22.11.2020: 90jähriges Jubiläum der Kirchweih

Hier geht es zu den Texten der Liturgie:

Seit 90 Jahren dient unsere Herz Jesu Kirche als Gotteshaus für die Pfarrei Herz Jesu, der einmal 8000 Katholiken angehörten, bevor die Pfarrei Herz Marien neu gegründet wurde.

Wir feiern diese Zeit in einer ernsten Kirchenkrise und auch in einer ernsten Krise unserer Gesellschaft und unseres Staates: Es gibt eine immer größer werdende Zahl von Menschen, die erleben, dass sie und ihre Interessen übergangen werden: Der AFD ist es ein Leichtes, diese Menschen mit ihrem Frust und ihrem Zorn hinter sich zu bringen.

Wir, die Herz Jesu Gemeinde im Bistum Regensburg leben mitten in dieser Gesellschaft. Was ist unsere Aufgabe in dieser Zeit?
Wie stellen wir uns unsere Zukunft vor?
Worauf bereiten wir uns vor? Welche Pläne entwickeln wir?
Viel wichtiger und ernster? Was will Gott von uns?

Das ist nicht leicht zu beantworten, denn das steht nirgendwo aufgeschrieben. Wir müssen die Antwort selbst suchen – aber wir sind dabei nicht nur auf uns selbst gestellt:
Uns sind die Evangelien gegeben, die Zeugnis geben von Jesus Christus und seiner Lehre und Frohbotschaft.
Uns ist der Heilige Geist gegeben, der uns hilft zu erkennen, was gut ist, was wichtig ist und der uns Kraft gibt.

Denken wir also nach in drei Schritten: Sehen, urteilen, handeln.

Für die Beschreibung der jetzigen Situation kann man viel Zeit verwenden, doch jeder sieht es: Entkirchlichung, Glaubensverlust, Skandale, Vertrauensverlust, widerstreitende Kräfte der Neuerungen und der Abwehr von Neuerungen.

Die römisch-katholische Kirche bietet in großen Teilen ein desolates Bild.
Niemand hat derzeit einen Plan.
Ich gebe zu, wenn so viele klügere Menschen, Professoren, Bischöfe keinen Plan haben – wie sollen wir einfachen Katholiken in unserer kleinen Pfarrei mit nicht mal 3000 Katholiken uns anmaßen, einen Weg aus der Krise zu finden?

Andererseits: Viele Stimmen ergeben einen starken Chor und wenn viele Stimmen versuchen gemeinsam zu tönen, finden sie oft wie von selbst ihre Harmonien. Scheuen wir uns also nicht, unsere Stimme beizutragen.

Und noch etwas: Tun wir nicht nichts, weil wir nicht alles tun können.
Tun wir, was uns möglich ist – mehr müssen wir nicht von uns verlangen.

1. Christen sind zu den Geringsten gesandt:
Der vielfältigen Not begegnen und sie lindern. Den Not Leidenden nahe sein. Das ist das A und O. Es gibt keine geringen Menschen für Gott.
Wir müssen selbst mit gutem Beispiel vorangehen und wir müssen in unserer Gesellschaft dafür eintreten, dass es keine Geringen gibt.
In den Gesprächen, in den Wahlen, vielleicht sogar bei Demonstrationen.

2. Christen sind eine Gemeinschaft der Erlösten:
Wir können gar nicht erlöst genug aussehen. Unter uns soll es ein Netz geben, so dass niemand sagen muss: Niemand ist da, der mir die Hände reicht. Es ist wichtig, dass keiner von uns alleine ist – nicht im Leid und nicht in der Freude.

3. Christen sind Menschen mit einem guten Geist:
Menschen, die freundlich sind, hilfsbereit,
die sich etwas trauen, die Mut haben,
die Frieden in sich haben –
den Frieden, der von Gott kommt.
Deshalb ist es wichtig und unverzichtbar, dass wir uns gegenseitig im Glauben stärken, dass wir auf das Wort Jesu hören, dass wir zu Gott beten und in der Gemeinschaft und in der Stille uns seine Liebe vergegenwärtigen.
Christen sind Menschen, die aus der Mitte leben, aus der Liebe Gottes und diese Liebe ausstrahlen in Wort und Tat.

Amen.

15.11.2020: 33. Sonntag im Jahreskreis

Hier geht es zu den Texten der Liturgie:

Meinungsumfragen sind hoch im Kurs und werden regelmäßig durchgeführt:
Die Menschen werden nach ihren Ängsten gefragt, nach ihrer Meinung über die Politik und die Politiker und vieles mehr.

