02.08.2020: 18 Sonntag im Jahreskreis

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Liebe Schwestern und Brüder,
wenn ich die Brotvermehrungsgeschichte mit den Erstkommunionkindern bespreche, fragen manche: Wie hat Jesus das gemacht.
Meine Aufgabe ist es, den Kindern zu helfen, die Geschichte nicht als Sensationsbericht zu verstehen, sondern als Glaubenszeugnis über Jesus.

Der Ausgangspunkt dieser Geschichte ist die Grundsehnsucht der Menschheit: Hunger und Durst stillen zu können.
Davon spricht das Jesaja Buch und verheißt eine wunderbare Zukunft:
Ihr Durstigen, kommt alle zum Wasser. Kauft Getreide und esst. Kauft ohne Geld.

Nur ein paar Abschnitte vorher, sie erinnern sich noch, erzählt das Evangelium die Gleichnisse vom Sauerteig und vom Senfkorn. Mutmachgleichnisse –das Gute wird sich ausbreiten und alles durchdringen.

Geht es hier vielleicht um die gleiche Botschaft in anderem Gewand?

Die Jünger sagen: Jesus schick die Menschen weg, dass sie sich etwas zu essen kaufen.
Die Antwort Jesu ist auf einer anderen Ebene:
Gebt ihr ihnen zu essen.
Fünf Brote und zwei Fische haben die Jünger dabei.

Brot – genauer Brot Teilen – ist das Ursymbol für Jesus, der unseren Tod und seine Auferstehung mit uns teilt.

Fisch – ist ebenfalls ein Symbol für Jesus Christus. Das griechische Wort für Fisch „Ichthys“ ist eine Abkürzung für die Glaubensformel: Jesus Christus ist der Sohn Gottes und Erlöser der Menschen.

Jesus spricht den Lobpreis, gibt Brot und Fisch den Jüngern und die geben es den Leuten und alle werden satt.

Das Austeilen und satt werden ist wieder das Bild für eine andere Ebene, um die es dem Evangelisten geht:

Die Jünger empfangen von Jesus
Anteil an seiner Liebe zum Vater und an seinem Vertrauen zum Vater.
Jesus gibt Ihnen Anteil an seiner Hoffnung.
Die Jünger sollen das, was sie von Jesus empfangen weitergeben.

Es wird dadurch nicht weniger sondern mehr. Und gut möglich, dass manche von den Leuten, die ursprünglich von den Jüngern „genährt“ wurden, die Jünger an Glaube, Hoffnung und Liebe sogar übertreffen und selber zu Austeilern werden.

Liebe Schwestern und Brüder,
der Geist, der gute Geist, der göttliche Geist, der in Jesus war,
in seinen Worten,
reicht für alle, er wird immer mehr, je öfter wir ihn mit anderen teilen.

Doch die, die Jesus als Gesandte berufen hat,
die Apostel und ihre Nachfolger, die Bischöfe und ihre Mitarbeiter, die Priester müssen Jesu Auftrag befolgen.
Gebt Ihr ihnen zu essen. Teilt meinen Geist mit ihnen.

Es geht nicht um Dogmen, es geht nicht um Katechismen,
es geht nicht mal um moralische Regeln und Vorschriften.

Es geht darum, dass wir diesen Geist Gottes, den Geist, der Leben schafft in uns haben, und auf ihn hören und ihn mit anderen teilen.

Damit das Reich Gottes sich ausbreite auf dieser Erde –
denn nach dieser Lebenszeit wird sich ohnehin zeigen, dass die vergängliche Welt ein Teil des Reiches Gottes ist.

 

26.07.2020: 17. Sonntag im Jahreskreis

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Ansprache:
Ist es das wert? Diese Frage kennen wir. Aber wann stellen wir sie uns?

Natürlich, wenn es um den (vielleicht sehr hohen) Preis für etwas geht, das wir uns anschaffen wollen?  Ist es so viel Geld wert?

Öfter noch, so ist mein Eindruck, stellen wir die Fragen, wenn jemand sich großen Ärger und Schwierigkeiten eingehandelt hat, vielleicht sogar Streit in der Familie, etc. „War es das wert?“ fragen wir dann?

Das Wort „Wert“ ist auch ein Substantiv. Europa sei eine Wertegemein­schaft wird immer wieder gesagt. Weil ich Pfarrer bin, beteuern Leute mir gegenüber, dass ihnen die „christlichen Werte“ wichtig sind.

