02.11.2017: Allerseelen

1. Lesung: Ijob 19, 1.23-27  – 2. Lesung: Röm 8, 14-23 – Evangelium: Joh 14, 1-6

Liebe Schwestern und Brüder!
Wahrscheinlich hat jeder unter uns schon eine ähnliche Situation erlebt:
wir mussten von lieben, von geliebten Menschen Abschied nehmen:
Ob uns ihr Tod überrascht hat oder ob wir sie durch Krankheit zum Tod begleitet haben. Wir mussten Abschied nehmen.

Das ist schwer, denn wir verlieren ein Stück von uns selbst, wenn ein geliebter Mensch von uns geht. Das macht uns traurig, es bewegt uns zutiefst. Wir fragen nach den Gründen. Wir wollen es nicht wahrhaben. Wir machen uns – meist überflüssige ‑ Vorwürfe, dass wir nicht alles oder nicht das Richtige getan hätten.

Aber es bleibt dabei: wir müssen Abschied nehmen.

Jesus und seine besten Freunde, seine Jünger und Apostel, saßen beim Essen zusammen. Es war eine extrem schwierige Situation:
Jesus wusste, und seine Freunde wussten, dass er den nächsten Tag wohl kaum überleben wird. Worüber soll man sprechen?
Was will man dem anderen sagen?

Jesus redete nicht um den Brei herum: „Ich gehe zum Vater, zum himmlischen Vater.“ was nichts anderes bedeutet, als dass sein irdisches Leben zu Ende sein wird und seine Jünger zurückbleiben.

Weiter sagt er: „Ich bereite den Platz für euch vor und werde euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich bin.“

Liebe Gemeinde, liebe Angehörige unserer Verstorbenen,
was mich an Jesu Abschied von seinen Freunden beeindruckt ist, dass er es schafft, seinen Weg anzunehmen, ihn zu bejahen.
Er ringt nicht und sucht nicht Auswegen,
er sagt nicht: was habe ich, was haben andere falsch gemacht?
Er klagt nicht an. ‑
Er weiß es und er willigt darin ein: es wird nun geschehen.

Er braucht nicht klagen und zweifeln, weil er eine Zukunft vor sich sieht:
er geht zum Vater. Diese Überzeugung macht ihn gelassen und ruhig und gibt ihm die Kraft, auch seinen Jüngern Mut zu machen, ihnen Hoffnung zu geben und sie zu stärken.

Schwestern und Brüder, ich bin Jesus dankbar für seine Worte.
Ich bin ihm dankbar, dass er selbst so fest stand in seiner Hoffnung und dass er seinen Weg zu Ende gegangen ist.

Ich glaube ihm und ich bin überzeugt, dass ich ihm glauben darf, dass er glaubwürdig ist – wegen seines Muts, wegen seiner Großmut und Stärke, die er bis zum Ende behalten hat.

Wenn ich, wenn wir einen Menschen zu Grabe tragen,
dürfen wir – in aller Trauer und bei allem Schmerz – Hoffnung haben,
dass er an sein Ziel gekommen ist: dass Jesus ihn zu sich geholt hat und einen Platz für ihn vorbereitet hat. Er wird dabei als Kind Gottes offenbar, das Anteil hat an Gottes Ewigkeit.

Diese Hoffnung hilft mir, hilft uns, dass wir selbst das Leben weiter dankbar annehmen und dass wir uns wieder dem Leben zuwenden, dem Leben so wie es ist, begrenzt durch den Tod, der die Schwelle ist, über die wir hinübergehen in das Haus des Vaters.

Schwestern und Brüder,
wir brauchen den Tod nicht zu verdrängen und wir brauchen ihn nicht zu suchen. Wir leben ‑ und in guten wie  in bösen Tagen richten wir uns aus auf das Ziel, zu dem wir unterwegs sind:
Und wir achten darauf, dass wir dem Ziel entgegengehen. Was immer wir tun und unternehmen, es führt uns dem Ziel, dem Vater näher.

