31.12.2021: Jahresschluss

Gott, der jeden Tag bei uns ist und uns mit seinem Geist erfüllt,
seit mit euch

Einführung:
In Unterfranken wünscht man sich in den Tagen vor dem 31. Dezember einen „guten Beschluss“. Ich finde, das ist eine schöne regionale Eigenheit: Es ist ja wichtig, das Jahr gut zu beschließen. Das hilft auch, um das neue Jahr gut anzufangen.

Dieses Jahr war kein leichtes. Wir kämpfen uns mühsam durch die Zeit der Pandemie. Aber wir leben: Es gab hoffentlich viele Anlässe, sich zu freuen.
Es gab hoffentlich viele schöne und gute Begegnungen.
Es gab- hoffentlich nur wenige Enttäuschungen, nur wenig Misserfolg, nur wenig Streit.

Herr Jesus Christus, du bist das Licht in unserem Leben.
Herr Jesus Christus, du zeigst uns den Weg zum Leben.
Herr Jesus Christus, du bist das Ziel unsres Lebens.

Vergebungsbitte
Der Blick zurück zeigt uns Gutes und Böses, Freude und Trauer und so bitten wir: Gott unser Vater schenke uns sein erbarmen. Er vergebe uns und führe uns zur ewigen Freude!

Ansprache: Liebe Schwestern und Brüder,
an Silvester würde ich gerne eine Ansprache halten an die Regierenden Frauen und Männer, an die Bischöfinnen und Bischöfe in den christlichen Kirchen und nicht zuletzt selbstverständlich an die Bevölkerung – sowohl in der Kirche als auch außerhalb – aber: selbst wenn ich alle Weisheit dieser Welt besäße und der Heilige Geist direkt aus mir spräche:
ich steh hier in unserer Gemeinde und leite diesen Gottesdienst und –
ja, was ist wirklich meine Aufgabe heute und jeden Tag?

Jesus sagt: Sorgt euch zuerst um das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, dann wird euch alles andere dazugegeben:
das Reich Gottes verkünden, heißt: Frieden stiften, so dass in die Herzen Frieden kommt;
es heißt aber auch: mahnen: so dass wir wachsam bleiben und nicht müde werden.
und es heißt auch: Unruhe stiften, den Finger in die Wunde legen,
auf Unrecht und Ungerechtigkeit hinweisen und zur Umkehr rufen.

Liebe Mitchristen; jede und jeder von uns kann sich die Frage stellen: Was habe ich falsch gemacht? Und ihm wird so manches einfallen – sehr oft ist es wahrscheinlich nur ein zu wenig oder zu viel.
Jeder kann sich fragen: Was ist in diesem Jahr gut gelaufen? Was schlecht?

Erlauben sie mir an dieser Stelle einen Blick auf 4 Wochen dieses Jahres. Von Palmsonntag bis 25. April – also genau über Ostern – gab es in der Herz Jesu Kirche keine Gottesdienste – als freiwillige Kontaktbeschränkung in der 3. Coronawelle.

Diese Entscheidung fanden viele richtig und viele falsch. Die stärkeren Wirkungen gab und gibt es natürlicherweise bei denen, die sie falsch fanden: Ihnen wurden die Osterfeiern in der vertrauten Gemeinde weggenommen. Die Argumente gegen die Absage der Gottesdienste zählten weniger. Die Verbindung zur Gemeinde hat dadurch Schaden genommen.

Das tut mir leid. Niemand wollte jemandem weh tun und Schmerz zufügen. Und ich bitte einfach darum: bleiben sie mit der Gemeinde Herz Jesu verbunden. Bleiben wir dennoch gemeinsam auf dem Weg – auch, wenn diese vier Wochen und besonders die Ostertage für sie eine große Enttäuschung waren und sie sich noch immer darüber ärgern.

Wir alle sollten versuchen, die Gründe der anderen zu verstehen.
Wir können uns gegenseitig zutrauen, dass wir den Glauben gerne leben und feiern und dass wir uns gegenseitig wichtig und wertvoll sind.

Deshalb bin ich denen dankbar die, die ihren Unmut, ihren Widerspruch geäußert haben, so wie auch denen, die ihre Zustimmung und Anerkennung ausgedrückt haben.

Ich danke allen, die weiterhin mitmachen in der Pfarrei, die zu den Gottesdiensten kommen und hoffe, dass wir im gemeinsamen Weitergehen diese Enttäuschung überwinden.

