02.06.24: 9. Sonntag im Jahreskreis

Hier geht es zu den Texten der Liturgie:

Einführung: Liebe Schwestern und Brüder,
Wozu sind Gesetze da?
Warum halten wir uns an die Gesetze?
Welche Gesetze stören mehr, als sie helfen?
Welche Gesetze sind überflüssig oder falsch?

Die Antworten, die wir uns auf diese Fragen geben, sind wichtig – sowohl für unsere Gesellschaft in Stadt und Land als auch für uns als Kirche Jesu Christi.

Denn Gesetze sollen Einigkeit schaffen und Gerechtigkeit.
Sie sollen dem Zusammenleben in der Gesellschaft dienen – nicht einzelnen oder kleinen besonders mächtigen Gruppen.

Die Gesetzte Gottes sind nicht viele.
Eigentlich nur eines. Wenn unser Herz und unser Wille und unser Verstand darauf ausgerichtet sind, Gott und den Mitmenschen zu lieben, dann brauchen wir keine anderen Gesetze.

Preisen wir Jesus Christus, der unser Augenmerk auf das Wesentliche lenkt, auf die Liebe, die Gott uns schenkt.

Ansprache: Liebe Schwestern und Brüder,
Darf man am Sonntag arbeiten? Juden schon! Denn für sie ist der Sabbat – in unserer Sprache der Samstag – der Ruhetag. Die orthodoxen Juden halten sich streng an die Sabbatruhe und vermeiden es sogar, elektrische Geräte einzuschalten.
Wir Christen halten die gebotene Arbeitsruhe hingegen am Sonntag, am Tag nach dem Sabbat, weil Jesus am Tag nach dem Sabbat von den Toten auferstanden ist.

Wie weit aber soll die Sabbatruhe gehen?

Im Buch Deuteronomium wird der Sabbat als Tag der Freiheit eingerichtet.
Als die Israeliten Sklaven waren, hatten sie keinen Ruhetag. Nun aber in Freiheit ist der Sabbat ein Tag der Freiheit für Menschen, Fremde und Einheimische, und sogar für die Sklaven und die Arbeitstiere.

Jesus stellt das Sabbatgebot in keiner Weise in Frage. Aber er stellt es in den richtigen Zusammenhang: Der Sabbat soll Freiheit bringen – aber er soll die Menschen nicht daran hindern, den Hunger zu stillen oder einem anderen Gutes zu tun.

Ich erspare es ihnen aufzuzählen, wer alles um Gottes willen am Sonntag seinen Dienst zum Wohl anderer Menschen leistet und leisten darf.
Aber ich stelle auch die Frage, ob unsere Gesellschaft den Sonntag inzwischen nicht doch dem Gelderwerb geopfert hat und sich so zum Sklaven des schnöden Mammons macht.

Die Vergnügung suchenden Menschen beschäftigen ein Heer von Bedienungen, Fahrgeschäftbetreibern, ‑

Durch die Hintertür verliert der Sonntag seinen Sinn als Tag der Freiheit, an dem die Menschen – und zwar alle – nicht dem Zwang der Arbeit unterliegen.

Nun ich weiß, wenn ich hier darüber spreche, trage ich Eulen nach Athen – für Sie ist der Sonntag ein Tag der Ruhe. Wir danken im Gottesdienst unserem Gott für das Leben in seiner wunderbaren Schöpfung.

Wir erinnern uns und bekräftigen uns gegenseitig darin, was der Sinn des Lebens ist: für andere da zu sein und anderen Gutes zu tun, damit Gottes Güte in dieser Welt spürbar und wirksam wird.

Eines ist mir in der Heilungsgeschichte aufgefallen:
Jesus hatte offenbar mit heftigen Gefühlen zu kämpfen: Da steht:
Er war voll Zorn und Trauer über ihr verstocktes Herz!

Was ist ein verstocktes Herz? Worin zeigt es sich?

Es zeigt sich im sturen Beharren auf starren Regeln, ohne zu überlegen, ob dadurch Schaden entsteht oder Gutes verhindert wird:
Es wird dann gesagt: „Wo kämen wir denn dahin.“
Oder „Das ist nun mal so.“

Verstockt sind Menschen, die keinerlei Beweggründe gelten lassen, um vom Gewohnten abzuweichen und die jede Veränderung ablehnen mit dem einzigen und wenig gewichtigem Grund: „Das war bei uns schon immer so.“ und: „Das haben wir noch nie so gemacht“

Der eigentliche Wert, den ein Gesetz hochhält, wird so mit dem Wortlaut der Vorschrift verwechselt.
Verbunden damit ist oft das Beharren auf der eigenen Macht:
man möchte sich nicht dreinreden lassen.
Die etwas verändern wollen, werden als Querulanten beschimpft.

Hüten wir uns davor, in dieser oder ähnlicher Weise, im Guten zu verhärten. Vermeiden wir es, ein „verstocktes Herz“ zu haben.

Vielmehr möchte ich darüber nachsinnen, was Menschen heilt, wie Gottes Geist wirken möchte, wohin er mich bewegen möchte.

Regeln sind nicht unveränderlich. Unveränderlich ist nur der Zweck der Regeln: sie sollen helfen, dass das Leben gut gelingt.

