31.12.2021: Jahresschluss

Gott, der jeden Tag bei uns ist und uns mit seinem Geist erfüllt,
seit mit euch

Einführung:
In Unterfranken wünscht man sich in den Tagen vor dem 31. Dezember einen „guten Beschluss“. Ich finde, das ist eine schöne regionale Eigenheit: Es ist ja wichtig, das Jahr gut zu beschließen. Das hilft auch, um das neue Jahr gut anzufangen.

Dieses Jahr war kein leichtes. Wir kämpfen uns mühsam durch die Zeit der Pandemie. Aber wir leben: Es gab hoffentlich viele Anlässe, sich zu freuen.
Es gab hoffentlich viele schöne und gute Begegnungen.
Es gab- hoffentlich nur wenige Enttäuschungen, nur wenig Misserfolg, nur wenig Streit.

Herr Jesus Christus, du bist das Licht in unserem Leben.
Herr Jesus Christus, du zeigst uns den Weg zum Leben.
Herr Jesus Christus, du bist das Ziel unsres Lebens.

Vergebungsbitte
Der Blick zurück zeigt uns Gutes und Böses, Freude und Trauer und so bitten wir: Gott unser Vater schenke uns sein erbarmen. Er vergebe uns und führe uns zur ewigen Freude!

Ansprache: Liebe Schwestern und Brüder,
an Silvester würde ich gerne eine Ansprache halten an die Regierenden Frauen und Männer, an die Bischöfinnen und Bischöfe in den christlichen Kirchen und nicht zuletzt selbstverständlich an die Bevölkerung – sowohl in der Kirche als auch außerhalb – aber: selbst wenn ich alle Weisheit dieser Welt besäße und der Heilige Geist direkt aus mir spräche:
ich steh hier in unserer Gemeinde und leite diesen Gottesdienst und –
ja, was ist wirklich meine Aufgabe heute und jeden Tag?

Jesus sagt: Sorgt euch zuerst um das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, dann wird euch alles andere dazugegeben:
das Reich Gottes verkünden, heißt: Frieden stiften, so dass in die Herzen Frieden kommt;
es heißt aber auch: mahnen: so dass wir wachsam bleiben und nicht müde werden.
und es heißt auch: Unruhe stiften, den Finger in die Wunde legen,
auf Unrecht und Ungerechtigkeit hinweisen und zur Umkehr rufen.

Liebe Mitchristen; jede und jeder von uns kann sich die Frage stellen: Was habe ich falsch gemacht? Und ihm wird so manches einfallen – sehr oft ist es wahrscheinlich nur ein zu wenig oder zu viel.
Jeder kann sich fragen: Was ist in diesem Jahr gut gelaufen? Was schlecht?

Erlauben sie mir an dieser Stelle einen Blick auf 4 Wochen dieses Jahres. Von Palmsonntag bis 25. April – also genau über Ostern – gab es in der Herz Jesu Kirche keine Gottesdienste – als freiwillige Kontaktbeschränkung in der 3. Coronawelle.

Diese Entscheidung fanden viele richtig und viele falsch. Die stärkeren Wirkungen gab und gibt es natürlicherweise bei denen, die sie falsch fanden: Ihnen wurden die Osterfeiern in der vertrauten Gemeinde weggenommen. Die Argumente gegen die Absage der Gottesdienste zählten weniger. Die Verbindung zur Gemeinde hat dadurch Schaden genommen.

Das tut mir leid. Niemand wollte jemandem weh tun und Schmerz zufügen. Und ich bitte einfach darum: bleiben sie mit der Gemeinde Herz Jesu verbunden. Bleiben wir dennoch gemeinsam auf dem Weg – auch, wenn diese vier Wochen und besonders die Ostertage für sie eine große Enttäuschung waren und sie sich noch immer darüber ärgern.

Wir alle sollten versuchen, die Gründe der anderen zu verstehen.
Wir können uns gegenseitig zutrauen, dass wir den Glauben gerne leben und feiern und dass wir uns gegenseitig wichtig und wertvoll sind.

