26.03.2017: 4. Fastensonntag

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Liebe Schwestern und Brüder,
Ich habe Erbarmen – heißt auf lateinisch: Misereor. Jesus sieht die Menschen, die schon drei Tage bei ihm sind und nichts zu essen haben und sagt: Ich habe Mitleid mit diesen Menschen. Sein Mitleid lähmt nicht, sondern bewirkt etwas. Er lässt Brot austeilen, so dass es für alle reicht.

Mitleid und Erbarmen sind Tugenden, weil sie zur tätigen und wirksamen Hilfe führen. Das Hilfswerk MISEREOR gegründet von den deutschen Bischöfen hilft wirksam den Menschen – zum Beispiel in dem Dorf Tambolo im Süden von Burkina Faso. Dort leben 53 Familien mit ihren Rindern. Die Männer sind mit den Rinderherden oft wochenlang unterwegs auf der Suche nach guten Weiden. Für die Verarbeitung der Milch sind die Frauen zuständig. Sie haben es mit fachlicher und finanzieller Hilfe von MISEREOR geschafft, in ihrem Dorf eine kleine Molkerei zu errichten mit einer solar- und gasbetriebenen Kühlanlage und so ihr Einkommen zu erhöhen. Vieles ist dadurch besser geworden. Auch die Möglichkeit, dass Mädchen und Jungen in eine Schule gehen.

Einfach ist es nicht, weil zum Beispiel die EU Milchpulver nach Westafrika exportiert und zum halben Preis pro Liter anbietet wie die heimische Milchwirtschaft.

Dieses Ungleichgewicht in den Handelsbeziehungen ist eine der Ursachen, warum auch ein demokratisches Land wie Burkina Faso kaum Chancen auf Wohlstand hat. Die reichen Nationen und ihre hochtechnisierten Industrien sitzen am längeren Hebel.

Es ist gerade nicht so wie auf dem neuen Fastentuch von MISEREOR, wo sich zwei Menschen ebenbürtig gegenüber stehen und in die Augen sehen. Die Hände gegenseitig auf die Schultern gelegt und so verbunden, dass die Arme jeweils die Farbe des Gegenübers annehmen.

Dieses Bild wirbt für eine andere Weise der Begegnung – entsprechen dem afrikanischen Sprichwort: Ich bin, weil du bist.

Wir Menschen brauchen einander – und wir brauchen jeweils die Fähigkeiten und Reichtümer, die der andere uns geben kann. Doch es ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen und es muss gerecht sein.

Das berechtigte Gewinnstreben muss geregelt sein, so dass die stärkeren Partner die schwächeren Partner nicht übervorteilen, sondern gleichberechtigt behandeln. Wirtschaftlich arme Länder wie Burkina Faso, eines der ärmsten Länder der Erde, kann nicht am ungeregelten, zollfreien Markt mit Industrieländern konkurrieren – ohne von deren Wirtschaftskraft erdrückt zu werden.

Zu Recht ist dieses Motiv ein Fastentuch: denn in der Fastenzeit üben wir uns mit besonderem Eifer im christlichen Leben. Dieses Bild ermahnt uns, dass wir die Menschen in Afrika nicht von oben herab behandeln. Dass wir uns an ihre Seite stellen und ihnen helfen, Ihre Wirtschaft weiter zu entwickeln.

Wie denken wir über die Menschen in und aus Afrika?
Nehmen wir sie ernst als Partner? Sind wir interessiert daran, ihre Lebensweise, ihre Kultur, ihre Zivilisation, ihre Städte und Fortschritte kennen zu lernen. Oder ist es für uns nur ein Kontinent der Not und der Rückständigkeit? Denken wir darüber nach, welchen Anteil das Handeln der reichen Länder daran hat, dass die Not in Afrika scheinbar zuhause ist?

Jesus hat die Menschen nicht von oben herab behandelt. Er hat die aufgerichtet, die im Staub saßen. Er hat sie sich ebenbürtig gemacht. So wie den Blinden, den er zweimal sehend gemacht hat: Er hat ihm das Augenlicht gegeben und er hat ihm die Augen dafür geöffnet, dass er nicht von Gott getrennt ist, sondern zu Gott gehört.

Ich lebe, weil du bist. ist der Titel dieses Fastentuches. Wir leben, weil Gott ist, weil er sein Leben an uns weitergegeben hat.

