Bußgottesdienst in der österlichen Bußzeit 2018
Nach einer Vorlage von Horst Krahl,
veröffentlicht in: Horst Krahl, Neu beginnen – versöhnt leben, © Grünewald Verlag, 1999
Eröffnung
Lied O Herr, nimm unsre Schuld GL 273
Einleitung — Hinführung zum Thema
Unser Bußgottesdienst hat die Überschrift:
„Fange nie an aufzuhören; höre nie auf anzufangen.
Dazu hören Sie folgende Geschichte, die überschrieben ist mit „Wie-der aufstehen“:
Ein Geistlicher soll im Gefängnis predigen – zum ersten Mal.
Tagelang sucht er Formulierungen, die geeignet scheinen, harte Herzen zu erweichen.
Er empfängt die Männer an der Eingangstüre und erschauert unter der Kälte der abweisenden Gesichter. Diese Männer wollen nur eine Stunde aus der Zelle heraus. Kein Interesse an seiner Predigt ist zu spüren.
Mit einem stummen Gebet um Erleuchtung betritt er selbst den Saal. Kurz vor dem Lesepult stolpert er – weil sein Schritt unsicher geworden war – und liegt in voller Länge vor den Häftlingen. Das Auditorium brüllt vor Lachen.
Einen Augenblick lang fühlt sich der Geistliche von Schmerz und Scham gelähmt.
Dann springt er auf, stellt sich hinter das Pult, lacht die Männer in den gestreiften Anzügen an und sagt: „Deswegen, Männer, bin ich gekommen: Ich wollte euch zeigen, dass man wieder aufstehen kann, wenn man gestürzt ist.
Nach Eberhard Puntsch
Ein Abschnitt aus der Predigt des Theologieprofessors Adolf Exeler passt gut zu dieser Geschichte:
Falsche Bescheidenheit fängt dort an, wo ich mir nicht mehr zutraue, dass es mit mir selbst noch einmal anders werden könnte. Sie fängt dort an, wo es menschlich mit mir zum Stillstand kommt, wo ein menschliches Wachsen aufhört und ich resigniert sage: So bin ich nun einmal, und das wird wohl auch nicht anders werden, und auch die anderen müssen sich damit abfinden.
Ein gütiger Mensch zu werden, das ist bei mir nicht mehr drin; ein geistig aufgeschlossener Mensch zu werden, das ist vorbei, ein Mensch mit Unternehmungsgeist zu sein, das kommt für mich nicht in Frage.
Da wird es gefährlich; denn da breitet sich Trägheit aus. Sie besteht darin, dass ein Mensch sich nicht mehr aufschwingen will zu den Möglichkeiten, die er eigentlich hätte und haben sollte”.
‑ Kurze Orgelmeditation ‑
Gemeinsames Gebet
Herr, du bist da, wenn wir uns hier versammeln;
Herr, du bist nah, wir tragen deinen Namen, du bist mitten unter uns.
Herr, du bist da, wenn wir als Freunde leben;
Herr, du bist nah, du bist, was uns verbindet, du bist mitten unter uns.
Herr, du bist da, wenn wir für andere sorgen;
Herr, du bist nah, du öffnest uns die Augen, du bist mitten unter uns.
Herr, du bist da, wenn wir nicht stehen bleiben;
Herr, du bist nah, du treibst uns an zum Gehen, du bist mitten unter uns.
Herr, du bist da, wenn wir gemeinsam hoffen;
Herr, du bist nah, du bist die Zukunft selber, du bist mitten unter uns.
Verkündigung
Schrifttext (2 Petr 1, 5-10)
Der Apostel Petrus schreibt in seinem zweiten Brief:
Darum setzt allen Eifer daran,
dass sich euer Glaube in guten Taten bewährt.
Dadurch wird auch die Erkenntnis Gottes bei euch wachsen;
mit der Erkenntnis Gottes wächst die Selbstbeherrschung,
und mit der Selbstbeherrschung die Ausdauer.