Deshalb bin ich denen dankbar die, die ihren Unmut, ihren Widerspruch geäußert haben, so wie auch denen, die ihre Zustimmung und Anerkennung ausgedrückt haben.

Ich danke allen, die weiterhin mitmachen in der Pfarrei, die zu den Gottesdiensten kommen und hoffe, dass wir im gemeinsamen Weitergehen diese Enttäuschung überwinden.

Liebe Gemeinde, wir brauchen den Zusammenhalt: die flapsigen Sprüche wie „Wir sind – mit Abstand – die Besten“ und ähnliche waren eine Hilfe, um uns an die Verhaltensänderungen zu gewöhnen. – Aber jetzt brauchen wir einen langen Atem, Beharrlichkeit und Geduld und Vertrauen.
Dazu können wir uns gegenseitig stützen, ermuntern, Mut machen.

Die Natur stellt die Menschheit durch diesen Virus vor eine große Herausforderung: und unsere Aufgabe ist, sie zu bestehen: möglichst wenige Menschen sollen Schaden leiden. Es wird uns nach der Pandemie helfen, wenn wir – jeder – das mögliche dafür getan haben.

Im Rückblick auf das vergangene Jahr und in der Vorausschau auf das kommende können die beiden Schriftlesungen eine Hilfe sein:
„Nichts kann uns trennen von der Liebe Gottes – nichts im Leben und nicht einmal der Tod.“ Dieses Bewusstsein gibt uns Sicherheit und ist ein Rückhalt, der nicht zu überwinden ist.

Und daraus ziehen wir die Konsequenz: Um glücklich zu sein, also im Einklang mit sich selbst, ist nur eines wichtig: Sorgen wir uns zuerst um Gottes Reich: darum, dass wir unterstützen, helfen, heilen, teilen, trösten, stützen – dann werden wir alles erhalten, was wir brauchen, um diesen Weg zu gehen. Amen.

25.12.2021: Weihnachten

Ansprache: Liebe Schwestern und Brüder,
warum lasse ich mir, warum lassen sie sich
den Glauben an Jesus Christus nicht ausreden?

Es gibt zahlreiche Argumente, die uns entgegengehalten werden:

Die Erzählungen des Lukas- und des Matthäusevangeliums sind völlig verschieden und lassen sich auch nicht harmonisch zusammenfügen.

Die Jahresangaben in den Evangelien sind zu ungenau. Man kann nicht sagen, wann Jesus geboren wurde.

Die Geburtsgeschichten enthalten viele Elemente, die sich auch in außerchristlichen und zum Teil älteren Geburtsgeschichten bedeutender Menschen finden lassen.

„Was stimmt eigentlich noch? Kann ich das alles noch glauben?“

Muss ich auch gar nicht. Denn es ist eigentlich glasklar: Die Geburtsge­schichten sind Geschichten, die den Glauben an Jesus verkünden.
Sie sind keine Reportage, sie entspringen keinen Tagebucheinträgen.

Lukas und Matthäus verwenden Anspielungen auf Verheißungen in der hebräischen Bibel, sie greifen sogar außerchristliche Motive auf und bringen sie mit Jesus in Verbindung. Sie verkünden jeder auf seine Weise:
Jesus ist der Heiland, der Sohn Gottes, der Retter.

Zusätzlich wird uns entgegengehalten: Jesus hat die Welt nicht gerettet!
Seuchen, Kriege, Feindschaften, Naturkatastrophen, Boshaftigkeit usw. sind nicht weniger geworden.

Auch das stimmt selbstverständlich. Und es ist ‑ bemerkenswert(!), dass Jesus sich gar nicht wie der Retter der Welt verhalten hat: Er hat keine Soldaten rekrutiert, er hat nicht demonstriert, er hat nicht behauptet, alles Leid dieser Welt abzuschaffen.

Im Gegenteil: Er hat darauf hingewiesen, dass es immer Arme geben wird, dass Naturkatstrophen die Menschen erschrecken werden, dass die Menschen weiter Krieg führen werden.
Allerdings hat Jesus auch gesagt: Mein Reich ist nicht von dieser Welt! Und er hat sich nicht unterkriegen lassen: Er hat seinem himmlischen Vater vertraut, mehr als ihm der Tod Angst gemacht hat.

