28.05.2017: 7. Sonntag der Osterzeit

Hier geht es zu den liturgischen Texten: schott

Liebe Schwestern und Brüder
Jesus hatte seinen Jüngern die Füße gewaschen.
Dann überliefert das Johannesevangelium eine lange Abschiedsrede Jesu, in der er ihnen offenbart: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.

Daran betet Jesus zu seinem himmlischen Vater und bittet ihn für seine Jünger, dass sie eins sein sollen, wie er und der Vater eins sind, dass sie in der Liebe vollendet sein sollen, dass der Vater sie verherrlichen soll.

Einen einzigen Satz aus dem Abschnitt, den wir gerade gehört haben, möchte ich heraus greifen. Jesus betet:
„Meine Jünger haben jetzt wirklich erkannt, dass ich von dir ausgegangen bin und sie sind zu dem Glauben gekommen, dass du mich gesandt hast!“

Dazu fällt mir eine Stelle aus dem Matthäusevangelium ein:

Jesus lehrte in seiner Heimatstadt Nazareth in der Synagoge, so dass alle staunten. Sie sagten: Ist das nicht der Sohn des Zimmermanns? Heißt nicht seine Mutter Maria und sind nicht Jakobus, Josef, Simon und Judas seine Brüder? Leben nicht alle seine Schwestern unter uns? Woher also hat er das alles? Und sie nahmen Anstoß an ihm und lehnten ihn ab.

In dem Kontrast wird deutlich, was uns zu Jüngern Jesu macht:

Wenn wir wirklich glauben, dass Jesus von Gott ausgegangen ist: und zwar von dem Gott, der sich Mose als „Ich bin für euch da“ geoffenbart hat.
Er kommt von dem Gott, dessen Volk Israel ist.
Es ist der Gott, in dessen Namen die Propheten Jesaja, Ezechiel, Amos, Jeremia und all die anderen aufgetreten sind, um das Volk zu mahnen, Jahwe treu zu bleiben und seine Gebote zu befolgen und vom Unrecht abzulassen.

Es ist der Gott, in dessen Namen diese Propheten immer wieder Rettung und Heil verheißen haben.

Jahwe, der Gott Israels, der einzige, der Himmel und Erde im Dasein hält, er hat seinen Sohn in die Welt gesandt, damit er Frieden bringt und Versöhnung und das ewige Leben für alle, die an ihn glauben.

Jetzt aber leben wir in der Welt, liebe Schwestern und Brüder.
In der Welt kämpfen die Menschen um Macht und Besitz, um Ruhm und Ehre. In der Welt zählt für viele nur das, was ein Mensch leisten kann und sich leisten kann, es zählen Kraft und Geschicklichkeit.

Krieg und Gewalt, Hinterlist und Betrug, Mobbing und Verachtung werden als Mittel angesehen, um seine Ziele zu erreichen:

Die Jünger Jesu aber erkennen, dass seine Botschaft von Gott kommt:

Frieden, Versöhnung, Heilung und Heil, Wahrheit und Gerechtigkeit, Liebe und Erbarmen – das alles ist göttlich.

Dies  soll deshalb unser Leben bestimmen – und vor allem unser Handeln. Dafür müssen wir uns immer neu entscheiden.  Darin liegt die Zukunft des Lebens. Das Ziel der Evolution ist, dass das Prinzip des Fressens und Gefressen Werdens überwunden wird.

Das Ziel der Evolution liegt darin, dass das Prinzip Gottes immer mehr das Leben bestimmt: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“.

Wir Menschen sind nur wenig geringer gemacht als Gott, wir sind sein Ebenbild. Wir können ihn immer ähnlicher werden.

23.04.2017: 2. Sonntag der Osterzeit

Liebe Schwestern und Brüder,
Christen in Ägypten, im Irak und im Iran und in vielen anderen Ländern der Erde stehen heute in einer ähnlichen Situation wie die Christen, für die der erste Petrusbrief geschrieben ist: Sie müssen mit Verfolgung und mit Ermordung rechnen – weil sie Christen sind.