Wir leben, verbunden mit den Menschen auf der ganzen Erde.
Wir leben mit ihnen, um mit ihnen gemeinsam die Güter der Erde zu genießen und diesen Garten Eden zu bewahren.
Wir stehen nicht über denen, die ärmer sind, sondern müssen uns eher dafür schämen, dass wir ihre Armut ertragen und sogar verursachen.

Vielmehr sollten wir so handeln, dass wir uns ebenbürtig in die Augen sehen und zueinander sagen können: Ich lebe, weil du bist.

26.02.2017: 8. Sonntag im Jahreskreis

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Liebe Schwestern und Brüder,
eigenartig: gerade da, wo der Wohlstand am größten ist, werden die Menschen weniger, die Gott vertrauen und auf ihn ihre Hoffnung setzen.
Die Argumente sind: Wir sind zu Wohlstand gekommen, weil wir klug sind und hart arbeiten – nicht weil Gott uns etwas geschenkt hat.
Außerdem: wenn es einen guten Gott gäbe, könnte er nicht all das Elend in der Welt zulassen.

Es könnte auch anders sein:
Wir könnten das Loblied auf Gott anstimmen, der unser Tun gesegnet hat, der sich unser erbarmt hat und uns wieder in die Höhe kommen ließ, so dass wir jetzt 72 Jahre nach der totalen Niederlage besser da stehen, als die meisten Länder der Erde.

Es gibt viele Menschen, die in wesentlich schlechteren Bedingungen leben als wir: sie haben oft viel mehr Vertrauen zu Gott und mehr Hoffnung.
Sie haben Angst vor dem Hunger, vor dem Ertrinken, vor Bomben und Granaten und Heckenschützen.
Diese Menschen erlebend die Bedrohung der Natur durch Trockenheit oder Wirbelstürme oder Erdbeben und die Bedrohung durch die Gewalttätigkeit der Eroberer und Kriegsherren, die aus Habgier oder Hass oder Machtgier handeln.

Sie beten zu Gott, hilf uns, rette uns, befreie uns.

Schwestern und Brüder, vielleicht können wir unsere Gedanken und Glaubensempfindungen neu sortieren und uns dabei von der Heiligen Schrift leiten lassen.

Israel ist das Volk Gottes. Es wird auch Zion, die Braut Gottes, genannt, nach dem Hügel auf dem in Jerusalem der Tempel steht

Dieses kleine Volk erinnert sich, wie es aus der Sklaverei befreit wurde – durch Gottes machtvolle Hilfe. Es kommt zu Wohlstand.
Dann breiten sich Missstände aus: Benachteiligung der Armen durch die Reichen, Betrügereien, Versprechen gegenüber Freunden und in der Ehe wurden gebrochen, man wendete sich fremden Göttern zu, weil der Kult sinnenfreudiger war.

Die Propheten in Israel wurden nicht müde zu warnen. Sie haben immer wieder aufgezeigt, dass dieser Weg ins Chaos führen wird. Sie fanden aber keinen Glauben und kein Gehör, sondern wurden verspottet und verfolgt.

Schließlich wird Zion, die Braut Gottes von den Nachbarn angegriffen, geteilt, geschlagen, verschleppt.

Zion klagt nun: „Gott hat mich vergessen!“

Doch Jahwe, der Gott Israels sagt: „Ich vergesse dich nicht!“

Ich glaube dieser Zusage. Dazu gehört untrennbar, dass ich an die Zukunft nach meinem irdischen Tod glaube: dass Gott mir Anteil geben wird an seinem Leben in seinem Licht – in seiner Herrlichkeit. Da wird sich zeigen, dass Gott meiner nie vergisst.

Ich will dankbar sein, dass ich unter so hervorragenden Bedingungen leben darf. Ich weiß, dass das nicht allein mein Verdienst ist. Mir ist bewusst, dass dies für jeden einzelnen gilt. Deshalb will ich Gott  dafür danken, dass in den vergangenen 7 Jahrzehnten friedliebende Menschen unser Land regierten, denen die soziale Gerechtigkeit ein wichtiges Anliegen war. Es waren Menschen, in denen Gottes Geist am Werk war.

Und ich hoffe, dass durch alle Anfechtungen hindurch immer wieder Menschen im Geist Gottes handeln und entscheiden. In den Regierungen und in den Familien und in den großen und kleinen Unternehmen.

