17.09.2017: 24. Sonntag im Jahreskreis

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Liebe Schwestern und Brüder
Die Geschichte Jesu ist glasklar: Wer Vergebung erwartet, der muss selbst bereit sein, zu vergeben.

Schön finde ich, dass es auch einen Text im AT gibt, der den Juden das­selbe erklärt –mit abstrakten Überlegungen zwar, aber in der gleichen Logik. Jesus Sirach schrieb diese Gedanken um das Jahr 200 vor Christus nieder. Seine Schrift will erklären, wie ein Jude zu leben habe.

Wer Vergebung von Gott erwartet, muss selbst bereit sein, zu vergeben!

Haben sie das Gefühl, die Vergebung Gottes zu brauchen?
Gibt es etwas, das sie als Sünde vor Gott begreifen?

Sind wir nicht über all diese Moralvorschriften hinausgewachsen?
Wir haben doch für alles gute Gründe und in mancher Situation geht es halt nicht anders: da muss man halt mal …..
Lügen; da muss man jemand die Grenzen aufzeigen;

„Die Geschichte damals, tut mir zwar schon irgendwie leid, aber es war halt so und so und deshalb …“

Schwestern und Brüder, so sehr Jesus die vergebende und barmherzige Liebe Gottes verkörpert und verkündet hat: In seiner Botschaft ist immer enthalten, dass wir Menschen die Vergebung Gottes nötig haben.

Wir glauben an Gott, wir glauben an das Gute, an das vollkommene Gute; wir glauben daran, dass es das gibt und dass Gott der Gute ist.

Daraus erwächst für uns die Aufgabe, selbst gut zu sein.
Jesus sagt: „Seid vollkommen, wie auch heuer himmlischer Vater vollkommen ist. Er lässt seine Sonne aufgehen über Gute und Böse.“

Hinter diesem Anspruch können wir nur zurückbleiben.
Aber wir können uns bemühen, dass unser Handeln immer besser wird,
dass wir gut sind zu unseren Mitmenschen.

Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, dass wir ehrlich zu uns sind und uns eingestehen, wenn wir nicht gut sind, sondern egoistisch:
es gibt sie: jene Handlungen, in denen wir unser eigenes Wohl über das der anderen Stellen – obwohl beides völlig gleich berechtigt wäre.

Es ist wahr, dass wir selbst Vergebung nötig haben – und deshalb ist es nur recht, dass wir auch bereit sind, denen zu vergeben, die uns Unrecht getan haben.

Aber fangen wir zuerst einmal an uns klar zu werden, was Gott uns alles zu vergeben hat, wenn wir vor ihm stehen und offenbar wird,
was wir Gutes getan und nicht getan haben – und was wir vielleicht sogar Böses getan haben.

Diese Einsicht wird die Nachsicht in uns wachsen lassen.

10.09.2017: 23. Sonntag im Jahreskreis

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Liebe Schwestern und Brüder,
Ezechiel wurde wie große Teile seines Volkes Juda nach Babylon verschleppt. Zuerst kündet er davon, dass Jerusalem und der Tempel von Babylon ganz zerstört würden. Dann aber, nachdem dies Unheil eingetreten ist, kündet er von der neuen Zukunft für Israel und richtet es durch Hoffnungsbotschaften auf.
Ezechiel fühlt sich zum Wächter Israels berufen: Er soll Israel davor warnen, Unrecht zu tun und den Weg des Lebens zu gehen.

Brauchen wir nicht auch heute Wächter, die darauf achten, dass wir nicht den Weg des Lebens verlassen und Wege gehen, die Tod bringen – anderen und uns selbst?

Die Kirche, gerade auch Franziskus, tritt häufig als Wächter der Mensch­lichkeit auf: die Liste der Themen ist lang:
Die Gewinnsucht der Menschen wird angeprangert, die Diktatur des Relativismus bedauert, der Schutz des ungeborenen Lebens angemahnt,
die besondere Bedeutung der Ehe von Mann und Frau herausgestellt,
es wird zum Frieden gemahnt.

Sollen wir, dürfen wir als Kirche die Gesellschaften, die Regierungen und Völker mahnen – ausgehend von unseren Werten? Es ist ja ein wesentlicher Unterschied zu den Zeiten Ezechiels:

Israel sah sich als von Gott auserwähltes Volk, es war sein Volk, das sich verpflichtet wusste, den Weisungen Gottes zu folgen.

Unsere Gesellschaft ist eine offene Gesellschaft. Die gemeinsame Basis des Zusammenlebens sind nicht Gottes Gebote, sondern die Achtung der Menschenwürde, die Freiheit jedes Einzelnen, die Gleichheit vor dem Gesetz.
Doch die Lebensweise jedes Einzelnen, seine Moral und seine Wertvorstellungen – sind so verschieden, individuell. Jeder darf – innerhalb der Gesetze – leben, wie er will. Diese Gesetze stammen nicht von Gott, sondern vom Deutschen Bundestag, von der Menschenrechts­konvention, vom europäischen Rat und Parlament.

Die Christen sind eine – untereinander höchst unterschiedliche – Gruppe in der Gesellschaft, mit eigenen gemeinsamen Werten: (zum Beispiel: Ja zum Leben, auch zu Menschen mit Behinderungen) doch niemand wird uns zugestehen, dass wir sie denen aufdrängen, die keine Christen sind.