Was sind unsere Werte?
Wofür sind wir bereit, uns anzustrengen, freiwillig Geld auszugeben, obwohl es nicht sein müsste?

Ja, es gibt die „materiellen Werte“: Essen und Trinken, Wohnung und Einrichtung, Auto und Schmuck ‑ sind Werte, die im Alltag wichtig sind: Sozusagen unser tägliches Brot um das wir beten. Auch Luxusgüter gehören dazu.

Diese materiellen Werte sind wichtig. Wenn sie fehlen, herrscht große Not. Doch sie sind nicht das Wichtigste. Im Gegenteil: Menschen, die sie zu wichtig nehmen neigen dazu andere Werte, die wichtiger sind, zu vernachlässigen:

Diese wichtigeren Werte sind es wert, dass man dafür sogar materielle Nachteile und Verzicht in Kauf nimmt: ?????

Gesundheit, Freundschaft, Familie, das Wohl der Kinder, Erfolg, …
das leuchtet den meisten Menschen ein.

Sind das die höchsten Werte?

Jesus stellt mit seiner Botschaft noch andere Werte zur Wahl:
Das Himmelreich, das Reich Gottes.

Für ihn ist das der höchste Wert und er sagt ganz klar:
Wer zu ihm gehört, wer ihm nachfolgt, wer ihm glaubt und an ihn glaubt, wählt das Reich Gottes als höchsten Wert – und damit Gott selbst!

Das wichtigste im Leben ist Gott und das Streben, Gottes Willen zu tun.

Es ist natürlich Gottes Wille, Vater und Mutter zu ehren,
seinen Kindern Liebe und Geborgenheit zu schenken,
und sie zu lehren, dass sie Gottes geliebte Kinder sind.

Es ist selbstverständlich Gottes Wille, Verantwortung zu tragen
und im Beruf mitzuwirken an der Gesellschaft und für das eigene Auskommen zu sorgen.

Es ist selbstverständlich Gottes Wille, mitzuwirken an einer gerechten Gesellschaft, in der die Menschen friedvoll leben können – verbunden mit der ganzen Menschheitsfamilie. (Das ist keineswegs selbstverständlich – wie viele Beispiele zeigen …)

Wenn wir nach Gottes Willen fragen, wenn wir sein Reich suchen,
ist uns bewusst, dass das Wohl des anderen, dass der Friede des anderen genauso wichtig ist wie mein Frieden und mein Wohlergehen.

Denn in Gottes Reich ist jeder Mensch gleich wichtig und wertvoll.

Wer dies erkannt hat,
wer erkannt hat, dass es Frieden nur miteinander und nicht auf Kosten anderer gibt, und dass Gerechtigkeit bedeutet, dass jedem Recht geschieht,
wird alles einsetzen, damit dieser Frieden entsteht und wächst.

Grundlage dafür ist der Friede, den nur Gott geben kann,
die wichtigste Entdeckung:
Ich bin Gottes geliebtes Kind. Das ist fest und endgültig und gilt in Ewigkeit.

Und da ich doch Gottes geliebtes Kind bin, kann es doch gar nicht anders sein,
als dass mir der andere und sein Frieden ebenso wichtig ist wie ichm ir sein darf.

19.07.2020: 16. Sonntag im Jahreskreis

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Konzentrieren sie sich bitte auf ihre guten Ansichten und Gedanken.
Sie haben sicher schon eine Menge getan, damit sie Wirklichkeit werden:

Sie haben gespendet für einen guten Zweck – und nicht nur, dass diese Spende ihren Zweck erfüllt – alle diese Spenden sind auch eine Kundgabe:
Wir wollen, dass niemand hungert, dass Tiere geschützt werden, dass Menschenrechte geachtet werden, dass das Theater weiterspielen kann, u.s.w.

Oft denken wir: mit meinen wenigen Mitteln kann ich nicht viel bewirken.
Was helfen meine paar Eure, was hilft meine Postkarte an einen Politiker, was bewirke ich, wenn ich in der Diskussion dafür eintrete!

Wir fühlen uns ohnmächtig und klein.

Und so könnten wir auch denken, wenn es um die Sache Jesu geht, um das Reich Gottes: Wir sind doch nur noch so wenige, immer mehr wenden sich ab. Wir sind auf verlorenem Posten.

Die 10 % der Menschen, die am meisten Geld haben, die bestimmen, was geschieht!