Die Botschaft Jesu geht darüber hinaus:
Er sagt: Du musst keine Angst um dich selber haben. Lass nicht zu, dass dein Leben, dass du beherrschst wird von der Sorge um Besitz.
Sorge dich zuerst um das Reich Gottes und um seine Gerechtigkeit.

Deine erste Sorge soll es sein, dass Du gerecht bist, dass du Armut linderst, dass du Kranke pflegst, dass du Anteilnahme zeigst, dass du für deine Familie sorgst, dass du in Frieden lebst, das du fair und ehrlich bist und das Vertrauen deiner Mitmenschen rechtfertigst, …

Dann – sagt Jesus – wird dir alles andere dazu gegeben. Dann wirst Du Nahrung haben und Kleidung und Wohnung – hier in der Welt und erst recht in der kommenden Welt, wenn DU bei Gott sein wirst.

20. November 2016: 34. Sonntag im Jahreskreis

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Liebe Schwestern und Brüder,
David ist der große König Israels. Von 1000 vor Christus an regierte er 40 Jahre lang als König. Über Ihn und seinen Vorgänger berichten das 1. und 2. Buch Samuel, das etwa 200 bis 400 Jahre später entstand.

Vom Hirtenjungen, der den Goliath besiegte, entwickelte sich David zum Liebling Sauls, der ihn dann aber hasste und töten wollte. David gelang es bei den Philistern, den Feinden Israels Zuflucht zu finden, bis ihm nach dem Tod Sauls die Königswürde übertragen wurde.

Einerseits wird David zum Vorbild stilisiert: Seine Regierungszeit ist die glanzvollste Zeit Israels. Nie mehr wird Israel diese Stärke erreichen. Von David wird aber auch berichtet, wie er schuldig wird, einen seiner Generäle in den Tod schickt, um dessen Frau nehmen zu können.

Wenn die biblischen Verfasser von Kriegen und Erfolgen, von der Politik des Königs berichten, verfassen sie nicht nur eine Chronik.
Sie wollen kundtun, wie Gott in der Geschichte Israels wirkt.
David ist von Gott erwählt. Gottes Kraft ist in ihm – solange er auf Gott hört, geht er mit seinem Volk einen guten Weg.

Die Geschichte ist die Geschichte Gottes mit den Menschen. Wenn auch die Menschen immer Unheil anrichten und das tun, was Gott nicht gefällt:
Gott bleibt uns Menschen treu. Er überlässt uns nicht dem Untergang, sondern sein Geist bewegt immer wieder Menschen dazu, den Frieden zu suchen.

David ist so ein von Gott Erwählter: Der Herr hat zu dir gesagt: „Du sollst der Hirt meines Volkes Israel sein.“

Liebe Schwestern und Brüder, wie können wir diese unsere Jahre deuten?
Können wir erkennen, dass es Gottes Geschichte mit den Menschen ist?

Menschen reißen die Macht an sich, die nicht den Frieden suchen: weder für ihr eigenes noch für die anderen Völker: Sie überziehen die Erde mit Gewalt und Krieg. Das Leben eines Menschen bedeutet ihnen nicht viel. Sie verführen die Menschen mit Versprechungen ihnen zu folgen: Sie versprechen Macht und Stärke für das eigene Land, größeren Reichtum und die Herrschaft über die anderen Völker.

Von ihren Gefolgsleuten fordern sie Opfer: Verzicht auf die Freiheit; sie müssen hinnehmen, dass ihre Städte zerstört werden.
Doch diese Gewalt ist nicht Gottes Wille.

Gottes Wille ist der Frieden der Völker, die Gerechtigkeit, die niemanden ausschließt von den Gütern des Lebens. Doch dagegen haben wir schon zu lange verstoßen.

Das Volk Gottes, die an Christus glauben, haben eine Sendung: dass sie die Stimme erheben und für den Frieden eintreten und für Gerechtigkeit.

Jesus Christus hat den Weg des Friedens gewählt:
Er hat den Kranken Heilung gebracht; den Ausgeschlossen gab er Achtung und Ansehen: den Kleinen, den Armen, den Witwen und denen, die als „Sünder“ gebrandmarkt waren.
Sie erkannten ihn als den Gesalbten des Herrn, den neuen David, den Hirten, den Gott gesendet hat, damit Friede wird.

