02.11.21: Allerseelen

Formular II: 1. Lesung: Ijob 19, 1.23–27a – 2. Lesung: Röm 8, 14–23 – Ev: Joh 14, 1–6

Einführung:
ich begrüße ganz herzlich alle, die im vergangenen Jahr einen Menschen das letzte Geleit geben mussten. Sie sind gekommen, um in dieser Messfeier seiner zu Gedenken. Das kann noch ein kleiner Schritt sein, um Abschied zu nehmen, um die Trauer abschließen zu können oder um in der Trauer einen Schritt voran zu kommen.

Wir vertrauen darauf, dass Gott uns das Leben schenkt – so wie unseren Verstorbenen. Wir vertrauen darauf, dass er uns zusammen mit Jesus Christus aufnimmt in sein Licht. Deshalb rufen wir:

Herr Jesus Christus,
du hast als Mensch gelebt wie wir.
Du bist gestorben und wurdest begraben wie wir.
Du bist auferstanden und hast uns die Tür zu Gottes Herrlichkeit geöffnet.

Predigt: Liebe Schwestern und Brüder,
Alle christlichen Konfessionen teilen das große Glaubensbekenntnis. Und da bekennen wir im letzten Abschnitt:

Ich erwarte die Auferstehung der Toten und das Leben der kommenden Welt.

Glaube ich das? Und was stellen wir uns darunter vor?
Und: ist es wichtig, das zu glauben? Wofür ist dieser Glaube gut?

Letztendlich muss jeder diese Fragen für sich beantworten.
Ich kann ihnen meinem Glauben darlegen und versuchen, ihn zu begrün­den. Die Lehre der Kirche dazu kann jede und jeder selbst nachlesen.

Doch die eigene Antwort muss jeder selbst finden.
Die Frage danach, was mit den Toten ist, stellt das Leben, stellt das Sterben, mit dem wir konfrontiert sind, so lange wir leben.

Einerseits erfahren wir: Alles ist vergänglich. Nichts bleibt ewig.
Auf der anderen Seite wissen wir: In diesem Universum geht nichts verloren: Kein Molekül, keine Energie. Es wird umgeformt, verändert – aber nichts verschwindet.

Das ist eine Form der Ewigkeit.

Aber das beantwortet ja nicht die eigentliche Frage:
Dieser uns so vertraute Mensch, den wir begraben mussten:
er hatte seine Erlebnisse, seine Hoffnungen und Freuden, seine seelischen Wunden und seine Kräfte und Stärken und seine Träume und Ideen und Pläne.

Was ist mit ihm? Wo ist er jetzt? Oder gibt es ihn gar nicht mehr?

Gerne antworte ich: Ja, sie lebt.
Sie lebt in der gleichen Weise wie der Ursprung und Schöpfer des Universums. Er hat sie aufgenommen – in sich.

Das Johannesevangelium lässt Jesus sagen: Ich bereite einen Platz für euch vor im Haus meines Vaters.

Natürlich ist das nur ein bildlicher Vergleich aus unserer Erfahrungswelt, um das unsagbare zu sagen. Natürlich lebt Gott nicht in einem Haus mit unendlich vielen Appartements für alle, die jemals auf der Erde gelebt haben.

Ich glaube, dass Gottes Geist in jedem Geschöpf ist. Ich glaube, dass Gott das Leben in uns ist. Ich glaube, dass wir alle ein Teil von Gott sind.
Er umschließt alles und birgt alles. Bei ihm geht nichts verloren.

Die Dankbarkeit, die Hoffnung, das Vertrauen, die Liebe ‑‑ 
Diese Seelenkräfte sind Gottes unvergängliche Kräfte in uns.

Liebe Schwestern und Brüder,
dieses Bewusstsein, dass Gott in uns lebt, dass er das innerste in uns ist,
dass wir ein Teil von ihm sind – so wie die vielen, die schon verstorben sind – verändert uns.

Es wird uns bewusst, dass wir verbunden sind und immer verbunden bleiben: denn Gott ist in uns und wir sind in Gott.
Was wir als das Leben der kommenden Welt bezeichnen ist schon Gegenwart – für uns wie für unsere Verstorbenen.

Und doch hat Gott uns das Geschenk gemacht, dass wir in dieser Welt sein Licht zum Leuchten bringen dürfen. Dass wir diese Welt erfüllen dürfen mit seinem Geist und seiner Liebe. Wir dürfen in diesem Universum Neues erschaffen.- Er macht uns zu Miterschaffern dieser Erde, nicht viel weniger als Gott selbst, der dieses Universum ins Dasein ruft.

Nehmen wir dieses Leben als Geschenk. Wir haben kein Anrecht darauf,
wir haben kein Recht auf ein langes Leben – wir sind beschenkt mit dem Leben, damit wir Anteil haben an Gottes schöpferischer Macht und Liebe.

So wie wir selbst werden auch die Früchte unseres Tuns Teil der ewigen Freude Gottes an seiner Schöpfung. Amen.