Fragen sie sich einmal: Welche Wünsche und Hoffnungen haben sie für die Welt in 50 Jahren – ohne zu überlegen, ob sie das für möglich halten:

Ich würde mir wünschen, dass
alle Menschen genügend Nahrung und Wasser haben,
dass die Menschheit gelernt hat, die Konflikte zwischen den Staaten ohne Gewalt zu lösen und dass deshalb statt Kriegswaffen Gerätschaften hergestellt werden, die der Entwicklung und dem Wohl der Menschheit dienen;
dass Herausforderungen wie der Klimawandel und seine Folgen gemeinsam gemeistert werden
und dass alle Kinder Zugang zu Bildung haben.

Darf ich Ihnen unterstellen, dass ihre Wünsche für die Menschheit ähnlich sind?

Können diese Hoffnungen Wirklichkeit werden?

Viele sind gewohnt zu denken:
Das liegt nicht an mir! Das habe ich nicht in der Hand!

Auf den ersten Blick haben sie recht: Denn weder sie noch ich können einen der vielen Kriege beenden, die zurzeit geführt werden.

Weder sie noch ich bestimmen die Handlungen von Regierungen, die zu Fortschritt oder zu Ungerechtigkeit und Armut führen.

Wir sollten aber nicht vergessen, dass die Regierungen widerspiegeln, was die Menschen denken und wollen.

In unserer Alltagserfahrung gibt es viele Beispiele dafür, wie wichtig und bedeutsam das ist, was die vielen kleinen Unscheinbaren tun:

Kein Rädchen in der Uhr ist überflüssig;

Viele Entscheidungen werden deshalb geändert, weil viele Menschen dafür eingetreten sind:
Nicht der letzte allein hat das Ziel erreicht, sondern alle, die das Anliegen ebenfalls und früher vertreten haben, haben ihren Anteil daran.

Der letzte Schritt zum Ziel ist nur der letzte, weil ungezählte Schritte den Weg zum Ziel gegangen sind.

Liebe Schwestern und Brüder,
das Reich Gottes, der Friede, die Gerechtigkeit, die Geborgenheit für jeden und alle werden kommen.

Mein Beitrag dazu wird nicht der letzte sein und nicht der einzige,
und es steht nicht allein in meiner Macht.

Doch Schwestern und Brüder,
damit der Friede kommt, ist der Beitrag jedes einzelnen wichtig:
Ich will und soll zu denen gehören, die sich dafür eingesetzt haben,
dass der Frieden mehr und der Hunger weniger wird.
Ich will und darf meinen kleinen Beitrag nicht deshalb unterlassen, weil ich es nicht alleine kann. Ich muss mit meinen Möglichkeiten und Mitteln dafür arbeiten.

Dann liebe Schwestern und Brüder, werde ich mich freuen können, wie die beiden treuen und guten Knechte.

Der dritte Knecht hat sich verweigert. Er hat seine Möglichkeiten nicht genutzt. Er ärgerte sich über den Herrn und dachte vielleicht: Der soll doch selbst arbeiten. Er wollte seine Pläne und sein Leben nicht belasten.

Am Ende hatte er zwar keine Arbeit und keine Mühe – aber er hatte auch keinen Anteil an der Freude seines Herrn. Im Gegenteil, ihm blieb der Ärger über sich selbst und das Bedauern. Keiner von uns wird alleine den Frieden in die Welt bringen – doch wenn genügend viele ihre Möglichkeiten einsetzen – dann wird er kommen.
Ja, dann will ich auch dabei sein, wenn einmal Friede ist.

08.11.2020: 32. Sonntag im Jahreskreis

Hier geht es zu den Texten der Liturgie:

die Sportlerinnen, die den Wettbewerb über 400m bestreiten möchten, müssen beim Startschuss bereit sein – sonst können sie nicht teilnehmen!

Insofern ist, meiner Meinung nach, das Gleichnis nicht übertrieben hart, wenn die jungen Mädchen, die zu spät kommen, nicht mehr in den Hochzeitssaal gelassen werden.

Doch es steht mir gar nicht an, das Verhalten des Bräutigams zu beurteilen. Er steht – das ist unschwer auszudenken – für Jesus Christus, von dem wir bekennen: Ich glaube, dass er kommen wird, um zu richten die Lebenden und die Toten. Er ist es, der die Tür öffnet oder verschließt.