Selbst am Schandpfahl, am Kreuz, an das man ihn geschlagen hatte, in seiner letzten Stunde, gibt er dem Verbrecher neben ihm Frieden und Hoffnung: Du wirst heute noch mit mir im Paradies sein.

Deshalb rühmen wir ihn: Er ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes!
Er ist der Ursprung allen Lebens, der erste, der von den Toten zu neuem Leben auferstand, denn Gott wollte durch ihn alles versöhnen.
Als Christus am Kreuz sein Blut vergoss, hat er Frieden gestiftet
für alle im Himmel und auf Erden.

Liebe Schwestern und Brüder, wir glauben an Christus;
wir glauben, dass Gott seine Schöpfung nicht dem Untergang überlässt.
Die Gewalt säen und die Güter der Welt für sich alleine haben wollen, werden nicht immer das Sagen haben.

Vielmehr wird Gott Menschen mit seinem Geist erfüllen, mit dem Geist Christi, damit sein Friede in diese Welt kommt, der Friede, der niemanden ausschließt. Diesen Geist haben wir im Glauben an Christus angenommen. Wir sind gesandt, Frieden zu bringen durch Christus,

23. Oktober 2016: 30 Sonntag im Jahreskreis (Weltmission)

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Liebe Schwestern und Brüder,
Hilft denn gar niemand? Wo ist denn Gerechtigkeit?
können sich die jungen Männer in überfüllten Gefängnissen auf den Philippinen Fragen, die wegen kleinen Delikten inhaftiert sind und monatelang im Gefängnis warten, bis sie endlich ein Verfahren bekommen. Dabei teilen sich bis zu 50 junge Männer 20qm und eine im Raum stehende Toilette. Der Gestank ist schier unerträglich.

Mancher hat Glück: z. Roy wird von einer Frau der Hilfsorganisation „Preda“ aus dem Gefängnis geholt und in ein Heim gebracht, wo er Sicherheit erfährt und Zuwendung. Endlich erhält er eine Chance, um sein Leben ohne Kriminalität in den Griff zu bekommen.

Für ihn gibt es doch noch Gerechtigkeit!

Der Herr ist der Gott des Rechts! Er ist nicht parteiisch gegen die Armen! Das Flehen des Armen dringt durch die Wolken, es ruht nicht, bis Gott eingreift als gerechter Richter!

Dieses Bekenntnis aus Jesus Sirach könnte missverstanden werden: so als ob Gott dafür zuständig wäre, dass hier auf der Erde Gerechtigkeit herrscht. – So einfach ist es aber nicht:

Diese Welt ist uns Menschen anvertraut, damit wir Gerechtigkeit üben – wie ein Klavierspieler Klavier spielen übt.
Diese Welt fordert uns heraus, unseren Sinn für Gerechtigkeit zu folgen: denn manche werden durch ein Unglück zu Waisen, mancher wird von Wirbelstürmen getroffen und verliert Hab und Gut, mancher wird in jungen Jahren krank und kann sein Leben nicht so gestalten, wie er und seine Familie es sich wünschen würden.

Auch wenn niemand dafür Schuld trägt – das sind Ungerechtigkeiten, die das Leben einfach mit sich bringt.

Gott hört das Flehen des Bedrängten – hofft Jesus Sirach.

Dahinter steckt das Vertrauen, dass jeder Mensch – auch die Leidenden – von Gott angenommen sind, ja dass Gott in und mit ihnen leidet.

Wer leidet, muss oft erfahren, dass sich die gesunden, die erfolgreichen abwenden, weil ihnen der Anblick des Leids zu grausam ist.
Sie stoßen den Armen und Verzweifelten in den Dreck – heißt es in der Bibel.
Doch in den Kranken und in den Leidenden, in denen, die niedergedrückt werden, in den Schwächeren ist genauso Gottes Lebenskraft wie in denen, die vom Leben verwöhnt sind.

Gott hört ihr Schreien. Es dringt zu ihm durch. Wenn sie zurückkehren zu ihm, aus dem alles lebt, werden sie das größte Glück erleben: sie werden befreit sein von allem Elend und es wird deutlich werden, dass Gott sie an seine Seite erhebt – während die, die achtlos an ihnen vorüber gingen ihr Unrecht erkennen müssen.

