21.04.2019: Ostersonntag

Liebe Schwestern und Brüder,
aus freiem Willen unterwarf sich Jesu dem Leiden.
Dann heißt es in den Einsetzungsworten der Messfeier: Das ist der Kelch des neuen und ewigen Bundes.

Die Bibel verkündet den Bund Gottes mit mit  Noah, dass Gott nie wieder eine Flut schicken würde,
Sie erzählt vom Bund Gottes mit Abraham, der zu einem großen Volk in einem eigenen Land werden wird.
Bis heute leben die Juden im Bund, den Gottes mit Israel am Sinai geschlossen hat.

Jedes Mal ergreift Gott die Initiative und bietet seinen Schutz, seinen Segen an – aus freiem Willen, nur, weil er seinen auserwählten Bundespartnern zum Segen.

Jesus spricht vom neuen Bund und meint unzweifelhaft einen neuen Bund Gottes mit den Menschen. Höher könnte der Anspruch nicht sein.

Dieser Bund umfasst – wörtlich übersetzt die vielen – gemeint sind aber tatsächlich alle, die dieses Bundesangebot annehmen und an Jesus Christus glauben, der sich aus freiem Willen dem Leiden unterwarf und den Gott auferweckt hat. So hat er den neuen und ewigen Bund der Vergebung, des Friedens bestätigt.

Das Johannesevangelium verkündet den Glauben an Jesus und seine Auferstehung auf ganz sorgsame Weise. In mehreren Andeutungen und Symbolen tastet es sich an das Bekenntnis heran:

Das erste ist: Das Grab ist leer: Jesus wurde weggenommen. Was sollen die Frauen ohne ihn tun? Das leere Grab stürzt die Jünger zuerst in noch größere Verzweiflung. – So geht es vielen Trauernden, wenn es vom Verstorbenen keinen Leichnam gibt und kein Abschied möglich ist und kein achtungsvolles Begräbnis.

Das leere Grab verschlimmert die Trauer. Es ist, als ob er nie gelebt hätte, wenn man sein Grab nicht besuchen kann.

In kleinen Schritten bricht sich eine neue Erkenntnis Bahn:

Die Leinenbinden sind das erste Zeichen. Sie erinnern an Jesus. Man hatte Jesus darin eingewickelt und gesalbt. Er war kein Traum.

Die Leinenbinden stehen für eine erste Ahnung: Wichtig ist nicht der Leichnam Jesu. Wichtig ist, was er in seinem Leben geglaubt hat, was er bewirkt hat: Wichtig ist, was seine Jünger von ihm gelernt und angenommen haben. Diese Liebe zum Leben, dieses unbedingte Ja – auch zu den scheinbar Verlorenen, die dadurch gar nicht verloren sind.

Johannes glaubte hieß es – und von Petrus und Johannes: sie hatten noch nicht verstanden, dass er von den Toten auferstehen müsse.

Maria von Magdala blieb am Grab zurück: Sie ist voller Tränen und gefangen in ihrer Trauer, weil Jesus nicht nur tot ist, sondern weil auch noch sein Leichnam weggebracht worden war. Das letzte, was sie von ihm hatte. So erzählt sie es den Engeln, die sich nicht als solche erkennt.
Als sie sich vom Grab abwendet – als ob sie suchen würde, wo Jesus sein könnte – findet sie ihn tatsächlich: Aber nicht seinen Leichnam, denn der würde nur die Niederlage besiegeln, das Ende aller Hoffnung.

Vielmehr hört sie seine Stimme:
Halte mich nicht fest. Ich bin noch nicht zu meinem Vater hinaufgegangen.
Sag meinen Brüdern: Ich gehe zu meinem Vater, zu meinem Gott, zu eurem Gott.

Da geht ihr Herz auf und sie versteht: Der Tod kann Jesus nicht festhalten.
Seine Hoffnung war der Himmel und dorthin ging sein Weg.
Ganz so weit ist Maria noch nicht: Ihr Jesus ist noch nicht im Himmel.
Aber die Hoffnung ist wieder da und der Glaube an Jesus und seine Worte.

Sie geht zu den Jüngern und erzählt, was sie erlebt hat: „Ich habe den Herrn gesehen – er sprach von seinem Vater, zu dem er geht!“

Schwestern und Brüder, der Osterglaube des Johannesevangeliums wächst langsam. Doch immer mehr erkennen die Jünger:
Der Weg Jesu führt zum Vater im Himmel – ihn und jedem, der wie er im Vertrauen und in der Liebe lebt.

19.04.2019: Karfreitag

Liebe Schwestern und Brüder,
im 2. Hochgebet beißt das einleitende Gebet vor der Wandlung so:
Am Abend, an dem Jesus ausgeliefert wurde und sich aus freiem Willen dem Leiden unterwarf, nahm er Brot …

Seit vergangenem Sommer berührt mich dieses „Aus freiem Willen“ ganz besonders und geht mir nach:
Aus freiem Willen gibt Jesus sein Leben hin – das ist umwerfend.
Wer gibt schon sein Leben aus freiem Willen hin?

Doch, es gibt Beispiele: Wer in der Suchmaschine im Internet eingibt „aus freiem Willen!“ – der findet als erstes Buchtitel zum Thema Assistierter Selbstmord, wenn Menschen wegen großer Schmerzen und Beschwerden sich das Leben nehmen wollen.
Aber: Wer  aus freiem Willen bestimmt, sich das Leben zu nehmen – tut es für sich: er möchte das Leid, die Schwäche nicht mehr ertragen. Man tut das aus Verzweiflung, die Ausweglosigkeit treibt einen zum Suizid.