Durch diese Gedanken und Zweifel machen wir uns selber schwach und wirkungslos. Wir bremsen uns, berauben uns selbst der Kraft.

Es ist genau anders:
Ein paar Salzkristalle, ein wenig Zucker, ein wenig Pfeffer machen die Speise schmackhaft. Da braucht es keine Mengen dafür.

Noch deutlicher ist sogar das Beispiel, das Jesus wählt:
Ein wenig Sauerteil durchsäuert eine große Menge Mehl – lässt es selbst zu Sauerteig werden – infiziert es sozusagen dass es  gut schmeckt und bekömmlich ist und haltbar.

In den letzten Monaten wurden wir geschult, wie wir Infektionen vermeiden können.

Doch wenn es um die guten Absichten und Gedanken geht, dürfen wir hoffen und darauf vertrauen, dass sie ansteckend sind. Dass wir einander und andere damit anstecken können und werden.

Die Fridays for future Bewegung ist ein Beispiel dafür!
Die Friedensbewegung – im Moment zwar nicht so populär aber nach wie vor aktiv – zieht immer wieder Menschen in ihren Bann.

Entscheidend ist, dass wir uns viral verhalten:
dass wir davon reden, was wir hoffen und glauben und wofür wir leben.

Liebe Schwestern und Brüder,
wir Christen sind berufen, es ist der Sinn unseres Lebens,
dass wir mit unserem Vertrauen auf Gott andere anstecken,
dass unser Glaube an den Sieg der Liebe auf andere überspringt,
dass unsere Hoffnung auf die guten Kräfte im Menschen und eine gute Zukunft für die Menschheit auch andere Menschen verwandelt und sie unsere Hoffnung teilen und sie selbst verbreiten.

Überlassen sie es nicht den Bischöfen und Pfarrern,
nicht den Politikern ihres Vertrauens,
und schon gleich gar nicht denen, die Misstrauen säen.

Seien sie selbst viral, ansteckend, mit ihrem Vertrauen und ihren Hoffnungen und ihren guten Gedanken.

Pause

In den vergangenen Monaten habe ich hier keine Predigt eingestellt.

Stattdessen habe ich die Seite „Beten daheim“ auf der Homepage der Pfarrei Herz Jesu gestaltet – auch mit der Verküdigung zu den Sonntagsevangelien. (Inzwischen gelöscht)

Beginnend mit dem 16. Sonntag im Jahreskreis 2020 werde ich nun an dieser Stelle wieder meine Predigten online stellen.

Von 9. bis 23. August 2020 wird keine Predigt eingestellt werden.

Martin Müller

08.03.2020: 2. Fastensonntag

HIer geht es zu den Texten der Liturgie: schott

Kann man Gottes Stimme hören? So wie Abram?
So wie Petrus, Jakobus und Johannes?

Eine zweite Beobachtung spielt heute eine Rolle:
Die Stimme sagt: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören.
Exakt das Gleiche sagte Die Stimme als Jesus sich von Johannes im Jordan taufen ließ!

Die Taufe leitet Jesu öffentliches Wirken ein – auch wenn er erst noch in die Wüste ging, den Ort der Reinigung und der Konzentration und der Bewährung.

Die Verklärung Jesu leitet seinen Weg nach Jerusalem ein – auch wenn er erst noch seinen Jüngern einige wesentliche Botschaften mit auf dem Weg gibt.

An diesen wichtigen Stellen verkündet die Stimme Gottes: Jesus ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe.
Hört auf Jesus, dann hört ihr auch auf mich.

Die Stimme Gottes, Schwestern und Brüder, hörte auch Abram:
Geh fort, in das Land, das ich dir zeigen werde!
Ich werde dich zu einem großen Volk machen und dich segnen!
Ein Segen sollst du sein!

Die Stimme Gottes hörte auch Mose – am Dornbusch: Ich habe die Not meines Volkes gesehen. Geh und führe mein Volk aus Ägypten heraus!

Die Stimme Gottes hörte auch Paulus,
so dass er vom Verfolger der Jesus Jünger zum eifrigsten Verkünder Jesu wurde.

Die Stimme Gottes verheißt Segen und Freiheit.
Die Stimme Gottes gibt dem Leben einen neuen Sinn, einen Inhalt.
Die Stimme Gottes sendet aus.