Liebe Schwestern und Brüder, Gott steht auf der Seite der Armen. In den Armen ruft Gott uns an, Gerechtigkeit zu üben – wir wollen auf seinen Ruf hören.

Heute am Weltmissionssonntag praktiziert die weltweite Gemeinschaft der Glaubenden, diese Gerechtigkeit. Unter uns Christen darf es keine Armen geben, das ist eigentlich der Auftrag Gottes an uns. Deshalb durchziehen die Sammlungen für Hilfswerke wie ein roter Faden das ganze Jahr: CARITAS – MISEREOR – ADVENIAT – DIASPORA – MISSIO das sind nur die wichtigsten davon. Wo immer ein Unglück in dieser Welt Menschen ihres Hab und Gutes beraubt, wollen wir Christen bei den ersten sein, die Hilfe bringen. Wo immer Ungerechtigkeit die Menschen in Armut drückt, ist es unsere Aufgabe, an der Seite der Bedrückten für Gerechtigkeit einzutreten.

Wenn wir das Elend lindern, die Gerechtigkeit vergrößern, so erfahren darin die Armen, dass Gott ihr Schreien erhört und es für sie Gerechtigkeit gibt.

6. Juli 2014: 14. Sonntag im Jahreskreis

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1. Mühe und Plage gehören zur Schöpfungswirklichkeit

Nachdem Adam und Eva ihren Platz im Paradies verloren haben, heißt es, dass sie nun unter Mühsal den Boden bebauen müssen, um Ackerfrüchte zu ernten. Im Schweiße seines Angesichts muss der Mensch sein Brot essen, bis er zurückkehrt zum Ackerboden; Staub ist der Mensch und zum Staub kehrt er zurück.

Mühe und Plage gehören zum Leben. Wer könnte nicht davon berichten!
Ohne Fleiß kein Preis. Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen!

Ich habe diese Sprichwörter im Ohr – die geradezu eine Überzeugung daraus machen: DU musst dich mühen und plagen, wenn du etwas erreichen willst.

2. Die Mühe des Menschen braucht gerechten Lohn

Seit Papst Leo XIII stellt sich das kirchliche Lehramt auf die Seite der Menschen, die ausgenützt werden, die unterdrückt werden, die für ihre Arbeit nicht den gerechten Lohn erhalten.

Der faire Handel, der seit 40 Jahren von der Kirche entwickelt und Aufgebaut wird: vom Bund deutscher kath. Jugend, von MISEREOR und anderen kirchlichen Gruppen, ist ebenfalls ein Beispiel dafür:
Es geht darum, dass die Menschen, die Kaffee und Schokolade, Gewürze und Früchte produzieren dafür gerechten Lohn erhalten und nicht von Großgrundbesitzern, multinationalen Konzernen und Zwischenhändlern ausgebeutet und ausgenützt werden.

3. Jesus schenkt dem Menschen Ruhe in seinem innersten Bedürfnis nach Angenommen sein

Jesus sagt: „Kommt alle zu mir, die ihr euch müht und belastet. Ich lasse euch ausruhen. Lernt von mir: denn ich bin gütig und von Herzen demütig. So werdet ihr Ruhe finden für eure Seele.

Schwestern und Brüder, das klingt so verheißungsvoll, das klingt einladend und freundlich. Jesus will nicht wieder etwas von mir, sondern er gönnt mir Ruhe; er will mich Ruhe finden lassen:

Wie kann ich und warum kann ich bei Jesus Ruhe finden?

Er befreit mich von der Last, die mir andere auferlegen:
Ich muss mir seine Zuneigung nicht verdienen.
Ich muss nicht perfekt sein, um seine Anerkennung zu finden.
Ich muss nichts leisten, um mein Dasein zu rechtfertigen.

Jesus ist gütig und demütig:

Er stellt sich nicht als Richter über mich.
Er stellt mich nicht bloß für das, was schief gelaufen ist
und was ich nicht schaffe.

Im Gegenteil:
Er schenkt Zuneigung und Anerkennung,
er versteht und übt Nachsicht.
Er öffnet die Türen, statt sie zu verschließen.

Deshalb können wir bei ihm zur Ruhe kommen!

Er lässt uns erkennen:
Wir sind nicht wertvoll, durch das, was wir leisten und uns leisten können.
Wir sind ihm wertvoll, weil wir da sind.

