18. September 2016: 25. Sonntag im Jahreskreis

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Liebe Schwestern und Brüder,
Als Amos als Prophet auftrat, war Israel gespalten: in Nordreich und Südreich. Amos selbst stammt aus dem Südreich – als Prophet wirkte er jedoch im Nordreich. Das Nordreich erlebte gerade einen wirtschaftlichen Aufschwung – da tritt diese Schafzüchter aus dem Süden auf. Drastisch sind seine Worte:

Hört dieses Wort, / ihr Baschankühe auf dem Berg von Samaria, die ihr die Schwachen unterdrückt / und die Armen zermalmt und zu euren Männern sagt: / Schafft Wein herbei, wir wollen trinken. Gott, der Herr, hat geschworen: Seht, Tage kommen über euch, / da holt man euch mit Fleischerhaken weg, und was dann noch von euch übrig ist, / mit Angelhaken.

Schonungslos schildert er seine Beobachtungen wie ungerecht es im Norden zugeht:
Die Sabbatruhe kritisieren die Händler als Marktverbot;
Sie fälschen Maße und Gewichte, um den Verdienst zu steigern;
Die Armen werden schonungslos ausgenutzt und zu Sklaven gemacht;
sogar den Getreideabfall verkauft man noch an die Armen.

Das erinnert mich an die Gegenwart:
so oft wie möglich sollen auch am Sonntag die Geschäfte öffnen dürfen,
die Ladenzeiten werden immer mehr ausgedehnt;
das Tanzverbot am Aschermittwoch und Karfreitag und Volkstrauertag soll abgeschafft werden.
Den Buß- und Bettag hat man schon vor Jahrzehnten als Feiertag abgeschafft, um die Produktivität zu steigern.

Wenn die Bischöfe – katholische oder evangelisch – das beklagen, so stehen sie da als Miesepeter, die nur althergebrachte Rechte und ihre Macht verteidigen wollen, die das Leben der Menschen reglementieren mit ihren religiösen Bräuchen.

Papst Franziskus scheut sich dennoch nicht, zu formulieren: diese Wirtschaft tötet.

Liebe Schwestern und Brüder, tatsächlich werden dem wirtschaftlichen Interesse Menschenleben geopfert: in den Textilfabriken in Bangladesh,
in den Minen Afrikas, in den abgeholzten Regenwäldern Amazoniens.

Franziskus hat leider Recht – auch wenn niemand sich in der Lage sieht, die Wirtschaft so zu ändern, dass sie nicht mehr tötet.

Für ihn, wie für den Propheten Amos um 760 v. Chr. ist klar:
Unrecht muss aufgedeckt werden. Das Unrecht muss beim Namen genannt werden. Es widerspricht dem Willen Gottes, es ist schwere Schuld, ein Verstoß gegen die Gebote Gottes: du sollt nicht stehlen, du sollst nicht morden. Ja sogar gegen das erste Gebot: denn der Umsatz, die Gewinnspannen, die Marktanteile sind die goldenen Kälber von den man sich das Heil erwartet – und nicht der Gott des Lebens, der auf der Seite der Armen steht.

Fast könnte man meinen, das Gleichnis vom untreuen Verwalter würde derlei Betrügerei und Ausbeutung erlauben: der Herr, Jesus, lobte die Klugheit des untreuen Verwalters – heißt es.

Wir müssen genau hinhören: ihm ging es darum, seine Zukunft zu sichern: für ihn Bestand sie darin, nichts arbeiten zu müssen und dennoch essen und trinken zu können. Er erkannte, wie er dieses Ziel erreichen konnte.

Wir, die Jesu Wort glauben, sehen aber eine andere Zukunft vor uns: das Reich Gottes, das Reich des Friedens und der Barmherzigkeit:
Wir sollten genauso klug überlegen und erkennen, wie dieses Reich des Lebens Wirklichkeit werden kann.

Wir müssen uns immer wieder fragen: verfolge ich meine Interessen für mich: Eigentum, Besitz, Erlebnis, Karriere, Macht

oder lebe ich für die Werte, die zu Gottes Reich gehören:
Gerechtigkeit, Barmherzigkeit, Freiheit, Leben für alle,:
dafür, dass die Not auf der Erde geringer wird?
dafür, dass es Menschen besser gehen kann?