Oft ist in der Bibel von Gottes Stimme die Rede, und sehr oft ist das verbunden mit Glanz, mit Licht, mit Donner.
Niemals aber hat Gott eine sichtbare Gestalt. Licht und Wolke verhüllen ihn. Nur von Moses heißt es, er habe Gott schauen dürfen. Gott hätte ihn in die leuchtende Wolke hineingeholt.

Das ist für mich ein Hinweis, dass wir zurückhaltend sein müssen, wenn wir von Gott reden und wenn wir Gott sagen und benennen.

Wir sollen mit dem Wort Gott, mit Gott vorsichtig umgehen, denn er ist uns verhüllt: Deshalb sind Licht und Wolke, Sonne und Donner und auch der Regenbogen am ehesten dafür geeignet, wenn von der Begegnung mit dem unbegreiflichen und geheimnisvollen gesprochen wird, den wir mit dem Wort Gott meinen.

Gott ist kein Individuum wie wir Menschen. Er ist keine begrenzte Person, keine physikalische Kraft, kein Körper und keine übersinnliche Energie.

Er ist mehr als das und größer – er ist jenseits alles dessen, was wir uns vorstellen können.

Durch Jesus hat er sich uns offenbart – damit wir an ihn glauben. Doch er bleibt dennoch verborgen und ein Geheimnis. Jesus lehrt:

Gott liebt uns und alle Geschöpfe, wie ein guter Vater und eine liebende Mutter. Kein Sperling fällt vom Himmel, ohne dass ER es weiß.

Er ist die Stimme in uns, die uns ruft: zu leben und dem Leben zu dienen.
Ein Segen sollst Du sein!

Wenn wir manchmal eine Ahnung haben, was unsere Aufgabe ist,
was unser echtes und wahres Wesen ist,
dann kommen wir mit Gott in Berührung,
mit dem, der uns innerlicher ist, als wir selbst uns sein können.

Liebe Schwestern und Brüder,
das Geheimnis unseres Lebens und der Welt,
das wir nie ganz ergründen werden, weil es zu groß ist für uns,
das aber voll Segen für uns ist und uns zum Segen werden lässt,
dieses Geheimnis suchen wir und Jesus hilft uns mit seiner Botschaft, ihm immer näher zu kommen.

26.02.2020: Aschermittwoch

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Ansprache: Liebe Schwestern und Brüder,
Es ergibt sich in diesem Jahr sehr schön: Das Evangelium vom Aschermittwoch gehört zur Bergpredigt im Mt. Ev und schließt nahtlos an den Abschnitt vom letzten Sonntag an:

Im Herzen klingt noch der Satz Jesu:
Seid vollkommen, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist.

Das Evangelium führt die mit der Erklärung über Almosen, Beten und Fasten weiter: Jesus sagt: macht es nicht wie die Heuchler – denn die Heuchler spenden, beten und fasten nicht um ihres Gottes Willen, sondern um, ihrer selbst willen.

Sie legen Wert darauf, von den Menschen gesehen zu werden und ihr Ansehen zu steigern.

Liebe Schwestern und Brüder,
Heuchelei – kommt nicht gut an. Aber sie ist gar nicht so selten.
Und ich wage die Behauptung: Sie ist aus dem Leben, besonders aus dem politischen Leben, bei uns gar nicht wegzudenken – und auch nicht aus dem privaten, beruflichen Leben.

Bestimmte Handlungen, Meinungen, Gedanken darf man nicht laut sagen – man behält sie lieber für sich oder sagt vielleicht sogar das Gegenteil – eben das, was erwartet wird und allgemein anerkannt ist.

Leider führt das zu den floskelhaften Reden. Man hält sich an vorgegebene Sprachregelungen und einen gewissen Meinungskodex, damit man kein Missfallen erregt.

Wenn doch einmal herauskommt, dass jemand – womöglich – anders gehandelt hat oder etwas anderes gesagt hat – dann hat man den Skandal.

Je ekliger, desto stärker ist der Unmut, der Zorn, die Häme und desto länger hält er an.

Diese immer wieder kehrenden Erfahrungen erzeugen Misstrauen und Angst. Man weiß nicht, wem man trauen kann und man hat Angst, selbst überführt zu werden.

Deshalb sagt und tut man doch wieder, was man sagen muss oder soll.
Man pflegt weiter die üblichen Floskeln und bestätigt die eingeübten Meinungen.

Wo ist der Ausweg, liebe Schwestern und Brüder?