Jesus wollte sich nicht das Leben nehmen. Er wollte leben. Er war gesund und voller Kraft. Ihn trieb nicht die Verzweiflung in den Tod.

Es gibt wirklich Menschen, die aus freiem Willen ihr Leben für andere einsetzen: Die Feuerwehrleute beim Brand von Notre Dame, Bergretter, der Katastrophenschutz und noch viele andere.
Sie begeben sich aus freiem Willen und selbstlos in gefährliche Situationen, um jemandem zu helfen. Denken wir nur an die Fußballmann­schaft, die in einer Höhle vom Wasser eingeschlossen war.
Das kann ich nur bewundern und es ist aller Ehren wert.
Aber es ist etwas anders: Die Rettungsleute machen hoffentlich (!) alles so, dass möglichst niemand dabei zu Schaden kommt und sie werden von niemandem bedroht – jedenfalls sollten sie nicht bedroht, sondern anerkannt und unterstützt werden.

Es gibt Beispiele von Menschen, die tatsächlich unmittelbar für einen anderen das Leben aus freiem Willen geben und sich dem Tod ausliefern: Pater Maximilian Kolbe hat sich von den NS Schergen anstelle eines Familienvaters hängen lassen. Nicht weil er lebensmüde war, sondern weil er dem Familienvater das Leben retten wollte.

Das ist Jesus Christus sehr ähnlich, der sich aus freiem Willen dem Leiden unterwarf: Er starb, weil er sagte und verkündete, dass er im Namen Gottes spricht und seinen Willen tut: „Ich verkünde, was ich von meinem Vater gehört habe.“ Dieser scheinbaren Gotteslästerung wegen wurde er angeklagt und verurteilt.

Er starb, damit seine Jünger seine Botschaft weitersagen können:
Gott verzeiht, Gott verurteilt nicht, Gott erweckt zum ewigen Leben.
Dabei dachte er nicht nur an seine Jünger, die um ihn waren: er dachte an alle, in denen er Hoffnung und Vertrauen zum Vater geweckt hatte.
Und er dachte daran, dass seine Botschaft von Gott, der Liebe ist und Quelle des Friedens nur so durch die Zeit hindurch weiterwirken kann.
Er dachte an das Heil für die Welt: Er stiftete einen neuen Bund,
den immerwährenden Bund des ewigen Lebens, das Gott schenkt.

Aus freiem Willen unterwarf er sich dem Leiden, das ihm angetan wurde,
um die Bosheit bei sich enden zu lassen. Er lieferte sich der Gewalt aus, doch er selbst blieb stark und erwiderte
Gewalt nicht mit Gewalt, sondern mit Sanftmut;
Bosheit nicht mit Bosheit, sondern mit Liebe;
Verrat nicht mit Verrat, sondern mit Treue;
Lüge nicht mit Lüge, sondern mit Wahrheit.

So war er stärker als die Dunkelheit und ihre Macht und hat sie überwunden – stellvertretend für die ganze Menschheit und als Vorbild für alle, die ihm folgen.

Wir geben zwar immer wieder bösen Gedanken und selbstsüchtigem Streben in uns Raum. Doch er gibt uns Hoffnung, dass wir dagegen ankämpfen können, denn er ist uns voraus gegangen.

Wenn wir uns aus freiem Willen für andere Menschen einsetzen, ihnen helfen, teilen, beistehen – obwohl es oft schwer ist und an den Kräften zehrt – dann sind wir Jesus ähnlich und seine Liebe bringt Frucht. Amen.

31.03.19: 4. Fastensonntag (Laetare)

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©Misereor Hungertuch 2019

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Schwestern und Brüdern ,
wenn sich Menschen versöhnen und wieder zueinander finden, die lange getrennt und vielleicht zerstritten waren – das ist etwas vom schönsten, das man erleben kann. Man muss sich doch freuen, denn dein Bruder war tot und lebt wieder, er war verloren und wurde wieder gefunden.

Ich versuche, diese Freude über Gottes Barmherzigkeit, die Freude Gottes über die Menschen, die zu ihm finden und wieder auf ihn hören, mit dem neuen Hungertuch von MISEREOR zu verbinden:

Vorherrschend ist ein tiefes dunkles Blau: Die Erde ist der blaue Planet. Wasser in den Flüssen und Meeren ermöglicht das Leben.

Das Festland, die Erde ist unser Lebensraum. In der Mitte des Bildes ist eine braune vom blau durchzogene große Fläche – wie ein Kontinent im Ozean. Der Künstler Uwe Appold hat dafür Erde aus dem Garten Getse­mani verwendet. 12 Steine, die in diesem Erdreich waren, setzte er in das Bild: 12 Steine als Erinnerung an die 12 Stämme Israels und die 12 Apostel, denn Gott freut sich über Menschen aus allen Nationen, die zu ihm finden.

In der Mitte ist ein Haus. Es ist offen, nicht abgeschlossen: Es muss offen sein, nicht verschlossen. Es wird nie fertig sein. Die Menschen müssen immer daran arbeiten, damit das Haus Platz bietet für alle, damit niemand ausgeschlossen wird.