Da haben wir es wieder: Sein himmlischer Vater. Er ist der Sohn! Der Sohn Gottes!

Es geht nicht darum, wie er gezeugt wurde.
Es geht nicht darum, wer sein biologischer Vater gewesen ist –
auch nicht darum, wer seine biologische Mutter war.

Gottes Sohn ist Jesus aus einem viel tieferen Grund:
Seine Gedanken und Worte und seine Handlungen haben eine Wurzel:

Das Vertrauen in den himmlischen Vater und seine schöpferische Liebe.

In den Evangelien ist überliefert und auf jeder Seite verständlich:
Die Liebe Jesu zum Leben und zu seinem Ursprung.

Jesus geht es ums Leben. Er hat den Menschen das Leben zurückgegeben:
davon erzählen die Heilungsgeschichten.

In seinen Lehren, seinen Weisungen und seinen Reich Gottes Gleichnissen hat Jesus den Weg gezeigt und erklärt. Wer sein Denken studiert und lernt so zu denken wie er, der kann – so wie Jesus selbst und vielleicht sogar noch mehr – dem Leben dienen, dem Leben aufhelfen,
die Menschen trösten und versöhnen und Frieden finden.

Deshalb verkündet das Johannesevangelium in seinem Vorwort:

Allen, die an ihn glauben, gab er Macht Kinder Gottes zu werden.

Liebe Schwestern und Brüder, Jesus heilt meine Seele – immer wieder – so dass sie nicht zerrissen wird von Angst und Aggression;
Jesus versöhnt mich mit meinem Leben und meiner Geschichte,
Jesus hilft mir, Frieden zu finden,
er zeigt mir den Weg des Lebens.

Und deshalb lasse ich mir den Glauben nicht ausreden, sondern feiere die Geburt meines Retters und Lehrers, der mich lehrt, ein Kind Gottes zu sein.

Fürbitten

Pr.: Gott, himmlischer Vater, du bist da, in uns und wir sind in dir.
Es ist eine unlösbare Einheit zwischen dir und uns. Deshalb beten wir für die Menschen, dass sie heil werden:

Herr, erhöre unsere Bitten.

  • Wir beten für die Mutlosen, um Mut.
  • Wir beten für die Menschen, die sich selbst Vorwürfe machen:
    um Versöhnung.
  • Wir beten für die Menschen in Armut und Not: um ein menschenwürdiges Leben.
  • Wir beten für die Glaubenden: dass sie immer besser lernen, deine Kinder zu sein.
  • Wir beten für die werdenden Mütter und Väter, um Freude und Zuversicht.
  • Wir beten für die Menschen in Russland und Belarus: dass sie vom Krieg verschont bleiben.
  • Wir beten für unsere Lieben: um Gesundheit und Wohlergehen.

Pr.: Gott, wir danken dir für das Leben, wir preisen dich für deine wunderschöne Schöpfung und wir ehren dich durch unsere Liebe zu deinen Geschöpfen. Amen.

19.12.2021: 4. Adventsonntag

Einführung: Die Tage vor Weihnachten sind kritische Tage. In der Familie und im miteinander der Staaten ballen sich in manchen Jahren Dramen zusammen. Es gab auch schon Terrorakte gerade um die Weihnachtstage.

Das Lukasevangelium hingegen erzählt eine Geschichte, wie zwei werdende Mütter zusammenkommen und von der Freude, die sie erleben.

In unseren Gottesdiensten müsste die Begegnung mehr Platz haben.
Wenn Menschen sich begegnen, die Liebe bedenken und sich verbünden,
da berühren sich Himmel und Erde und der Friede wächst.

Wir wollen die Liebe bedenken: die Liebe Gottes und wie wir Liebe schenken können.

Herr Jesus Christus,
Du bist das Wort des ewigen Vaters.
Du stillst die Hoffnung auf Frieden.
Du versöhnst uns mit unserem himmlischen Vater.