Wie können wir wahrhaftig sein und werden?
Was können wir dazu beitragen, dass die Menschen ehrlicher sein können und weniger Angst haben müssen?

Wir sollten bei uns selbst beginnen – aber das wissen sie ja sowieso:
Dass wir aus innerer Überzeugung handeln und reden – und zwar das, was wir als gut erkennen:
Machen wir uns nicht davon abhängig, was andere davon halten.
Tun wir das Gute einfach deshalb, weil wir es gut finden.

Meinen wir außerdem nicht, alle müssten die gleichen Überzeugungen haben und zum gleichen Ergebnis kommen wie wir selbst. Es gibt viele Fragen und Herausforderungen, auf die man verschiedene Antworten geben kann – mit jeweils sehr guten Gründen.
Ds ist normal.

Lassen wir uns drittens nicht zu sehr beeinflussen, wenn manche als Helden und andere als Versager hingestellt werden. Kann ich wissen, wie es wirklich ist? Stütze ich mich auf eigene Beobachtungen? Oder plappere ich nur nach, was mir vorgesagt wird und empöre und begeistere mich – ohne es zu merken – auf Kommando?

Liebe Schwestern und Brüder;
wäre das ein Ansatz für diese 40 Tage bis Ostern?

Ich prüfe mich selbst, wo ich heuchlerisch bin?
Ich prüfe mich selbst: Was tue und sage ich nur, um nicht anzuecken und gut dazustehen.
Ich prüfe mich selbst und überlege, was ich aus Überzeugung, aus dem Glauben an Gottes Liebe tun sollte.
Ich prüfe mich selbst: Wie sehr lasse ich mich in meinen Urteilen beeinflussen und sollte zurückhaltender werden, eh ich mit der Menge schreie.

Das Ziel ist, heuchlerisches Tun und Reden zu vermindern, so dass wir an Ostern aus ehrlicher Überzeugung oder auch unsicher stammelnd sagen können:

Ich glaube an Gott, der uns aus Liebe erschaffen hat.
Ich glaube an Jesus, der aus Liebe zu uns gelebt hat.
Ich glaube an den Heiligen Geist, der uns mit Liebe zu Gott und den Menschen erfüllt.

Das ist das Ziel, dass wir unser Taufbekenntnis erneuern und bekräftigen.

23.02.2020: 7.. Sonntag im Jahreskreis

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Ansprache:
Die Liste der Ungerechtigkeiten und der Gewalt ist lang:
Nach dem rassistischen Verbrechen in Hanau wurden wir an die Gewalttaten in den letzten Monaten bei uns in Deutschland erinnert.

Wir dürfen nicht die Fenster und Türen schließen und froh sein, nicht betroffen zu sein.
Es liegt an uns, im Verhalten und Reden dafür einzustehen, dass Beleidungen, Abwertungen, abfällige Gesten und schon gar Gewalt keine Mittel sind, um Ärger auszudrücken und um Konflikte zu lösen.

Es liegt an jedem einzelnen, durch das eigene Verhalten und Reden mitzuhelfen, dass die Unverletzlichkeit der Person nicht nur im Grundgesetz steht, sondern das Ideal unseres Miteinanders sein muss.

Wir erinnern uns an den 11. Sept. 2001 in New York.

Wir erinnern uns an den Terror der RAF.
Wir erinnern uns an die Schrecken des Dritten Reichs und der Judenverfolgung, der eine sehr große Zahl unter der deutschen Bevölkerung billigend und jubelnd zusah.

Die kleinen Feindseligkeiten in der Nachbarschaft, im Bekanntenkreis – sind im Vergleich dazu geradezu lächerlich: Und doch sagen wir auch da: Mit dem will ich nichts mehr zu tun haben. Und: Der wird ich es schon zeigen.

Selbst wenn wir unsere Rachegedanken für uns behalten und auf Vergeltung verzichten: unseren Feind lieben – das liegt uns fern.

Selbst wenn wir „lieben“ nicht romantisch verstehen, sondern wie es hier zu verstehen ist: dem anderen Gutes wollen und Gutes tun:
Ich werde doch nicht ausgerechnet jemand, der sich so schlecht zu mir verhält auch noch Gutes tun.

Soweit die erste Reaktion auf Jesu Ansprüche in der Bergpredigt.

