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Wer den Messias, den Sohn Gottes verkünden will, überlegt sehr genau, welche Geschichten er überliefern möchte und in welcher Form. Das Lukasevangelium erzählt, wie wir wissen: Die Verkündigungsgeschichten, die Geburtsgeschichten, dann die Begegnung mit Simeon und Hanna am 8. Tag nach der Geburt, dem der Beschneidung. Summarisch heißt es dann, „Das Kind wuchs heran. Gottes Gnade ruhte auf ihm.“ Dann aber erzählt das Evangelium diese Geschichte, von dem 12jährigen Jesus.
Für Jüdische Jungen ist der 12. Geburtstag bis heute etwas ganz besonderes. Bar Mizwa heißt das Fest, bei dem der Junge zum ersten Mal aus der Tora vorlesen darf. Von da an gilt er als erwachsener Jude, der sich an alle Regeln des jüdischen Glaubens halten muss.
Dass Jesus als 12jähriger Bar Mizwa gefeiert hatte – davon konnte das Lukasevangelium ausgehen. Wichtig ist, wie das Evangelium diese Geschichte erzählt.
Voraussetzung für alles, was Jesus tut und verkündet, Voraussetzung seiner Sendung als Messias und Retter der Welt ist: Jesus wuchs als Jude auf, er lebte als Jude und er starb als Jude. Lukas möchte dies den Christen, die aus dem Heidentum vermitteln: Jesus erfüllt die Verheißungen, die dem jüdischen Volk gegeben waren.
Das Evangelium verkündet aber: Als Jesus als „erwachsener“ Jude anerkannt war, kam er sozusagen erst richtig heim.
„Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meinem Vater gehört?“
Lukas zeigt, dass Jesus voll und ganz erfüllt war vom Glauben an den Gott Israels, den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs.
Alles, was er später verkünden wird, all das speist sich und nährt sich aus dieser Quelle.
Jesus ist nicht gekommen, um eine neue Religion zu gründen.
Er ist gekommen, um die Sünder zu rufen! Er ist gekommen, damit den Armen eine frohe Botschaft verkündet wird. Er ist gekommen, um den Kranken die Gemeinschaft mit Gott zurück zu geben.
Zugleich verkündet Jesus nicht nur die Vergebung der Sünden und das Heil für die Kranken. –
Er wird selbst zum verkündeten. Er wird zum Ausgangspunkt eines neuen Weges, der aber im eigentlichsten Sinn der Weg der Tora ist – gereinigt und befreit von allem, was die Klarheit und Einfachheit dieses Weges getrübt hatte.
Das Evangelium Jesu war einfach und weise: wer wollte, konnte es verstehen und annehmen.
Doch im Laufe der Geschichte bemühten sich die Gläubigen, immer besser zu erklären, wer Jesus ist und was die Jünger Jesu glauben:
Der Vater und Jesus und der Heilige Geist, die Schöpfung und die Wiederkunft, die Auferstehung und das ewige Leben, die Gegenwart des Auferstandenen in der Gemeinde, in der Eucharistie, …
Da der Mensch nun mal denkt und verstehen will, ist das unumgänglich – auch heute. Hinter all dem aber steht das Evangelium Jesu, das einfach ist: einfach zu verstehen und einfach zu leben. Es lautet schlicht:
- Das Reich Gottes ist mitten unter euch!
- Gott ist der barmherzige Vater aller und er schließt niemand aus, niemand! Auch nicht die Kranken und Sünder, nicht die Fremden und nicht die Ungläubigen.
- Gott schenkt dem Menschen das ewige Leben in seiner Herrlichkeit.
- Der Mensch soll Gott lieben und den Nächsten wie sich selbst.
Das Evangelium Jesu ist einfach und leicht zu verstehen.