20.02.2022: 7. Sonntag im Jahreskreis

Liebe Schwestern und Brüder,
einerseits bin ich versucht, meine Gedanken weiterzuführen zu unserer Kirche, zur Leitung unserer Kirche und zu den Veränderungen, die im synodalen Weg diskutiert werden.

Bei der letzten Versammlung vom 3. bis 5. Februar wurde ein erster Grundlagentext beschlossen. In diesem Grundlagentext heißt es ganz klar, dass die deutsche Kirche – auch die 2/3 Mehrheit der Bischöfe sich dafür einsetzt, dass verheiratete Männer zu Priestern geweiht werden.

Außerdem heißt es da unter der Überschrift: Zugang von Frauen zum Amt:

„Wir setzen uns darüber hinaus dafür ein, dass Dienste und Ämter in der Kirche für alle Getauften und Gefirmten zugänglich gemacht und entsprechend ihren Charismen und Berufungen, ihrer Eignung, Befähigung und Leistung besetzt werden.
Wir regen eine synodale Verständigung auf weltkirchlicher Ebene an.
Wir sind überzeugt: Die neue Klärung der Zugangsvoraussetzungen schafft eine Grundlage dafür, dass die Gaben des Geistes, die der Kirche geschenkt sind, besser zur Wirkung kommen und das Zeugnis des Evangeliums an Kraft gewinnt.“

Diese Aussagen wurden auch von 70% der Bischöfe positiv verabschiedet!

Andererseits möchte ich über die Bedeutung der Texte der Hl. Schrift für unser heutiges Leben nachdenken und sie auslegen – gerade bei diesen Texten, die wir heute gehört haben:

Das erste Buch Samuel schildert, wie König Saul nach dem Leben trachtet, weil er durch ihn seine Macht gefährdet sieht. David musste vor ihm fliehen. Er wurde zum Anführer einer kampfbe­reiten Söldnertruppe.

Doch als er die Möglichkeit hatte, Saul, der ihn verfolgte, zu töten, tat er es nicht – weil er in ihm den von Gott erwählten König achtete.
Diese Geschichte ist im Hinblick auf das Evangelium ausgewählt.

Jesus spricht die an, die ihm zuhören, also uns, die wir an ihn glauben.
Was er uns ans Herz legt, ist eine völlig neue Weise des Menschseins.
Es wird nicht mehr zwischen Freund und Feind unterschieden.

Das Liebesgebot, also der Impuls, dem anderen zu helfen und ihm Gutes zu tun umfasst alle Menschen – auch die, die sich feindselig verhalten.

Jesus geht soweit, dass er sagt, wir sollen uns nicht gegen Unrecht wehren, das uns angetan wird.

Liebe Schwestern und Brüder, so unglaublich dieses neue Menschsein ist,
so sehr es mich überfordert in meinem Handeln und Verhalten ‑ dies ist einer der Gründe, warum ich zu Jesus halte und versuche, ihm zu folgen:

Dieses neue Menschsein ist die Zukunft. Barmherzig sein, die Schuld erlassen, Gutes tun – auch dem Feind, nicht richten und nicht verurteilen.

Schon jetzt und seit jeher gibt es dies unter uns Menschen – sonst gäbe es keine Menschen mehr! Die Menschheit wird weiter bestehen und diese Erde wird weiter unser Lebensraum sein, je mehr wir dieses neue Menschsein verwirklichen:

Wir werden lernen, die Wünsche des anderen zu achten wie unsere eigenen und ja: dies wird auch für die Beziehungen zwischen Staaten und Bündnissen gelten. Dann wird es keinen Krieg mehr geben, bei dem so viele Menschen, Tiere und kostbare Güter vernichtet und zerstört werden.

Menschen werden nicht mehr verurteilt und ausgeschlossen und abgewertet, weil sie anders leben, anders sind oder anders lieben.

Jesus sagt: Wir Menschen können das – lernen!

Umso verheerender ist es, dass Männer, die diese Botschaft verkünden sollen, selbst anderen Schaden zugefügt haben. Umso verheerender ist es, dass es einigen immer noch schwerfällt, ihre Verwicklung zuzugeben.

Wir sind mitverantwortlich: dass auch wir dafür eintreten und unsere Stimme erheben, dass sich unsere Kirche so verändert, dass in unserer Mitte solches Unrecht nicht vorkommt und wenn es vorkommt, aufgedeckt wird und die Betroffenen Hilfe und Gerechtigkeit erfahren und den Schutz der Gemeinschaft unseren Schutz.