Tagesgebet:

Ansprache: Liebe Schwestern und Brüder,
ist unsere Zeit wirklich schwer? Aus dem Blickwinkel der Jahre zwischen 1980 und 2000 ganz sicher: In den letzten 20 Jahren musste die ganze Welt und auch wir in Europa und in Bayern viele Krisen überstehen:
Und seit fast 2 Jahren ist es das erste Mal, dass eine Krise wirklich jeden Menschen betrifft und erfasst:
Unser tagtägliches Verhalten wird dadurch bestimmt, Angst und Verweigerung prallen aufeinander, Beruf, Erwerb und Freizeitmöglichkeiten sind eingeschränkt bis hin zur Reglementierung, dass man sich privat nicht nach Belieben treffen kann.

Diese Krise wirkt auch so als ob man eine Decke wegzieht und Dinge zum Vorschein kommen, die man nicht gesehen hat oder nicht sehen wollte:

Es gibt viele Menschen, mehr als man dachte, die unzufrieden sind: 
Sie fühlen sich benachteiligt, und sie haben oft wenig Einkommen,
sie fühlen sich von der parlamentarischen Demokratie übersehen und nicht ernstgenommen. Sie haben Wut im Bauch, die in Hass umschlägt und auch in Gewalt.

Der Propheten Micha lebte in einer Zeit, in der es ähnliche Erfahrungen gab: Viele waren unzufrieden, weil die Männer um König Ahas in Jerusalem sich immer mehr Macht und Einfluss verschafften und die einfache Bevölkerung auf dem Land immer ärmer machten.

Micha protestierte dagegen: „Ihr erbaut den Tempel mit Blut und die Stadt Jerusalem mit lauter Unrecht!“ Er droht: „Jerusalem wird ein Trümmerhaufen werden!“

Micha ist ein Bauernprophet aus dieser unteren Einkommensschicht, aber ein Prophet: einer, der im Namen Gottes spricht: er ruft nicht zum Umsturz auf. Er redet den Reichen und Mächtigen ins Gewissen, damit sie erkennen, wohin ihr Handeln führen wird und damit sie das ausbeute­rische Unrecht beenden. Er sagt: Wenn ihr nicht auf Gott hört und wieder Gerechtigkeit übt, wird das Unheil kommen nicht nur über die anderen, sondern auch über euch.

Liebe Schwestern und Brüder, ich befürchte, dass das für alle Zeiten gilt:
Wenn die Reichen und Mächtigen den Bogen überspannen, wenn sie unersättlich immer noch mehr Reichtum und Macht sammeln, endet es am Schluss in der Katastrophe.

Darum hoffe ich sehr, dass unsere Gesellschaft, unsere Parlamente und die Interessensgruppen, sich aufraffen und etwas ändern:

Welch ein Ruck ginge durch die Gesellschaft, wenn der Ertrag der produktiven Arbeit wieder mehr in die Hände derer ginge, die ihn erwirtschaften.

Welch ein Ruck ginge durch die Gesellschaft, wenn man darauf achtet, was die wahren Ursachen jener Wut sind, die sich in Parolen Luft macht, die eher die wahren Probleme verdecken und sie deshalb auch nicht lösen werden – selbst wenn ihre Anführer die Macht erringen würden.

Doch viel zu viele Menschen– die Reichen und Mächtigen und die wütenden und oft auch hasserfüllten Menschen – laufen dem Irrtum nach, sie könnten aus eigener Kraft ihr eigenes Glück schmieden – nur für sich und ihre Freunde und sagen: „Gott brauche ich dazu nicht!“

Doch gerade und besonders der Glaube an Gott versetzt uns in die Lage, nicht das eigene Wohl, nicht den eigenen Wunsch in die Mitte zu stellen, sondern das Wohl des anderen zu suchen wie das eigene.

Ja, auch wir Glaubenden lassen uns blenden: auch wir genießen den Wohl­stand und fragen nicht immer, wie er entsteht. Oft sieht es so aus, als würden auch unsere Anführer die Menschen ohne Macht und Geld übersehen. Die Mitren und Hirtenstäbe und Messgewänder glänzen von Gold und Seide.

