20. September 2015: 25. Sonntag im Jahreskreis

Hier geht es zu den Texten des Sonntags: Schott

Liebe Schwestern und Brüder,
ich finde es anrührend, wie Jesus versucht, die Jünger zu gewinnen,
Wie er sie anspricht, damit sie verstehen, worum es ihm geht und damit sie seine Weisheit und seinen Geist annehmen;
damit die Jünger nicht mehr so denken und empfinden wie Menschen sonst – sondern so wie Jesus.

Die Jünger haben Streit: Wer ist der Größte, wer ist der Beste, wen hat Jesus wohl am liebsten, wer darf Vorrechte gegenüber den Anderen beanspruchen?

So denken wir Menschen, so sind wir. Jedenfalls ist das eine Seite an uns.

Einerseits brauchen wir das auch: dieser Ehrgeiz, besser sein zu wollen, treibt uns an und bringt uns Vorwärts.
Und das Zusammenleben erfordert eine gewisse Ordnung und Hierarchie:
Es ist vieles einfacher, wenn jemand die Vollmacht hat, Entscheidungen zu treffen und auch die Ordnung durchzusetzen.

Anarchie funktioniert nicht und kann nicht funktionieren.

Jesus selbst hatte in der Gemeinschaft seiner Jünger die führende Rolle: Jesus sagt einmal zu den Jüngern: Ihr nennt mich Meister und Herr und ihr nennt mich mit Recht so. Jesus war auch der Anführer seiner Jünger. Er entschied, dass man weitergeht, dass man sich ausruht, dass man in ein Dorf geht. Er handelte souverän, ohne einen Menschen um Erlaubnis zu bitten.

Aber: Jesus wusch seinen Jüngern die Füße; er ließ sich nicht bedienen;
er wollte keine Posten und kein Amt – weder im Tempel noch im Palast.

Jesus hat uns etwas zu sagen – aber er will nicht über uns herrschen.
Er will, dass wir ihn verstehen; er will, dass wir seinen Geist in uns haben;
dass wir selbst so denken und handeln wie er.

Ist es nicht so: wir Menschen neigen dazu, groß sein zu wollen: deshalb gibt es Sätze wie diese:
hinter dem brauche ich mich nicht zu verstecken; der ist auch nicht besser als ich; das, was die kann, kann ich schon lange.

Jesus aber lädt zu einem ganz neuen Mensch Sein ein:
Wer ein Kind um meinetwillen aufnimmt, der nimmt mich auf.
Wer mich aufnimmt, der nimmt den auf, der mich gesandt hat.

Schwestern und Brüder, das ist toll, das ist atemberaubend: Jesus sagt:
Sorgt für die Kleinen, für die unbedeutenden. Das soll euer Ehrgeiz sein.

Das ist mehr als ein Aufruf zur Mildtätigkeit. Es geht einen Schritt weiter:
Wir können wie Jesus sagen: Wer ein kleines und verlorenes Kind aufnimmt, der nimmt mich auf. Das heißt, dass wir Christen uns mit den kleinsten und unbedeutendsten Menschen identifizieren.

Das ist genau das, was Franziskus sagt:
eine Kirche der Armen – für die Armen.
Wir Christen werden Jesus immer ähnlicher, wenn wir die Welt mit den Augen der Menschen sehen, die keine Macht haben, die übersehen werden, deren berechtigte Bedürfnisse nicht einmal wahrgenommen werden: Ob es nun alte, gebrechliche Menschen sind, oder Menschen mit Behinderungen, oder Kinder..

Alle Christen, auch wenn sie an der Spitze stehen, auch wenn sie reich und mächtig sind, können diesen Geist Jesu umsetzen, und
und erst recht wir, die wir uns oft klein und machtlos und vielleicht sogar ausgeliefert fühlen,

können sagen: Wer einen schutzlosen Menschen aufnimmt,
der nimmt mich auf. Der tut mir etwas Gutes, dem bin ich dankbar.

Schwestern und Brüder, Jesus spricht uns ins Herz:
Strebe nicht danach, nach oben kommen,
sondern streben danach, denen ganz unten beistehen –
das ist der Geist Jesu.