Ich möchte dazwischenrufen:

Halt: So klar ist es nun wieder nicht:
Der Arzt, der Feuerwehrmann, der Stadtrat und Bürgermeister und viele andere werden immer wieder in der Situation stehen, dass sie auch für Menschen da sind und sich engagieren, die sie als ihre Feinde betrachten müssen.

Dennoch schotten wir uns meistens von denen ab, die uns feindselig begegnen.

Liebt eure Feinde! – Das ist zu viel verlangt.

Liebe Schwestern und Brüder, ich möchte nicht ausweichen – denn Jesus, unser Erlöser, der uns ewiges Leben schenkt – er hat es gesagt und sicher ernst gemeint.

Manche deuten es so: Das ist Entfeindungsliebe. So werden Feinde zu Freunden gemacht. Doch stimmt das wirklich? Lädt das nicht mindestens genauso oft dazu ein, die Bosheit noch zu steigern?

Andere sagen: Das ist für den, der ungerecht behandelt wird der einzige Weg, um seine Unabhängigkeit zu zeigen. Eine seltsame Unabhängigkeit.

Ich muss zugeben: Wenn Gott das von mir verlangt, dass ich die Feinde liebe und die andere Wange hinhalte, dann steht es nicht gut um mich und meine Zukunft im Himmelreich.

Doch bevor ich die Hoffnung für mich und viele andere aufgebe, höre ich nochmal genau hin: Bevor Jesus diese Anforderungen stellt, heißt es: Wenn eure Gerechtigkeit nicht größer ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer. Heute am Schluss dieser Übersteigerungen sagt Jesus den Grund: Wenn ihr in das Himmelreich kommen wollt, durch eure Anstrengung – dann seid vollkommen – so wie euer Vater im Himmel vollkommen ist: Denn die Sonne scheint für Gute und Böse! Der Regen fällt für alle und der Weizen nährt alle.

Liebe Schwestern und Brüder: auch heute macht Jesus klar: Aus eigener Gerechtigkeit ist für uns das Himmelreich nicht zu gewinnen. Wir brauchen die vergebende Barmherzigkeit Gottes – und er ist dazu bereit.

Dass aber die Anforderungen Jesu in der Bergpredigt durchaus ihren Ernst haben, das sehen wir: an Jesus, der in der Todesstunde für seine Henker gebetet hat. Wir sehen es an den Geschwistern Scholl, an Pater Delp, an den Überlebenden des Holocaust, die den Hass nicht erwidert haben.

Der Anspruch gilt: Werdet vollkommen, wie euer Vater im Himmel.
Betet für eure Verfolger und tut euren Feinden Gutes. Dann seid ihr reif für das Himmelreich.

16.02.2020: 6. Sonntag im Jahreskreis

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Liebe Schwestern und Brüder,
vieles tun wir so, wie wir es tun, weil der Geist Gottes in uns wirksam ist.
Er ist nicht nur in uns wirksam – aber wir sehen, was der Geist in uns und in anderen Menschen bewirkt.

Wenn wir uns so verhalten, wie es der Geist Gottes in uns wirkt, dann deshalb, dass andere es sehen und sich ebenfalls dem Vater im Himmel anschließen und auf ihn hören.

Das Verhalten, das der Geist bewirkt, beschreibt Jesus weiter in seiner Auslegung der Thora. Es gibt eine auffällige Spannung in der Verkündigung Jesu:
Hier ist er sehr streng: Was er sagt, fordert den Menschen noch mehr als das Freiheitsgesetz des Mose. Und die Strafe, von der Jesus spricht, ist das Gericht Gottes über den Menschen.
Dieser Strenge steht aber Jesu Botschaft der Vergebung und Versöhnung gegenüber: Er spricht den Menschen Vergebung zu und befreit sie von den üblen Geistern, mit denen sie andere und sich selbst plagen.

Jesus spricht davon, wie es im Reich Gottes zugeht:
Im Reich Gottes wird nicht gezürnt und niemand wird als gottloser Narr ausgeschlossen.
Im Reich Gottes wird die Liebe nicht gebrochen und kein Mensch begehrt einen anderen.
Im Reich Gottes wird niemand einen unehrlichen Gedanken haben, mit dem er anderen etwas vormachen will.

Im Reich Gottes darf jeder sein, die Liebe wird nicht gebrochen und die Wahrheit wird geachtet.

Diese Gerechtigkeit ist noch größer als die Gesetze, die Mose in der Tora den Israeliten gegeben hat.