Der erste Petrusbrief wurde wahrscheinlich nicht von dem Fischer Simon Petrus geschrieben, dem Jesus den Auftrag gab: Weide meine Lämmer.

Der Brief dürfte während der reichsweiten Christenverfolgung unter Kaiser Domitian in den Jahren 95 und 96 n.Chr. geschrieben worden sein, um den verfolgten Christen Mut zu machen. Der Absender des Briefes wollte den verfolgten Christen Mut machen – so wie es Petrus an seiner Stelle getan hätte – deshalb gibt er Petrus als Absender des Briefes an.

Ich staune darüber, dass uns ein so alter Text noch aus dem ersten Jahrhundert vorliegt, der bereits auf jahrzehntelange Traditionen zurückgreift, die an die Zeit unmittelbar nach Karfreitag und Ostern heranreichen. Christen gibt es nachweislich seit Mitte des ersten Jahrhunderts: Grund dafür ist das Ereignis, das alle Schriften des Neuen Testaments die „Auferstehung Jesu Christi von den Toten“ nennen.

Die Christen fühlen sich wie neu geboren durch die Taufe: neu geboren für das unverlierbare Erbe im Himmel auf das sie durch die Auferstehung Christi hoffen.

Sie fühlen sich behütet von Gottes Macht, also unter seinem Schutz:
damit sie sie die Verfolgung als Prüfung des Glaubens verstehen, damit sie die Prüfung bestehen und am Glauben festhalten.
Sie hoffen auf Lob und Herrlichkeit und Ehre bei der Offenbarung Jesu Christi – den sie zwar nicht gesehen haben, den sie aber doch lieben und an den sie glauben.

Auch wir haben Christus nicht gesehen und wir sehen ihn nicht.
Wir glauben aufgrund der Verkündigung der Apostel und der vielen Generationen von Christen in den vergangenen 2 Jahrtausenden.

Dass wir ihn nicht sehen können, hat immer schon Zweifel aufkommen lassen an der Botschaft: „Jesus ist von den Toten auferstanden!“

Diese Zweifel spiegeln sich in allen vier Evangelien – obwohl doch gerade die Evangelien Werbeschriften für den Glauben an Jesus und seine Auferstehung sind. Ganz ausdrücklich formuliert im Johannesevangelium Thomas, ein Apostel, den Zweifel: „Wenn ich ihn nicht sehe, glaube ich nicht!“ Er fragt nach den Wunden Jesu: Wie kann einer, den man ans Kreuz schlug, auferstehen? Wie kann Jesus der Erlöser sein, der Messias, da er doch so erbärmlich zugrunde gerichtet wurde?

Thomas durfte es sehen und einsehen: durch seine Wunden sind wir geheilt. Da er für die Botschaft des Lebens, für seine Liebe den Tod erlitt, wurde er uns zum Erlöser. Darin liegt seine unzerstörbare Kraft, die Welt zu verändern und zu heilen. Nicht mehr der Tod ist der Horizont, sondern das Leben erwartet uns am Horizont. Nicht der todbringende Hass, Neid Geiz und Eifersucht – sondern die leben schaffende und zeugende Liebe, die Großzügigkeit, Barmherzigkeit und Erbarmen – bestimmen das Leben.
Nicht Angst und Traurigkeit, sondern Hoffnung und Freude.

Deshalb sagt Jesus: Empfangt den Heiligen Geist. Habt meinen Geist in euch. Er soll den alten Geist aus euch vertreiben, der Zweitracht bringt und Trennung. Diese Zusage: Empfangt den Heiligen Geist erinnert mich an das Bild vom Weinstock, das ebenfalls vom Johannesevangelium überliefert wird: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben.“

Wenn wir an Jesus Christus glauben, wenn wir ihm vertrauen, dann ist sein Leben in uns, seine Freude, seine Hoffnung, seine Barmherzigkeit, seine Liebe! Gott behüte uns, damit wir daran festhalten und nicht schwach werden im Kampf gegen die Mächte des Todes.