Um das Haus herum ist der goldene Ring: Symbol der göttlichen Herrlichkeit, Symbol der Liebe Gottes, die uns Menschen umfängt, die uns trägt, die uns diese Erde als Lebensraum anvertraut.

Unten rechts ist eine Figur: sie sieht aus wie eine Säule in Bewegung. Die Figur ist Symbol für den Menschen. Auffallend ist diese schwungvolle Linie, eine Stange aus Edelstein mit dem eingekerbten Christus Mono­gramm. Sind es die Arme des gekreuzigten Menschen, den man hinausgedrängt hat, der keinen Anteil mehr hat an den Gütern der Erde, an Nahrung und Energie, an Bildung und Kunst – der Mensch, den man verloren gehen lässt? Der helle Schatten dieses Menschen scheint mit dem blauen Hintergrund zu verschmelzen. Denn Gott, der die Erde trägt und hält, ist und bleibt für immer das Leben jedes einzelnen Menschen.

Das Hungertuch trägt den Titel: „Mensch, wo bist du?

Wir sind angefragt, wie wir uns verhalten, damit die Menschen nicht verloren gegeben werden; wie wir uns verbinden mit den Menschen, die hinausgedrängt wurden, die nicht zugelassen werden, denen man keinen Anteil zugesteht an Bildung und Wissen, an Geld und gut.

Verbinden wir uns mit den Menschen, die phantasievoll und voll Liebe und Idealismus Ideen entwickeln und verwirklichen, damit die Menschen einen Weg ins Leben finden und Anteil haben.

Mit der diesjährigen Fastenaktion greift MISEREOR dieses zentrale Anliegen auf. Im Fokus stehen junge Menschen in El Salvador mit ihren Ideen, Hoffnungen und Zukunftsplänen. In dem zentralamerikanischen Land schränken Armut, Gewalt und Kriminalität die Zukunftschancen der jungen Menschen stark ein.

Der MISEREOR-Partners FUNDASAL gibt vielen jungen Menschen eine Perspektive für ihr Leben:  Die Grundidee ist, dass junge Menschen gemeinsam Häuser für ihre Familien bauen und dadurch Zusammenhalt entsteht.

Für die Jugendlichen ergeben sich neue Perspektiven: Sie können ihr Wissen im Lehmziegelbau weiter nutzen und eine Erwerbstätigkeit finden.

Die jungen Menschen profitieren von der verbesserten Wohnsituation und stärken auch die Gemeinschaft. So wie die Jugendgruppe in El Sauce, einem Stadtteil von Sonsonate im Westen El Salvadors. Seit 1999 entstanden hier mithilfe von FUNDASAL 1.700 Wohnungen für Familien. Die Jugendlichen trafen sich, um Pläne zu schmieden und auf die Kinder in der Nachbarschaft aufzupassen. Unter ihnen wuchs der Wunsch, ihre Zukunft in die Hand zu nehmen und „Akteure des Wandels“ zu werden, wie die 18-jährige Hassell Pinto sagt.

Im ganzen Land sind seit der Gründung von FUNDASAL rund 51.000 neue Häuer entstanden und 273.000 Menschen haben von den Aktivitäten des Projektpartners profitiert.

Ich bin überzeugt, dass Gottes Freude groß ist über jeden jungen Menschen, der so etwas Gutes aus seinen Fähigkeiten macht.

10.03.2019: 1. Fastensonntag

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Liebe Schwestern und Brüder,
eine seltsame Geschichte haben wir gerade gehört:
Lukas schildert wie Jesus, den er als Sohn Gottes verkündet, vom Teufel versucht wird: Kann man sich das vorstellen?

Es gibt von Haus aus viel zu fragen: Was heißt Versuchung?
Wie ist das mit dem Teufel? Gibt es ihn? Was ist sein Ursprung?
Ich lasse diese Fragen mal beiseite, denn sie wurden ja schon oft besprochen.

Jedenfalls steht diese Versuchungsgeschichte ganz am Anfang der öffentlichen Geschichte Jesu nach der Taufe am Jordan, wo er als Sohn Gottes geoffenbart wird.

Das gibt es eine interessante Parallele: Die Bibel erzählt gleich nach der Erschaffung von Mann und Frau von deren Versuchung:

Gott hatte dem Menschen geboten: „Von allen Bäumen des Gartens darfst du essen, doch vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse darfst du nicht essen; denn sobald du davon isst, wirst du sterben.“

Da kam die Schlange, das Bild des Satans, und sagte: Es ist ganz anders:
Wenn ihr von diesem Baum esst, werdet ihr wie Gott und könnt selbst Gut und Böse erkennen – also bestimmen, was gut und böse ist.

Wir wissen: Adam und Eva aßen von den wunderschönen Früchten des Baumes: In der Folge berichtet die Bibel von Mord und Todschlag unter den Kindern von Adam und Eva, von der Verderbtheit der Menschen, die schließlich zur großen Flut führte, die fast alles Leben auf der Erde vernichtet hätte.

Jesus hingegen hat der Versuchung widerstanden: Er, der Gott gleich war, hielt nicht daran fest, Gott gleich zu sein, sondern wurde ein Mensch, in allem uns gleich außer der Sünde. Er blieb seinem Vater gehorsam:
Er lebt durch Gottes Wort, er wirft sich vor Gott nieder und er stellt Gott nicht auf die Probe, als ob er von Gott einen Beweis seiner Göttlichkeit verlangen könnte, um ihn anzuerkennen.