Verheiratete Priester: ja ‑ Frauen als Priester: Ja; eine menschenfreund­liche Haltung zur Geschlechtlichkeit in all ihren Ausprägungen. Ja

23.02.2020: 7.. Sonntag im Jahreskreis

Hier geht es zu den Texten der Liturgie: schott

Ansprache:
Die Liste der Ungerechtigkeiten und der Gewalt ist lang:
Nach dem rassistischen Verbrechen in Hanau wurden wir an die Gewalttaten in den letzten Monaten bei uns in Deutschland erinnert.

Wir dürfen nicht die Fenster und Türen schließen und froh sein, nicht betroffen zu sein.
Es liegt an uns, im Verhalten und Reden dafür einzustehen, dass Beleidungen, Abwertungen, abfällige Gesten und schon gar Gewalt keine Mittel sind, um Ärger auszudrücken und um Konflikte zu lösen.

Es liegt an jedem einzelnen, durch das eigene Verhalten und Reden mitzuhelfen, dass die Unverletzlichkeit der Person nicht nur im Grundgesetz steht, sondern das Ideal unseres Miteinanders sein muss.

Wir erinnern uns an den 11. Sept. 2001 in New York.

Wir erinnern uns an den Terror der RAF.
Wir erinnern uns an die Schrecken des Dritten Reichs und der Judenverfolgung, der eine sehr große Zahl unter der deutschen Bevölkerung billigend und jubelnd zusah.

Die kleinen Feindseligkeiten in der Nachbarschaft, im Bekanntenkreis – sind im Vergleich dazu geradezu lächerlich: Und doch sagen wir auch da: Mit dem will ich nichts mehr zu tun haben. Und: Der wird ich es schon zeigen.

Selbst wenn wir unsere Rachegedanken für uns behalten und auf Vergeltung verzichten: unseren Feind lieben – das liegt uns fern.

Selbst wenn wir „lieben“ nicht romantisch verstehen, sondern wie es hier zu verstehen ist: dem anderen Gutes wollen und Gutes tun:
Ich werde doch nicht ausgerechnet jemand, der sich so schlecht zu mir verhält auch noch Gutes tun.

Soweit die erste Reaktion auf Jesu Ansprüche in der Bergpredigt.

Ich möchte dazwischenrufen:

Halt: So klar ist es nun wieder nicht:
Der Arzt, der Feuerwehrmann, der Stadtrat und Bürgermeister und viele andere werden immer wieder in der Situation stehen, dass sie auch für Menschen da sind und sich engagieren, die sie als ihre Feinde betrachten müssen.

Dennoch schotten wir uns meistens von denen ab, die uns feindselig begegnen.

Liebt eure Feinde! – Das ist zu viel verlangt.

Liebe Schwestern und Brüder, ich möchte nicht ausweichen – denn Jesus, unser Erlöser, der uns ewiges Leben schenkt – er hat es gesagt und sicher ernst gemeint.

Manche deuten es so: Das ist Entfeindungsliebe. So werden Feinde zu Freunden gemacht. Doch stimmt das wirklich? Lädt das nicht mindestens genauso oft dazu ein, die Bosheit noch zu steigern?

Andere sagen: Das ist für den, der ungerecht behandelt wird der einzige Weg, um seine Unabhängigkeit zu zeigen. Eine seltsame Unabhängigkeit.

Ich muss zugeben: Wenn Gott das von mir verlangt, dass ich die Feinde liebe und die andere Wange hinhalte, dann steht es nicht gut um mich und meine Zukunft im Himmelreich.

Doch bevor ich die Hoffnung für mich und viele andere aufgebe, höre ich nochmal genau hin: Bevor Jesus diese Anforderungen stellt, heißt es: Wenn eure Gerechtigkeit nicht größer ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer. Heute am Schluss dieser Übersteigerungen sagt Jesus den Grund: Wenn ihr in das Himmelreich kommen wollt, durch eure Anstrengung – dann seid vollkommen – so wie euer Vater im Himmel vollkommen ist: Denn die Sonne scheint für Gute und Böse! Der Regen fällt für alle und der Weizen nährt alle.

Liebe Schwestern und Brüder: auch heute macht Jesus klar: Aus eigener Gerechtigkeit ist für uns das Himmelreich nicht zu gewinnen. Wir brauchen die vergebende Barmherzigkeit Gottes – und er ist dazu bereit.

Dass aber die Anforderungen Jesu in der Bergpredigt durchaus ihren Ernst haben, das sehen wir: an Jesus, der in der Todesstunde für seine Henker gebetet hat. Wir sehen es an den Geschwistern Scholl, an Pater Delp, an den Überlebenden des Holocaust, die den Hass nicht erwidert haben.