Liebe Gemeinde, wir brauchen den Zusammenhalt: die flapsigen Sprüche wie „Wir sind – mit Abstand – die Besten“ und ähnliche waren eine Hilfe, um uns an die Verhaltensänderungen zu gewöhnen. – Aber jetzt brauchen wir einen langen Atem, Beharrlichkeit und Geduld und Vertrauen.
Dazu können wir uns gegenseitig stützen, ermuntern, Mut machen.

Die Natur stellt die Menschheit durch diesen Virus vor eine große Herausforderung: und unsere Aufgabe ist, sie zu bestehen: möglichst wenige Menschen sollen Schaden leiden. Es wird uns nach der Pandemie helfen, wenn wir – jeder – das mögliche dafür getan haben.

Im Rückblick auf das vergangene Jahr und in der Vorausschau auf das kommende können die beiden Schriftlesungen eine Hilfe sein:
„Nichts kann uns trennen von der Liebe Gottes – nichts im Leben und nicht einmal der Tod.“ Dieses Bewusstsein gibt uns Sicherheit und ist ein Rückhalt, der nicht zu überwinden ist.

Und daraus ziehen wir die Konsequenz: Um glücklich zu sein, also im Einklang mit sich selbst, ist nur eines wichtig: Sorgen wir uns zuerst um Gottes Reich: darum, dass wir unterstützen, helfen, heilen, teilen, trösten, stützen – dann werden wir alles erhalten, was wir brauchen, um diesen Weg zu gehen. Amen.

Pause

In den vergangenen Monaten habe ich hier keine Predigt eingestellt.

Stattdessen habe ich die Seite „Beten daheim“ auf der Homepage der Pfarrei Herz Jesu gestaltet – auch mit der Verküdigung zu den Sonntagsevangelien. (Inzwischen gelöscht)

Beginnend mit dem 16. Sonntag im Jahreskreis 2020 werde ich nun an dieser Stelle wieder meine Predigten online stellen.

Von 9. bis 23. August 2020 wird keine Predigt eingestellt werden.

Martin Müller

06.01.2017: Erscheinung des Herrn

Hier geht es zu den liturgischen Texten: schott

Liebe Schwestern und Brüder,
die Sätze aus dem Jesaja Buch finde ich faszinierend:
Das sind Verheißungen an ein Volk, das trotz seiner Befreiung aus der Gefangenschaft in Babylon auch nach 20 Jahren immer noch nicht so recht auf die Füße kommt: ähnlich wie heute die Balkanländer, die immer noch festsitzen im Schlamassel der Armut und Bestechung.

Richte dich auf, werde Licht, denn dein Licht kommt!
Die Herrlichkeit des Herrn geht leuchtend auf über Dir!
– während Finsternis die Erde bedeckt.
Deshalb wandern Könige zu deinem Licht! Sie alle versammeln sich bei Dir:
Auch die Söhne und Töchter des Volkes, die ausgewandert waren,
die dir den Rücken zugekehrt hatten; Auch sie kommen herbei!

Du wirst strahlen und beben vor Freude, wenn Du siehst, wie alle kommen mit ihren Reichtümern und Schätzen und in dein Land strömen.
Und sie verkünden die ruhmreichen Taten des Herrn.

Wer Menschen gewinnen will, wer sie begeistern will, muss ihnen etwas versprechen, etwas, das nur mit ihm und durch ihn zu erreichen ist!

Dieses Rezept funktioniert bis heute:
Jede Werbung, jede politische Kampagne wendet dieses Mittel an:
versprich den Menschen möglichst viel, damit sie zu dir kommen und dich unterstützen.

Ich bin solchen Versprechungen gegenüber mehr als skeptisch:
am meisten helfen sie dem, der wirbt: er verkauft, er wird gewählt,
er bekommt Unterstützung.

Doch in der Heiligen Schrift geht es um mehr als um wirtschaftliche und politische Versprechungen: Es geht um das, was Gott seinem Volk verspricht: dieses Volk ist nicht ein Volk unter anderen: es bildet sich aus Menschen aller Völker dieser Erde. Gott will auch nicht etwas von uns, er braucht unsere Reichtümer nicht, sondern er will uns seine Herrlichkeit schenken!

Liebe Schwestern und Brüder! Die Versprechungen des Jesaja richten sich ursprünglich an das Volk Israel.  Wir Christen aber beziehen sie auf das neue Volk Gottes, auf die Kirche – auch wenn wir uns bewusst sind, dass Gottes Versprechen an das Volk Israel nach wie vor gelten.

Das Matthäusevangelium erzählt die Geschichte von den Sterndeutern, die dem Stern gefolgt sind, der die Geburt des neuen Königs anzeigte.
Die Vertreter der Völker kommen zu Jesus, in dem die Herrlichkeit Gottes aufstrahlt. Und sie bringen ihm ihre Geschenke: Gold dem König, Weihrauch dem Sohn Gottes, Myrrhe dem Gekreuzigten.