Schwestern und Brüder,
vor wem verneigen wir uns?
Welches Unrecht sind wir bereit zu verüben, um einen Nachteil abzuwehren, um einem Mangel abzuhelfen?
Wie schnell sind wir bereit, Gott all das Unrecht und Leid dieser Welt vorzuwerfen und ihn so für unfähig zu erklären – eben für nicht göttlich.

Das Lukasevangelium zeigt uns Jesus als Retter, der der Versuchung widerstanden hat.

Es geht aber auch um uns selbst:
Er ist unser Vorbild, dass auch wir den Versuchungen widerstehen und statt dessen auf Gott hören und das Gute tun, die Liebe üben und anerkennen, dass wir zuletzt allein Gott verantwortlich sind, dass wir das Gute tun und das Böse lassen.

Dafür ist die österliche Bußzeit da,
dass wir unseren Entschluss erneuern und bekräftigen,
auf Gott zu hören und den Mitmenschen zu lieben:

Denn vor Gott zählt nicht, wie gut ich gegessen habe, wie meine Karriere verlaufen ist, wie angesehen ich war, wie weit meine Urlaubsreisen waren, welche Bequemlichkeiten ich mir leisten konnte:

Vor Gott zählt:
Wem hast du Gutes getan?

24.02.2019: 7. Sonntag im Jahreskreis

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Liebe Schwestern und Brüder,
euch Kirchgängern sage ich:

Wenn dir einer die Vorfahrt nimmt, reg dich nicht auf und schimpf nicht über ihn.

Wenn dir jemand dein Fahrrad klaut, verlang es nicht zurück.

Wenn jemand Gerüchte über dich verbreitet, lobe ihn vor den Leuten.

Wenn dich jemand zur Seite drückt, hilf ihm, dass er besser vorwärts kommt.

Wenn dir jemand Schaden zufügt, versuche ihm zu nützen, wie du kannst.

Kann man sich so etwas sagen lassen?
Es ist nur verständlich, wenn man da einen dicken Hals bekommt –

Wenn ich solche Regeln aufregen, merke ich jedenfalls, dass ich anderer Meinung bin:
Wer mir schadet, der muss mit meinem Widerstand rechnen.
Ich werde mich jedenfalls wehren.

 So weit so gut und so normal.

Andererseits jammern wir über die Zustände in dieser Welt:
Egoismus, Verrohung der Sprache, zunehmende Gewaltbereitschaft,
das finden wir gar nicht gut.

Wir wünschen und Frieden und Gerechtigkeit, Sicherheit und Rücksichtnahme.

 Jesus stellt unser Freund – Feind Schema in einen ganz anderen Horizont:

Wenn ihr Söhne und Töchter des himmlischen Vaters sein wollt,
wenn ihr hofft, dass der Vater euch eure großen und kleinen Gemeinheiten und Unwahrheiten vergibt, und euch die Herrlichkeit des Himmels schenkt –
dann benehmt euch wie Kinder eures Vaters und vergebt denen, die an euch schuldig geworden sind und teilt mit denen, die euch nichts geben können.

Wenn ihr erwartet, dass Gott bei euch Nachsicht zeigt, dann seid selbst nachsichtig.

 Unsere Reflexe der Revanche, der Vergeltung, der Verurteilung
stellt Jesus in einen größeren Horizont:
Er stellt uns vor Augen, dass wir selbst Menschen sind, die Nachsicht und Vergebung und Großzügigkeit brauchen und erhoffen.

Er stellt uns vor Augen, dass wir vor Gott ebenso Sünder sind wie die,
die uns Unrecht tun – und zwar wirklich Unrecht tun.
Nun sieht das schon ein wenig anders aus:

Denk daran, wie oft du dich schon falsch verhalten hast im Verkehr.

Denk daran, wie oft Du Dich vorgedrängt hast.

Denk daran, wer durch dich Schaden erlitten hat.

Denk daran, zu wem du ungerecht warst.

Nun überlege, wie du mit denen Umgehst, die unfreundlich zu dir sind.

Nun überlege dir, ob du das Recht hast, jemand zu verurteilen –
oder ob du dir zugleich selbst das Urteil sprichst.

Willst du Frieden? Dann stell den Frieden her, indem du vergibst.

Wollte ich sie mit meinen Gedanken zur Feindesliebe aufs Glatteis führen.
Beileibe nicht. Was Jesus uns da ans Herz legt, ist eine harte Nuss.
Es läuft unseren Instinkten und Reflexen zuwider. Auch den Meinen.

Aber es gilt auch hier: Es ist besser anzufangen. Auch wenn man es nicht immer schafft. Manchmal ist es gar nicht schwer. Wer leichte Übungen schafft, kann zu schwierigeren übergehn. Es ist der Weg dazu, ein friedfertiger Mensch zu werden, nach dem Vorbild Jesu. Ist das so schlecht?

17.02.2019: 6. Sonntag im Jahreskreis

Hier geht es zu den liturgischen Texten: schott

Liebe Schwestern und Brüder,
Ein Baum, am Wasser gepflanzt – und ein Strauch in der Steppe.
Der eine führt ein kümmerliches Dasein – es ist trockenes Gestrüpp, das nicht mal die Schafe mögen.
Der andere, der Baum: ein Bild, der Stärke, der Fruchtbarkeit, der Schönheit. Der Baum gibt Schatten, bringt Früchte.