Propheten brauchen wir selbst: Propheten, die Gottes Wort der Mahnung und Warnung und der Hoffnung sprechen – für uns, die wir uns als das neue Volk Gottes verstehen, als Schwestern und Brüder Jesu, der uns mit Gott versöhnt hat.

Was hätte ein Prophet uns, der Kirche Gottes, zu sagen? Was hat er uns zu mahnen?

Werdet euch bewusst, dass ihr aus einer anderen Quelle lebt:
Ihr seid Gottes Kinder! Euer erstes und wichtigstes ist, dass ihr an die Liebe Gottes zu euch glaubt. Er ist Euer Leben. Er schenkt euch das Heil – dieses Heil ist im kommenden Leben für euch bereit – nicht in dieser Welt.

Euer wichtigstes ist, dass ihr Gottes Liebe erwidert: dass ihr euren Mitmenschen Gutes tut, dass ihr den Notleidenden helft, dass ihr niemanden überseht, dass ihr zu denen geht, die in der Gesellschaft keinen Platz bekommen.

Habt keine Angst davor, anders zu sein: Habt keine Angst, wenn nicht mehr viele euren Glauben teilen; habt keine Angst, wenn ihr ja sagt zum Leben, auch wenn es krank ist und schwer wird;
habt keine Angst davor, Eure Zeit und Euer Geld zu teilen:

Vielmehr: seid froh, dass ihr Gottes Liebe kennt, seid froh, dass ihr in der Gemeinde gleich gesinnte treffen dürft, seid dankbar für die Hoffnung, die euch gegeben ist. Eure Zukunft ist das Leben in Gottes Licht.

03.09.2017: 22. Sonntag im Jahreskreis

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Liebe Schwestern und Brüder,
so manches Parfum hat einen betörenden Duft – und lässt dem Gegenüber kaum eine Chance, sich nicht hingezogen zu fühlen.
Betören und verführen – hängen unserem Sprachgefühl nach nahe zusammen: Der Prophet Jeremia sagt zu Gott, zum Gott Abrahams, der Israel aus Ägypten herausgeführt hat: „Du hast mich betört“.

Das ist kein leichtes Los für Jeremia: Das Königreich Juda läuft den Götzen nach; Arme werden ausgebeutet, die Reichen und Mächtigen beugen das Recht zu ihren Gunsten – Jeremia muss zu ihnen Gottes Worte sagen: Worte des Fluchs, des Unheils, der Zerstörung, drohende Worte.
Ansehen gewinnt er dadurch nicht: er wird verhöhnt, verspottet, verfolgt, verhaftet, in die Zisterne geworfen.

Er muss so viel aushalten, dass er am liebsten nicht mehr Gottes Wort sprechen würde: doch dann ist es wie Feuer in seinem Herzen – es ist nicht auszuhalten. Jeremia muss reden!

Warum bürdet er sich das auf? Warum bürdet Gott ihm das auf?

Warum sendet Gott Jesus von Nazareth, damit er den Armen sein Erbarmen verkündet und die Kraken heilt und die Schwachen aufrichtet, so dass sich der Zorn der Mächtigen gegen ihn richtet?

Liebe Schwestern und Brüder, wir alle haben diese Erfahrung:
wenn wir uns für etwas einsetzen, wenn wir uns stark machen für jemanden, wenn wir ein Ziel anstreben – müssen wir Hindernisse und Widerstände überwinden.

Wann immer wir uns einsetzen für das, was wir als richtig erkennen, werden wir Widerstand erleben.

Wenn wir heute als Christen, in der Nachfolge Jesu leben wollen,
wenn wir Gottes Ja zum Leben und zum Menschen konsequent in unserem Leben umsetzen,
wenn wir davon sprechen, dass Selbstbestimmung nicht alles ist,
werden wir Widerstand spüren.

Ein Beispiel unter vielen, die ich aufzählen könnte ist der Schutz des menschlichen Lebens vom Beginn, bis zum Tod,
wo man heute sagt: Ein Leben mit Krankheit, ein Leben mit Schmerz soll besser beendet werden. – Gott aber sagt: Das Leben soll gestärkt werden, bis zum letzten Atemzug.

Die wichtigste Botschaft aber, die wir empfangen haben und die uns anvertraut ist:
Diese Welt ist Gottes Welt. Der Mensch ist Gottes Ebenbild!
Deshalb ist die Welt und der Mensch heilig – von Gott geheiligt.

Das gebietet uns Ehrfurcht vor der Schöpfung, Ehrfurcht vor dem Leben und Ehrfurcht vor dem Menschen vor jedem Menschen.

Es gibt keinen Menschen, der diese Ehrfurcht nicht verdient.

Schwestern und Brüder,
diese Botschaft brennt in unseren Herzen und wir dürfen und können davon nicht schweigen;

Wir können nicht anders, als danach zu leben:
Wenn wir Gott etwas schenken können, dann sind wir das selbst, in dem wir die Ehrfurcht vor dem Leben, vor Gottes Geschöpfen zur Grundlage unseres Lebens machen.

So mögen wir vielleicht manch kurzes Vergnügen versäumen.
doch wir gewinnen viel mehr:
Wir finden das Leben Gottes, das in uns ist und das uns mit der ganzen Schöpfung Gottes verbindet.