Hier geht es zu den liturgischen Texten: 
Liebe Schwestern und Brüder,
Priester, Medizinmänner, Schamanen – überall gab es Männer und auch Frauen, in dieser besonderen Rolle: Sie bringen die Menschen –heilsam oder auch fluchend – mit übermenschlicher, mit göttlicher Kraft in Verbindung.
Die Priester brachten Gott Opfer dar: Tieropfer, Rauchopfer, Brotopfer – je nach dem. Nicht jeder konnte diese Lob-, Dank- und Bittopfer darbringen. Sondern man musste damit einen Priester beauftragen, der dafür ausgewählt und bestimmt war. Ihm war es vorbehalten, mit Gott in Verbindung zu treten.
Der Priester stimmte Gott durch das Opfer gnädig, versöhnte ihn mit dem köstlichen Duft, der aufsteigt, wenn Feuer frisches Fleisch von Tieren röstet und gart.
Christen haben mit ihrem Glauben dieses archaische Verständnis hinter sich gelassen. Gott verlangt keine Opfer, um gnädig gestimmt zu werden.
Es braucht keine Priester, die stellvertretend für ihre Auftraggeber Gott ein Opfer darbringen, um ihn zu loben oder um für ihre Verfehlungen Sühne zu leisten.
Ganz im Gegenteil: Gott ist in Jesus ein sterblicher Mensch geworden und hat mir uns den Tod geteilt. So hat er Versöhnung gebracht.
Es gibt nur einen Priester: Jesus Christus: alle, die glauben, dass er uns erlöst hat; haben an seinem Priestertum Anteil. Deshalb wird der Neugetaufte mit Chrisam gesalbt: der er hat Anteil an Christus, der gesalbt ist zum Priester, König und Propheten in Ewigkeit.
Es gibt auch kein Opfer mehr, das wir Gott darbringen müssen, um ihm zu gefallen: Jesus hat das Opfer gebracht, weil er Gott ganz gehorsam war und seinen Willen erfüllte. Das ist das einzige Opfer, das Gott verlangt.
Trotzdem gibt es in unserer Kirche geweihte Diakone, Priester und Bischöfe?
Die deutsche Bezeichnung „Priester“ stammt von dem griechischen Wort Presbyter, was eigentlich Ältester bedeutet:
In der Urkirche haben die Apostel Älteste eingesetzt, damit sie die Gemeinde und auch die Eucharistiefeier leiten.
Besonders der Hebräerbrief wird nicht müde darauf hinzuweisen, dass Christus der einzige Priester ist und verwendet dafür ein ganz anderes Wort, nämlich das Wort hieros.
Christus ist der einzige Priester (hieros). Die zum Leitungsdienst geweihten sind Diener des Volkes Gottes: Diakone, Älteste und Bischöfe.
Das einzige Opfer, das wir kennen, ist die Selbsthingabe Jesu an seinen Vater. Das feiern wir in der Eucharistie. Dabei wird es für uns immer wieder wirksam: es bestätigt und erneuert die Versöhnung, die Christus uns geschenkt hat.
Das einzige, was Gott uns gebietet ist eines:
Wir sollen Gott lieben, mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft. Und dazu gehört untrennbar die zweite Seite der Medaille:
Dass wir den Nächsten, den Mitmenschen lieben, wie uns selbst.
Schwestern und Brüder,
Gott mit ganzem Herzen lieben und mit ganzer Kraft:
das heißt, die Liebe zu Gott können wir nicht begrenzen auf unsere Sonntagsmesse und unsere persönlichen Gebete. Die Liebe zu Gott soll immer und überall die Richtschnur sein – was immer wir auch tun:
Dankbare Liebe, wenn wir die Wohltaten der Schöpfung genießen;
engagierte Liebe, wenn wir der Not der Menschen begegnen;
geduldige Liebe, wenn wir die Last des Lebens erfahren;
Diese Liebe nimmt unsere ganze Existenz, unsere ganze Person in Anspruch: genau so verwirklichen wir, dass wir Anteil haben am Priestertum Jesu, der sein Leben eingesetzt hat, um den Willen Gottes zu tun.
Wir müssen Gott nicht gnädig stimmen, aber wir sollen unser ganz der Liebe zu Gott hingeben, wie Christus unser einziger und wahrer Priester.