen lassen,
dass dieser himmlische Schatz in uns und durch uns die guten Werke wirken kann, durch die Gottes Reich in dieser Welt groß wird.

24. Juli 2016: 17. Sonntag im Jahreskreis

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Liebe Schwestern und Brüder,
Der Herr hatte Abraham die Geburt eines Sohnes versprochen. Als die drei Männer sich verabschieden, weihen sie Abraham ein: Aus Sodom und Gomorra ist Klagegeschrei zu hören. Sind die Menschen dort wirklich so böse geworden? Ist das Leben dort wirklich unmöglich geworden?

Abraham weiß, dass sein Neffe Lot in Sodom lebt. Er hofft, dass Lot ein rechtschaffenes Leben führt vor Gott und deshalb fängt er an, mit dem Herrn zu handeln: Wenn nur 10 Gerechte dort leben, wird Sodom ver­schont – so viel kann er durch sein Bitten und Flehen erreichen.

Mir fällt auf, dass das Klagegeschrei aus Sodom zum Herrn dringt. Die Menschen selbst beklagen sich über die schlimmen Zustände und rufen den Herrn an, er möge eingreifen. Er möge dem sündhaften Tun, das ein Zusammenleben unmöglich macht ein Ende bereiten.

Und es fällt mir auf, dass Abraham – wie später auch Mose – bei Gott für die Menschen eintritt und versucht, seinen Zorn zu besänftigen. Das stärkste Argument dafür ist: Da Du Gott doch der Gerechte bist, um deiner Gerechtigkeit willen, um deines Namens willen, verschone die Menschen.

Ist dieses beeindruckende Verhandeln Abrahams mit Gott ein Vorbild für uns? Die Vorstellung, dass Gott die Menschen bestraft und dass wir ihn anflehen müssen und können, um von der Strafe abzulassen, ist uns aus unserer heutigen christlichen Sicht fremd.

Wir flehen Gott an, dass Frieden werde, dass der Hunger ein Ende hat, dass die Kranken gesund werden, dass die Kinder zum Glauben finden …

Unsere Bitten ersehnen die gute, heile Welt.

Doch: haben wir nicht auch Rachegelüste, ohne dass wir sie uns eingestehen: Wer Kindern etwas antut, den sollte man umbringen?
Wer unschuldige Menschen niederschießt, ist kein Mensch mehr.

Kennen wir solche Gedanken, weil wir sie gehört haben oder selber denken? Ist unser Sehnen und Wünschen wirklich so friedlich?

Wir sind verunsichert, worum wir Gott bitten können:
Uns ist klar: Wir können Gott nicht um das bitten, was wir selber tun sollen: Brot für alle, das ist unser Auftrag.
Frieden unter den Menschen: das ist unsere Sache.

Ja, das ist uns aufgetragen und zugleich spüren wir, dass wir, dass kein Mensch es in der Hand hat: Niemand kann völlige Gerechtigkeit und umfassenden Frieden herstellen und sichern.

Und doch sehen wir die vielfältige Not;
wir wünschen dem anderen Glück und Gesundheit,
und auch wenn wir nur begrenzte Möglichkeiten haben, wollen wir und können wir die Solidarität in der Not und die guten Wünsche für andere äußern – damit sie womöglich wirksam werden.

Schwestern und Brüder, wofür können und sollen wir beten?
Diese Not der Jünger Jesu ist erstaunlich modern und zeitgemäß.
Ist es die Antwort Jesu auch?

Vater, dein Name werde geheiligt. Dein Reich komme.

Das ist das erste. Dass Gott groß ist unter den Menschen. Dass sein Reich kommt, seine Herrschaft, damit die Menschen auf ihn hören und Freude haben am Guten und Schönen.

Dann kommt das Zweite: die Bitte um das tägliche Brot, die Vergebung der Schulden und die Freiheit von der Versuchung gegen Gottes Willen und gegen das Wohl des Nächsten zu handeln.

Diese Bitten sind in der Wir Form – und das ist entscheidend:
Wer um Frieden und um das tägliche Brot bittet, tut dies als ein Mitglied der Menschheitsfamilie – solidarisch verbunden mit allen Menschen.
Nicht mein Hunger soll gestillt werden, sondern unser Hunger.
Nicht ich will meinen Frieden haben, sondern wir wollen miteinander in Frieden leben.

