17. 04.2017 Predigt in der Osternacht

Fürchtet euch nicht!
Liebe Schwestern und Brüder, das sind die ersten Worte des Engels an die zwei Marias.

Ist es zum Fürchten, wenn man einen Engel sieht?
Warum aber sagen dann manche Menschen zum anderen:
„Du bist mein Engel!“

Aber ja: es ist zum Fürchten, wenn mitten in unserer Zeit und Geschichte eine andere Dimension auftaucht und alle unsere Erfahrungswerte ins Wanken bringt.

Ich habe noch nie ein Erdbeben gespürt. Ich stelle es mir erschreckend vor, wenn der so sichere Erdboden plötzlich nicht mehr fest ist, sondern wankt und schwankt. Woran soll man sich dann noch halten. Was hält dann noch stand?

Die Erschütterung der Osterbotschaft ist ein solches Erdbeben im übertragenen Sinn: wenn ein Toter „aufersteht“ – worauf kann man sich dann noch verlassen. Was zählt dann noch? Woran kann man sich dann noch halten?

Den Frauen wird gesagt: geht nach Galiläa! Galiläa, das ist der Ort der Seligpreisungen; dort hat Jesus Kranke geheilt, Hungernde gespeist,
das Reich Gottes verkündet.

Daran sollen sich die Jünger halten in diesem Beben der Gewissheiten – völlig verunsichert durch das katastrophale Scheitern ihres Meisters.

Noch ein Angebot bekommen die Frauen: Jesus selbst. sie umfassen seine Füße. Sie wollen ihn festzuhalten und sich an ihm festhalten.
Diese „handgreifliche“ Szene macht deutlich: Das Osterereignis ist kein Traum, keine hysterische Einbildung – es ist real – handfest sozusagen.

Jesus, der Auferstandenen schickt selbst die Frauen zu seinen Brüdern, wie er sagt. Sie sollen ihnen ausrichten, dass sie nach Galiläa gehen sollen.

Sie sollen sich daran erinnern, was sie dort mit Jesus erlebt haben.
Sie sollen sich an seine Botschaft vom Reich Gottes erinnern:
Es wächst, es ist mitten unter ihnen, es ist Gegenwart.
Man muss es annehmen wie ein Kind, um hineinzukommen.

Die Jünger sollen sich erinnern, dass die Sünde den Menschen nicht von Gott trennt, dass kein Kranker von Gott getrennt ist, sondern dass Gott in jedem Menschen ist.

Sie sollen sich erinnern, dass für Gott kein Mensch verloren ist.

Schwestern und Brüder,
unsere Welt wird von vielen Schrecken erschüttert in diesen Jahren:
Völkerwanderungen, nicht enden wollende Kriege, die Veränderung des Weltklimas, zuletzt geht es gar um den Einsatz von Atomwaffen.

In diese Erschütterungen hinein trifft uns das Engelswort, das Wort Jesu:
Fürchtet euch nicht! Geht nach Galiläa. Haltet fest an dem, was ich euch gelehrt habe:

Haltet Frieden, teilt mit den Armen, steht den Kranken bei.
Vergeltet Böses nicht mit Bösem, sucht nicht über andere zu herrschen, sondern ihnen zu dienen.

Glaubt an das Reich Gottes. Es ist euch anvertraut. Es ist schon da.
Ihr könnt darin leben und ihr werdet darin leben.

Liebe Schwestern und Brüder,
In unserem Osterlob preisen wir diese Nacht und singen:
Dies ist die Nacht, die alle, die an Christus glauben, dem Elend der Sünde entreißt und sie ins Reich der Gnade heimführt.

Ostern bringt die Gesetzmäßigkeiten des Todes zum Einsturz und gründet einen neuen festen Halt: das Leben, den Glauben an das Leben, an die Zukunft des Lebens in dieser Welt und an die Zukunft des Lebens in Gottes Herrlichkeit. Nicht Feindseligkeit, sondern Vertrauen; nicht Angst, sondern Hoffnung; nicht Tod, sondern Leben.

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