31. Juli 2016: 18. Sonntag im Jahreskreis

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Liebe Schwestern und Brüder,
Windhauch ist das Lieblingswort von Kohelet einem Weisheitslehrer im 3. Jahrhundert vor Christus.

Windhauch: Ein Windhauch bewirkt nicht viel und er hinterlässt keine Spuren. Etwas Unbedeutenderes als ein Windhauch gibt es fast nicht.

Unbedeutend ist für Kohelet, wenn einer seinen Besitz einem anderen hinterlassen muss.
Unbedeutend, Windhauch ist für Kohelet, die Sorge und der Ärger und die Unruhe eines Menschen, der sich mit aller Kraft des Geistes und des Körpers bemüht, sein Wissen und seinen Besitz zu mehren.

Am Ende ist es Windhauch – als ob es nicht gewesen wäre. Egal. Gleichgültig. Unbedeutend.

Weit entfernt von dieser Geisteshaltung war der Mann, der Jesus zu Jesus kam und ihn bat: „Sag meinem Bruder, er soll das Erbe mit mir teilen.“

Liebe Schwestern und Brüder,
wieviel Sorgen und Mühen wenden wir selbst auf für das „Irdische?“
Wie stark beschäftigen uns die Gedanken an Geld und Besitz, an Komfort, an unsere materiellen Wünsche?

Wenn Besitz und Eigentum und die Lebenserfahrung am Ende Windhauch sind – was ist es dann wert, sich dafür einzusetzen und seine Kraft und seinen Geist dafür zu verwenden? ‑ Was lohnt die Sorge und die Mühe?

Der Brief an die Kolosser setzt sich damit auseinander und auch Jesus in seiner Geschichte von dem reichen Mann und seiner tollen Ernte.

Der Kolosserbrief markiert einen schroffen Gegensatz: Tötet die irdischen Begierden, die euch die Freiheit des Willens rauben und bereit machen, anderen Schaden zuzufügen.
Richtet euren Sinn auf das Himmlische!

Damit ist der Kolosserbrief ganz nahe der Aussage im Lukasevangelium:
Es kommt darauf an, vor Gott reich zu sein.

Liebe Schwestern und Brüder, wir unterscheiden das Irdische und das Himmlische und machen uns dadurch bewusst:
unsere Zukunft ist nicht auf der Erde, sondern im Himmel – unsere Zukunft ist das Leben in und bei Gott.

Wann aber, sind wir vor Gott reich?

Es ist ganz im Sinne Jesu und des Lukasevangeliums, wenn wir sagen:
reich sind wir vor Gott, wenn wir mit anderen teilen, wenn wir dem helfen, der in Not ist, wenn wir Frieden schließen und uns versöhnen statt gegeneinander zu kämpfen. So sammeln wir Schätze im Himmelreich.

Dieser Zusammenhang ist für uns, die wir an Jesus glauben, grundlegend.
Doch wir würden dies verfälschen, wenn wir meinen würden, wir könnten uns durch Spenden und freiwillige Hilfe im Himmel einkaufen, wie bei einer Aktiengesellschaft.

Damit wir diesem Irrtum nicht verfallen, erinnere ich an die Gedanken vom letzten Sonntag: Gott schenkt uns das, was uns reich macht. Er schenkt sich uns selbst: Er schenkt uns den Heiligen Geist, durch den er in uns wirkt.

Gott macht uns reich durch seinen Geist – wenn wir teilen, Versöhnung bringen, Verfolgten Zuflucht gewähren, Hungernden zu essen geben und Kranke und Gefangene besuchen – wenn wir als barmherzig sind –

dann wirkt in uns der Heilige Geist, der Geist Gottes.

Es kommt darauf an, dass wir den Geist Gottes fließen lassen,
dass dieser himmlische Schatz in uns und durch uns die guten Werke wirken kann, durch die Gottes Reich in dieser Welt groß wird.

8. März 2015: 3 Fastensonntag

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Liebe Schwestern und Brüder,
warum wurde der Text von den 10 Geboten und die Überlieferung von der Tempelreinigung zusammengestellt?