Wie die Sterndeuter aus dem Osten erkennen auch wir in Jesus, die Herrlichkeit des Herrn. Sein Licht strahlt in die ganze Erde, wie das Licht der Sonne! Jeder der sein Licht sieht, darf kommen und erhält Anteil an seiner Herrlichkeit! Er schickt niemanden weg, weil er nicht wie wir Angst haben muss, dass das Licht nicht reichen könnte oder schwächer würde.
Das Heil, das von Gott kommt ist anders als unser Reichtum:
es ist und bleibt die Fülle des Heiles für jeden, der zu Christus kommt und bei ihm bleibt.

Wir wollen aber auch nicht mit leeren Händen zu Jesus kommen:
Wir bringen ihm unsere Gaben:

Unsere materiellen Möglichkeiten setzen wir ein, damit mehr Menschen in Sicherheit leben können. Lasst uns großherzig bleiben, bei den vielen Spendenaktionen für Menschen in Not.

Wir opfern ihm unsere Illusion, alles in der Hand zu haben und selbst zu bestimmen, was richtig ist: Wir öffnen uns für ihn und fragen immer wieder: was willst du, das ich tun soll?
Im Gebet und im Gottesdienst preisen wir ihn, den Herrn und Schöpfer der Erde und stellen uns unter seinen heilvollen Willen.

Wer in der Nachfolge Jesu lebt, hat auch Anteil an Jesu Leiden: Enttäu­schungen, Ablehnung, Verachtung, Erfolglosigkeit – wir schenken Jesus die Bereitschaft auch das anzunehmen und dennoch ihm und seinem Vater im Himmel zu glauben, der uns seine Güte schenkt.

22. Februar 2015: 1. Fastensonntag

Hier geht es zu den liturgischen Texten: Schott

Liebe Schwestern und Brüder,
Wann haben Sie den letzten Regenbogen gesehen?
Es ist faszinierend wenn sich dieses vielfarbige Band über das ganze Himmelsgewölbe spannt. Das passiert wenn – meistens im Sommer – es regnet und zugleich die Sonne scheint..

Ich kann verstehen, dass die Menschen vor ein paar tausend Jahren in dieses Naturschauspiel als göttliches Zeichen deuteten: als Zeichen dafür, dass Gott diese Erde nicht verwirft und das Leben und den Menschen nicht dem Untergang anheim gibt.

Die Geschichte wie Noah die große Flut in der Arche überstand, ist eine großartige Bildergeschichte, die im alten Orient in verschiedenen Kulturen so ähnlich verbreitet war – vielleicht als Erinnerung an zerstörerische Fluten wie wir sie 2002 an der Elbe oder 2013 in Niederbayern erlebt haben.

Der erste Petrusbrief sieht in der Rettung des Noah aus dieser Flut ein Sinnbild für die Taufe:
Die Taufe ist Zeichen dafür, dass wir durch Christus und seine Aufersteh­ung gerettet sind wie Noah durch die Arche gerettet wurde:
Obwohl wir einander und Gott so viel Liebe schuldig bleiben, nimmt er uns an und schenkt uns ewiges Leben – in seinem Licht und seiner Herrlichkeit.

Liebe Schwestern und Brüder,
gehen wir aber nochmal einen Schritt zurück: Die Geschichte von der großen Flut nennt einen Grund für diese Katastrophe: Man überlegte: Gott wollte das Menschengeschlecht vernichten, weil er die Schlechtigkeit der Menschen sah!

Es heißt: „Es reute den Herrn, auf der Erde den Menschen gemacht zu haben, und es tat seinem Herzen weh.“

Manchmal klagen wir, dass es so viel Elend gäbe in der Welt. Wir werfen es Gott vor, dass er es nicht besser gemacht hat und zweifeln an seiner Allmacht und Liebe!

Wer so denkt, ist ganz nahe an den Vorstellungen dieser alten biblischen Bildergeschichte: Es wäre besser, wenn es diese Welt gar nicht gäbe!

In der Bibel heißt es aber: „Nur Noah fand Gnade in den Augen des Herrn.“

Die Zerstörungsgeschichte wird zugleich zu einer Geschichte des neuen Anfangs. Obwohl die Menschheit nach der Flut nicht besser war als zuvor und obwohl Not und Tod weiterhin das Leben und die Schönheit der Erde in Frage stellen, setzt sich die Erkenntnis durch:
Der Regenbogen ist das Zeichen dafür, dass das Leben auf der Erde weitergeht.

