31.01.2021: 4. Sonntag im Jahreskreis

ich habe eine Menge Fragen an diesen Text.
Zum Beispiel: Was hat Jesus gelehrt?
Der Evangelist kann mir entgegenhalten, dass er das schon ein paar Sätze vorher geschrieben hat: „Erfüllt ist die Zeit, das Reich Gottes ist nahe! Kehrt um und glaubt an diese Freudenbotschaft.“

Offen bleibt trotzdem: Worüber genau hat Jesus gesprochen und gepredigt und wie hat er bei seinen Hörern diesen Eindruck erzeugt, dass er mit Vollmacht lehrt – und wie lehren die Schriftgelehrten? Was ist der Unterschied?

Und ich frage mich: Was kann ich unter einem unreinen Geist verstehen? Natürlich gibt es Erkenntnisse, was sich die Menschen damals vorstellten. Aber will ich an Dämonen glauben, die den Menschen krank machen, ihn plagen und Schmerzen zufügen und ihn besitzen?
Gut: es gibt manchmal Menschen voll Eifersucht und Neid, voller Hass und Bitterkeit, von krankhaftem Geltungsbedürfnis oder auch Minderwertigkeitsgefühl befallen. Gier und Geiz halten Menschen in ihrem Bann. Aber das alles erkläre ich mir durch den Charakter eines Menschen, durch die Erfahrungen, die ihn prägen, durch Entscheidungen, die er gefällt hat – manchmal auch durch Krankheiten. Aber böse Geister? Dämonen? Es liegt mir fern.

Interessant sind für mich die wenigen Sätze, die gesprochen werden:
Der Geist sagt: „Was haben wir mit dir zu tun? (Also: Lass uns doch in Ruhe). Willst du uns ins Verderben stürzen? Ich weiß, wer Du bist. Der Heilige Gottes!

Jesus sagt: Schweig und verlass ihn!
Der Geist schreit und muss gehorchen.

Bei der Taufe im Jordan spricht die Stimme vom Himmel:
„Du bist mein geliebter Sohn.“
Hier spricht der als unreiner Geist bezeichnete fast das Gleiche:
„Du bist der Heilige Gottes.“

Das ist vielleicht ein Schlüssel, um diese kleine Episode zu verstehen, mit der das Mk beginnt, von Jesu Wirken und Wirkung zu erzählen.

Jesus ist der Heilige Gottes!
Er ist stärker als die anderen Geister, die Ungeister und überwindet sie – er unterliegt ihnen nicht; er ist nicht wie sie, er denkt und glaubt und handelt nicht wie sie. Er ist Herr über sie. Sie machen ihm auch keine Angst.

Wenn Jesus diese Ungeister überwunden hat, sie vernichtet hat – müssen wir uns ihnen auch nicht unterwerfen: Zwietracht und Missgunst, Geiz und Feindschaft, Lüge und Schadenfreude haben keinen Platz bei Menschen, die Jesus nachfolgen – wie Petrus und Andreas, wie Jakobus und Johannes.

Was Jesus sagt, ist Gottes Wort und er handelt in Gottes Kraft.
Wer zu ihm hält, hat Teil an ihm und seiner Macht der Liebe.
Werden wir immer mehr Menschen, in denen Gottes Liebe wirkt.
Wir haben das Zeug dazu.

1. Februar 2015: 4. Sonntag im Jahreskreis

Hier geht es zu den liturgischen Texten: Schott

Liebe Schwestern und Brüder,
das Evangelium des Markus finde ich ziemlich gewagt:
Das eindeutige Bekenntnis, wer Jesus ist, kommt von einem „unreinen Geist“. Es kommt aus der Angst: „Du willst uns Verderben stürzen?“

Ein Dämon ruft es Jesus zu – nicht die Menschen, die betroffen war von seiner Lehre. – Was war das für eine Betroffenheit?
Bewunderung oder Erschrecken?

Hat der Dämon vielleicht nur laut ausgerufen, was alle dachten?
Verleiht er der allgemeinen Betroffenheit vielleicht nur sprachlichen Ausdruck?

An diesem Tag bringt Jesus den Dämon zum Schweigen und der Mann ist geheilt.
Und so bleibt Jesus an diesem Tag Sieger. Doch der Widerstand dieser Widergeister ist nicht gebrochen. Ihre Stunde kommt – die Stunde, in der sie die Oberhand haben. – Auch wenn gerade dieser Stunde zur Stunde Jesu werden wird, in der Gott ihn verherrlicht!

Liebe Schwestern und Brüder,
Die Reaktion auf Jesu Botschaft ist von Anfang an zwiespältig:
Man spürt in seiner Predigt die „göttliche Vollmacht“!
Aber zugleich spüren die Menschen, wie sehr Jesus ihr bisheriges Leben in Frage stellt. Sie sind betroffen: Sie fühlen sich betroffen und sie merken:
Jesus stellt mich in Frage.

Das ist der Punkt, an dem auch wir heutigen Hörer der Botschaft ins Spiel kommen:

Jesus stellt uns selbst in Frage: Er verkündet uns, dass das Reich Gottes gekommen ist und ruft uns zur Umkehr.

Wenn wahr ist,
dass Gott wichtiger ist als alles andere,
wenn das Leben des anderen genauso wichtig ist, wie meines,
wenn die Liebe immer den Vorrang haben soll,

Wenn das wahr ist, dann fragt man sich, ob diese Botschaft unser gewohnte Leben nicht völlig über den Haufen wirft.

Wer Jesus ernst nimmt,
der merkt, dass nicht nur die anderen gemeint, sind, die als Sünder gelten,
der merkt, dass nicht nur die Reichen, nicht nur die Mächtigen gemeint sind.

Wenn ich Jesus ernst nehme, merke ich, dass ich gemeint bin:
Weil ich mich jeden Tag anpasse an das Denken, das Gott an den Rand drängt,
dass ich mich abfinde mit Kompromissen: dies und das tue ich ja nicht;
dass ich eben doch zuerst an mich denke und erst dann an die anderen.

Aber wenn ich wirklich ernst machen würde mit dem Reich Gottes, kommt dann nicht vieles ins Wanken?

Schwestern und Brüder, wir neigen dazu, Jesu Botschaft für unsere Zwecke zu vereinnahmen:
Er soll uns Hoffnung geben.
Er soll uns Frieden schenken.
Er soll uns beruhigen durch den Glauben an Vergebung und Nachsicht.

Doch Gottes Barmherzigkeit gilt zuallererst den Schwachen; denen, die wir abgeschrieben haben.

Jesu Botschaft birgt ein beunruhigendes Potential:
Bist du gekommen, um uns ins Verderben zu stürzen?
Bist du gekommen, um hier alles durcheinander zu bringen,
die gut eingespielten Wege der Macht und der Herrschaft,
die ausgetretenen Pfade des Eigennutzes und der scheinbar ausgewogenen Interessen,
die Sicherheit, die wir uns vorstellen – nur weil wir uns an so vieles gewohnt haben?

Jesu Botschaft heißt nicht: „Macht weiter so!“
Jesu Botschaft heißt und meint mich: „Ändert euch!
Werdet Menschen nach Gottes Willen!“