Schwestern und Brüder, das brauchen wir:
ihn, der uns einlädt und aufnimmt um unser selbst willen – nicht wegen unserer Leistung. So schenkt er uns Ruhe und Frieden,

 Er nimmt alle Joch von unserer Schulter: den Leistungszwang, den Geltungsdruck, den Konsumzwang, den Erfolgsdruck.

Der Mensch ist wichtig und wertvoll um seiner selbst willen.
Jeder einzelne – sie und ich.

16. Februar 2014: 6. Sonntag im Jahreskreis

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Die Gebote halten!
Größere Gerechtigkeit als die Pharisäer.
Nicht zürnen – sondern versöhnen
Nicht nur die Ehe nicht brechen – sondern keine lüsternen Blicke!
Die Ehefrau nicht aus der Ehe entlassen – denn das bedeutet Ehebruch.
Nicht nur keinen Meineid schwören – sondern grundsätzlich wahrhaftig sein.

Schwestern und Brüder, worum geht es Jesus eigentlich in seiner Auslegung des Gesetzes?
Was ist das besondere, das er uns als seinen Jüngern ans Herz legt?
Was ist anders als bei den Pharisäern?
Worin besteht die Gerechtigkeit, die größer sein muss, als die der Schriftgelehrten und der Pharisäer!

Ich fange mit einer falschen Antwort an:
Jesus stellt eben noch viel höhere Ansprüche an uns – als sonst irgendjemand. Nur wer wirklich völlig unschuldig und ohne Hintergedanken lebt, kann in das Himmelreich kommen.

Das kann nicht die Lehre Jesu sein: denn er hat gesagt:
Ich bin gekommen, um zu suchen und zu retten, die verloren sind.
Er hat die Ehebrecherin nicht verurteilt und auch nicht den Zachäus!

Vielleicht wollte Jesus das Gegenteil:
Er hat die moralischen Ansprüche, die Gebote der Schriftgelehrten so auf die Spitze getrieben, dass sie unerreichbar sind:
Dann ist die Botschaft Jesu:
Lasst euch nicht von den Schriftgelehrten und den Pharisäern einreden, nur wer die Gebote hält, käme ins Himmelreich.
Wenn die Gebote der Maßstab sind – das ist dann seine Botschaft – dann hat niemand eine Chance durch ein gerechtes Leben ins Himmelreich zu gelangen.

Ich persönlich glaube, dass dies schon sehr viel mehr das ist, was Jesus verkünden wollte.

Dabei sind seine Beispiele ganz realistisch:
Wer seinem Gegner Unrecht vorwirft und nicht mit ihm Frieden schließen will, muss der nicht hinnehmen, dass er selbst mit seinem Unrecht konfrontiert wird?
Wer sich vom Partner trennt – muss sich der nicht vorwerfen lassen, er liefere ihn dem Ehebruch aus – ganz besonders in der Zeit Jesu, als Frauen ohne Mann kaum überleben konnten?
Wer in den Menschen vor allem ihre erotische Anziehungskraft sucht – ist der nicht mindestens in Gedanken ein Ehebrecher?
Wer Eide schwört, gesteht der nicht ein, dass er ohne Eid vielleicht die Unwahrheit sagen würde und im Herzen eben ein Lügner ist?

Ja! So sind wir Menschen – ganz alltäglich! Und deshalb sollen wir uns davor hüten, die zu verurteilen, die moralische und gesetzliche Regeln übertreten haben.

Soll ich mich empören über Steuerhinterzieher?
Soll ich mich empören, weil es so unermesslich Reiche gibt und daneben so viel Arme?
Habe ich das Recht mich zu empören über Menschen, deren Ehe scheitert, die untreu sind?
darf ich mit dem Finger auf die zeigen, die gelogen haben?

Jesu Botschaft ist deutlich: Wenn Du so leben willst, wie es Gottes Wille entspricht, dann nimm die höchsten und feinsten Ansprüche an dein eigenes Handeln.
Bemühe dich wirklich, wahrhaftig, gerecht, gut und ohne Arglist zu leben.

Doch: da du selbst um deine moralischen Grenzen weißt:
Benütze die Gesetze und moralischen Maßstäbe nicht, um andere zu verurteilen. Sonst trifft dich dein eigenes Urteil – eher als du denkst.