Es ist besser auf dieser von Not und Tod geprägten Erde zu leben, als dass sie gar nicht existieren würde!

Liebe Schwestern und Brüder!
können wir uns dieser Sicht anschließen?
Können wir ja sagen zu der Erde und zu uns selbst – ja zu ihrer Schönheit, ja zu unserer lebendigen und begrenzten Freiheit –
Können wir ja sagen – trotz der Schrecken der Natur und der Bosheit der Menschen?

Es ist eine Versuchung, diese Erde und das Universum und das Leben gering zu schätzen – weil es zugleich Schrecken und Tod und Bosheit gibt.

Es ist eine Versuchung nur auf das Negative zu starren.

Es ist eine Versuchung, die Erde mit Gewalt verbessern zu wollen.

Es ist eine Versuchung, die Erde als Besitz anzusehen, von dem man möglichst viel für sich gewinnen will.

Jesus war ganz und gar Mensch: auch er kannte diese Versuchungen.
Doch er sagte in seiner tiefsten Seele Ja zur Schöpfung Gottes und ihrer Gestalt – er sagte Ja zum Menschen und seiner Freiheit.

Aus diesem Ja heraus verkündete er die frohe Botschaft:
Diese Welt ist Gottes Welt. Gott ist euch nahe.
Er verurteilt nicht. Er ist da und er kommt! Kehrt um und glaubt!

15. Februar 2015: 6. Sonntag im Jahreskreis

Hier geht es zu den liturgischen Texten: Schott

Liebe Schwestern und Brüder!
Gott in der Höh sei Ehr und Preis! Singen wir – außer in Advent und Fastenzeit – in jeder Sonntagsmesse!
Lobe den Herren! Großer Gott wir loben dich!

In unseren Liedern ehren wir Gott, wir „verherrlichen“ ihn!
Jedenfalls versuchen wir in unseren Liedern auszudrücken, wie groß wir von Gott denken, wie sehr wir ihn verehren, den Schöpfer aller Dinge, der das Universum am Dasein erhält.

Da aber Gott so groß ist, wollen wir mehr tun als Loblieder singen:
Wir wollen Gott durch unsre Taten ehren und loben!

Der heilige Ignatius von Loyola hatte den Leitspruch:  „Alles zur größeren Ehre Gottes!“
Das ist ganz nahe an dem, was der Heilige Paulus den Christen in der reichen Hafenstadt Korinth ans Herz legt: „Ob ihr esst oder trinkt oder etwas anderes tut: tut alles zur Verherrlichung Gottes!“

Und weil wir manchmal besser vom Gegenteil her verstehen fügt er hinzu:
„Gebt weder Juden noch Griechen, noch der Kirche Gottes Anlass zu einem Vorwurf!“

Schwestern und Brüder!
Ich muss jetzt nicht erzählen, was der zeitgeschichtliche Hintergrund dieser Bemerkungen bei Paulus war – wir können das einfach auf heute übertragen:

Da würde es heißen: Ihr Christen, gebt niemanden einen Grund, euch etwas vorzuwerfen! Weder Christen noch Nicht Christen!
Das wäre das schlimmste, was wir anrichten könnten, wenn man auf uns mit dem Finger zeigen könnte und sagen:
Seht die Christen: sie sind scheinheilig. Sie preisen Gott und seine Werke!
Sie selbst aber tun anderen Unrecht. Sie nehmen keine Rücksicht auf andere! Sie suchen nur ihren Vorteil!

Damit würden wir nicht nur selbst unglaubwürdig!
Viel schlimmer daran ist, dass wie die Botschaft Jesu unglaubwürdig machen würden. Wir würden den Menschen den Zugang zu Christus, zum himmlischen Vater erschweren, statt dafür zu werben.

Wir leben in einer Gesellschaft, die mit Argusaugen auf uns Christen schaut: Es ist der Eindruck entstanden, die Kirche sei eine Organisation die vor allem ihren Vorteil sucht, die die eigenen Mitglieder in geistiger Abhängigkeit hält und die Privilegien beansprucht und auf ihnen beharrt.

Ob berechtigt oder unberechtigt: Ins Feld geführt werden Kirchensteuer, die staatlichen Zuschüsse und Leistungen für die Kirche, die großen Vermögen in kirchlicher Hand, das vermeintliche und das tatsächliche Fehlverhalten von kirchlichen Amtsträgern, die Lebensweise der einfachen Christen, die nicht anders ist als die von Nichtchristen.

Paulus gibt uns einen dringenden Impuls zur Gewissenserforschung:
Tut alles zur Verherrlichung Gottes, zur größeren Ehre Gottes.