Umso wichtiger ist für uns die Gemeinschaft, in der wir uns gegenseitig stärken: Wir teilen miteinander, wir freuen uns, wenn wir zusammen kommen, wenn wir erzählen, was Gottes Geist in uns bewirkt.
So halten wir miteinander Mahl und brechen das Brot, und er ist unsichtbar in unserer Mitte.
Ganz sicher brauchen wir diese gegenseitige Stärkung – erst Recht aber
Brauchen die verfolgten Christen Stärkung durch unsere Gemeinschaft

17. 04.2017 Predigt in der Osternacht

Fürchtet euch nicht!
Liebe Schwestern und Brüder, das sind die ersten Worte des Engels an die zwei Marias.

Ist es zum Fürchten, wenn man einen Engel sieht?
Warum aber sagen dann manche Menschen zum anderen:
„Du bist mein Engel!“

Aber ja: es ist zum Fürchten, wenn mitten in unserer Zeit und Geschichte eine andere Dimension auftaucht und alle unsere Erfahrungswerte ins Wanken bringt.

Ich habe noch nie ein Erdbeben gespürt. Ich stelle es mir erschreckend vor, wenn der so sichere Erdboden plötzlich nicht mehr fest ist, sondern wankt und schwankt. Woran soll man sich dann noch halten. Was hält dann noch stand?

Die Erschütterung der Osterbotschaft ist ein solches Erdbeben im übertragenen Sinn: wenn ein Toter „aufersteht“ – worauf kann man sich dann noch verlassen. Was zählt dann noch? Woran kann man sich dann noch halten?

Den Frauen wird gesagt: geht nach Galiläa! Galiläa, das ist der Ort der Seligpreisungen; dort hat Jesus Kranke geheilt, Hungernde gespeist,
das Reich Gottes verkündet.

Daran sollen sich die Jünger halten in diesem Beben der Gewissheiten – völlig verunsichert durch das katastrophale Scheitern ihres Meisters.

Noch ein Angebot bekommen die Frauen: Jesus selbst. sie umfassen seine Füße. Sie wollen ihn festzuhalten und sich an ihm festhalten.
Diese „handgreifliche“ Szene macht deutlich: Das Osterereignis ist kein Traum, keine hysterische Einbildung – es ist real – handfest sozusagen.

Jesus, der Auferstandenen schickt selbst die Frauen zu seinen Brüdern, wie er sagt. Sie sollen ihnen ausrichten, dass sie nach Galiläa gehen sollen.

Sie sollen sich daran erinnern, was sie dort mit Jesus erlebt haben.
Sie sollen sich an seine Botschaft vom Reich Gottes erinnern:
Es wächst, es ist mitten unter ihnen, es ist Gegenwart.
Man muss es annehmen wie ein Kind, um hineinzukommen.

Die Jünger sollen sich erinnern, dass die Sünde den Menschen nicht von Gott trennt, dass kein Kranker von Gott getrennt ist, sondern dass Gott in jedem Menschen ist.

Sie sollen sich erinnern, dass für Gott kein Mensch verloren ist.

Schwestern und Brüder,
unsere Welt wird von vielen Schrecken erschüttert in diesen Jahren:
Völkerwanderungen, nicht enden wollende Kriege, die Veränderung des Weltklimas, zuletzt geht es gar um den Einsatz von Atomwaffen.

In diese Erschütterungen hinein trifft uns das Engelswort, das Wort Jesu:
Fürchtet euch nicht! Geht nach Galiläa. Haltet fest an dem, was ich euch gelehrt habe:

Haltet Frieden, teilt mit den Armen, steht den Kranken bei.
Vergeltet Böses nicht mit Bösem, sucht nicht über andere zu herrschen, sondern ihnen zu dienen.

Glaubt an das Reich Gottes. Es ist euch anvertraut. Es ist schon da.
Ihr könnt darin leben und ihr werdet darin leben.

Liebe Schwestern und Brüder,
In unserem Osterlob preisen wir diese Nacht und singen:
Dies ist die Nacht, die alle, die an Christus glauben, dem Elend der Sünde entreißt und sie ins Reich der Gnade heimführt.