Jesus sagt: Wenn wir diese Gerechtigkeit nicht halten, kommen wir nicht in das Himmelreich. Es stellen sich mir zwei Fragen:

  1. Ist das Verhalten möglich?

Ist es möglich, jeden anderen Menschen als Kind Gottes gelten zu lassen?

Ist es möglich als Mann und Frau zu leben, ohne eine Menschen zu begehren, der zu einem anderen gehört?

Ist es möglich, ehrlich zu sein – kann man ganz ohne Lügen auskommen?

Und 2. frage ich mich:
Will Jesus alle, die mit einer dieser Regeln in Konflikt kommen, aus dem Himmelreich ausschließen? Sagt er dann: Du bist Gott los – du kommst nicht in das Himmelreich?

Ist es nicht vielmehr so, dass ich Jesus nicht verstehe, wenn ich diese Sätze auf Logik und Widerspruchsfreiheit prüfe?

Schwestern und Brüder,
auch wenn selbst die Regeln des Himmelreiches nicht so unerreichbar sind – wir wissen, dass wir sie nicht immer einhalten. Jesus führt uns das klar vor Augen. Und genau deshalb gibt es nur einen Weg, wie wir in das Himmelreich kommen: Die Versöhnung von Gott her, die Vergebung.

Es gibt keine Welt ohne Sünde. Es gibt keinen Menschen, an dem ich noch nicht schuldig geworden wäre. Es gibt keinen Menschen, der mir nicht Liebe schuldig geblieben ist.

Deshalb geht es nur mit Vergebung und Versöhnung, mit Barmherzigkeit und Nachsicht. Unter uns Menschen und von Gott her.

09.02.2020: 5. Sonntag im Jahreskreis

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Liebe Schwestern und Brüder,
Salz und Licht haben eine Ähnlichkeit:
Ein wenig Salz macht Speisen wohlschmeckend.
Ein wenig Licht genügt, um die Dunkelheit zu vertreiben.

Die ersten christlichen Gemeinden waren wenige und sie hatten wenige Mitglieder. 10 oder 20 Leute vielleicht in einem größeren Ort.

Die Frauen und Männer, die Jesus auf seinem Weg begleiteten, Jünger genannt, waren ebenfalls wenige.

Ich möchte an den Rahmen erinnern: Jesus hatte in Galiläa Kranke geheilt und das Reiches Gottes verkündet: so, dass es jetzt kommt. Und der das sagt, erhebt auch den Anspruch: ich bringe es euch!

Das hatte Aufsehen erregt und großes Interesse. Scharen von Menschen folgten ihm – und wollten dabei sein.

Das ist heute nicht anders: Wenn Menschen große Versprechen machen und es verstehen, dafür Begeisterung zu wecken, strömen ihnen viele zu:
Beispiele: Das sehen wir in unseren Tagen wieder bei Greta Tumberg, oder vor Jahrzehnten bei Mahatma Ghandi – Großer Unterschied: Jesus begeisterte für das Reich Gottes. Mehr muss ich dazu nicht sagen.

Das Ev. erzählt also, dass viele Menschen Jesus nachfolgten, weil er sie für seine Reich Gottes Botschaft begeisterte.

Seine Jünger – die er berufen hatte – waren wenige: Es wurde erzählt von Andreas und Petrus, von Jakobus und Johannes.

Diese wenigen (es mögen ein paar mehr gewesen sein) lehrte Jesus:
Selig, die Frieden stiften – sie werden Kinder Gottes genannt werden.

Und dann sagte er zu ihnen:
Ihr paar wenigen Leute: Ihr seid das Salz der Erde – das Licht der Welt!

– Weil ihr anders handelt, als es die meisten tun: weil ihr Erbarmen zeigt, und sanftmütig seid (vielleicht würde man heute „achtsam“ sagen.

Jesus verbindet diese Zusage, diese Auszeichnung mit einer Warnung:

Wenn das Salz seinen Geschmack verliert. – Noch nie habe ich damit etwas anfangen können: Denn Salz – solange es Salz ist – wird immer salzig sein. Es verliert seinen Geschmack nicht.

Meine nicht vorhandenen Griechisch Kenntnisse führten zu dieser Lücke:
Das gr. Verb moraino bedeutet auf deutsch „töricht sein“.

Töricht sind aber die Menschen, die nicht an Gott glauben, und die nicht dem Glauben gemäß handeln!

