26.03.2017: 4. Fastensonntag

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Liebe Schwestern und Brüder,
Ich habe Erbarmen – heißt auf lateinisch: Misereor. Jesus sieht die Menschen, die schon drei Tage bei ihm sind und nichts zu essen haben und sagt: Ich habe Mitleid mit diesen Menschen. Sein Mitleid lähmt nicht, sondern bewirkt etwas. Er lässt Brot austeilen, so dass es für alle reicht.

Mitleid und Erbarmen sind Tugenden, weil sie zur tätigen und wirksamen Hilfe führen. Das Hilfswerk MISEREOR gegründet von den deutschen Bischöfen hilft wirksam den Menschen – zum Beispiel in dem Dorf Tambolo im Süden von Burkina Faso. Dort leben 53 Familien mit ihren Rindern. Die Männer sind mit den Rinderherden oft wochenlang unterwegs auf der Suche nach guten Weiden. Für die Verarbeitung der Milch sind die Frauen zuständig. Sie haben es mit fachlicher und finanzieller Hilfe von MISEREOR geschafft, in ihrem Dorf eine kleine Molkerei zu errichten mit einer solar- und gasbetriebenen Kühlanlage und so ihr Einkommen zu erhöhen. Vieles ist dadurch besser geworden. Auch die Möglichkeit, dass Mädchen und Jungen in eine Schule gehen.

Einfach ist es nicht, weil zum Beispiel die EU Milchpulver nach Westafrika exportiert und zum halben Preis pro Liter anbietet wie die heimische Milchwirtschaft.

Dieses Ungleichgewicht in den Handelsbeziehungen ist eine der Ursachen, warum auch ein demokratisches Land wie Burkina Faso kaum Chancen auf Wohlstand hat. Die reichen Nationen und ihre hochtechnisierten Industrien sitzen am längeren Hebel.

Es ist gerade nicht so wie auf dem neuen Fastentuch von MISEREOR, wo sich zwei Menschen ebenbürtig gegenüber stehen und in die Augen sehen. Die Hände gegenseitig auf die Schultern gelegt und so verbunden, dass die Arme jeweils die Farbe des Gegenübers annehmen.

Dieses Bild wirbt für eine andere Weise der Begegnung – entsprechen dem afrikanischen Sprichwort: Ich bin, weil du bist.

Wir Menschen brauchen einander – und wir brauchen jeweils die Fähigkeiten und Reichtümer, die der andere uns geben kann. Doch es ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen und es muss gerecht sein.

Das berechtigte Gewinnstreben muss geregelt sein, so dass die stärkeren Partner die schwächeren Partner nicht übervorteilen, sondern gleichberechtigt behandeln. Wirtschaftlich arme Länder wie Burkina Faso, eines der ärmsten Länder der Erde, kann nicht am ungeregelten, zollfreien Markt mit Industrieländern konkurrieren – ohne von deren Wirtschaftskraft erdrückt zu werden.

Zu Recht ist dieses Motiv ein Fastentuch: denn in der Fastenzeit üben wir uns mit besonderem Eifer im christlichen Leben. Dieses Bild ermahnt uns, dass wir die Menschen in Afrika nicht von oben herab behandeln. Dass wir uns an ihre Seite stellen und ihnen helfen, Ihre Wirtschaft weiter zu entwickeln.

Wie denken wir über die Menschen in und aus Afrika?
Nehmen wir sie ernst als Partner? Sind wir interessiert daran, ihre Lebensweise, ihre Kultur, ihre Zivilisation, ihre Städte und Fortschritte kennen zu lernen. Oder ist es für uns nur ein Kontinent der Not und der Rückständigkeit? Denken wir darüber nach, welchen Anteil das Handeln der reichen Länder daran hat, dass die Not in Afrika scheinbar zuhause ist?

Jesus hat die Menschen nicht von oben herab behandelt. Er hat die aufgerichtet, die im Staub saßen. Er hat sie sich ebenbürtig gemacht. So wie den Blinden, den er zweimal sehend gemacht hat: Er hat ihm das Augenlicht gegeben und er hat ihm die Augen dafür geöffnet, dass er nicht von Gott getrennt ist, sondern zu Gott gehört.

Ich lebe, weil du bist. ist der Titel dieses Fastentuches. Wir leben, weil Gott ist, weil er sein Leben an uns weitergegeben hat.

Wir leben, verbunden mit den Menschen auf der ganzen Erde.
Wir leben mit ihnen, um mit ihnen gemeinsam die Güter der Erde zu genießen und diesen Garten Eden zu bewahren.
Wir stehen nicht über denen, die ärmer sind, sondern müssen uns eher dafür schämen, dass wir ihre Armut ertragen und sogar verursachen.

Vielmehr sollten wir so handeln, dass wir uns ebenbürtig in die Augen sehen und zueinander sagen können: Ich lebe, weil du bist.

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