Hier geht es zu den liturgischen Texten: 
Liebe Schwestern und Brüder,
Als Amos als Prophet auftrat, war Israel gespalten: in Nordreich und Südreich. Amos selbst stammt aus dem Südreich – als Prophet wirkte er jedoch im Nordreich. Das Nordreich erlebte gerade einen wirtschaftlichen Aufschwung – da tritt diese Schafzüchter aus dem Süden auf. Drastisch sind seine Worte:
Hört dieses Wort, / ihr Baschankühe auf dem Berg von Samaria, die ihr die Schwachen unterdrückt / und die Armen zermalmt und zu euren Männern sagt: / Schafft Wein herbei, wir wollen trinken. Gott, der Herr, hat geschworen: Seht, Tage kommen über euch, / da holt man euch mit Fleischerhaken weg, und was dann noch von euch übrig ist, / mit Angelhaken.
Schonungslos schildert er seine Beobachtungen wie ungerecht es im Norden zugeht:
Die Sabbatruhe kritisieren die Händler als Marktverbot;
Sie fälschen Maße und Gewichte, um den Verdienst zu steigern;
Die Armen werden schonungslos ausgenutzt und zu Sklaven gemacht;
sogar den Getreideabfall verkauft man noch an die Armen.
Das erinnert mich an die Gegenwart:
so oft wie möglich sollen auch am Sonntag die Geschäfte öffnen dürfen,
die Ladenzeiten werden immer mehr ausgedehnt;
das Tanzverbot am Aschermittwoch und Karfreitag und Volkstrauertag soll abgeschafft werden.
Den Buß- und Bettag hat man schon vor Jahrzehnten als Feiertag abgeschafft, um die Produktivität zu steigern.
Wenn die Bischöfe – katholische oder evangelisch – das beklagen, so stehen sie da als Miesepeter, die nur althergebrachte Rechte und ihre Macht verteidigen wollen, die das Leben der Menschen reglementieren mit ihren religiösen Bräuchen.
Papst Franziskus scheut sich dennoch nicht, zu formulieren: diese Wirtschaft tötet.
Liebe Schwestern und Brüder, tatsächlich werden dem wirtschaftlichen Interesse Menschenleben geopfert: in den Textilfabriken in Bangladesh,
in den Minen Afrikas, in den abgeholzten Regenwäldern Amazoniens.
Franziskus hat leider Recht – auch wenn niemand sich in der Lage sieht, die Wirtschaft so zu ändern, dass sie nicht mehr tötet.
Für ihn, wie für den Propheten Amos um 760 v. Chr. ist klar:
Unrecht muss aufgedeckt werden. Das Unrecht muss beim Namen genannt werden. Es widerspricht dem Willen Gottes, es ist schwere Schuld, ein Verstoß gegen die Gebote Gottes: du sollt nicht stehlen, du sollst nicht morden. Ja sogar gegen das erste Gebot: denn der Umsatz, die Gewinnspannen, die Marktanteile sind die goldenen Kälber von den man sich das Heil erwartet – und nicht der Gott des Lebens, der auf der Seite der Armen steht.
Fast könnte man meinen, das Gleichnis vom untreuen Verwalter würde derlei Betrügerei und Ausbeutung erlauben: der Herr, Jesus, lobte die Klugheit des untreuen Verwalters – heißt es.
Wir müssen genau hinhören: ihm ging es darum, seine Zukunft zu sichern: für ihn Bestand sie darin, nichts arbeiten zu müssen und dennoch essen und trinken zu können. Er erkannte, wie er dieses Ziel erreichen konnte.
Wir, die Jesu Wort glauben, sehen aber eine andere Zukunft vor uns: das Reich Gottes, das Reich des Friedens und der Barmherzigkeit:
Wir sollten genauso klug überlegen und erkennen, wie dieses Reich des Lebens Wirklichkeit werden kann.
Wir müssen uns immer wieder fragen: verfolge ich meine Interessen für mich: Eigentum, Besitz, Erlebnis, Karriere, Macht
oder lebe ich für die Werte, die zu Gottes Reich gehören:
Gerechtigkeit, Barmherzigkeit, Freiheit, Leben für alle,:
dafür, dass die Not auf der Erde geringer wird?
dafür, dass es Menschen besser gehen kann?