31.03.19: 4. Fastensonntag (Laetare)

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©Misereor Hungertuch 2019

Hier geht es zu den liturgischen Texten: schott

Schwestern und Brüdern ,
wenn sich Menschen versöhnen und wieder zueinander finden, die lange getrennt und vielleicht zerstritten waren – das ist etwas vom schönsten, das man erleben kann. Man muss sich doch freuen, denn dein Bruder war tot und lebt wieder, er war verloren und wurde wieder gefunden.

Ich versuche, diese Freude über Gottes Barmherzigkeit, die Freude Gottes über die Menschen, die zu ihm finden und wieder auf ihn hören, mit dem neuen Hungertuch von MISEREOR zu verbinden:

Vorherrschend ist ein tiefes dunkles Blau: Die Erde ist der blaue Planet. Wasser in den Flüssen und Meeren ermöglicht das Leben.

Das Festland, die Erde ist unser Lebensraum. In der Mitte des Bildes ist eine braune vom blau durchzogene große Fläche – wie ein Kontinent im Ozean. Der Künstler Uwe Appold hat dafür Erde aus dem Garten Getse­mani verwendet. 12 Steine, die in diesem Erdreich waren, setzte er in das Bild: 12 Steine als Erinnerung an die 12 Stämme Israels und die 12 Apostel, denn Gott freut sich über Menschen aus allen Nationen, die zu ihm finden.

In der Mitte ist ein Haus. Es ist offen, nicht abgeschlossen: Es muss offen sein, nicht verschlossen. Es wird nie fertig sein. Die Menschen müssen immer daran arbeiten, damit das Haus Platz bietet für alle, damit niemand ausgeschlossen wird.

Um das Haus herum ist der goldene Ring: Symbol der göttlichen Herrlichkeit, Symbol der Liebe Gottes, die uns Menschen umfängt, die uns trägt, die uns diese Erde als Lebensraum anvertraut.

Unten rechts ist eine Figur: sie sieht aus wie eine Säule in Bewegung. Die Figur ist Symbol für den Menschen. Auffallend ist diese schwungvolle Linie, eine Stange aus Edelstein mit dem eingekerbten Christus Mono­gramm. Sind es die Arme des gekreuzigten Menschen, den man hinausgedrängt hat, der keinen Anteil mehr hat an den Gütern der Erde, an Nahrung und Energie, an Bildung und Kunst – der Mensch, den man verloren gehen lässt? Der helle Schatten dieses Menschen scheint mit dem blauen Hintergrund zu verschmelzen. Denn Gott, der die Erde trägt und hält, ist und bleibt für immer das Leben jedes einzelnen Menschen.

Das Hungertuch trägt den Titel: „Mensch, wo bist du?

Wir sind angefragt, wie wir uns verhalten, damit die Menschen nicht verloren gegeben werden; wie wir uns verbinden mit den Menschen, die hinausgedrängt wurden, die nicht zugelassen werden, denen man keinen Anteil zugesteht an Bildung und Wissen, an Geld und gut.

Verbinden wir uns mit den Menschen, die phantasievoll und voll Liebe und Idealismus Ideen entwickeln und verwirklichen, damit die Menschen einen Weg ins Leben finden und Anteil haben.

Mit der diesjährigen Fastenaktion greift MISEREOR dieses zentrale Anliegen auf. Im Fokus stehen junge Menschen in El Salvador mit ihren Ideen, Hoffnungen und Zukunftsplänen. In dem zentralamerikanischen Land schränken Armut, Gewalt und Kriminalität die Zukunftschancen der jungen Menschen stark ein.

Der MISEREOR-Partners FUNDASAL gibt vielen jungen Menschen eine Perspektive für ihr Leben:  Die Grundidee ist, dass junge Menschen gemeinsam Häuser für ihre Familien bauen und dadurch Zusammenhalt entsteht.

Für die Jugendlichen ergeben sich neue Perspektiven: Sie können ihr Wissen im Lehmziegelbau weiter nutzen und eine Erwerbstätigkeit finden.