Was würde sich in unserem Leben ändern, wenn wir jeden Tag beginnen mit dem Entschluss:
Alles zur größeren Ehre Gottes.

Wenn wir das nicht nur als Morgenimpuls sagen und denken,
sondern wenn wir tatsächlich alle Verrichtungen und alle Handlungen unter diese Überschrift stellen würden: „Alles zur größeren Ehre Gottes!“

Die Politiker wollen alle Entscheidungen auf ihre Umweltverträglichkeit und auf ihre Kosten prüfen.

Wir Christen wollen jede Entscheidung, jede Handlung prüfen und so gestalten, dass sie der größeren Ehre Gottes dient.

Wir Christen wollen jede Entscheidung, jede Handlung prüfen und so gestalten, dass sie der größeren Ehre Gottes dient.

31. August 2014: 22. Sonntag im Jahreskreis

Hier geht es zu den liturgischen Texten: Schott

 

Liebe Schwestern und Brüder!
Mir ist das Gegensatzpaar aufgefallen, das Jesus aufstellt:  Die Welt zu gewinnen setzt er in den Gegensatz zu das Leben verlieren!

Danken wir nicht genau anders?: Die Welt gewinnen – das heißt das Leben auskosten und es genießen.

Wer möchte nicht gerne – wenigstens hin und wieder – Leben wie Gott in Frankreich?
Wer möchte nicht, wenigstens etwas von den schönen Dingen des Lebens genießen können: Musik, Theater, Bilder und Kunstwerke ‑ jeder das, was ihm gefällt?

Die Welt gewinnen – das wäre schon erstrebenswert, weil sie so vieles bieten kann, was das Leben lebenswert macht.

Jesus hingegen sagt: Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sein Leben einbüßt.

Stellen wir die Worte in ihren Zusammenhang, damit sie verständlich werden: Petrus hat Jesus als Messias bekannt und erkannt.
Jesus hat ihm daraufhin als Fels seiner Kirche bezeichnet: Was du auf Erden löst, wird auch im Himmel gelöst sein.

Seither spricht Jesus davon, dass man ihn in Jerusalem töten wird.
Petrus möchte sich diesen Ahnungen in den Weg stellen:
Herr, das darf nicht geschehen. Wir lassen das nicht zu. Gott soll das verhüten.

Dann sagt Jesus diese Worte: Was nützt es einem Menschen, was nützte es mir, wen ich die ganze Welt gewinne, dabei aber mein Leben verliere.

Jesus ist klar geworden: sein Weg führt ihn in die Konfrontation mit denen, die meinen an Gottes Stelle darauf achten zu müssen, dass die Ordnung erhalten bleibt.
Würde er diese Konfrontation meiden, würde er sich, seinen Glauben und seinen himmlischen Vater verraten. Er würde sich selbst verlieren.
Und dasselbe wäre es, wenn er sich mit den Mitteln der Kraft und Stärke verteidigen würde oder gar die angreifen würde, die ihn für gefährlich halten.

Liebe Schwestern und Brüder,
sie alle kennen diese Situationen, in denen sie unangenehmes tun, ertragen, auf sich genommen haben, weil ihnen das Gewissen sagte:
jetzt kommt es darauf an, dass ich für den anderen da bin;
jetzt kommt es darauf an, dass ich meine Überzeugung vertrete;
jetzt kommt es darauf an, dass ich die Schwierigkeiten überwinde;
jetzt geht es um mehr als um Annehmlichkeit und Wohlbefinden.

Nicht immer folgen wir der Stimme des Gewissens:
wir versuchen uns durchzuschlängeln und sind innerlich gespalten.
Wir versuchen den Schein zu wahren, und dennoch die größten Unannehmlichkeiten zu vermeiden.

In solchen Situationen, wo es um mehr geht, wo es um die Liebe geht, um Wahrheit und Gerechtigkeit, wünsche ich uns den Mut und die Stärke, das zu tun, was uns das Gewissen sagt.

19. Juni 2014: Fronleichnam

Hier geht es zu den liturgischen Texten: Schott

 

Liebe Schwestern und Brüder!
Es ist toll! Ein Blumenteppich vor dem Altar! Die Fahne! Blumenschmuck! Birkenzweige und –bäumchen in der Kirche.
Das sieht schön aus! Das macht gute Laune! Es ist etwas Besonderes.
Es ist ein Fest!

Wir feiern das Fest des Herrenleibes! Das Fest der Eucharistie!