Dem dient auch die Sonntagsruhe: Dass es einen Tag gibt, um sich zu erholen und sich darauf zu konzentrieren, wofür man sich während der anderen Tage anstrengt und was im Leben wesentlich ist. Amen.

Fürbitten

Lektorin: Gott des Lebens. Wir beten zu dir:

L/A: Schenke Heil und Leben

  • Wir beten, dass die Kriege führenden Staaten Wege zum Frieden suchen und den Mut haben, sie zu gehen.
  • Wir beten für die Regierungen: dass sie immer danach streben, wie das größtmögliche Wohl für möglichst viele Menschen erreicht werden kann.
  • Wir beten für die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt und unseres Landes: dass sie Gewalt verabscheuen und niemandem Gewalt antun.
  • Wir beten für die Menschen, denen auch in der Kirche Unrecht geschah, dass ihnen geholfen wird, den Schaden zu überwinden.
  • Wir beten für alle christlichen Kirchen, dass sie die Saat des Friedens ausstreuen und verfeindete Menschen ins Gespräch bringen.

Lektorin: Du Gott hast uns Frieden gebracht durch deinen Sohn, einen Frieden, der höher ist als alle Vernunft und den die Welt uns nicht nehmen kann. Wir danken dir und verherrlichen Deinen Namen, jetzt und immer. Amen.

10. Juli 1016: 15. Sonntag im Jahreskreis

Hier geht es zu den liturgischen Texten: Schott

Liebe Schwestern und Brüder,
Ich finde diese Sätze aus dem Buch Deuteronomium anrührend:

Dieses Gebot, auf das ich dich heute verpflichte,
geht nicht über deine Kraft und ist nicht fern von dir.
Es ist nicht im Himmel, Es ist auch nicht jenseits des Meeres,
Nein, das Wort ist ganz nah bei dir,
es ist in deinem Mund und in deinem Herzen, du kannst es halten.

Das Buch Deuteronomium ist seit dem 6. Jahrhundert vor Christus in der Form überliefert, die wir heute lesen. Es ist das letzte der fünf Bücher Mose und enthält eine Sammlung von Reden des Mose und es endet mit der Nachricht über den Tod des Mose auf dem Berg Nebo in Moab.

Der Titel des Buches heißt übersetzt „2. Gesetz“. Es wiederholt noch einmal die Rechtsvorschriften, die Inhalt des Bundes sind, den Gott mit dem Volk Israel geschlossen hat. Diese Gesetze soll Israel halten – dann wird es Gottes Segen erfahren, dann wir es ihm gut ergehen.

Dieses Gebot geht nicht über deine Kraft! – daraus spricht eine große Empathie: Gott fordert nicht mehr, als sein Volk zu halten vermag.
Das Wort ist in seinem Herzen: Das heißt: das, was Gott dem Volk als Gebote gibt, entspricht der Sehnsucht seines Herzens nach Frieden und Ordnung, nach Gerechtigkeit und Weisheit.

Liebe Schwestern und Brüder,
weise Theologen erinnern bis heute daran, dass Gesetze, Gebote und Verbote, erfüllbar sein müssen. Man kann von niemandem mehr verlangen, als er erfüllen kann. – Scherzhaft gesagt: Ein Fisch kann nicht auf einen Baum klettern und deshalb wäre es Unrecht, das von ihm zu verlangen.

Ist es noch Recht, wenn die Gesetzesvorschriften so umfangreich und differenziert sind, dass selbst Fachleute sie nicht mehr überblicken?
Öffnet diese Überzahl an Gesetzen nicht Tür und Tor dafür, um das eine mit dem anderen außer Kraft zu setzen, so dass die Gerechtigkeit auf der Strecke bleibt?

Das Gesetz Gottes ist im Herzen des Menschen: daraus spricht ein großes Zutrauen in die Kraft des Menschen: der Mensch weiß, was recht ist und er sehnt sich danach.

Paulus nennt Jesus Christus, den Erstgeborenen der Schöpfung (2. Lesung) und das Haupt der Kirche. In Jesus ist kein Unterschied zwischen der Sehnsucht nach Gerechtigkeit und seinem Tun. Er ist die Gerechtigkeit Gottes, weil in ihm Gott handelt und wirkt und aus ihm spricht – wie wir an seinen Taten erkennen können.

Die Frage des Gesetzeslehrers: Welches Gesetz ist das wichtigste? gibt er ihm zurück. Der antwortet prompt: Das wichtigste ist, Gott, den Herr zu lieben und den Nächsten wie sich selbst.
Wer der Nächste ist, erläutert Jesus mit der Geschichte vom barmherzigen Samariter, die uns so vertraut ist. Es kommt darauf an, dass ich mich dem anderen zum Nächsten mache, dass ich mit dem, was ich bin und kann, helfe und heile.

Liebe Schwestern und Brüder,
das Gesetz Gottes ist uns nah, es ist uns ins Herz geschrieben:

Es ist uns ins Herz geschrieben, nach dem zu suchen und uns zu sehnen und ihn zu verherrlichen, Gott, von dem alles Leben ausgeht

Die Liebe zu jedem Lebendigen folgt unmittelbar daraus:
denn Gottes Leben ist in jedem Lebendigen.

Das Gebot Gottes ist in unserem Herzen.
Wir können es halten. So wie Jesus zu dem Gesetzeslehrer sagt:
Geh und handle genauso.