Verlesen der Verstorbenen und Anzünden der Kerzen

Läuten der Totenglocke (2 Minuten)

Fürbitten

Pr.: Gott, Ursprung und Quelle des Lebens, wir beten zu dir:

  • Wir beten für die Trauernden, die den Verlust eines geliebten Menschen erlitten haben: dass sie wieder inneren Frieden finden.
    Gott des Lebens:
  • Wir beten für die Menschen, die Trauernde begleiten: dass sie das rechte Gespür haben, dass sie zuhören können und dass es ihnen gelingt, den Blick wieder auf das Leben auszurichten.
    Gott des Lebens:
  • Wir beten für unsere Gesellschaft, in viele Tod und Sterben verdrängen:
    dass wir die Vergänglichkeit des irdischen Daseins annehmen und unser Leben auf das Leben in Gottes Herrlichkeit ausrichten.
    Gott des Lebens:
  • Wir beten für die Kranken, für die Menschen, denen das Leben zur Last geworden ist, für die Menschen, die merken, dass sie bald sterben werden: dass sie Beistand erfahren, dass sie Abschied nehmen können und dass sie Vertrauen haben können, dass sie in dir Gott leben und leben werden. Gott des Lebens:

Pr.: Du Gott bist das Ziel unseres Lebens. In dir ist Frieden und vollkommene Freude. Wir danken dir, dass wir schon jetzt in diesem Licht leben dürfen, bis wir heimkommen zu dir. Amen.

06. November 2016: 32. Sonntag im Jahreskreis

Hier geht es zu den liturgischen Texten: schott

  • Eher sterben wir, als dass wir die Gesetze unserer Väter übertreten;
  • Der König der Welt wird uns zu neuem, ewigen Leben auferwecken;
  • Vom Himmel habe ich die Zunge erhalten, von ihm hoffe ich, sie wiederzuerlangen;
  • Gott hat uns die Hoffnung gegeben, dass er uns wieder auferweckt.

Eindrucksvolle Sätze der Brüder, die gefoltert und getötet wurden, weil sie sich nicht zwingen ließen, vom Gott Israels abzufallen.

In diesen Zeilen begegnen uns die ersten Anfänge des  Auferstehungs-glaubens in der Bibel – dabei sind wir um das Jahr 130 vor Christus.

Noch zur Zeit Jesu war es unter den Juden strittig, ob es eine Auferstehung der Toten gibt, ein ewiges Leben – oder ob die Toten in einem Schattenreich sind, das die Juden Scheol nannten – die Gruppe der Sadduzäer lehnte den Glauben an Auferstehung und ewiges Leben ab – Jesus hingegen predigte und verkündete die Auferstehung der Toten – das ist einer der Hauptinhalte seines Evangeliums.

Und wir: Glauben wir? an die Auferstehung der Toten und das Leben in der zukünftigen Welt? Manche verneinen diesen Glauben – sie lehnen Vorstellungen ab, die allzu anschaulich und einfach sind, wenn sie sagen: So viele Menschen haben ja gar nicht Platz im Himmel. –

Wir können uns nicht vorstellen, wie es sein wird in diesem ewigen Leben – wir können es uns genauso wenig vorstellen, wie wir uns Gott vorstellen können. Doch der Glaube an einen ewigen Gott, an Jahwe, der da ist,
und der Glaube an das ewige Leben passen gut zusammen.

Der gütige und Leben spendende Gott behütet das Leben und gibt ihm Anteil an seiner Ewigkeit. Weil wir das Leben von ihm haben und ein Teil von ihm sind, weil er in uns ist, deshalb ist ewiges Leben in uns.

Es ist naheliegend, dass in diesem ewigen Leben geheilt wird, was verletzt und krank ist. So wie der eine der Brüder hofft, dass er im ewigen Leben seine Zunge wieder erlangen wird.
Es ist schlüssig, dass das Leben der Auferstehung ewiges Leben ist, dass es also dann keinen Tod mehr gibt.

Das Lukasevangelium drückt den Zusammenhang mit diesen Worten aus:
Gott ist ein Gott von Lebenden, denn für ihn sind alle lebendig.

Liebe Schwestern und Brüder,
der Glaube an die Auferstehung und das ewige Leben ist jedenfalls eine Quelle der Hoffnung und Zuversicht – vor allem für die Menschen in der Bedrängnis: sie werden gerechtfertigt werden. Sie werden entschädigt werden. Sie werden emporgehoben und stehen im Licht Gottes.

Zugleich ist der Glaube an die Auferstehung eine große Kraftquelle:
Da es ein ewiges Leben gibt, in dem es Gerechtigkeit gibt,
umso mehr werde ich im Glauben daran Gerechtigkeit üben;
umso mehr werde ich widerstehen, wenn von mir etwas verlangt wird, das meiner Hoffnung und meinem Glauben widerspricht;
umso mehr werde ich mein Herz öffnen für die Kranken, die Obdachlosen, die Ausgebeuteten;
da ich daran glaube, dass Gott diesen Menschen Gerechtigkeit schenkt, möchte auch ich ihnen Gerechtigkeit geben und Erbarmen zeigen.

Der Glaube an die Auferstehung betäubt nicht und dämmt den inneren den Antrieb nicht ein,
sondern er ist die Kraft, die uns antreibt, Gottes Erbarmen und Gerechtigkeit in dieser Zeit und Welt sichtbar zu machen.