In gewisser Weise ist dieses Fest – wie so manches Fest – überflüssig.
Es gibt ja schon den Gründonnerstag, an dem wir das letzte Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern feiern: da hat Jesus dieses Sakrament begründet. Am Tag vor seinem Tod am Kreuz hat er uns den Auftrag gegeben, dass wir dies zu seinem Gedächtnis immer wieder tun: das Brot brechen und aus dem einen Kelch trinken.

Fronleichnam hat einen anderen Charakter:
Wir feiern es 10 Tage nach Pfingsten. Die Eucharistiefeier gehört in die Zeit der Kirche, in die Zeit, da der hl. Geist in uns wirksam ist: er führt uns jeden Sonntag zur Eucharistie zusammen.
Wir beten in jeder Eucharistie vor der Wandlung um den Geist, damit Brot und Wein, die wir miteinander teilen, zum Sakrament der Liebe Gottes werden, die Jesus und geoffenbart und geschenkt hat.

Die Eucharistie ist die Kraftquelle für uns Christen.

In dieser Feier stärken wir unseren Glauben an Jesus und seine Botschaft vom Bund des Lebens, den Gott mit uns geschlossen hat.

In der Eucharistie beleben wir unseren Glauben an die Auferstehung.

In der Eucharistie vertrauen wir uns der vergebenden Liebe des barmherzigen Vaters an. Denn wir gleichen dem verlorenen Sohn, der alles hinter sich ließ, was sein Vater ihn gelehrt und gegeben hatte und der sich selbst an den Rand des Todes brachte.

In der Eucharistie erneuern wir unseren Willen und unsere Entscheidung nach dem Vorbild Jesu zu leben: dass wir die Liebe zum Vater im Himmel und die Liebe zum Mitmenschen in die Mitte des Lebens stellen.

Wie kann ich Gott, dem Vater, wie kann ich dem Mitmenschen Liebe schenken? – das ist die wichtigste Frage in jedem Augenblick und bei allem, was wir tun.

Schwestern und Brüder,
die Eucharistie ist der größte Schatz, den wir Christen haben,
das heiligste Geschenk, das Jesus uns machen konnte.

Deshalb feiern wir zu Recht dieses schöne und große Fest der Eucharistie.

Liebe Kommunionkinder,
nach dieser Messfeier gehen wir mit der Monstranz durch ein paar Straßen unserer Pfarrei: bis zum Altenheim und wieder hierher zurück.

Erinnert ihr euch noch an eure Erstkommunion vor ein paar Wochen am 18. Mai? Mit Jesus auf dem Weg – das war euer Thema!

Heute dürft ihr das richtig erleben:
In dem hl. Brot erkennen wir Jesus, der uns Kraft gibt, der uns stärkt, der in uns die Liebe entzündet.

Wir tragen das Brot mit uns, weil Jesus immer bei uns ist, weil er immer mit uns geht, weil er uns den Heiligen Geist gibt,
damit wir gute Werke tun und
damit Gottes Liebe den Menschen bekannt wird – durch uns.

8. Dezember 2013: 2. Adventsonntag, LJ A

Darstellung in der Kathedrale von Amiens

Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe! –
Im Mt.Ev. verkündet Johannes die absolut gleiche Botschaft wie Jesus selbst. Freilich zeigt auch Mt den Unterschied zwischen Johannes und Jesus auf:

Johannes tauft mit Wasser als Zeichen der Umkehr – Jesus aber wird mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen!

Wer sich von Johannes im Jordan taufen ließ, wollte von seinen Sünden gereinigt werden, weil er bereit zur Umkehr war: das bedeutet:
Ich will jetzt wirklich nach Gottes Geboten leben.
Ich erwarte den einzigen, der über mich urteilt ‑ und will ich in seinem Urteil bestehen können.

Liebe Schwestern und Brüder, wir sind Jünger Jesu und wir versuchen jeden Tag nach Gottes Willen zu leben und seine Gebote zu beachten:
Wir beten, wir versuchen gerecht zu sein und niemandem Unrecht zu tun, wir spenden für arme und für alle möglichen guten Zwecke –
DENNOCH: Das Streben nach Umkehr gehört zu unserem täglichen Leben.
Denn es gibt sie, diese Momente, in denen wir nicht unserem Gewissen folgen, sondern jener anderen Stimme:
Das ist doch nicht so schlimm.
Das tun doch andere auch!
Das musst du nicht tun. Der ist selber schuld.

Dagegen kämpfen wir an – immer wieder, jeden Tag – zum Glück, denn sonst wäre es schlecht um die Welt bestellt und um unser Miteinander.

