12.02.2017: 7. Sonntag im Jahreskreis

Hier geht es zu den liturgischen Texten: schott

Liebe Schwestern und Brüder,
wann haben Sie das letzte Mal gestritten? mit wem? worüber? Darf man streiten?

Natürlich gibt es Streit unter Menschen und manchmal ist er unvermeidlich und sogar notwendig!
Auch Freunde, Eheleute und Lebenspartner haben oft gegensätzliche Interessen: Es kommt Konflikten. Und zu Ärger, Wut und Zorn!

Es heißt auch von Jesus, dass er voll Zorn und Trauer war über das verstockte Herz seiner Gegner, die ihn wegen einer Heilung am Sabbat verurteilten.
Hat Jesus damit gegen sein eigenes Gebot verstoßen: „Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen“?

Er hätte dann sogar gegen ein Gebot der Thora verstoßen. Wir haben es gerade in der Lesung aus dem Buch Leviticus gehört: Du sollst in deinem Herzen keinen Hass gegen deinen Bruder tragen. Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.

Lassen Sie mich dazu ein wenig ausholen:
Diese Stelle stammt aus dem sogenannten Heiligkeitsgesetz im Buch Leviticus. Es heißt so, weil in einigen Kapiteln Israel immer wieder aufgefordert wird: Seid heilig, denn ich euer Gott bin heilig.

Israel lebte damals nach dem Exil als kleine Gruppe rund um den Tempel. Der Glaube an Jahwe, der Gottesdienst im Tempel, die Einhaltung der Thora unterscheidet die wenigen Juden von der Mehrheit der Bevölkerung – ähnlich wie wir Kirchgänger heute eine kleine Gruppe sind. Diese kleine Gruppe der Israeliten, des Gottesvolkes, soll und will sich unterscheiden und etwas Besonderes sein unter den anderen Menschen.

Wir haben gehört: Wenn es zu Konflikten kommt, sollen die Israeliten den Bruder nicht hassen, sondern ihn zurechtweisen.

Ob dies Ruhe brachte? Wer lässt sich schon gerne zurechtweisen? Da verteidigt man sich. Man sucht alle möglichen Gründe, dass die Zurechtweisung zu Unrecht geschieht. Es ist eine der größten zwischenmenschlichen Herausforderungen, wenn man zurechtgewiesen wird.

Dennoch wird dieser Weg vorgeschlagen – im Gegensatz zum Hass.

Hassen bedeutet, den anderen auszugrenzen, sich nicht mehr verbunden fühlen, die Solidarität mit dem anderen aufkündigen.
Mit Hass sind nicht die Gefühle gemeint, sondern das Aufkündigen der grundsätzlichen Solidarität – nur dann kann es zur Rache kommen.

Du sollst dich an den Kindern deines Volkes nicht rächen und ihnen nichts nachtragen, sondern (im hebr. Urtext sind die Sätze durch das Wort „sondern“ verbunden) du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst!

Es geht also hier um Feindesliebe. Gerade die, mit denen die Solidarität, die Verbindung abzureißen droht, soll der Israelit lieben wie sich selbst.

Damit ist nicht die emotionale Liebe gemeint, die in Freundschaft und Ehe so viel Glück bringt. Damit ist gemeint, dem anderen Gutes zu wünschen und zu tun – eben mit ihm solidarisch zu sein.

Jesus übersteigert in der Bergpredigt dieses Gebot und gibt Beispiele dafür, was das konkret bedeuten kann. Freiwillig noch mehr geben, sich sogar doppelt schlagen lassen.

Er gibt uns aber auch eine Hilfe, wie wir den Hass überwinden können und stattdessen den anderen zurechtweisen und noch mehr Liebe erweisen:

Betet für die, die euch verfolgen!

Liebe Schwestern und Brüder, wenn wir für die beten, mit denen wir Streit haben, wenn wir für sie um den Segen Gottes beten, um Frieden und Wohlstand – sind wir dann och im Stande, Rache zu üben?

Und doch gibt es im Evangelium auch Hinweise darauf, wie man sich verhalten soll, wenn ein Bruder sein Unrecht auch vor Zeugen nicht einsehen will.

Das, was Jesus, was die ganze hl. Schrift, was Gott will, werden wir oft nicht umsetzen können. Denn es ist schwierig, Zurechtweisung anzunehmen und es ist schwierig, den Zorn zu überwinden. Auch für uns Christen. Wir brauchen Gottes Barmherzigkeit.

05.02.2017: 5. Sonntag im Jahreskreis

Hier geht es zu den liturgischen Texten: schott

Liebe Schwestern und Brüder,
Manchmal fällt aufgrund von Unwettern oder technischen Störungen der Strom aus. Kein Licht mehr! Dann bricht Chaos aus. Panik.
Aber jeder weiß es: Ohne Licht gibt es kein Leben.

Schal, langweilig schmeckt jedes Gericht ohne Salz. Auch der Organismus funktioniert nicht ohne genügend Salz.

Licht und Salz: lebensnotwendig, große Wirkung auch schon in kleinen Mengen –
Jesus sagt zu Ihnen, zu uns: Ihr seid das Salz der Erde! Ihr seid das Licht der Welt!

Wie geht es ihnen damit, für ihre Mitmenschen wie Salz zu sein und wie Licht?
Sind ihre Kraft und ihr Licht bei den anderen gefragt?
Oder nehmen die es für selbstverständlich, dass immer Salz und Licht da sind.
Fühlen sie sich als Salz und Licht im Dauereinsatz?
Woher nehmen sie die Kraft dafür?