Der Anspruch gilt: Werdet vollkommen, wie euer Vater im Himmel.
Betet für eure Verfolger und tut euren Feinden Gutes. Dann seid ihr reif für das Himmelreich.

12.02.2017: 7. Sonntag im Jahreskreis

Hier geht es zu den liturgischen Texten: schott

Liebe Schwestern und Brüder,
wann haben Sie das letzte Mal gestritten? mit wem? worüber? Darf man streiten?

Natürlich gibt es Streit unter Menschen und manchmal ist er unvermeidlich und sogar notwendig!
Auch Freunde, Eheleute und Lebenspartner haben oft gegensätzliche Interessen: Es kommt Konflikten. Und zu Ärger, Wut und Zorn!

Es heißt auch von Jesus, dass er voll Zorn und Trauer war über das verstockte Herz seiner Gegner, die ihn wegen einer Heilung am Sabbat verurteilten.
Hat Jesus damit gegen sein eigenes Gebot verstoßen: „Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen“?

Er hätte dann sogar gegen ein Gebot der Thora verstoßen. Wir haben es gerade in der Lesung aus dem Buch Leviticus gehört: Du sollst in deinem Herzen keinen Hass gegen deinen Bruder tragen. Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.

Lassen Sie mich dazu ein wenig ausholen:
Diese Stelle stammt aus dem sogenannten Heiligkeitsgesetz im Buch Leviticus. Es heißt so, weil in einigen Kapiteln Israel immer wieder aufgefordert wird: Seid heilig, denn ich euer Gott bin heilig.

Israel lebte damals nach dem Exil als kleine Gruppe rund um den Tempel. Der Glaube an Jahwe, der Gottesdienst im Tempel, die Einhaltung der Thora unterscheidet die wenigen Juden von der Mehrheit der Bevölkerung – ähnlich wie wir Kirchgänger heute eine kleine Gruppe sind. Diese kleine Gruppe der Israeliten, des Gottesvolkes, soll und will sich unterscheiden und etwas Besonderes sein unter den anderen Menschen.

Wir haben gehört: Wenn es zu Konflikten kommt, sollen die Israeliten den Bruder nicht hassen, sondern ihn zurechtweisen.

Ob dies Ruhe brachte? Wer lässt sich schon gerne zurechtweisen? Da verteidigt man sich. Man sucht alle möglichen Gründe, dass die Zurechtweisung zu Unrecht geschieht. Es ist eine der größten zwischenmenschlichen Herausforderungen, wenn man zurechtgewiesen wird.

Dennoch wird dieser Weg vorgeschlagen – im Gegensatz zum Hass.

Hassen bedeutet, den anderen auszugrenzen, sich nicht mehr verbunden fühlen, die Solidarität mit dem anderen aufkündigen.
Mit Hass sind nicht die Gefühle gemeint, sondern das Aufkündigen der grundsätzlichen Solidarität – nur dann kann es zur Rache kommen.

Du sollst dich an den Kindern deines Volkes nicht rächen und ihnen nichts nachtragen, sondern (im hebr. Urtext sind die Sätze durch das Wort „sondern“ verbunden) du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst!

Es geht also hier um Feindesliebe. Gerade die, mit denen die Solidarität, die Verbindung abzureißen droht, soll der Israelit lieben wie sich selbst.

Damit ist nicht die emotionale Liebe gemeint, die in Freundschaft und Ehe so viel Glück bringt. Damit ist gemeint, dem anderen Gutes zu wünschen und zu tun – eben mit ihm solidarisch zu sein.

Jesus übersteigert in der Bergpredigt dieses Gebot und gibt Beispiele dafür, was das konkret bedeuten kann. Freiwillig noch mehr geben, sich sogar doppelt schlagen lassen.

Er gibt uns aber auch eine Hilfe, wie wir den Hass überwinden können und stattdessen den anderen zurechtweisen und noch mehr Liebe erweisen:

Betet für die, die euch verfolgen!

Liebe Schwestern und Brüder, wenn wir für die beten, mit denen wir Streit haben, wenn wir für sie um den Segen Gottes beten, um Frieden und Wohlstand – sind wir dann och im Stande, Rache zu üben?

Und doch gibt es im Evangelium auch Hinweise darauf, wie man sich verhalten soll, wenn ein Bruder sein Unrecht auch vor Zeugen nicht einsehen will.

Das, was Jesus, was die ganze hl. Schrift, was Gott will, werden wir oft nicht umsetzen können. Denn es ist schwierig, Zurechtweisung anzunehmen und es ist schwierig, den Zorn zu überwinden. Auch für uns Christen. Wir brauchen Gottes Barmherzigkeit.