Nun aber spricht das Mt.Ev. von der Taufe, dessen, der nach Johannes kommt:
Erst wird das Bild von der Baumfällaktion genommen: Die Bäume, die keine gute Frucht bringen werden umgehauen und verbrannt.
Danach heißt es: Der Größere, der nach Johannes kommt, wird mit Feuer und mit Heiligem Geist taufen. Er trennt die Spreu vom Weizen – den Weizen bringt er in seine Scheune, die Spreu verbrennt er im nie erlöschenden Feuer.

Johannes ruft zur Umkehr, zur Lebensänderung auf, weil der kommt, der das Urteil sprechen und vollziehen wird. Was hat in diesem Gericht bestand?
Das aufmerksame Zuhören, wenn die Partnerin etwas erzählen will.
Die helfende Hand, wo sie benötigt wird.
Die Geldspende, um Not zu lindern.
Die Ehrlichkeit – die Nachsicht – die Geduld – die Treue, mit der man zu dem steht, was man versprochen hat – …

Was hat keinen Bestand?
Die Gleichgültigkeit – die Hartherzigkeit – die Untreue – der Unglaube – der Neid – die Missgunst – die Gewalt gegen Menschen ‑ …

Das Feuer ist ein starkes Bild: denn das Feuer verbrennt und verzehrt, so dass nichts übrig bleibt. Sie ist verbunden mit der Taufe durch den Heiligen Geist:

Diese Taufe ist nicht äußerlich wie das Wasser, das herabtropft und trocknet. Die Taufe mit dem Heiligen Geist ist innerlich. Sie betrifft unser Denken und Wollen:

Der, den Johannes ankündigt, verwandelt unser Inneres, uns selbst: Er teilt sich uns mit, so dass er in uns ist.
Sein Vertrauen zum Vater, seine Liebe zu den Menschen, seine Hoffnung auf das Leben sind in uns lebendig und verwandeln uns.

In diesem Feuer aus Glaube, Hoffnung und Liebe haben Misstrauen, Verzweiflung und Missgunst keine Chance – sie verbrennen wie die Spreu im Ofen.

Schwestern und Brüder, wir alle haben im Sakrament der Taufe diesen Heiligen Geist empfangen –
dass uns dieser Heilige Geist umwandelt und unser Tun und Wollen bestimmt – das muss jeden Tag neu geschehen. Denn der Brennstoff Egoismus ist einfach nicht unterzukriegen.

28. Juli 2013: 17. Sonntag im Jahreskreis

Barmherzige Dreieinigkeit Sr. Caritas Müller OP

Hier geht es zu den liturgischen Texten: Schott

Ich weiß nicht genau, was den Menschen vom Tier unterscheidet –
aber ich kann darüber nachdenken, was den Menschen zum Menschen macht: Der Mensch denkt nach und weiß es.

Der Mensch denkt darüber nach, warum diese Welt ist und woher sie kommt – und kann diese Frage nicht beantworten.

Der Mensch spürt den Lebensdrang in sich und muss beobachten und wahrnehmen, dass sein Leben vergeht. Er erlebt Krankheit und Not und Mangel.

Der Mensch erlebt als erstes den Frieden, den jedes Kind im Nest erfährt und möchte diesen Frieden erhalten – doch er erfährt den Unfrieden:
er spürt Konkurrenz und Neid – quälend in seinem Inneren und durch und bei seinen Mitmenschen.

Das ist die dreifache Not des Menschen:
er kann sich selbst sein Leben nicht erklären;
er kann sich selbst sein Leben nicht bewahren;
er kann sich selbst sein Leben nicht im Frieden gestalten.

Diese dreifache Not wird im Herrengebet, im Vater Unser angesprochen und wir bitten, dass diese Not geheilt wird:

Gott nennen wir die verborgene Quelle des Lebens. Als seine geliebten Kinder wenden wir uns an ihn.  Darin finden wir Geborgenheit.

Sein Reich erwarten wir – das Reich des Lebens und der Fülle,  wo jeder Mangel behoben sein wird, wo wir in seiner Vollkommenheit leben ‑ frei von Schmerz und Krankheit und Not. Diese Hoffnung gibt uns Kraft und Zuversicht.

Er nimmt uns an und kennt keinen Neid und keinen Zorn uns gegenüber, denn er ist der Friede und in ihm finden wir Frieden. Diese unbedingte Liebe macht uns frei von Zorn und Neid.  Wir werden bereit und fähig, einander anzunehmen – so wie wir angenommen sind!

Schwestern und Brüder,  im Vater Unser bringen wir die dreifache Not vor Gott, die uns Menschen quält und die der Herr mit uns getragen hat.
Als er rief: Vater, warum hast du mich verlassen? Als er schrie: Mich dürstet! Und als er betete: Vater vergib ihnen!