Mt. sagt: Ihr seid das Salz. Wenn das Salz (also ihr) töricht wird, wird es zertreten werden!

Liebe Schwestern und Brüder, das ist Jesu Zusage an uns:
ihr seid wenige – aber ihr seid das Salz, weil ihr anders handelt, weil ihr aus der Hoffnung handelt, aus Vertrauen und aus Liebe.

Aber wenn ihr töricht werdet und handelt wie Menschen, die nicht an Gott glauben, dann seid ihr wertlos und werdet zertreten werden.

Damit wir das alles richtig verstehen, müssen wir noch den Schluss dieses Abschnitts beachten.

Die Leute sollen unsere guten Taten sehen, damit sie den Vater im Himmel preisen.
Wer Gott preist, den Vater im Himmel,
wird selbst zum Jünger Jesu. Er wird handeln wie ein Jünger Jesu,
wird Salz für die Erde und Licht für die Welt.

Darum geht es: Dass die Menschen an Gott glauben –
dann wird diese Erde immer mehr zum Ort des Friedens und des Lebens.

 

02.02.2020: 4. Sonntag im Jahreskreis + Darstellung des Herrn

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Liebe Schwestern und Brüder,
„Euer Lohn wird groß sein im Himmel!“ – Das waren die letzten Worten in den Seligpreisungen, die sozusagen als Magna Charta der Botschaft Jesu gelten.

Ich falle über das Wort „Lohn“. Wir verwenden es heute in einem ganz anderen Sinn: Lohn- und Gehaltszahlungen erhalten wir, weil wir unsere Kenntnisse und unsere Arbeitskraft und unsere Zeit einem Arbeitgeber zur Verfügung stellen.

Ich wehre mich innerlich dagegen, dass Gott „Lohn bezahlt“.

Hat nicht Paulus – wir haben es in der Lesung gehört – gesagt: „damit kein Mensch sich rühmen kann vor Gott?“ Allein aus Gnade seien wir gerettet, nicht durch unser Verdienst.

Dafür hat Martin Luther gekämpft und sogar in Kauf genommen, dass man ihn für vogelfrei erklärte und aus der Kirche ausschloss, so dass er mit Gleichgesinnten eine neue christliche Gemeinschaft aufbauen musste.

Und nun steht da: „Euer Lohn im Himmel wird groß sein!“

Geht es also um Leistung, die wir erbringen müssen?

Die Frage erübrigt sich, wenn wir darauf achten, wofür der Lohn in Aussicht gestellt wird: Wenn man um Jesu willen geschmäht und verfolgt wird.

Das ist keine Leistung, die man erbringen muss – aber es kann traurige Realität werden: dass man kein Verständnis erwarten kann, wenn man zugibt, an das ewige Leben zu glauben, das Jesus uns schenkt und schenken wird.

So zieht es sich schon vorher wie ein roter Faden durch die Seligpreisungen: Seligkeit, Himmelreich, Trost und Sättigung wird denen versprochen, die ihre Kräfte nicht für Macht und Geld und Ruhm einsetzen sondern für Ehrlichkeit, für Gerechtigkeit, für die Armen und schuldig gewordenen.

Der Lohn ist also eher ein Trost. Auch wenn man euch belächelt, zurückdrängt – bleibt diesem Weg treu. Es wird nicht vergeblich sein. Es wird offenbar werden, dass ihr gut gehandelt habt.

Liebe Schwestern und Brüder,
Simeon hat gerufen: Meine Augen haben das Heil gesehen, ein Licht, das die Völker erleuchtet.

Es ist wahr, dass die christlichen Kirchen dieses Licht oft verdunkelt haben, statt es auf den Leuchter zu stellen. Doch so sehr wir an diesem Licht schuldig geworden sind und an denen, die es deshalb nicht sehen können:

Es ist das Licht für die Welt und die Botschaft Jesu ist Licht in der Welt, wenn sie gelebt wird:

Sich nicht selbst groß machen,
trauern mit denen, die traurig sind;
sanftmütig bleiben, statt mit Gewalt die Dinge an sich  zu reißen;
für Gerechtigkeit eintreten und gerecht bleiben;
Notleidenden helfen und schuldig gewordenen vergeben;
wahrhaftig sein und sich für den Frieden einsetzen.

Wenn wir so handeln, bringen wir Licht in die Welt,
das Licht, das Simeon voll Freude im Tempel begrüßt hat.