Jesus stärkt uns, dass wir über Schmerz und Trauer die Hoffnung nicht verlieren. Wie er unsere Verstorbenen empfangen hat, so wird er auch uns selbst an unseren Platz im Haus des Vaters geleiten.

24. März 2016: Gründonnerstag

 

Die Feier vom letzten Abendmahl                 2016

 

Liebe Schwestern und Brüder!
Wir feiern Gedenktage von Ereignissen, die für uns bedeutsam und wichtig bleiben – durch die Jahre hindurch: Geburtstag, Hochzeitstag, Weihetag.
Durch die Erinnerung wird das gegenwärtig, was vor Zeiten geschah und entfaltet seine Kraft und Wirksamkeit.
So feiern wir jetzt Die Heiligen Drei Tage: Wir erinnern uns an unsere Erlösung durch Jesus Christus, durch den Gott mit uns den neuen und ewigen Bund geschlossen hat: den Bund des Lebens und der unwiderruflichen Liebe Gottes zu uns Menschen.

Hinführung zu den Lesungen

Die Lesungen sprechen vom Bund Gottes mit seinem Volk: dem Volk Israel, das der Knechtschaft in Ägypten entkommt – mit denen, die an Christus glauben und auf ihn hören.
Doch die Erkenntnis Gottes und die Selbstoffenbarung Gottes entwickeln sich weiter: Israel meinte Gott danken zu müssen, für das Verderben, das den Ägyptern widerfuhr, damit sie in die Freiheit ziehen konnten.
Wir danken Gott für Jesus, der sich selbst dem Urteil der Menschen unterwarf, um uns zu gewinnen für den Neuen Bund, der Versöhnung.

  1. Lesung: Ex 12
  2. Lesung: 1 Kor 

Ansprache: Liebe Schwestern, liebe Brüder!
Abschied nehmen ist eine schwierige Aufgabe:
Manchmal können sich Sterbende von ihren Angehörigen verabschieden.Junge Erwachsene gehen für Monate ins Ausland.
Man wechselt nach vielen Jahren die Arbeitsstelle und geht ganz woanders hin.
Abschied nehmen ist schwer. Wie soll man den Abschied gestalten?

Jesus nahm Abschied von seinen Jüngern in einem Mahl und er hat diesen Abschied gestaltet. Er wusch den Jüngern die Füße und er gab ihnen Brot und sagte:
Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird.
Man könnte weinen, wenn man sich in die Situation hineinversetzt.

Bischöfe und viele Pfarrer vollziehen in dieser Messe am Gründonnerstag die Fußwaschung als besonderes Zeichen, das diesen Tag und diese Feier prägt.

Sollten wir es in Herz Jesu auch einführen?

Ich könnte es tun: Weil es mir nichts ausmachen würde, sondern ganz im Gegenteil habe ich Freude an solchen ausdrucksstarken Gesten.

Es wäre auch sinnenfällig:
In diesem Tun würde anschaulich, wie Jesus sich zu seinen Jüngern verhalten hat. Er ist nicht gekommen, um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen.

Ich sollte es vielleicht tun: weil es ein alter Brauch ist und weil es zur Liturgie des Gründonnerstags gehört.

Doch fürchte ich, dass dieser Ritus nicht genügend Kraft entfalten würde, weil es eben nicht das gleiche ist wie damals, als Jesus den Jüngern die schmutzigen Füße gewaschen hat.

Es würde etwas wesentliches Fehlen: die zwischenmenschliche Bedeutung, das wirkliche. Denn es wären – wahrscheinlich frisch gepflegte Füße in frischen Socken und sauber geputzten Schuhen.

Schwestern und Brüder,
diese Befürchtung beschleicht mich, wegen der Erfahrung mit all unseren Messfeiern: Oft sind wir durch die Messfeier nicht so erfüllt;
viele sagen deshalb: die Messe bringt mir nichts.