Wenn wir so auf das Leben Jesu, des Herrn schauen, dann dürfen wir gewiss sein:

Gott, der Vater Jesu, unser himmlischer Vater, wird uns erhören,  wenn wir in unserer Not zu ihm rufen –
dass ist noch zuverlässiger, als dass ein Freund seinem Freund aus der Not hilft und als ein Vater seinem Kind gibt, was gut ist.

Der, den wir Vater im Himmel ansprechen dürfen, heilt unsere dreifache Not:

Er ist die Antwort auf die Frage nach dem Warum und Woher.
Er ist die Rettung aus der Bedrohung des Lebens durch den Tod.
Er ist die Liebe, die nicht aufhört uns zu lieben und die uns Frieden bringt.

Wenn wir ihn bitten, wird er uns, seinen Geist geben, dass wir als seine Kinder bei ihm sind und von ihm Leben und Frieden empfangen.

Benedikt XVI. verfügt Änderung der deutschen Übersetzung der Wandlungsworte

„für den normalen Besucher des Gottesdienstes erscheint dies fast unvermeidlich als Bruch mitten im Zentrum des Heiligen. Sie werden fragen: Ist nun Christus nicht für alle gestorben? Hat die Kirche ihre Lehre verändert? Kann und darf sie das? Ist hier eine Reaktion am Werk, die das Erbe des Konzils zerstören will?“

Benedikt XVI in seinem Brief an die deutschen Bischöfe wegen der Neuübersetzung des Kelchwortes. hier der gesamte Text

Ich finde es beachtlich, mit welchem Einfühlungsvermögen für die „normalen Besucher der Gottesdienste“  Benedikt XVI. seine eigene Entscheidung für die neue Übersetzung des Kelchwortes kommentiert.
Seine Einschätzung der Reaktionen dürfte ziemlich realistisch sein. Und dennoch muss es demnächst heißen: „Das ist mein Blut, das für euch und für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden.“ Warum tut man das den „normalen“ Besuchern der Gottesdienste an?

Wegen einiger, die sich vielleicht dadurch erweichen lassen, den ordentlichen Ritus der Messe als gültige Messe zu akzeptieren?

Kardinal Ratzinger hat öfter bedauert, dass man nach dem Konzil den neuen Ritus der Messe sehr aprupt und übergangslos einführte. Daran kann viel wahres sein. Wahrscheinlich ging es den Katholiken damals so wie uns heutigen, als plötzlich das alte nicht mehr galt. Aber muss man jetzt den Fehler wiederholen? Wenn die bisherige Fassung „für alle“ rechtgläubig war, dann kann sie es doch auch in Zukunft bleiben. Die Zeit wird es erweisen, ob die Neufassung der deutschen Übersetzung „für viele“ verstanden und akzeptiert werden kann.
Kann es keine Erprobungszeit geben, so wie damals, als die deutschen Texte eingführt wurden?

In einer mehrsprachigen Konkordanz des Messordos – herausgegeben von Libreria Editrice Vaticana finden sich übrigens folgende Übersetzungen des „pro multis“ im lateinischen Text des Ordo Missae:

Englisch: „It will be shed for you and for all men …“
Französisch: „versé pour vous et pour la multitude …“
Italienisch: „versato pervoi e per tutti …“
Spanisch: „vosotros y por todos los hombres …“
Deutsch: „das für euch und für alle vergossen wird …“

Wenn argumentiert wird, dass man um der Einheit willen die Übersetzung ändern muss, dann ist zu bemerken, dass in 4 von 5 Übersetzungen das „für alle“ als zutreffendere Übersetzung gewählt worden war.

Wenn umständlich dargelegt wird, dass die Übersetzung „für viele“ in Wirklichkeit meint „für alle“, warum belässt man es dann nicht bei der bisherigen Übersetzung?

Ich mag es drehen und wenden wie ich will: als katholischer Priester stellen sich mir auch nach der Lektüre des Briefes von Benedikt XVI genau die oben zietierten Fragen.
Sie sind durch die Argumente des Briefes für mich nicht befriedigend beantwortet. Diese Fragen bleiben berechtigte Einwände und deshalb bitte ich die deutschen Bischöfe inständig, mit all ihrem Freimut aufzutreten und Benedikt XVI zu bedrängen, dass er zumindest auf unbegrenzte Zeit die bisherige Übersetzung neben der neuen gelten lässt – so wie er es sich gewünscht hätte, dass der jetzige ordentliche Ritus nicht so plötzlich und unvermittelt gegen den damaligen römischen „tridentischen“ Ritus durchgesetzt worden wäre.