Diese beiden vergleicht das Buch Jeremia mit Menschen, die sich auf Menschen, oder die sich auf Gott verlassen.

Wer sind die Menschen, die sich auf Menschen verlassen?

Im Fall des Falles handeln sie gegen ihre Überzeugung,
man weiß gar nicht, ob sie eine Überzeugung haben:
Der kurzfristige, unmittelbare Vorteil steht im Vordergrund.
Sie haben keine innere Stärke, um ihren Weg zu gehen
sie lassen sich von den Mächtigen dirigieren und bestimmen.

Die Menschen, die auf Gott vertrauen, haben Überzeugungen.
Sie stellen Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit über ihr kurzfristiges Wohl,
die Armut zu überwinden, ist ihnen wichtiger als ihr eigener Reichtum,
das Leben zu schützen ist größer, als für sich selbst zu sorgen.
Vielleicht sind das die Schülerinnen und Schüler, die Verweise in Kauf nehmen, um für mehr Klimaschutz zu demonstrieren.
Vielleicht sind es die Mahner, die für den Schutz des Lebens eintreten –des ungeborenen Lebens und auch des Lebens, das sich dem Ende zuneigt.

Menschen, die solche Überzeugungen und Werte haben,
sind ein Segen: Sie bringen Früchte, bei ihnen findet man Schutz und Stärke. Sie werden zum Segen für andere.

Die Seligpreisungen und Weherufe Jesu im Lk.Ev. können wir in diesem Horizont verstehen:

Was macht Jesus: Er preist die Armen, die Hungernden, die Ausgestoßenen selig und ruft denen, die in unserer Alltagswelt gut dastehen ein Wehe entgegen: Warum eigentlich?

Weil sie das Glück haben, sich satt essen zu können, weil sie das Glück haben, nicht arm zu sein? Weil sie das Glück haben, anerkannt und gelobt zu werden?

Wird Gott mich dafür strafen?

Das Problem ist nicht der Wohlstand und der Glücksfall, auf der Sonnenseite des Lebens zu stehen.
Das Problem ist, wenn wir die Armen übersehen,
wenn wir nichts gegen den Hunger tun,
wenn wir um der Anerkennung willen, das Gerechtigkeitsgefühl hinten anstellen.

Die Satten und Reichen, die Glück haben und anerkannt sind,
haben Verantwortung dafür,
dass die Armen nicht arm bleiben,
dass die Hungernden nicht mehr hungern,
dass die Ausgeschlossenen Zugang finden und Teil haben können an der Gesellschaft, an Sport und Kultur.

Jesus tritt dafür ein, dass wir Spaltungen überwinden,
dass wir Ausbeutung und Unterdrückung und die Kreisläufe des Unrechts beenden,
dass wir gerecht handeln und leben.

So hat Gott es in seinem Sohn Jesus selbst vorgemacht:
Er wurde ein sterblicher Mensch,
um uns Anteil zu geben an seiner Auferstehung und an seinem unvergänglichen Leben.

Der Glaube an die Auferstehung, an das ewige Leben,
hängt eng zusammen mit dem, was Menschen hier auf der Erde tun:

Denn: wenn wir uns bewusst bleiben, dass die Armen im Himmel nicht mehr arm sein werden, und dass Gott denen Anerkennung und Ansehen schenkt, die auf der Erde verschmäht werden – weil sie Jünger Jesu sind.

Dann werden wir wie von selbst den Ehrgeiz entwickeln, es wie Gott selbst zu machen und Armut und Hunger und Ausgrenzung zu überwinden,
denn die vergängliche Welt bereits ist Gottes Reich und soll es immer mehr werden.

03.02.2019: 4. Sonntag im Jahreskreis (LJ C)

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Liebe Schwestern und Brüder,
das von uns so genannte Alte Testament ist nicht nur ein Glaubensbuch – es ist auch eine Geschichtsquelle – in manchen Teilen jedenfalls.
Der Prophet Jeremia ist eine der Personen, die klar in einer bestimmten geschichtlichen Situation auftritt: Zur Zeit des Königs Joschija und seines Sohnes und Nachfolgers Jojakim. Seine Berufung zum Propheten erfährt er im Jahr 628 also 41 Jahre bevor das Volk Israel in die Verbannung nach Babylon geführt wurde.

Gott sagt zu ihm: „Noch ehe ich dich im Mutterleib formte, habe ich dich ausersehn, zum Propheten für die Völker.“
Ist das nicht wunderbar?

Gott hat diesen Jeremia „geformt“, damit er ihm einen Auftrag geben kann: Dass das für den Auserwählten schwer und kaum erträglich werden wird, wird ihm gleich dazugesagt:
„Ich mache dich zur bronzenen Mauer gegen das Land, gegen die Könige, Beamten und Priester und Bürger von Juda.
Mögen sie dich bekämpfen – bezwingen werden sie dich nicht!“

Da wird eine große starke Persönlichkeit auf die Bühne der Geschichte gestellt: einer, der viel durchstehen wird, der viel aushalten muss und der letztlich erleben muss, wie seine Mahnungen und Warnungen vergeblich sind – weil das Volk und der König sich nicht abhalten lassen, den Weg zu wählen, der sie ins Unheil führt – in die Verbannung!
(Hinweis auf die Klagelieder).