Die Ausdauer mehrt in euch
die Ehrfurcht vor dem Geheimnis Gottes,
Wer Gott liebt, wird auch die Schwestern und Brüdern
in der Gemeinde lieben
und daraus erwächst schließlich die Liebe zu allen Menschen.
Wenn ihr diesen Weg geht und dabei weiter vorankommt,
wird euer Glaube nicht leer und wirkungslos bleiben,
sondern ihr werdet unseren Herrn Jesus Christus
immer besser kennen lernen.
Wer aber nicht auf diesem Weg ist,
tappt wie ein Blinder im Dunkeln,
denn er hat vergessen, dass er von seiner Schuld befreit wurde.
Setzt deshalb alle eure Kräfte ein, dass ihr euch darin bewährt,
wozu Gott euch berufen und auserwählt hat.
Dann werdet ihr nicht vom richtigen Weg abkommen.
Ansprache: Liebe Schwestern und Brüder,
Der zweite Petrusbrief zeigt eine Zusammenschau für das Leben von Christen:
Am Anfang steht der Glaube, dass wir durch Christus versöhnt sind.
Dieser Glaube kann nicht ohne Taten bleiben –
sonst wäre es nicht der Glaube an die Versöhnung.
Daraus entsteht eine Wechselwirkung:
Der Eifer, gut zu sein mehrt wiederum die Liebe zu Gott.
Die Stichworte heißen: gute Taten, Erkenntnis, Selbstbeherrschung, Ausdauer, Ehrfurcht, Liebe.
Wir kennen das aus Erfahrung. Wir wissen, dass das eine das andere fördert und stärkt.
Wir kennen aber auch die Bedrohungen und Hindernisse:
Die Anstrengung, die immer dazu gehört.
Die Fixierung auf Misserfolge schwächt den Willen.
Wenn wir keine Anerkennung erfahren oder sogar abfällige Worte und Blicke erhalten, werden wir mutlos oder sogar trotzig.
Wir sind immer in Gefahr, aufzuhören. Das Gute aufzuhören, das wir begonnen haben.
Wir brauchen immer wieder Schwung und Antrieb, neu anzufangen,
auf dem Weg weiterzugehen.
Voraussetzung dafür ist der Blick auf das Ziel, das wir erreichen wollen.
Eine große Hilfe ist alles, was uns hilft, das Ziel zu erreichen und
was unseren Glauben stärkt, dass wir das Ziel erreichen werden.
Auf ihrem Blatt ist das Bild von einem Stern.
Er leuchtet im Dunkel und zeigt einen Weg.
Das Bild kann an die Hoffnung erinnern, die uns auf unserem Weg stärkt. Hoffnung ist Licht für unsere Wege. Dieses Licht wird heller, wenn wir weitergehen, nicht stehen bleiben und aufgeben.
Wer umkehrt zu Gott und zu seinen Mitmenschen, erfährt das Licht und schenkt es anderen. Wer umkehrt von Abwegen und Irrwegen, der kann darauf vertrauen: Gott kommt ihm entgegen.
In der Gewissenserforschung durchforschen wir unser Leben nach den Erfahrungen und Gedanken und Zweifeln, die uns dazu verleiten, aufzuhören, statt wieder neu anzufangen.
Feier der Versöhnung
Gewissenserforschung
Wir suchen Trost und Sicherheit im Glauben. Wir nehmen es ernst mit den Glaubensübungen. Wir sind enttäuscht, dass sich unser Bemühen nicht zu lohnen scheint, oder wenn es keine Anerkennung findet.
Wir denken resigniert:
- Ich habe so oft gebetet;
- ich habe den Gottesdienst mitgefeiert;
- ich habe in der Heiligen Schrift gelesen.
Hat sich dadurch etwas in meinem Leben geändert?
Trotzdem bleiben meine Fragen und Zweifel.
Trotzdem kann ich Gottes Hilfe nicht spüren.
- Ich habe immer wieder dem anderen eine neue Chance gegeben;
- Ich habe es immer wieder noch einmal versucht,
mit ihm auszukommen; - Ich haben nachgegeben und nach Kompromissen gesucht;
Trotzdem fallen wir uns oft zur Last.
