19.04.2019: Karfreitag

Liebe Schwestern und Brüder,
im 2. Hochgebet beißt das einleitende Gebet vor der Wandlung so:
Am Abend, an dem Jesus ausgeliefert wurde und sich aus freiem Willen dem Leiden unterwarf, nahm er Brot …

Seit vergangenem Sommer berührt mich dieses „Aus freiem Willen“ ganz besonders und geht mir nach:
Aus freiem Willen gibt Jesus sein Leben hin – das ist umwerfend.
Wer gibt schon sein Leben aus freiem Willen hin?

Doch, es gibt Beispiele: Wer in der Suchmaschine im Internet eingibt „aus freiem Willen!“ – der findet als erstes Buchtitel zum Thema Assistierter Selbstmord, wenn Menschen wegen großer Schmerzen und Beschwerden sich das Leben nehmen wollen.
Aber: Wer  aus freiem Willen bestimmt, sich das Leben zu nehmen – tut es für sich: er möchte das Leid, die Schwäche nicht mehr ertragen. Man tut das aus Verzweiflung, die Ausweglosigkeit treibt einen zum Suizid.

Jesus wollte sich nicht das Leben nehmen. Er wollte leben. Er war gesund und voller Kraft. Ihn trieb nicht die Verzweiflung in den Tod.

Es gibt wirklich Menschen, die aus freiem Willen ihr Leben für andere einsetzen: Die Feuerwehrleute beim Brand von Notre Dame, Bergretter, der Katastrophenschutz und noch viele andere.
Sie begeben sich aus freiem Willen und selbstlos in gefährliche Situationen, um jemandem zu helfen. Denken wir nur an die Fußballmann­schaft, die in einer Höhle vom Wasser eingeschlossen war.
Das kann ich nur bewundern und es ist aller Ehren wert.
Aber es ist etwas anders: Die Rettungsleute machen hoffentlich (!) alles so, dass möglichst niemand dabei zu Schaden kommt und sie werden von niemandem bedroht – jedenfalls sollten sie nicht bedroht, sondern anerkannt und unterstützt werden.

Es gibt Beispiele von Menschen, die tatsächlich unmittelbar für einen anderen das Leben aus freiem Willen geben und sich dem Tod ausliefern: Pater Maximilian Kolbe hat sich von den NS Schergen anstelle eines Familienvaters hängen lassen. Nicht weil er lebensmüde war, sondern weil er dem Familienvater das Leben retten wollte.

Das ist Jesus Christus sehr ähnlich, der sich aus freiem Willen dem Leiden unterwarf: Er starb, weil er sagte und verkündete, dass er im Namen Gottes spricht und seinen Willen tut: „Ich verkünde, was ich von meinem Vater gehört habe.“ Dieser scheinbaren Gotteslästerung wegen wurde er angeklagt und verurteilt.

Er starb, damit seine Jünger seine Botschaft weitersagen können:
Gott verzeiht, Gott verurteilt nicht, Gott erweckt zum ewigen Leben.
Dabei dachte er nicht nur an seine Jünger, die um ihn waren: er dachte an alle, in denen er Hoffnung und Vertrauen zum Vater geweckt hatte.
Und er dachte daran, dass seine Botschaft von Gott, der Liebe ist und Quelle des Friedens nur so durch die Zeit hindurch weiterwirken kann.
Er dachte an das Heil für die Welt: Er stiftete einen neuen Bund,
den immerwährenden Bund des ewigen Lebens, das Gott schenkt.

Aus freiem Willen unterwarf er sich dem Leiden, das ihm angetan wurde,
um die Bosheit bei sich enden zu lassen. Er lieferte sich der Gewalt aus, doch er selbst blieb stark und erwiderte
Gewalt nicht mit Gewalt, sondern mit Sanftmut;
Bosheit nicht mit Bosheit, sondern mit Liebe;
Verrat nicht mit Verrat, sondern mit Treue;
Lüge nicht mit Lüge, sondern mit Wahrheit.

So war er stärker als die Dunkelheit und ihre Macht und hat sie überwunden – stellvertretend für die ganze Menschheit und als Vorbild für alle, die ihm folgen.

Wir geben zwar immer wieder bösen Gedanken und selbstsüchtigem Streben in uns Raum. Doch er gibt uns Hoffnung, dass wir dagegen ankämpfen können, denn er ist uns voraus gegangen.

Wenn wir uns aus freiem Willen für andere Menschen einsetzen, ihnen helfen, teilen, beistehen – obwohl es oft schwer ist und an den Kräften zehrt – dann sind wir Jesus ähnlich und seine Liebe bringt Frucht. Amen.