Das sind zwar Geschichten von vor 2600 Jahren, doch heute beschäftigen uns ganz ähnliche Fragen:

Wird man auf die Warnungen hören?
Wird man es vermeiden, dass bewohnte Erde zu Millionen Hektar im Wasser versinken?

Wird man es vermeiden, dass Millionen Menschen aus Not und Todesangst ihre Heimat verlassen müssen und dahin gehen, wo leben möglich ist und es deshalb zu Gewalt und Konflikten kommt.

Oder wird all das Unheil, vor dem viele prophetische Menschen warnen, doch noch vermieden?

Diese Lesung hat man dem Abschnitt aus dem Lk Ev zugeordnet, in dem Jesus nach anfänglicher Begeisterung das erste Mal in Konflikt gerät mit seinen Landsleuten, mit denen er Glaube und Herkunft teilt:

Da deutet das Evangelium schon an, wie das Leben Jesu verlaufen wird:
Man wird ihm nicht glauben. Es wird der Tag kommen, an dem er nicht mehr einfach durch die bedrohliche Menge hindurch geht.

Jesus – das muss man zugeben – bringt die Leute in Rage mit seinen Vergleichen und Anspielungen auf Elija und Elischa. Jesus wirft ihnen vor: „Ihr seid wie die Israeliten damals. Genau wie sie hört ihr nicht auf die Mahnung und Warnung des Propheten.

Ihr handelt nicht so, wie Gott es will, sonst würdet ihr tun, was Gottes Geist bewirkt:
Sonst würdet ihr:

  • Arme aus ihrem Elend zu befreien.
  • Am Boden liegende wieder aufrichten.
  • Kranke heilen, statt sie ihrer Krankheit zu überlassen.
  • Ausgebeuteten Menschen die Befreiung bringen.

SO hat es Jesus vorher aus dem Buch des Propheten Jesaja vorgelesen.

Schwestern und Brüder,
auch das hohe Lied der Liebe, dieses Stück Weltliteratur, von Paulus verfasst, schlägt in diese Kerbe:

Wer auf Gott und seine Propheten hört,
der ist geduldig, der freut sich an der Wahrheit, der macht sich selbst nicht wichtig, der tut nichts, was den anderen verletzt.

Warum wird uns dies alles durch die Bibel, das Wort Gottes, zum Bedenken gegeben?

In all den täglichen kleinen Herausforderungen des Lebens, sollen wir die Möglichkeit erkennen und wählen, aus Liebe zu handeln, damit Gottes Liebe bekannt wird, damit die Welt gut wird.

Wir sollen uns nicht Jesus entgegenstellen,
sondern mit ihm gehen, denn er geht den Weg des Lebens.
Sein Weg führt uns zum Leben, zum echten, prallen, vollen Leben.

27.01.2019: 3. Sonntag im Jahreskreis

Hier geht es zu den liturgischen Texten: schott

Liebe Schwestern und Brüder,
Schon seit vielen Jahren scheint die Unordnung in der Welt zuzunehmen – bestehende Ordnungen werden aufgegeben und gelten nicht mehr.

Hat es mit der Ukraine angefangen – oder mit dem Angriff auf das World Trade Center – oder mit den Kriegen in Tschetschenien und Afghanistan?

Unzählige Menschen erleben, wie ihre Heimat zerstört wird: Trümmerhaufen statt Wohnungen.

Unzählige Menschen erleben Armut und Elend – so sehr, dass sie den Tod fürchten müssen.

Unzählige Menschen werden gefoltert, misshandelt, ihrer Würde beraubt.

Unzählige Menschen erleben auf ihre Weise, was das Volk Israel in Babylon erlebte: Schande, Not, Unterdrückung, Armut, Elend.

Wo ist der Weg aus dieser Spirale des Elends, das die Menschen übereinander bringen? Wo ist der Ausgang?

Liebe Schwestern und Brüder,
sagen wir nicht zu schnell: „Das liegt nicht in unserer Hand!“ Denn wir wissen es nicht, wo der Weg des Friedens und der Versöhnung beginnt? Er kann beginnen an einem Flecken der Welt und unbeachtet von jeder Öffentlichkeit. Es kann sein, dass der Beginn des Weges zum Frieden in keinem Geschichtsbuch verzeichnet wird, Es kann sein, dass er gerade unter uns beginnt – ohne dass wir es merken.

Denn: wie kann es geschehen, dass die Mächtigen plötzlich den Weg des Friedens suchen und Gerechtigkeit schaffen zwischen den Menschen und Völkern?
Die, auf die sie hören, ihre Beraterinnen und deren Freunde und deren Nachbarn und Familien müssen erfüllt sein von der Sehnsucht nach Frieden und Gerechtigkeit: dann werden in dieser Atmosphäre auch die Mächtigen anfangen, Gedanken des Friedens zu denken.

Liebe Schwestern und Brüder,
nach langen Jahren in der Fremde, unterdrückt vom König von Babylon, kehrte das Volk Israel zurück: Ihre Stadt, ihr Tempel lag in Trümmern. Doch sie waren wieder daheim.

Das erste und wichtigste war ihnen; die Weisung des Herrn zu hören, die Thora, ihr Freiheitsgesetz: Und sie waren zu Tränen gerührt, denn sie merkten:
Wenn wir danach handeln, wenn wir auf Gott hören, werden wir Frieden schaffen und Gerechtigkeit üben – und wir werden darin die Gunst unseres Gottes erfahren.