Worin besteht unser Salzen und Leuchten für unsere Mitmenschen?
Das macht die Lesung aus dem Buch Jesaja deutlich. Sie entstammt dem sogenannten Trito-Jesaja, dem dritten Jesaja –der jüngsten Schicht dieses Prophetenbuches. Sie entstand nach der Rückkehr Israels aus dem Exil. Die Isareliten werden gemahnt, als sie jammern, weil es immer noch nicht recht vorwärts geht mit dem Wiederaufbau von Gesellschaft und Stadt.

Teile an die Hungrigen dein Brot aus!
Nimm die Obdachlosen in dein Haus auf!
Bekleide die nur noch Fetzen am Leib tragen!
Sorge für Deine Verwandten!
Beende die Unterdrückung bei Dir!
Verleumde niemanden und zeige nicht mit dem Finger auf andere!
Dann geht im Dunkeln dein Licht auf.
Deine Finsternis wird hell wie der Mittag!

Liebe Schwestern und Brüder, das sind einfach verständliche Ermunterungen und Hinweise, wie das geht: Salz und Licht sein für die Menschen, mit denen wir leben.

Christen setzten dies seit Anfang um und leben danach: die Sorge für Menschen in jeglicher Not: materiell, seelisch, geistig moralisch war immer und ist auch heute DAS Merkmal jeder Kirche. Das ist sozusagen die DNA der Christenheit.
Deshalb gibt es so viele kirchliche Gesundheitsdienste, Beratungsstellen, pädagogische Einrichtungen … ‑ auch wenn dies heute in unserer Deutschen Gesellschaft zum größeren Teil durch Versicherungen und staatliche Leistungen finanziert wird.
Die Werke der Barmherzigkeit werden von den Kirchen heute – notwendigerweise – in professioneller Weise angeboten. Millionen Menschen nehmen sie dankbar an.

Schwestern und Brüder, auch in unserer Pfarrei und im Leben des einzelnen Christen werden die Werke der Barmherzigkeit geübt: täglich, oft unauffällig und im Verborgenen. Genau dadurch geschieht, was Jesus sagt: wenn die Menschen dies sehen, werden sie sich dem zuwenden, der uns so salzig und hell sein lässt: unserem Vater im Himmel.

Ich möchte ihnen als Ansporn und zu ihrer Bestätigung Gedanken des früheren Bischofs von Erfurt Joachim Wanke weitergeben, die er „moderne Werke der Barmherzigkeit“ für die Menschen in unserer Gesellschaft genannt hat:

  1. Einem Menschen sagen: Du gehörst dazu
    Viele Menschen fühlen sich unwichtig, unbedeutend, und werden an den Rand gedrängt: die Arbeits­losen, die Ungeborenen, die psychisch Kranken, die Ausländer usw. Das Signal: „Du bist kein Außenseiter!“ „Du gehörst zu uns!“ z.B. auch zu unserer Pfarrgemeinde, ist ein sehr aktuelles Werk der Barmherzigkeit.
  2. Ich höre dir zu
    Viele Menschen sind sehr allein: die alleinerziehenden Eltern, die trauern und sich zurückziehen, die alten Menschen, die keine Kraft mehr haben, um herauszugehen. Ich bin da. Ich höre dir zu. Das ist ein not-wendendes Werk der Barmherzigkeit!
  3. Ich rede gut über dich
    Viele erwähnen zunächst einmal das Gute und Positive am anderen, an einer Herausforderung sehen. Manchmal muss man Kritik üben und Widerstand-leisten. Oft fehlt aber ein grundsätzliches Wohlwollen für den anderen, für seine Anliegen und die Achtung seiner Person. Gut über den anderen reden! Gutes anerkennen – das ist eine Wohltat, die wir anderen viel öfter gönnen sollten.
  4. Ich gehe ein Stück mit dir
    Zuhören können und miteinander beraten – das ist sehr viel. Oft aber braucht es ein bisschen mehr, bis der andere Mut und Kraft hat, einen neuen Weg alleine weiterzugehen. „Ich helfe dir. Ich unterstütze dich bei deinem neuen Anfang! Du schaffst das!“ Das ist ein Segen für jeden, der etwas neues anfangen will.
  5. Ich teile mit dir
    Es wird immer Hilfe nötig sein für Menschen, die sich selbst nicht helfen können. Wer Geld und Dingen mit anderen teilt, lindert oft schlimmste Not und sorgt dafür, dass das Leben weitergeht.
  6. Ich besuche dich
    Ein Besuch ist etwas ganz besonderes. Gerade, wenn es einem schwer fällt herauszugehen. Der Besuch schafft Gemeinschaft und stärkt den Besuchten. So zeigen wir den anderen – ohne Worte – dass wir sie achten und dass Gott sie achtet.
  7. Ich bete für dich
    Wer für andere betet, schaut auf sie mit anderen Augen. Er begegnet ihnen anders. Sag es als Mutter, als Vater deinem Kind, deinem Enkelkind: Ich bete für dich! Tun wir es füreinander, gerade wenn es schwierig wird im Miteinander. So kann Gottes Barmherzigkeit unsere Ratlosigkeit und Trauer verwandeln in neue Hoffnung und Freude.