Darum sollten wir auf den Propheten Micha hören: Es gibt keinen Frieden, wenn nicht auch die Armen daran Anteil haben. Die Menschen, die in „Bethlehem“ wohnen. Von den missachteten Leuten kommt die Rettung. Selig sind, die glauben, was Gott ihnen sagen lässt:
Frieden und Gerechtigkeit sind die zwei Seiten einer Medaille und sie gedeihen gebettet in Barmherzigkeit und Sanftmut.

Fürbitten

Pr.: Gott, Vater der Armen und Retter der Machtlosen. Wir bitten dich:

  • Für die Menschen in Bethlehem, die umgeben sind von haushohen Betonwänden und nur mit großen Hindernissen ihre Stadt verlassen dürfen: dass sie Frieden erleben dürfen, als gleichberechtigte Bürger in ihrem Land.
  • Für die Menschen, die voller Wut und Hass sind, dass ihre Not gehört wird und dass sie zur Besinnung kommen und nicht durch Gewalttaten ihren berechtigten Anliegen schaden.
  • Für die Nationen Europas und Russland: dass sie sich nicht der schein­baren Zwangsläufigkeit hin zu militärischer Gewalt ergeben, sondern im Gespräch die Konflikte austragen und nach fairen Lösungen suchen.
  • Für unsere ganze Gesellschaft: dass die Abscheu vor Gewalt gegen Menschen und Sachen tief in uns einwurzelt und wir stattdessen den Frieden lieben und das Leben und den Besitz des anderen achten.

Pr.: Gott, du sendest Jesus in diese Welt, um uns zu versöhnen. Um deines Namens willen, sende deinen Geist in die Herzen der Menschen,
dass sie den Frieden suchen – in allem, was sie tun. Amen.


28.11.2021: 1. Adventsonntag Lesejahr B

Einführung:
Es gibt so viele Krisen und Gefahren und Katastrophen.
So viele Menschen (manchmal auch ich selbst) verhalten sich rücksichtslos, gleichgültig, nur auf sich selbst bezogen, sorglos und sogar verantwortungslos.

Wie wird das weitergehen? Wo wird das hinführen?

Was erwarten wir? Was wird kommen? Kann es gut werden? Gibt es eine Zukunft?

Lassen wir unsere Hoffnung stärken. Öffnen wir uns für Gottes Geist.
Das ist kein Geist der Verzagtheit sondern

Kyrie
Herr Jesus Christus, du führst uns den Weg.
Du machst uns Mut, auf dein Reich zu hoffen.
Du stärkst unsere Hoffnung auf Leben und Heil.

Tagesgebet:

Ansprache: Liebe Schwestern und Brüder,
was wird in 3 Jahren sein oder in 20?
Diese Frage kann ich auf mich beziehen:  Was wird mit mir sein?
In 3 Jahren? Hoffentlich bin ich noch Pfarrer, hoffentlich kräftig und zufrieden und voller Pläne. In 20 Jahren allerdings, muss ich damit rechnen, dass ich vielleicht schon gestorben bin – aber nicht tot!
Ich glaube ja an das Leben in Gottes Ewigkeit.

Wie sehen Sie ihre Zukunft in 2 in 6 oder in 20 Jahren?

Diese Frage können wir aber auch auf unser Land beziehen, auf Europa, auf die Welt: Werden wir es schaffen, dass wir den Menschen in den Küstengebieten neuen Wohnraum schaffen – weil ihr bisheriger Lebensraum durch den steigenden Meeresspiegel unter Wasser ist?

Werden wir die Pandemie überwunden haben?

  • Werden die großen Machtblöcke der Erde einen Weg gefunden haben, friedlich miteinander zu existieren und sich gegenseitig zu nützen statt zu bekämpfen?
  • Werden die Atomwaffen abgeschafft sein?
  • Werden die Länder der EU es schaffen, ihre freundschaftlichen Beziehungen zu vertiefen und ihre unterschiedlichen Interessen gerecht auszugleichen?
  • Wird die Lebensqualität besser geworden sein?
  • Diese Aufzählung ließe sich noch lange fortsetzen.