Ostern bringt die Gesetzmäßigkeiten des Todes zum Einsturz und gründet einen neuen festen Halt: das Leben, den Glauben an das Leben, an die Zukunft des Lebens in dieser Welt und an die Zukunft des Lebens in Gottes Herrlichkeit. Nicht Feindseligkeit, sondern Vertrauen; nicht Angst, sondern Hoffnung; nicht Tod, sondern Leben.

14.04.2017 Predigt zum Karfreitag

Liebe Schwestern und Brüder,
wir haben die Geschichte wieder gehört:
Verrat; Festnahme; Verhör; Demütigung; Folter; Freunde, die weglaufen; der Weg nach Golgota, bis man ihn schließlich ans Kreuz nagelt.

Diese Station des Kreuzweges ist mir schier unerträglich.
Es ist kaum auszuhalten, wenn man sieht, wie Menschen manchmal leiden müssen durch Verletzungen, an Krankheiten, wie ihnen das Atmen zur Qual wird. Man steht daneben und kann nichts dagegen tun.

Die Lippen benetzen, Schmerzmittel geben – aber die Qual, das Elend kann man nicht nehmen.

Genauso bewegt mich der Leidensbericht Jesu. Es ist kaum erträglich. Es fällt schwer, dabei zu bleiben. Kann man das nicht weglassen?
Warum muss man das immer wieder lesen und hören und sich vorstellen? Wozu?

Die Karfreitagsliturgie ist nicht die einzige Gedenkfeier:
Jedes Jahr gibt es eine Gedenkfeier für die 2989 Toten vom 11. Sept 2001.
Warum und Wozu? ….
All der Toten wird sogar namentlich gedacht, um sie zu ehren, um sie nicht zu vergessen, um zu mahnen, um den Entschluss zu erneuern, dass so etwas nicht wieder geschehen darf. Und auch, damit die Trauer der Betroffenen sich ausdrücken kann.

Wird man in 2000 Jahren noch eine Gedenkfeier für nine eleven halten?

Wir Christen aber halten seit 2000 Jahren das Gedächtnis an das Leiden Jesu wach –fest. Warum und Wozu?

Wir wollen es nicht vergessen, weil er für uns der wichtigste Mensch ist, der jemals geboren wurde. In ihm ist Gottes ewiges Wort, das schöpferische Wort, Gottes Mensch geworden – ein sterblicher Mensch.

Und dieser Jesus, in dem Gott selbst unter uns gelebt hat, hat damit unsere menschliche Natur angenommen – in all seinen Begrenzungen.

Und indem Jesus Verrat; Festnahme; Spott und Hohn, Folter, und das Kreuzesleiden ertrug, hat Gott durch ihn sein endgültiges JA zu unserer Schöpfung und zu uns Menschen gesprochen: zu uns Menschen, so wie wir sind: schöpferisch und verletzlich, stark und auf Liebe ausgerichtet, böse und leidensfähig.

Jesus selbst blieb der Liebe treu – in allem, was er tat und was ihm angetan wurde: aus Liebe vergab er das Böse, aus Liebe heilte er, aus Liebe schenkte er Freiheit.

Auch in seinem Kreuzesleiden blieb er der Liebe treu.

Jesus ist das Urbild des liebenden, schöpferischen Menschen.
Er macht uns fähig, dass auch wir im Leid der Liebe treu bleiben.
Auch im Leid sind wir von Gott geliebt und fähig zu lieben.

Selbst wenn wir Böses tun, hört Gott nicht auf, uns zu lieben.
Auch dazu hat er sein Ja gesagt, als Jesus die Bosheit ertragen hat.

Schwestern und Brüder,
wir erinnern uns an Jesu Leid, nicht, weil wir an seinem Leid und den Schmerz ergötzen wollen, nicht weil wir das Leid verherrlichen,

sondern, weil sein Kreuzesleiden uns heilt und versöhnt. Es zeigt uns, wie unermesslich Gottes Liebe zu uns Menschen ist. Bedingungslos und grenzenlos.

Amen.