Liebe Schwestern und Brüder, Gott wird uns und hat uns schon lange alles gegeben, was er uns geben kann: Seinen Heiligen Geist. Den Geist des Friedens und der Gerechtigkeit. Beten wir um diese Gabe und um all ihre Früchte für die Menschen auf der ganzen Erde.

17. Juli 2016: 16. Sonntag im Jahreskreis

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Liebe Schwestern und Brüder,
Er hatte sein Vaterhaus verlassen, er und sein Frau Sara und sein Neffe Lot, er hat sich verlassen auf eine Verheißung hin:
Ich werde dich zu einem großen Volk machen!
Ich werde dir eigenes Land geben!
Du wirst zum Segen werden!

Abraham ist der Stammvater des Glaubens.

Geheimnisvoll und eigenartig ist die Geschichte aus Genesis, dem ersten Buch der Bibel: „Der Herr erschien dem Abraham“ und dann ist von drei Männern die Rede, die vor dem Zelt Abrahams stehen.
Abraham wartet ihnen auf – nach allen Regeln der Kunst.
Er lässt nichts aus und es ist ihm nichts zu viel: sogar ein Kalb lässt er schlachten und zubereiten. Das entscheidende Wort aber spricht sein Gast: Der Herr verheißt ihm und seiner Frau Sara, den beiden Hochbetagten,  die Geburt eines Sohnes.

Liebe Schwestern und Brüder!
auch die kleine Geschichte und Maria und Marta und Jesus ist eigenartig. Auch da geht es um Gastfreundschaft!
Marta verhält sich wie Abraham: sie nimmt Jesus freundlich bei sich auf und sorgt für ihn – nach allen Regeln der Kunst.

Nun aber ist in dieser Geschichte eine eigenartige Spannung:
Es kommt zu einem kleinen Wortwechsel, denn Marta ist unzufrieden:
Sie blickt neidisch auf ihre Schwester Maria, die Jesus nur zuhört und ihr nicht hilft.

Diese Unzufriedenheit Martas unterscheidet die Szene von der Szene mit Abraham und den drei Männern.

Viele finden es ungerecht, dass Jesus die Mühen und Sorgen Martas abtut und das bloße Zuhören Marias als das Gute bezeichnet.
Es hört sich so an, als ob wieder einmal die Menschen, die anpacken die Dummen sind. Die anderen, die sich von ihnen versorgen lassen, werden dafür auch noch gelobt.

Passt das zu Jesus? – Mitnichten!

Unmittelbar vorher gibt er den barmherzigen Samariter als Vorbild:
weil er für den Überfallenen sorgte, weil er sich die Mühe machte, ihn aufzuheben und auf sein Reittier zu setzen.

Wie können wir die Szene aber sonst verstehen?

Gibt es wirklich keine Alternative als Jesus ins Wort zu fallen und zu sagen:
„Jesus – halt ein. Diesmal täuscht du dich. Denk an deine eigenen Worte:
Marta ist die Gute mit ihrem Fleiß. Sie verdient das Lob.“

Ich gebe es zu:
Auf jeden Fall – wie öfters – bin ich von Jesu Antwort überrascht. Darauf wäre ich nicht gekommen. Doch wenn ich nachdenke:

So ist es doch:
Ich finde in dem vielen Mühen und Sorgen um wichtige Dinge keine Ruhe.
Es fällt mir schwer, davon abzulassen und mich ruhig zu halten.
Es fällt mir schwer, nichts zu tun! –

Und andere, die das schaffen, die zur rechten Zeit Pausen machen,
die einmal das innere, das Hören auf die Stimme des Herzens in den Vordergrund stellen – Über sie ärgere ich mich, weil sie mir vor Augen führen, was mir so schwer fällt und was ich doch tun sollte.

Ich sollte Zeit haben,
um ihn zu hören,
ich sollte Zeiten haben, in denen ich die Geschäftigkeit, die Sorgen und Mühen, ruhen lasse,
ich sollte Zeiten haben, um den Kompass wieder auszurichten.