Die jungen Menschen profitieren von der verbesserten Wohnsituation und stärken auch die Gemeinschaft. So wie die Jugendgruppe in El Sauce, einem Stadtteil von Sonsonate im Westen El Salvadors. Seit 1999 entstanden hier mithilfe von FUNDASAL 1.700 Wohnungen für Familien. Die Jugendlichen trafen sich, um Pläne zu schmieden und auf die Kinder in der Nachbarschaft aufzupassen. Unter ihnen wuchs der Wunsch, ihre Zukunft in die Hand zu nehmen und „Akteure des Wandels“ zu werden, wie die 18-jährige Hassell Pinto sagt.

Im ganzen Land sind seit der Gründung von FUNDASAL rund 51.000 neue Häuer entstanden und 273.000 Menschen haben von den Aktivitäten des Projektpartners profitiert.

Ich bin überzeugt, dass Gottes Freude groß ist über jeden jungen Menschen, der so etwas Gutes aus seinen Fähigkeiten macht.

10.03.2019: 1. Fastensonntag

Hier geht es zu den liturgischen Texten: schott

Liebe Schwestern und Brüder,
eine seltsame Geschichte haben wir gerade gehört:
Lukas schildert wie Jesus, den er als Sohn Gottes verkündet, vom Teufel versucht wird: Kann man sich das vorstellen?

Es gibt von Haus aus viel zu fragen: Was heißt Versuchung?
Wie ist das mit dem Teufel? Gibt es ihn? Was ist sein Ursprung?
Ich lasse diese Fragen mal beiseite, denn sie wurden ja schon oft besprochen.

Jedenfalls steht diese Versuchungsgeschichte ganz am Anfang der öffentlichen Geschichte Jesu nach der Taufe am Jordan, wo er als Sohn Gottes geoffenbart wird.

Das gibt es eine interessante Parallele: Die Bibel erzählt gleich nach der Erschaffung von Mann und Frau von deren Versuchung:

Gott hatte dem Menschen geboten: „Von allen Bäumen des Gartens darfst du essen, doch vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse darfst du nicht essen; denn sobald du davon isst, wirst du sterben.“

Da kam die Schlange, das Bild des Satans, und sagte: Es ist ganz anders:
Wenn ihr von diesem Baum esst, werdet ihr wie Gott und könnt selbst Gut und Böse erkennen – also bestimmen, was gut und böse ist.

Wir wissen: Adam und Eva aßen von den wunderschönen Früchten des Baumes: In der Folge berichtet die Bibel von Mord und Todschlag unter den Kindern von Adam und Eva, von der Verderbtheit der Menschen, die schließlich zur großen Flut führte, die fast alles Leben auf der Erde vernichtet hätte.

Jesus hingegen hat der Versuchung widerstanden: Er, der Gott gleich war, hielt nicht daran fest, Gott gleich zu sein, sondern wurde ein Mensch, in allem uns gleich außer der Sünde. Er blieb seinem Vater gehorsam:
Er lebt durch Gottes Wort, er wirft sich vor Gott nieder und er stellt Gott nicht auf die Probe, als ob er von Gott einen Beweis seiner Göttlichkeit verlangen könnte, um ihn anzuerkennen.

Schwestern und Brüder,
vor wem verneigen wir uns?
Welches Unrecht sind wir bereit zu verüben, um einen Nachteil abzuwehren, um einem Mangel abzuhelfen?
Wie schnell sind wir bereit, Gott all das Unrecht und Leid dieser Welt vorzuwerfen und ihn so für unfähig zu erklären – eben für nicht göttlich.

Das Lukasevangelium zeigt uns Jesus als Retter, der der Versuchung widerstanden hat.

Es geht aber auch um uns selbst:
Er ist unser Vorbild, dass auch wir den Versuchungen widerstehen und statt dessen auf Gott hören und das Gute tun, die Liebe üben und anerkennen, dass wir zuletzt allein Gott verantwortlich sind, dass wir das Gute tun und das Böse lassen.

