18.10.2020: 29. Sonntag im Jahreskreis

Hier geht es zu den Texten der Liturgie:

Liebe Schwestern und Brüder,
wie soll ich die Antwort Jesu einschätzen?
Ist er einfach nur klug, um sich aus der Schlinge zu ziehen?
Ist er schlagfertig, phantasievoll, kreativ,
übertrifft er seine Gegner an Schlauheit?
Oder ist seine Antwort einfach überzeugend und wahr?

Die Frage, die man Jesus stellte, war hinterhältig, weil sie von Jesus ein Ja oder Nein fordert. Bestätigt er, dass es erlaubt ist, dem Kaiser Steuern zu zahlen, macht er sich vor den Juden zum Handlanger der Römer.
Antwortet er mit „Nein. Man darf dem Kaiser keine Steuern zahlen.“ Bekommt er es mit der römischen Macht zu tun.“

Jesus ist dadurch nicht in die Falle zu locken. Warum?
Weil er in sich völlig klar ist und beständig und einen Kompass hat:
Ihm geht es nicht um Rebellion – ihm geht es um Gott.
Er will nur, dass Gott und damit dem Menschen die Ehre gegeben wird.

Er antwortet mit entwaffnender Klugheit und Klarheit: Gebt dem Kaiser, was ihm gehört und Gott, was Gott gehört.

Dem Kaiser, dem Staat gebührt, dass wir uns an die Regeln halten,
dass wir an der Meinungsbildung mitwirken, dass wir uns für das Gemeinwesen engagieren, dass wir die Entscheidungen der Gerichte akzeptieren – ob sie uns gefallen oder nicht. …

Was gehört Gott?
Auf diese Frage muss jeder, der an Gott glaubt, eine Antwort finden.
Doch eines ist klar: Staat, Regierung, Gesetze – das sind menschliche Größen. Gott ist größer als alles, was Menschen tun und beschließen.

Auch wenn es in unserer römisch katholischen Kirche einen Bereich gibt, der als „göttliches Recht“ unveränderbar sein soll. Doch auch dies wurde irgendwann von Bischöfen in unserer Kirche festgelegt, denn Jesus hat kein einziges Gesetz gegeben – nicht eines.
Dies muss ich sagen, auch wenn ich weiß, dass mein Bischof mir dafür entschieden widersprechen und mich zurechtweisen würde.
Gott ist größer als alles, was Menschen tun und beschließen.

Das kann im Ernstfall bedeuten, dass jemand spürt:
Ich kann mich jetzt nicht an das Gesetz halten.
Ich muss jetzt Gott gehorchen, meinem Gewissen –
selbst wenn mich das in Schwierigkeiten bringt.

Beispiele dafür zu benennen, ist einfach und schwierig zugleich.

Als die Nationalsozialisten in Deutschland eine Regierungsmehrheit gefunden hatten und große Aufmärsche organisierten, verweigerten dennoch viele Menschen die Gefolgschaft: sie verweigerten den Hitlergruß, hissten keine Hakenkreuzfahnen, versteckten Juden.

Das ist ein einfaches Beispiel – das allerdingst lebensgefährlich war.

Zum Glück können wir heute in Deutschland offen gegen Entscheidungen der Regierung demonstrieren. Wir leben in einem Land, das die Rechte seiner Bürger anerkennt und respektiert und in dem auch die Regierung die Entscheidungen der Gerichte achtet.
Allerdings fangen manche politische Gruppen damit an, andersdenkende zu bedrohen und einzuschüchtern, sie zerstören Kameras und verprügeln Journalistinnen.

Wir sollen Gott geben, was ihm gehört: Unsere größte Liebe, die Ehrfurcht und der Gehorsam. Beispiele aus der Gegenwart sind schwieriger, weil es bei uns immer verschiedene Meinungen gibt:

  • Die Achtung vor dem Leben, vor der Geburt und an seinem Ende –
    was immer auch die Gesetze des Staates und die Entscheidungen der Gerichte nahelegen. Es kann für Ärztinnen und Ärzte schon bedrängend werden, wenn sie das tödliche Gift verweigern – obwohl das Gericht den Anspruch hat, dass es dem Lebensmüden gegeben werden muss.
  • Es kann schon schwierig sein, einen Menschen zu schützen, der in der Arbeit aneckt und deshalb zur Zielscheibe für Aggressionen wird.
  • Es ist nicht leicht, einen Arbeitgeber darauf hinzuweisen, wenn Rechte der Arbeitnehmer missachtet werden.

Gebt Gott, was Gott gehört! Wenn ich an Gott glaube, dann gehöre ich ihm und zu ihm. Das macht frei gegenüber jedem und allem.
Das macht frei, für das Leben einzutreten, für die Gerechtigkeit, für die Schwächeren,

Die Gottesfurcht und die Einsicht werden uns davor bewahren,
Bequemlichkeit und Eigennutz damit zu verwechseln.