Doch wir sind vergesslich: Immer wieder meinen wir: Ich zuerst.
Immer wieder nehmen wir uns selbst wichtiger als den anderen.
Immer wieder schaffen wir Ungerechtigkeit und Unfrieden.
So entstehen immer neues Elend und Not.

Ihr Elend, ihre Unterdrückung, ihre Schmach deuteten die Israeliten als Strafe Gottes für ihre Sünden. So waren sie in dem Kreislauf von Umkehr und Neuanfang, dem Rückfall in Schuld und Sünde und dem daraus entstehenden Elend gefangen. Und so geht es uns Menschen bis heute.

Außer: wir nehmen die frohe Botschaft Jesu ernst, der die Schriftworte zitiert:
Der Geist des Herrn ruht auf mir, damit ich ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe.
Heute hat sich das Schriftwort erfüllt.

„Das Gnadenjahr des Herrn“ geht nicht mehr zu Ende.
Gott wird nie aufhören, uns den Weg zum Frieden zu führen.
Er wird niemals aufhören, uns in unserem Innersten anzusprechen: „Wähle das Leben!“ Er hat diese Sehnsucht nach Frieden unauslöschlich in uns gelegt.

Vor Gott müssen wir uns nicht fürchten. Im Gegenteil.
Wenn wir auf seinen Geist hören, mit dem wir gesalbt sind,
werden wir zu Ursprungsorten des Friedens:
Arme aus dem Elend befreien,
denen, die in Verstrickungen gefangenen sind, Freiheit bringen;
denen, die nur noch das Böse sehen, die Augen öffnen für Liebe und Barmherzigkeit;
die am Boden liegen und sich aufgegeben haben, aufrichten.

Gott gibt uns die Kraft und sein Wort bringt uns Frieden.
Zeigen wir es allen: Es ist das Gnadenjahr des Herrn.

13.01.2019: Taufe des Herrn

Hier geht es zu den liturgischen Texten: schott

Liebe Schwestern und Brüder,
Im Buch des Propheten Jesaja wird der Knecht Gottes angekündigt und vorhergesagt. Von ihm sagt Gott:

Das ist mein Erwählter, an dem ich Gefallen gefunden habe.

Es ist offensichtlich, dass das Lukasevangelium diese Sätze zitiert:
Du bist mein geliebter Sohn. An dir habe ich Gefallen gefunden.

Wie in der Geburtsgeschichte Jesu möchte Lukas auch in der Taufgeschichte sagen: Jesus ist der Messias, der Gesalbte Gottes,
den die Propheten verkündet haben.

Dafür wendet Lukas Zitate aus den Propheten auf Jesus an.
Durfte er das? Konstruiert er auf diese Weise eine Behauptung über Jesus nach seinen Vorstellungen? Und wenn das so ist:
Stimmt es dann überhaupt, dass Jesus der Sohn Gottes ist?
Ist das eine Erfindung der Evangelisten und der ersten Christen;
um ihren Glauben zu rechtfertigen und scheinbar zu beweisen?

Jedenfalls erzählen alle vier Evangelien von der Taufe Jesu durch Johannes.  Alle vier Evangelien erzählen, dass eine Stimme vom Himmel sprach: Du bist mein geliebter Sohn“

Die nachösterliche Jüngergemeinde war sich einig: Wer erzählen und verkünden will, wer Jesus war und was er bedeutet, muss mit der Taufe durch Johannes am Jordan beginnen.

Die Christen drückten so ihren Glauben aus, dass Jesus, der Gekreuzigte und Auferstandene, der ist, den die Propheten verheißen haben:
Der, an dem Gott Gefallen gefunden hat.

Ich kann es ihnen nicht vorwerfen, dass sie Bibelzitate verwendet haben, um ihren Glauben auszudrücken: Schließlich und endlich war Jesus ein Jude. Der Vater, zu dem Jesus betete war der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs. Jesus feierte als Jude das Paschafest: Die Befreiung aus der Knechtschaft in Ägypten.

Jesus deutete und erklärte sich selbst und sein Tun als Jude mit dem jüdischen Glauben.

Es ist also logisch, dass die Evangelisten die hl. Schrift der Juden nutzten, um zu verkünden, wer Jesus ist und was er für uns bedeutet.

Jesus ist der Sohn Gottes, den Gott gesandt hat, um Frieden zu bringen,
um sein Reich, die Herrschaft Gottes aufzurichten und zu begründen.

Liebe Schwestern und Brüder,
woran denken wir, wenn wir „Sohn Gottes“ sagen?

Wir denken an den Besuch des Engels bei Maria, der sagt: Der Heilige Geist wird üb er dich kommen und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Wir denken an das Wunder: an das Geschehen, das die uns bekannten Abläufe der Natur durchbricht.

Ob der Evangelist es so verstanden wissen will?

Sohn Gottes – erklärt nicht die biologische Herkunft Jesu – sondern etwas viel wichtigeres: Jesus ist der Sohn Gottes –  bedeutet:

Durch Jesus zeigt sich Gott. Er handelt, er empfindet, er redet, was Gott redet, wie Gott empfindet, wie Gott handelt.

Wer ihn hört, hört Gott. Wer seine Taten sieht, sieht Gottes Taten. Er zeigt uns, wie Gott wirklich ist. Oder – um es ein wenig kirchlicher auszu­drü­cken: In ihm zeigt uns Gott wie er wirklich ist. In ihm offenbart sich Gott selbst. Oder in dem ursprünglichen biblischen Wort: Er ist Gottes Sohn!