Das Gleichnis geht von der Vorstellung aus, dass Christus wiederkommt, wie ein Bräutigam, der zum Hochzeitsmahl lädt. Hineindürfen alle, die bereit sind, wenn er kommt. Deshalb ist es klug, bereit zu sein,
wachsam zu bleiben, für den Augenblick, in dem der Herr kommt.

Liebe Schwestern und Brüder, an dieser Stelle erwarten nun gut geschulte Kirchgänger, dass in der Predigt erläutert wird, was es denn heißt, für das Kommen Jesu Christi bereit zu sein: das überspringe ich jetzt – vor allem, weil sie das selbst können und wissen: gerecht sein, hilfsbereit, etc.

Ich möchte nämlich lieber in aller Kürze etwas dazu sagen, wie wir uns diese Wiederkunft Christi vorstellen können, wenn er Gericht halten wird und ich möchte mit einem – vielleicht überraschendem Gedanken zu den törichten Hochzeitsmädchen enden.

Was wird denn mit dieser Welt, mit dem Universum passieren?
Was wird mit uns Menschen geschehen und mit allen Lebewesen?

Ich wäre geneigt, diese Frage zuerst einem Physiker zu stellen – doch die naturwissenschaftliche Erkenntnis kann darüber keine sicheren Vorher­sagen machen. (Zusammenfallen des Universums? Meteorit? Erkalten der Erde?)

Was wird denn mit der Welt, mit dem Universum passieren? Mit den Menschen und allen Lebewesen?
Diese Frage stelle ich mir als einer, der an Gottes schöpferische Liebe glaubt.

Da ich im 3. Jahrtausend lebe und nicht mehr in der Zeit des römischen Kaiserreiches wenige Jahrzehnte nach der Hinrichtung Jesu, habe ich andere Bildwelten als die Menschen damals. Es geht ja auch nicht um die Bilder, sondern um Gott und um die Erde und wie Gottes Gerechtigkeit und Liebe in dieser Welt und für uns Menschen endgültig zum Zug kommen.

Das Bild vom Hochzeitsmahl gefällt mir sehr: Gott lädt uns ein zu seinem Fest! Da gibt es kein oben und unten! Gottes Licht strahlt für jeden. Gottes Freude ist in jedem. Jeder genießt das Heil Gottes, der alle Schmerzen tilgt und alle Wunden heilt.

So stelle ich mir das gerne vor. Das Gleichnis im Mt-Ev. Beleuchtet aber einen anderen Aspekt: Es kommt darauf an, „Wachsam“ also „bereit“ zu sein, um – wie die klugen Hochzeitsmädchen) bei dem Fest dabei zu sein.

Am Ende entscheidet der Bräutigam, dass die „törichten“ Mädchen draußen bleiben: das zeigt mir, dass vor ihm unbestechlich offenbar wird, ob jemand, ob ich, „bereit“ bin. Ob er mich leuchtend findet – oder ob ich zu spät komme.

Dass der Bräutigam lange auf sich warten lässt, deutet an, dass die Erde und die Menschheit immer noch geplagt werden von Katastrophen, von Krankheiten und von der eigenen Ungerechtigkeit. Die Botschaft des Gleichnisses ist: Seid klug und vertraut darauf, dass Gottes Heil zu euch kommt. Bleibt auf dem Weg mit Christus, damit ihr bereit seid, wenn er kommt.

Soweit zu meinen Vorstellungen: Gott entscheidet über das Heil und ich soll dafür bereit sein und damit rechnen – jederzeit.

Was ist nun so töricht an den Mädchen, die draußen bleiben müssen?
Sie waren nicht „bereit“. Sie rechneten nicht damit, auf ihn warten zu müssen. Sie dachten nicht daran, dass ihre Fackeln leuchten sollen.

Was wäre aber gewesen, wenn sie ohne brennende Fackeln geblieben wären und um Verzeihung gebeten hätten? Wenn Sie Ihr Versäumnis eingestanden hätten? Wenn Sie auf die Großzügigkeit des Bräutigams vertraut hätten? Das wäre ihre Chance gewesen. Doch dazu waren sie auch nicht bereit.

01.11.2020: Allerheiligen

Hier geht es zu den Texten der Liturige:

Ihr Heiligen Gottes,
so darf ich Sie und Euch alle ansprechen, auch wenn wir das nicht gewohnt sind. Warum eigentlich nicht?