Manchmal mag es uns gehen wie dem jungen Mann, der am Ende der Messe nicht sagt: Dank sei Gott – für das, was er mir jetzt geschenkt hat, sondern vor sich hinmurmelt: Gott sei Dank, dass es wieder aus ist.

Was ist der Grund für dieses Gefühl, dass die Messe eine Pflicht ist, die bestenfalls leichter abzuleisten ist, wenn die Lieder gefallen und die Predigt nicht allzu verschroben oder sogar ein wenig interessant ist?

Die Messe ist – sie muss es sein – aber sie ist es viel zu sehr:
Sie ist ein Ritus, ein Ablauf, der von einem Hauptakteur, dem Priester vollzogen wird – ein paar dürfen ihn unterstützen: sie sind bereit Texte aus der Bibel zu lesen, zu singen, Brot und Wein zu bringen.

Die meisten aber, die zur Messe kommen, schauen zu, sollen Antworten geben, mitsingen, gemeinsam beten und zuhören – das war’s.

Ein Konzert, ein Sportereignis, eine Theateraufführung weckt mehr Emotionen und bringt den Besuchern ein stärkeres Erleben.

Was in unseren Messfeiern verstärkt werden müsste, ist das Vertrauliche, das Intime, das Besondere, das die ersten Jünger erlebten, wenn sie in ihren Häusern das Brot brachen, wie sie sagten. Wir sollten miteinander überlegen, wie wir das verbessern können.

Schwestern und Brüder, das Konzil wünschte, dass die Gläubigen aktiv an der Eucharistiefeier teilnehmen können. Dabei sollte es um mehr gehen als um liturgische Dienste. Es geht um die innere Anteilnahme, die aber durch die Gestalt der Feier gefördert und ermöglicht werden müsste.

Wir sollten stärker Gemeinschaft erleben können: Gemeinschaft von Menschen, die innerlich von Jesus und seiner Botschaft berührt sind.
Der Glaube an Jesus verbindet uns stärker als Musik und Sport.

Wir sind die, die miteinander auf dem Weg sind, um einander und anderen Menschen, die Füße zu waschen – ihnen zu dienen. Wir sind hier als Menschen, die sich von Jesus die Füße waschen lassen – die von ihm Versöhnung und Hoffnung – den Frieden – erhalten.

Denn seine Liebe, die wir in der Gemeinschaft spüren möchten, verändert uns: sie umfängt uns auch mit unserem Versagen gegenüber anderen;
sie befreit uns von feindseligen und boshaften Gedanken, sie spornt uns an, dass wir hilfreiche Menschen sind und aufmerksam dafür, was andere Gutes tun, wie andere sich einsetzen und bemühen.

Schwestern und Brüder, wir alle – egal welche Aufgabe wir im Gottesdienst haben – wir alle sind zutiefst verbunden, weil wir uns von Jesus die Füße waschen lassen und weil er uns verwandelt:
damit auch wir so handeln, wie er an uns gehandelt hat.

Nach der Übertragung des Allerheiligsten:

Aus dem hl. Evangelium nach Lukas (22,39-46)

Dann verließ Jesus die Stadt und ging, wie er es gewohnt war, zum Ölberg; seine Jünger folgten ihm. Als er dort war, sagte er zu ihnen:Betet darum, dass ihr nicht in Versuchung geratet!

Dann entfernte er sich von ihnen ungefähr einen Steinwurf weit,  kniete nieder und betete:
Vater, wenn du willst, nimm diesen Kelch von mir!  Aber nicht mein, sondern dein Wille soll geschehen.

Da erschien ihm ein Engel vom Himmel und gab ihm (neue) Kraft.

Und er betete in seiner Angst noch inständiger, und sein Schweiß war wie Blut, das auf die Erde tropfte.

Nach dem Gebet stand er auf, ging zu den Jüngern zurück  und fand sie schlafend; denn sie waren vor Kummer erschöpft.

Da sagte er zu ihnen: Wie könnt ihr schlafen? Steht auf und betet, damit ihr nicht in Versuchung geratet.