Liebe Schwestern und Brüder, ich möchte noch eine Beobachtung erwähnen, die mir ehrlich gesagt bis jetzt entgangen war:
Es heißt: Lukas schreibt: Während Jesus betete öffnete sich der Himmel und eine Stimme aus dem Himmel sprach.

Im Gebet, also in Hinhören auf Gott hat Jesus gehört: Du bist mein geliebter Sohn. Da wird deutlich, dass es nicht allein um Jesus geht:

Wenn wir beten, wenn wir auf Gott hinhören, auf die innerste Stimme des Lebens in uns, dann können auch wir hören – und im Glauben der Taufe hören wir es auch: Du bist meine geliebte Tochter; mein geliebter Sohn. Dies kann uns im Innersten berühren und zu Frauen und Männern machen, die Jesus gleichen:  dass wir in der Kraft Gottes handeln;
dass wir aus Liebe handeln; dass wir im Geist Gottes reden.

06.01.19: Erscheinung des Herrn

Hier geht es zu den liturgischen Texten: schott

Liebe Schwestern und Brüder,
Das ist absolut menschlich: wenn Verwandte oder Freunde ein Kind bekommen haben, möchten wir es sehen und bewundern, es beschenken und den Eltern gratulieren. Und dabei freuen wir uns über dieses Kind: dass es da ist, dass es lebt und das Leben weiterträgt.

Wie das Lukas-, so spricht auch das Matthäusevangelium von der Freude der Menschen, die kommen, um das neugeborene Kind, diesen Jesus zu bewundern und ihm Geschenke zu bringen.

Das Besondere in der Geschichte des Matthäus:
Er erzählt nicht von Verwandten oder Freunden, die kommen: Es sind Leute von weither: Sterndeuter aus dem Osten.

Viele machen es bei einem Buch so, dass sie zunächst die ersten Seiten lesen und dann die letzten Seiten – bevor sie das Buch von vorne nach hinten durchlesen. Anfang und Schluss eines Buches sagen sehr viel aus über seine ganze Idee und darüber, was dem Autor wichtig ist.

Mt beginnt seine Verkündigung von Jesus mit dem Besuch der Sterndeuter und er beendet sie mit diesen Worten:

„Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde. Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe.

Es endet, wie es begonnen hat. Das Ev. verkündet Jesus, den Messias für die Menschen aller Völker. Der Messias aller Völker! Das ist entscheidend!

Auch wenn wir – zusammen mit allen Getauften – uns als das neue Volk Gottes verstehen, geeint in der Nachfolge, geeint darin, dass wir durch Jesus an die Barmherzigkeit Gottes glauben. ‑

Jesus gehört uns nicht – Er ist der Messias aller Völker.
Alle Völker der Erde sollen erleben und erfahren, dass Gott Heil schenkt: Alles sollen erleben, dass Gott einen guten Plan mit uns Menschen hat.

Deshalb weiten wir Christen unseren Blick ‑ wir denken und schauen über unseren Kirchturm hinaus. Unser Blick geht in die weite Welt.

Jesus ist der Messias auch für die Menschen, die ausgeschlossen sind:
Er ist der Messias auch
für die Kinder und Menschen, die nicht gehen können;
für Menschen mit dem Down Syndrom;
für Autisten, für Menschen, die Gliedmaßen verloren haben durch Unglück oder Kriegseinwirkung.
Er ist der Messias für alle, auch für Menschen mit Behinderungen in Südamerika oder in Ozeanien oder in Afrika.

Die Sternsinger stellen heuer dieses Anliegen in den Mittelpunkt ihrer Aktion: „Wir gehören zusammen“ rufen sie uns zu: Damit meinen sie Menschen mit und ohne Behinderung. Vor allem Kinder ‑ egal in welcher Gegen der Welt sie leben.

Ich möchte ein Beispiel erzählen, wie in Yancana Huasy in Peru Kinder mit Behinderungen gefördert werden.

Ángeles ist acht Jahre alt. Wegen einer angeborenen Muskelschwäche kann sie nicht laufen. Manchmal ist sie deshalb traurig. Wenn sie irgend­wo hin will, brauch sie Hilfe, denn das Haus der Familie liegt an einem steilen Hang. Jeden Tag trägt ihre Mutter sie zahllose wackelige Stufen hinunter und wieder hinauf. Wo keine Stufen sind, benutzen sie einen alten Kinder­buggy. Eine Wohnung im Tal wäre viel teurer, das kann die Familie nicht bezahlen.

Bei Yancana Huasy erhält Ángeles Physiotherapie. „Ich will, dass meine Muskeln stärker werden“, erklärt Ángeles. Nur mit der Therapie kann Ángeles sich selbständig bewegen.

Die Mitarbeiter von Yancana Huasy haben erreicht, dass Ángeles in eine ganz normale Schule gehen kann. Sie haben ihr einen Rollstuhl für die Schule besorgt und die Lehrer im Umgang mit behinderten Kindern geschult. Ángeles geht mit ihren Freundinnen in die 2. Klasse. Ihre Behinderung spielt hier keine Rolle. Sie gehört einfach dazu.

„Ich gehe gerne in die Schule!“, sagt sie. Das Beste sind natürlich die Pausen, wenn sie mit Melanie, Camila und Sol Klatschspiele* spielt.