12. Mai 2013: 7. Ostersonntag

Hier geht es zu den liturgischen Texten: Schott

Liebe Schwestern und Brüder,
Kennen sie den „Baum des Lebens“?
Das Buch Genesis enthält die Geschichte: Adam und Eva essen gegen das Verbot Gottes vom Baum der Erkenntnis von gut und böse.

Diese Auflehnung gegen ihren Schöpfer, gegen ihre Natur hat allerlei schlechte Wirkungen – insbesondere werden sie aus dem Paradies vertrieben, damit sie nicht auch noch vom Baum des Lebens essen.

Nun aber lesen wir in der Offenbarung des Johannes am Ende der Bibel:
„Wer sein Gewand wäscht, hat Anteil am Baum des Lebens!“
und einige Sätze später: „Wer will, empfange umsonst das Wasser des Lebens!“

Das letzte Buch der Bibel stellt die Verbindung mit dem ersten Buch der Bibel her. Was dort verloren gegangen ist – das ist die Botschaft – ist durch Christus wiederhergestellt.

Was aber ist der Menschheit verloren gegangen?
Was fehlt dem Menschen?
Was ist seine tiefste Sehnsucht?

Der Mensch will leben –
ohne Krankheiten, die das Leben zur Qual werden lassen;
ohne Feindschaften, die den Menschen zum Unmenschen machen,
ohne den alten Widersacher des Menschen, den Tod.

Der Mensch will
gesund sein, will sein Leben bestimmen, möchte den Frieden und will nicht sterben, bevor er satt an Jahren ist.

Das letzte Buch der Bibel endet mit der Zusage des Lebens für den, der sein Gewand wäscht.

Was ist damit gemeint?
Selbstverständlich ist damit nicht die Kleiderpflege gemeint.
Vielmehr geht es darum, wie der Mensch lebt,
oder noch genauer: es geht darum, ob ich an Christus glaube.

Wenn ich an ihn glaube, dann steht mir sozusagen das Paradies offen.
Das Paradies, in dem der Mensch zu keiner historischen Zeit war und sein kann.

Offen steht mir dann das Paradies, das mir verschlossen ist,
weil ich sterblich bin, weil ich Zorn und Angst kenne.
weil ich uneins bin mit meinem Leben, mit mir selbst,
mit meinem Mitmenschen und mit dem mir so unbekannten und fremden Schöpfer des Lebens.

Schwestern und Brüder,
im Johannesevangelium überliefert ein langes Gebet Jesu zum Vater am Abend vor seiner Hinrichtung, nachdem er den Jüngern die Füße gewaschen hat.
Aus diesem Gebet, das er in Gegenwart der Jünger spricht, betet er:
Vater sie sollen eins sein, wie wir eins sind: ich in ihnen und du in mir.
Der innerste Punkt der Einheit ist also der Vater, der in Jesus lebt, der wiederum in seinen Jüngern lebt.

Es drängt sich auf, diese biblischen Vorstellungen und Bilder miteinander zu verbinden:
Gott hat durch Jesus die Spaltung beendet.
Gott und Mensch sind miteinander versöhnt.
Der sterbliche Mensch hat Zugang zum Vater – der ewige Schöpfer des Lebens ist in ihm und er hat Anteil an seiner himmlischen Herrlichkeit.
Das wird offenbar werden, wenn das vergängliche Leben hineinmündet in das Leben in Gottes Herrlichkeit.

Durch den Glauben an Christus,

der den Namen Gottes bekannt gemacht hat, in seiner Liebeshingabe am Kreuz,

dürfen wir jetzt schon, in dieser vergänglichen Welt,
uns erfreuen an der Einheit mit Gott, der Quelle des Lebens.