Im Kern geht es um die Frage: Glaube ich an eine gute Zukunft für die Menschen? Trotz aller Krisen und Katastrophen, die es immer wieder geben wird? Glaube ich daran, dass der Mensch es schafft kann, einen Weg in die Zukunft zu finden?

Dieses Vertrauen und diesen Glauben an die Menschheit stärkt die 1. Lesung aus dem Buch Jeremia: Die gerechten Menschen werden Recht und Gerechtigkeit wirken. Israel kann in Sicherheit wohnen.

Damals war das auf das Volk Israel bezogen. Israel soll den Mut nicht verlieren. Es wird Recht und Gerechtigkeit geben im Land, weil sie wieder auf Gott hören.

Paulus im 1. Thessalonicherbrief und auch die Stelle aus dem Lukasevangelium stärken auch das Vertrauen in die Zukunft und den Mut, bewusst auf diese Zukunft zuzugehen:

„Lebt so, dass euer Leben Gott gefällt!“ mahnt Paulus die Christen – also auch uns heutige:

Das Evangelium warnt uns davor, dass unsere individuellen Bedürfnisse und Ansprüche, unsere Wünsche nach Annehmlichkeit (Rausch und Trunkenheit) und die Sorgen des Alltags unser Tun bestimmen:

Denn wenn wir anfangen würden, Unrecht zu tun und selbstsüchtig zu handeln, würden wir nicht mehr an eine gute Zukunft glauben. Dann hätten wir aufgegeben. Wir hätten uns vom Glauben an Gott abgewandt.

Und wenn es dann soweit ist, dass in der Zukunft Mitgefühl zählen und Hilfsbereitschaft, Rücksicht und Nachsicht mit den Fehlern der anderen.
Dann würden wir einsehen müssen, dass wir auf dem verkehrten Weg waren.

Schwestern und Brüder, wir sind Christen und glauben an die Botschaft Jesu vom Reich Gottes. Wir erwarten dieses Reich! Es ist im Kommen und es ist schon da, wenn wir auf Jesus hören.

Darum sollten wir geduldig und beharrlich bleiben und handeln, wie es dem Glauben an Gottes Reich entspricht:
Das Gemeinwohl ist wichtiger als meine selbtbezogenen Ansprüche;
Es ist wichtiger, dass alle satt werden, als dass ich meinen Besitz vermehre.
Es ist besser Rücksicht zu nehmen, als zu fordern.
Zuvorkommenheit macht das Miteinander geschmeidig, wie die Butter das Brot. Und Freundlichkeit versüßt das Leben wie der Honig die Speisen.

Liebe Schwestern und Brüder! Erwarten wir Gottes Reich und gehen wir weiter darauf zu. Es wird kommen – auch durch uns. Es ist Advent!

Fürbitten

Pr.: Vater im Himmel, wir leben in einer schwierigen Zeit. Wir sorgen uns um die Menschen, die krank werden und dass es so viele sind.
Wir spüren, wie sich die Menschen entzweien und einander verurteilen und einander nicht verstehen. Deshalb beten wir zu dir:

A: Guter Gott, dein Reich komme, dein Wille geschehe

  • Wir beten, dass Rücksicht und Nachsicht das Miteinander der Menschen erleichtern.
  • Wir beten, dass in den Menschen das Bemühen wächst, den anderen zuzuhören und seine Sorgen und Anliegen zu verstehen.
  • Wir beten, dass die Menschheit begreift, dass sie eine Familie ist, in der alle miteinander verbunden sind.
  • Wir beten, dass die Abscheu vor der Gewalt die Menschen davor bewahrt, anderen weh zu tun und Schaden zuzufügen.
  • Wir beten, dass die Zuversicht in eine gute Zukunft den Willen stärkt, geduldig und beharrlich das Gute zu tun.

Pr.: Du Gott hast Deinen geist in uns gelegt, den Geist der Hoffnung und der Geduld und der Zuversicht. Wir erwarten, dass dein Reich kommt und wir dich preisen werden zusammen mit allen Menschen. Amen.