Dann höre ich die wesentlichen Worte,
die Worte, die meinem Mühen und Sorgen eine Freude geben,
die Worte, die Nahrung sind für meine Seele:

Die Worte von Gott, der Leben schafft, der mich lebendig sein lässt,
der mir Freiheit lässt, damit ich nicht zur Marionette werde,
damit ich nicht innerlich verdurste, da ich mir nicht die Zeit nehme aus der Quelle zu trinken: denn das Wort Gottes ist die Quelle des Lebens.

10. Juli 1016: 15. Sonntag im Jahreskreis

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Liebe Schwestern und Brüder,
Ich finde diese Sätze aus dem Buch Deuteronomium anrührend:

Dieses Gebot, auf das ich dich heute verpflichte,
geht nicht über deine Kraft und ist nicht fern von dir.
Es ist nicht im Himmel, Es ist auch nicht jenseits des Meeres,
Nein, das Wort ist ganz nah bei dir,
es ist in deinem Mund und in deinem Herzen, du kannst es halten.

Das Buch Deuteronomium ist seit dem 6. Jahrhundert vor Christus in der Form überliefert, die wir heute lesen. Es ist das letzte der fünf Bücher Mose und enthält eine Sammlung von Reden des Mose und es endet mit der Nachricht über den Tod des Mose auf dem Berg Nebo in Moab.

Der Titel des Buches heißt übersetzt „2. Gesetz“. Es wiederholt noch einmal die Rechtsvorschriften, die Inhalt des Bundes sind, den Gott mit dem Volk Israel geschlossen hat. Diese Gesetze soll Israel halten – dann wird es Gottes Segen erfahren, dann wir es ihm gut ergehen.

Dieses Gebot geht nicht über deine Kraft! – daraus spricht eine große Empathie: Gott fordert nicht mehr, als sein Volk zu halten vermag.
Das Wort ist in seinem Herzen: Das heißt: das, was Gott dem Volk als Gebote gibt, entspricht der Sehnsucht seines Herzens nach Frieden und Ordnung, nach Gerechtigkeit und Weisheit.

Liebe Schwestern und Brüder,
weise Theologen erinnern bis heute daran, dass Gesetze, Gebote und Verbote, erfüllbar sein müssen. Man kann von niemandem mehr verlangen, als er erfüllen kann. – Scherzhaft gesagt: Ein Fisch kann nicht auf einen Baum klettern und deshalb wäre es Unrecht, das von ihm zu verlangen.

Ist es noch Recht, wenn die Gesetzesvorschriften so umfangreich und differenziert sind, dass selbst Fachleute sie nicht mehr überblicken?
Öffnet diese Überzahl an Gesetzen nicht Tür und Tor dafür, um das eine mit dem anderen außer Kraft zu setzen, so dass die Gerechtigkeit auf der Strecke bleibt?

Das Gesetz Gottes ist im Herzen des Menschen: daraus spricht ein großes Zutrauen in die Kraft des Menschen: der Mensch weiß, was recht ist und er sehnt sich danach.

Paulus nennt Jesus Christus, den Erstgeborenen der Schöpfung (2. Lesung) und das Haupt der Kirche. In Jesus ist kein Unterschied zwischen der Sehnsucht nach Gerechtigkeit und seinem Tun. Er ist die Gerechtigkeit Gottes, weil in ihm Gott handelt und wirkt und aus ihm spricht – wie wir an seinen Taten erkennen können.

Die Frage des Gesetzeslehrers: Welches Gesetz ist das wichtigste? gibt er ihm zurück. Der antwortet prompt: Das wichtigste ist, Gott, den Herr zu lieben und den Nächsten wie sich selbst.
Wer der Nächste ist, erläutert Jesus mit der Geschichte vom barmherzigen Samariter, die uns so vertraut ist. Es kommt darauf an, dass ich mich dem anderen zum Nächsten mache, dass ich mit dem, was ich bin und kann, helfe und heile.

Liebe Schwestern und Brüder,
das Gesetz Gottes ist uns nah, es ist uns ins Herz geschrieben:

Es ist uns ins Herz geschrieben, nach dem zu suchen und uns zu sehnen und ihn zu verherrlichen, Gott, von dem alles Leben ausgeht

Die Liebe zu jedem Lebendigen folgt unmittelbar daraus:
denn Gottes Leben ist in jedem Lebendigen.

Das Gebot Gottes ist in unserem Herzen.
Wir können es halten. So wie Jesus zu dem Gesetzeslehrer sagt:
Geh und handle genauso.