Dafür ist die österliche Bußzeit da,
dass wir unseren Entschluss erneuern und bekräftigen,
auf Gott zu hören und den Mitmenschen zu lieben:

Denn vor Gott zählt nicht, wie gut ich gegessen habe, wie meine Karriere verlaufen ist, wie angesehen ich war, wie weit meine Urlaubsreisen waren, welche Bequemlichkeiten ich mir leisten konnte:

Vor Gott zählt:
Wem hast du Gutes getan?

24.02.2019: 7. Sonntag im Jahreskreis

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Liebe Schwestern und Brüder,
euch Kirchgängern sage ich:

Wenn dir einer die Vorfahrt nimmt, reg dich nicht auf und schimpf nicht über ihn.

Wenn dir jemand dein Fahrrad klaut, verlang es nicht zurück.

Wenn jemand Gerüchte über dich verbreitet, lobe ihn vor den Leuten.

Wenn dich jemand zur Seite drückt, hilf ihm, dass er besser vorwärts kommt.

Wenn dir jemand Schaden zufügt, versuche ihm zu nützen, wie du kannst.

Kann man sich so etwas sagen lassen?
Es ist nur verständlich, wenn man da einen dicken Hals bekommt –

Wenn ich solche Regeln aufregen, merke ich jedenfalls, dass ich anderer Meinung bin:
Wer mir schadet, der muss mit meinem Widerstand rechnen.
Ich werde mich jedenfalls wehren.

 So weit so gut und so normal.

Andererseits jammern wir über die Zustände in dieser Welt:
Egoismus, Verrohung der Sprache, zunehmende Gewaltbereitschaft,
das finden wir gar nicht gut.

Wir wünschen und Frieden und Gerechtigkeit, Sicherheit und Rücksichtnahme.

 Jesus stellt unser Freund – Feind Schema in einen ganz anderen Horizont:

Wenn ihr Söhne und Töchter des himmlischen Vaters sein wollt,
wenn ihr hofft, dass der Vater euch eure großen und kleinen Gemeinheiten und Unwahrheiten vergibt, und euch die Herrlichkeit des Himmels schenkt –
dann benehmt euch wie Kinder eures Vaters und vergebt denen, die an euch schuldig geworden sind und teilt mit denen, die euch nichts geben können.

Wenn ihr erwartet, dass Gott bei euch Nachsicht zeigt, dann seid selbst nachsichtig.

 Unsere Reflexe der Revanche, der Vergeltung, der Verurteilung
stellt Jesus in einen größeren Horizont:
Er stellt uns vor Augen, dass wir selbst Menschen sind, die Nachsicht und Vergebung und Großzügigkeit brauchen und erhoffen.

Er stellt uns vor Augen, dass wir vor Gott ebenso Sünder sind wie die,
die uns Unrecht tun – und zwar wirklich Unrecht tun.
Nun sieht das schon ein wenig anders aus:

Denk daran, wie oft du dich schon falsch verhalten hast im Verkehr.

Denk daran, wie oft Du Dich vorgedrängt hast.

Denk daran, wer durch dich Schaden erlitten hat.

Denk daran, zu wem du ungerecht warst.

Nun überlege, wie du mit denen Umgehst, die unfreundlich zu dir sind.

Nun überlege dir, ob du das Recht hast, jemand zu verurteilen –
oder ob du dir zugleich selbst das Urteil sprichst.

Willst du Frieden? Dann stell den Frieden her, indem du vergibst.

Wollte ich sie mit meinen Gedanken zur Feindesliebe aufs Glatteis führen.
Beileibe nicht. Was Jesus uns da ans Herz legt, ist eine harte Nuss.
Es läuft unseren Instinkten und Reflexen zuwider. Auch den Meinen.

Aber es gilt auch hier: Es ist besser anzufangen. Auch wenn man es nicht immer schafft. Manchmal ist es gar nicht schwer. Wer leichte Übungen schafft, kann zu schwierigeren übergehn. Es ist der Weg dazu, ein friedfertiger Mensch zu werden, nach dem Vorbild Jesu. Ist das so schlecht?