21.11.2021: Christkönigssonntag

Ansprache: Liebe Schwestern und Brüder,
Jemand hat mir erzählt, dass er beim Bücherkauf den Schluss eines Buches liest und dann entscheidet, ob er das Buch kaufen möchte. Der Schluss, das Ende fasst nochmals alles zusammen.

Heute endet das Kirchenjahr. Dieser Sonntag setzt den Schlusspunkt – nachdem wir die Erwartung des Messias, seine Ankunft, sein Leben, sein Sterben und Auferstehen, seine Heimkehr zum Vater und seine Gabe den Heiligen Geist erinnert haben.

Der Schlusspunkt heißt: „Jesus Christus ist König. Aber sein Königtum ist nicht von dieser Welt.“

So wie das Lukasevangelium schon bei seiner Geburt Jesus als den wahren Retter der Welt schildert – im Gegensatz zum Kaiser in Rom –
Ganz anders, aber doch in der Aussage ähnlich, zeigt uns das Johannesevangelium Jesus als König – im Gegensatz zur Regierung Roms – vertreten durch den Statthalter Pilatus und den König der Juden von Roms Gnaden: Herodes.

Richtig interessant ist aber, dass das Evangelium sagt, Jesus ist König, weil er für die Wahrheit einsteht!

Was soll das denn sein? Wer meint, immer die Wahrheit zu wissen, ist selten sympathisch und manchmal gefährlich! Gibt es überhaupt eine Wahrheit?

Aber langsam, bevor wir unseren Vorbehalten folgen und uns abwenden.

Wahrheit ist … das, wonach wir uns richten. In der Gesellschaft, in der wir leben, ist der höchste Wert die Freiheit, zu sagen und zu tun, was mir gerade einfällt und ebenso hoch steht der Besitz: je mehr ich mir leisten kann, desto besser.

Ich kann das gut nachvollziehen: Schon ein Kind möchte es selbst machen, möchte selbst bestimmen und möchte dies und jenes haben. Es ist eine ganz natürliche und kindliche Einstellung: Gut ist das, was ich für mich haben möchte und was ich will.

Dieser kindliche, natürliche und harmlose Egoismus wird aber zur Quelle von Verletzungen, Streit und Feindschaft, wenn er in der Entwicklung zum Erwachsen sein nicht überwunden wird.

Jesus steht für eine andere Wahrheit – mit seinem Leben ist er dafür eingestanden:

Jesus steht dafür, dass jeder Mensch durch Gottes Geist lebt.
Jeder Mensch ist es wert, geliebt zu werden und ist geliebt.
Das ist das wichtigste und Größte, was von einem Menschen zu sagen ist:
Du bist geliebt.

Diese Wahrheit ist größer und höher als die kindliche Selbstsucht: Gut ist, was ich will. Und daraus folgt die andere Seite der Wahrheitsmedaille.

Das wichtigste ist, dass ich den anderen Menschen helfe, nütze, Gutes tue, heile, tröste, stütze – ihn liebe. Was kann ich für Dich tun, damit es Dir gut geht?

Liebe Schwestern und Brüder,
diese Haltung gibt es nur bei Menschen, die ihr Leben auf die höchste Wahrheit ausrichten: auf Gott, der die Liebe ist.

Um dieser Wahrheit willen ist Jesus geblieben, statt wegzulaufen.
Um dieser Wahrheit willen ließ Jesus sich Gewalt antun, statt sich zu verteidigen. ‑ Um dieser Wahrheit willen!

Und die, die nach dem suchen, was den Menschen menschlich macht,
die nach dem göttlichen im Menschen suchen – diese Menschen hören auf Jesus, weil sie es in ihm finden und erkennen:

Das erste und wichtigste ist:
Liebe Gott, den Ursprung, die Liebe. Er steht über dir und über allem.
Deshalb: Liebe den anderen: Tu ihm Gutes. Heile. Tröste. Stärke. Teile.

Das ist unsere Wahrheit. Danach richten wir uns.

Jedenfalls versuchen wir es immer wieder. Und immer wieder.