Trotzdem will einer immer Recht behalten.
‑ Kurze Orgelmeditation –
Liedruf Herr, erbarme dich 157
- Eltern haben ihren Kindern nach Möglichkeit alle Wünsche erfüllt;
Sie haben sie umsorgt und immer nur das Beste für sie gewollt.
Trotzdem gehen sie ihre eigenen Wege, ohne Dank.
- Ich arbeite zuverlässig, ich bin pünktlich;
- ich gebrauche nicht die Ellenbogen;
- ich helfe anderen, wenn sie nicht weiterkommen.
Warum honoriert und dankt mir das keiner?
Ich muss oft sehen, wie andere sich durchsetzen und ich das Nachsehen habe.
- Ich werfe meine Abfälle in den Mülleimer;
- ich sortiere Glas und Papier zur Wiederverwertung aus;
- ich gehe sparsam mit Energie um.
Nützt das eigentlich etwas? Bin ich nicht die einzige weit und breit?
Mein bisschen fällt doch gar nicht ins Gewicht.
- Ich nehme als Autofahrer Rücksicht auf Radfahrer und Fußgänger.
- Ich halte mich an die Regeln im Verkehr.
- Älteren und Menschen mit Handicap lasse ich den Vortritt.
Nur selten ernte ich einen dankbaren Blick. Öfter grinsen die Leute über mich.
Kurze Orgelmeditation
Liedruf Herr, erbarme dich 157
- Wenn ich Sorgen habe und in Not bin, wende ich mich an Gott.
Hört er mich? Hilft er mir?
- Wenn ich glücklich und zufrieden bin,
brauche ich Gott anscheinend nicht.
Warum danke ich ihm nicht einmal dafür?
Fange nie an, die Hoffnung aufzugeben,
einen anderen Menschen aufzugeben …
Fange nie an, deine täglichen Aufgaben zu vernachlässigen,
andere oder dich selbst zu verachten …
Fange nie an, dich von anderen abzukapseln,
nur an dich selbst zu denken …
Höre nie auf, Gott zu vertrauen,
deinen Mitmenschen zu vertrauen …
Höre nie auf, trotz Enttäuschung
deinen Nächsten und dich selbst zu lieben,
Höre nie auf, dich im Gebet für Gott zu öffnen
und ihn in der Gemeinde im Gottesdienst zu loben und zu danken …
Höre nie auf zu glauben.
‑ Kurze Orgelmeditation –
Liedruf Herr, erbarme dich 157
Gemeinsames Gebet
Gott, auf dich setze ich meine Hoffnung.
Du hast durch das Leben,
den Tod und die Auferstehung deines Sohnes
die Welt erneuert und wirst sie einmal vollenden.
So gibst du meinem Leben Richtung und Sinn.
Durch die Botschaft deines Sohnes, Jesus Christus,
erwarte ich für mich und alle Menschen
Vergebung, Heil und künftige Herrlichkeit,
denn du bist getreu.
Hilf mir, in dieser Hoffnung zu leben.
Vor dem allmächtigen Gott bekennen wir unsere Schuld,
und voreinander gestehen wir ein, dass wir gefehlt haben.
Wir bitten dich, barmherziger Gott,
sei uns gnädig und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Amen.
Vergebungsbitte
Gott, unser Vater, der uns über alles liebt, verzeiht uns unsere Schuld.
Er nimmt unsere Hand und hilft uns aufzustehen und neu anzufangen.
Er bietet uns seine Hand an, um uns zu führen,
damit durch uns die guten Werke geschehen,
die er für uns vorgesehen hat.
So geleitet er uns durch diese Zeit in seine ewige Herrlichkeit. Amen.
Lied: Selig wem Christus GL 275,1-4
Segen und Verabschiedung
Fange nie an, damit aufzuhören, gut zu sein und das Gute zu tun!
Höre nie auf, damit anzufangen, dich für Gott zu öffnen und auf ihn zu hören.
Dafür beten wir um Gottes Segen.