17.02.2019: 6. Sonntag im Jahreskreis

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Liebe Schwestern und Brüder,
Ein Baum, am Wasser gepflanzt – und ein Strauch in der Steppe.
Der eine führt ein kümmerliches Dasein – es ist trockenes Gestrüpp, das nicht mal die Schafe mögen.
Der andere, der Baum: ein Bild, der Stärke, der Fruchtbarkeit, der Schönheit. Der Baum gibt Schatten, bringt Früchte.

Diese beiden vergleicht das Buch Jeremia mit Menschen, die sich auf Menschen, oder die sich auf Gott verlassen.

Wer sind die Menschen, die sich auf Menschen verlassen?

Im Fall des Falles handeln sie gegen ihre Überzeugung,
man weiß gar nicht, ob sie eine Überzeugung haben:
Der kurzfristige, unmittelbare Vorteil steht im Vordergrund.
Sie haben keine innere Stärke, um ihren Weg zu gehen
sie lassen sich von den Mächtigen dirigieren und bestimmen.

Die Menschen, die auf Gott vertrauen, haben Überzeugungen.
Sie stellen Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit über ihr kurzfristiges Wohl,
die Armut zu überwinden, ist ihnen wichtiger als ihr eigener Reichtum,
das Leben zu schützen ist größer, als für sich selbst zu sorgen.
Vielleicht sind das die Schülerinnen und Schüler, die Verweise in Kauf nehmen, um für mehr Klimaschutz zu demonstrieren.
Vielleicht sind es die Mahner, die für den Schutz des Lebens eintreten –des ungeborenen Lebens und auch des Lebens, das sich dem Ende zuneigt.

Menschen, die solche Überzeugungen und Werte haben,
sind ein Segen: Sie bringen Früchte, bei ihnen findet man Schutz und Stärke. Sie werden zum Segen für andere.

Die Seligpreisungen und Weherufe Jesu im Lk.Ev. können wir in diesem Horizont verstehen:

Was macht Jesus: Er preist die Armen, die Hungernden, die Ausgestoßenen selig und ruft denen, die in unserer Alltagswelt gut dastehen ein Wehe entgegen: Warum eigentlich?

Weil sie das Glück haben, sich satt essen zu können, weil sie das Glück haben, nicht arm zu sein? Weil sie das Glück haben, anerkannt und gelobt zu werden?

Wird Gott mich dafür strafen?

Das Problem ist nicht der Wohlstand und der Glücksfall, auf der Sonnenseite des Lebens zu stehen.
Das Problem ist, wenn wir die Armen übersehen,
wenn wir nichts gegen den Hunger tun,
wenn wir um der Anerkennung willen, das Gerechtigkeitsgefühl hinten anstellen.

Die Satten und Reichen, die Glück haben und anerkannt sind,
haben Verantwortung dafür,
dass die Armen nicht arm bleiben,
dass die Hungernden nicht mehr hungern,
dass die Ausgeschlossenen Zugang finden und Teil haben können an der Gesellschaft, an Sport und Kultur.

Jesus tritt dafür ein, dass wir Spaltungen überwinden,
dass wir Ausbeutung und Unterdrückung und die Kreisläufe des Unrechts beenden,
dass wir gerecht handeln und leben.

So hat Gott es in seinem Sohn Jesus selbst vorgemacht:
Er wurde ein sterblicher Mensch,
um uns Anteil zu geben an seiner Auferstehung und an seinem unvergänglichen Leben.

Der Glaube an die Auferstehung, an das ewige Leben,
hängt eng zusammen mit dem, was Menschen hier auf der Erde tun:

Denn: wenn wir uns bewusst bleiben, dass die Armen im Himmel nicht mehr arm sein werden, und dass Gott denen Anerkennung und Ansehen schenkt, die auf der Erde verschmäht werden – weil sie Jünger Jesu sind.

Dann werden wir wie von selbst den Ehrgeiz entwickeln, es wie Gott selbst zu machen und Armut und Hunger und Ausgrenzung zu überwinden,
denn die vergängliche Welt bereits ist Gottes Reich und soll es immer mehr werden.