Gott gibt dem Volk am Sinai die 10 Gebote – ein Grundkonzept für einen Menschen, um gut zu leben, um im Einklang zu sein, mit Gott, der Leben gibt und Freiheit.
Diese 10 Gebote sollen unser Leben bestimmen und prägen – deshalb gehören sie zu dem Grundbestand am christlichen Wissen – so dass wir diese Gebote jederzeit aufzählen können.

Zweierlei ist an den 10 Geboten wichtig:
Zuerst natürlich der Inhalt der einzelnen Gebote:
Keine anderen Götter, den Namen Gottes nicht missbrauchen, den Sabbat heiligen, nicht morden, nicht stehlen, u.s.w.

Auch als Einheit ist dieses Zehnwort wichtig.
Gott gibt dem Volk Gottes diese Gebote und durch die Zustimmung des Volkes wird ein Bund zwischen dem Volk Gottes und Gott begründet.
Eine ganz besondere Beziehung also, eine Beziehung von Versprechen und Treue. Deshalb gab es in Israel lange Zeit keinen Tempel gab. Er war auch nicht nötig!

Gott braucht kein Haus, wo man ihn aufsuchen und verehren müsste.
Gott ist mitten unter seinem Volk. Er wird dadurch geehrte, dass sein Volk die Gebote achtet, das Bundesversprechen:
Kein anderer Gott, als „der, der da ist“, die unbedingte Achtung vor ihm und die Ruhe am Sabbat und dass niemand dem anderen Schaden zufügt oder Unrecht tut.

Schwestern und Brüder, allmählich wird deutlich, warum Jesus die Wut packte, als er die Händler im Tempel sah, die eigentlich im Tempelbezirk nichts verloren hatten. Ich spekuliere gar nicht über die genauen Hintergründe und Absichten – jedenfalls wurde der Tempelbezirk zu einem Ort der Geschäfte – und war doch dem Gebet, dem Lob Gottes vorbehalten.

Du sollst den Namen des Herrn deines Gottes nicht missbrauchen!
Das ist das zweite Gebot –man vermischte das Lob Gottes mit den eigenen Geschäften.

Liebe Schwestern und Brüder, in zweifacher Weise entdecke ich eine aktuelle Bedeutung dieser Tempelreinigung:

Die Kirchen in Deutschland erregen Unmut und Ärger, weil immer wieder der Eindruck entsteht, es würde den Bistümern, dem Vatikan, den kirchlichen Einrichtungen darum gehen, ihr Vermögen zu mehren.
Die meisten kirchlichen Einrichtungen tun wirklich viel Gutes mit dem Geld, das man ihnen zur Verfügung stellt. Eine verarmte Kirche könnte vieles nicht mehr tun, was sie heute tut.
Doch die Kirche darf nicht immer größere Vermögen ansparen, und muss auch einmal auf althergebrachte und nicht mehr verständliche finanzielle Privilegien verzichten – wie zum Beispiel die staatliche Bezahlung der Bischöfe und Domkapitulare.

Vielleicht würde Jesus die Büros und Verwaltungen kirchlicher Einrichtun­gen stürmen und die Sparbücher zum Fenster hinaus werfen.

Jesus Worte und Jesu Zeichen gehen aber jeden an:
Was ist mir wichtiger? Was bestimmt im Zweifelsfall meine Entscheidungen?
Gott und seine Gebote – oder meine Selbstbestimmung in der ich das wähle, was mir für mich das Beste erscheint?
Jesus aber sagt: Kehrt um und sorgt euch um das Reich Gottes:
sorgt für die Armen und für die Kranken,
nehmt die Heimatsuchenden bei euch auf,
lasst niemanden im Unglück allein.

Wir aber diskutieren über Sterbehilfe, über Abtreibung;
bei uns können Menschen von ihrer Arbeit nicht leben,
unsere Konzerne treiben Menschen in Afrika ins Elend und nehmen keine Rücksicht auf deren Gesundheit. Dem größeren Gewinn und dem geringeren Preis werden Gesundheit und Leben der Menschen geopfert.

Wer Gottes Bund hält, geht andere Wege.