Weil das Wort „heilig“ in Verruf geraten ist,
es ruft bei vielen Gedanken und Empfindungen hervor,
die nur ein Zerrbild dessen sind, was „heilig“ tatsächlich meint.

Sie kennen vielleicht diese kleine Anekdote von Franziskus:
In der Kantine sagt ein Monsignore zum ihm: „Darf ich mich zu Ihnen setzen, heiliger Vater?“ Franziskus antwortet: „Selbstverständlich, heiliger Sohn, der Platz ist noch frei.“

„Heilig“ ist eben keine Ehrfurchtsbezeichnung und kein Würdentitel.

Heilig hat auch nichts damit zu tun, dass jemand besonders ausdrucks-starke Gesten verwendet, um beim Gebet und Gottesdienst seine Ehrfurcht vor Gott zu bezeugen.

Heilig sagt auch nichts aus, über die Häufigkeit und Länge der Gebete einer Person.

Heilig bedeutet auch nicht sündenfrei und fehlerlos oder perfekt.

Heilig hat schon gar nichts damit zu tun, als würde man 2 Meter über dem Erdboben schweben und alles irdische wäre deshalb unwichtig.

Was aber bedeutet heilig?

Ich trage ein paar Facetten zusammen:
Zuerst mal gibt es Dinge und Menschen, die einem heilig sind – also besonders wertvoll und teuer. Was aber gar nicht mit dem materiellen Wert zu tun hat. Es ist mir heilig, wegen der Erinnerung, die sich damit verbindet, die für mich von großer Bedeutung ist.
Deshalb ehre ich solche Gegenstände und Menschen: sie haben einen besonderen Platz, sie wecken in mir besondere Gefühle.
Dass mir jemand oder etwas heilig ist, ist also eine Eigenschaft, die ich dem anderen verleihe.

Und damit sind wir schon viel näher bei dem, was das Wort „heilig“ und „Heiliger“ in unserem christlichen Denken bedeutet:

Für uns ist Gott DER HEILIGE. Er ist uns heilig und er verleiht Heiligkeit:
Wir sind ihm heilig, wir sind besonders für ihn.
In uns ist sein Heiliger Geist. Der Geist des Lebens.
Der Geist der Erkenntnis, der Weisheit. Er macht uns fähig, auf Gottes Stimme in unserem Gewissen zu hören und ihr zu folgen.
Durch ihn können wir Gott erkennen.

Wir haben in unserer römisch-katholischen Kirche einen wunderschönen Brauch bewahrt, der dies auf berührende Weise ausdrückt:

Bei der Taufe und bei der Firmung werden wir alle mit dem heiligen Chrisam gesalbt. Mit dieser Salbe aus kostbarem Olivenöl, das heilende Kräfte hat.

Diese Salbung drückt Gottes Zärtlichkeit uns gegenüber aus, so wie eine Mutter ihre Kind salbt, damit keine wunden Stellen an der Haut entstehen und wie ein Vater sein Kind salbt, damit es geschützt ist vor der Sonne, die die Haut verbrennen könnte.

Wir sind Gott heilig, weil wir seine Kinder sind. Deshalb sind wir heilig.

Je besser wir auf Gottes Stimme in unserem Gewissen hören,
umso mehr werden wir ihm ähnlich, so dass uns der Mitmensch heilig ist und die ganze Schöpfung, durch die und mit der wir unser Leben von Gott empfangen.

Ihr Heiligen Gottes,
lasst uns Gott den Heiligen ehren und auf ihn hören,
damit wir einander heilig sind
und wir dem Mitmenschen mit Ehrfurcht und Anstand begegnen,
so dass wir ihn niemals verletzen, sondern im Gegenteil,
ihn ermutigen, ihn loben, ihn stärken.

Weil heilig eben nicht erhaben und abgehoben ist, erlaube ich mir noch eine Bemerkung:
Wenn es Leute gibt, die andere Personen am Galgen hängend zeichnen, wenn sie davon sprechen, man werde die anderen vor isch her treiebn und an die Wand stellen, wenn sie Gewalt gegen anders denkende und gegen Journalisten anwenden, muss man auf jeden Fall bezweifeln, ob ihnen der Mitmensch heilig ist – sobald er eine andere Meinung vertritt als sie selber.
Darauf darf man in Diskussionen durchaus auch hinweisen.